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RowNahar 1922 Nahar 1930Similarity (JS)Distance (JD)
Erster Teil Erstes Kapitel Gefangen in der Raserei der letzten Stunde, endete Olga, der tierverwandelte Mensch: Nahar erstand, das menschverwandelte Tier. Wiedergeboren, verjüngt, gerettet an den Anfang der Welt: aufgenommen von Gottes Hand aus der Verzweiflung, ausgehoben aus dem mit Wolken der Verwesung drohenden Schacht in neues Leben. Mit zarten Fingern wurde sie eingekleidet in einen neuen Tag.
Olga, die auf der Flucht erschossene, leidenverwüstete, tobende, mordende Dirne wurde verwandelt in die nackte, goldflaumige Gestalt eines eben geworfenen Tigers auf tropischer Insel.
Olga erstand neu, geschöpft aus dem zahllosen Myriadenschoß lebendig beseelter Kreaturen. Ein Mensch kehrte zurück, im wandelnden Kreise der ewigen Wanderung eine gute Wiederkehr.
Olga, zertreten am Boden des Kerkers, in der Nässe der Tränen wie eine Kröte, im sumpfigen Unrat ein armes elendes Herz, sterbend fiel sie in Traum: das Daheim, das niedrige, das immer geliebte, das nievergessene Haus, rot im Baldachin der Laterne, gezeichnet mit heiliger Zahl.
Der Korridor, der langwierige Gang, eng ummauert zog er sich hin, mit kalten Steinen war er gepflastert, von bitter erkalteten Männern durchwandert. Wie Zigaretten waren alle zertreten, erloschen.
Verschollen war der geliebte Mann, in den Winkeln verstreut das aufgeraffte Geld. Wie heimlicher Unrat war alles verscharrt, zurückgeglitten in den sterbenden Tag.
Ferne war die Stadt, hochragend in heiligem Blau die mächtige Kirche.
Von gutem Gebet in der Stunde des Scheidens erhoben.
Niedergedrückt von böser Litanei.
Alles erschütterte die brausend schwingende Glocke.
In der Stunde des Scheidens die Sonne, wie glitzerte sie hoch, wie blendete sie eisig.
Winter und Mond, weißgezirkelt und leer.
Ihre Hände, klein und weiß, kreuzte sie nun, in der Stunde des Sterbens, in der entsetzlichen Sekunde schwärzester Angst um den Leib. Einmal noch sich eingraben in die Grube des bewaldeten Schoßes, der von der Flintenkugel durchschossen ringsum sich bäumte. Ihr Haupt darüber, ein Siegel gesiegelt über die Schrift; das schwarze kahle Haupt schlug in wildester Krümmung nieder auf ihren Schoß: Mund an Blut, Lust an Schmerz.
Die unteren Zähne über die oberen gerafft, die Zunge in wütenden Stößen von einem Winkel zum anderen. Kein Wort mehr, kein Stöhnen.
Ernst Weiß
Nahar
Roman
2. Fassung, 1930
Erster Teil
I
Im Norden Europas starb ein Mensch. Im südlichen Wendekreis, mitten auf einer tropischen Insel, wurde ein Tiger geboren. Ein Herz hörte auf, ein Herz begann zu schlagen.
Ein düsterer Himmel über dem Lager der gebärenden Tigerin. Schweres Grau. Feuchter Nebel, in warmen Schwaden zwischen den gewaltigen Bäumen. Es brauste in den Kronen der Mangobäume.
Im Urwald floß ein Strom im Bogen rings um den Schlupfwinkel des Tigers. Jetzt stürzte das Wasser vom Himmel herab, ein weißer schäumender Regenwasserfall. Windgepeitscht warfen sich die dichtbelaubten Sträucher, zwischen denen die tragende Tigerin sich gelagert hatte, zu Boden. Rosige Blüten des Hibiskus, die gelben vom Oleanderstrauch glitten nieder zur Erde.
Rasch wurde es dunkel mitten am Tage. Zart zeichnete sich der Umriß eines Waringinbaumes gegen den fliederfarbenen Himmel ab. Wasser auf Wasser rauschte herab, Gras und Erde durchtränkend. Bald aber wurde es wieder hell, schon verstummte das Regenrauschen, die Sonne brach machtvoll durch, der Wind säuselte durch die grüngoldenen, zitternden feingefiederten Wedel der graustämmigen Palmen, langsam bewegte er die breiten, atlasglänzenden, dicken Blätter der Bananen. Die Bambusgesträuche schwankten, dunkler, inniger färbte sich das Laub des gewaltigen Brotbaumes. Die Knospen der Pflanzen strotzten in der warmen Feuchtigkeit.
Die gewaltige Tigerin leckte mit der hornbesetzten, rauhen Zunge sich ihren Leib, wand sich auf ihrem Lager, schlug mit dem Schweife um sich; sie öffnete den Rachen zu einem Brüllen, aber statt des tiefen dröhnenden Tigerrufes kam nur dumpfes Stöhnen. Die Sonne brach sinkend durch die Zweige. Wie hergezaubert schwankten winzige schillernde Vögelchen, blau, rot, smaragdfarben, durch die Luft des Abends, und zackig geflügelte Schmetterlinge, viel größer als die edelsteinfarbenen Vögelchen, segelten in Schwärmen durch die Luft, die von feurigen Farbenpunkten sprühte.
Dumpf dröhnte der Boden. Eine Herde schwarzer, schwerer Wasserbüffel zog vorbei. Der Leitstier hielt die mächtigen Krummhörner tief zur Erde gesenkt, streifte die Gesträuche, schnaubte, schlug mit dem langen Schweif um sich. Die alte Tigerin horchte auf, ihre gelblichbraunen Augen inmitten des goldfarbenen, schwarzgeströmten Antlitzes funkelten, die weißen Schnurrhaare zitterten. Sie reckte den gewaltigen geschmeidigen Körper, krallte sich mit den Vorderpranken an einem Baumstamme fest, dehnte sich, gähnte laut, entblößte ihr in der Dämmerung noch hell blitzendes Gebiß.
Wolkenloser Abendhimmel nach den Regengüssen. Die Sonne erglänzte in kupfernem Schimmer, während sie sich zum Spiegel des hoch angeschwollenen Stromes niedersenkte. Die Brise wehte vom Lande her. Zages Pendeln lackgrüner Blätter. Weiße Kakadus kreischten, von einem Iltis verfolgt, verstummten. Stare plapperten noch in den Zweigen. Hyänenhafte dürre Hunde schlichen sich vom Dorfe her durch das Gebüsch, suchten mit den spitzen Schnauzen abgefallene Kokosnüsse, vom Hunger gepeinigt. Dann zogen auch sie zum Flusse, zur Tränke.
Schweigen und Nacht. Die Zunge heraus über die eisige Stufe der schon erkalteten Lippen, nieder zur Wunde, zur tödlichen Leere. Leerer Raum wurde sie ganz. Die Tigerin, zum erstenmal gebärend, spürte nicht Hunger, nicht Durst. Sie hatte sich breit auf den Boden gelagert, die Augen geschlossen. Schwer atmend ruhte sie. Stille und Schweigen. Ruhige Nacht. Dunkel und die ersten Sterne. Der Fluß schwarz. Tiefes Rauschen. Es krampfte sich mit einem zuckenden Herzschlag das Innere des Tieres zusammen. Die Glieder hatte das Tigerweib an sich gerissen, heiße Feuchtigkeit strömte von ihr. Es löste sich der Krampf des Innern. Es stieg der Mond, die hellen Sterne flimmerten. In ihrem Glanz sah jetzt die Tigerin aus ihrem Leibe Blut strömen, ein winziges, ganz rundes Haupt mit spitzen Öhrchen drängte sich ihr zwischen den Hinterbacken hervor, ein dünner Hals folgte nach, eine magere Brust, fleischlose Pranken mit plumpen Tatzen, zum Schluß ein dünner geringelter Schweif. Durch eine dünne Ader war das junge Tier verbunden mit der Mutter. Sie leckte ihr erstes Junge mit ihrer starren hornigen Zunge. Sie berührte die noch geschlossene Höhle der zwei Augen, die Stelle an der Brust des Kindes, wo ein Herz pochte in schnellem Schlage. Ein Leben ward begonnen.
Dunkel umrauschte sie in weichenden Grenzen.
Niedersinkende Wände, verklingender Ruf, verrinnendes Licht.
Aber jetzt, mit dem letzten Schlag des verrinnenden Herzens, mit ungeheurer Flamme der todesvergleitenden Augen, im letzten Krampf des sich lösenden Körpers: hoch erstand sie über sich selbst.
Glühend die Augen, starrend die berstenden Brüste, den runden Kopf gehüllt in ihres schwarz glänzenden Haares metallenen Helm, in den schmalen, dunkel himbeerfarbenen Lippen den letzten Kuß, so lebte sie auf.
Der Geliebte, tief versunken unter ihr, ein kalter Teppich unter ihren Füßen, ein staubig vertrockneter Winter, hingebreitet in die kahle Ebene. Wortlos sein Mund, namenlos die Erscheinung.
Ihre eigene Stimme hörte Olga in gellendem Ruf, er aber schwieg. Ihre eigene Gestalt sah Olga zuletzt in unverwundeter Gestalt, er aber verrann, den anderen Namenlosen zugesellt, wie Wasser unter ihr, wie Wolkenregen von oben, wie Tränen aus ihr selbst, die verging.
Aller Schmerz verschwand in heiligem Brausen, gerne ging sie ein in flache Ohnmacht. Schon wallte zauberhaft die Vernichtung, da zwang sie ihr ganzes Leben zurück: die Lippen beide in einem, zueinandergewandert, aneinandergebettet, aufgerichtet hoch im kühlen Todeswind: ein Kuß sich selbst.
Süß war sie überträufelt von Wein.
Starr lag Olga da, ausgebreitet auf kahlem Stein, nun selbst ein Stein. Mit metallenem Laut dröhnend fiel ihr Haupt auf die schwarz-weiß gewürfelten Fliesen des Zuchthauses, als die Soldaten sie anfaßten. Schwarz fielen ihre Lider nieder in die weißen Schluchten des ausgebluteten Gesichtes. Leblos, keine Labung mehr, rann der Wein, den ein Weib hilfreich gebracht hatte, ihr über die nun starr verlöteten, innig gesiegelten Lippen hinter das Ohr, über den mädchenhaften Hals rieselte er zu den schweren Brüsten, deren Spitzen noch zitterten vom Fall.
Den nackten Leib vom Pulver körnig geschwärzt, von Wolken des Rauches in Streifen umringt, so war Olga ganz umschattet. Naß von der Nässe des bösen Kerkers, schwarzen Schaum über den weißgewölbten Hüften, nirgends ein Tropfen Blut. Denn ihre Haut, jungfräulich hart, hatte sich über die Wunde gespannt, nichts entsickerte dem nackten Gebilde, dem weiß gepanzerten Leichnam.
Sie, ein ruhendes Mädchen, trug der Soldat auf seinen Armen. Des Mädchens Füße, weiß gegliedert und fein, noch warm vom niedergesunkenen Blut, blieben aneinandergebreitet. Lau schmiegten sie sich in den rauhen Ärmel seiner Strafuniform.
Durch die Reihen der lebenden Sträflinge trug man die Tote. Über die Welt der Sträflinge, der erdengefangenen, lebenslänglich vergitterten, wurde sie getragen, Olga nicht mehr: Nahar, ein ruhendes, kleines, eben erst atmendes Tier. Nahar lebt, ein ruhendes, kleines, eben erst atmendes Tier. Die Mutter faßt das miauende Wesen ins Maul, trägt es sacht nach vorn, unter ihre Brust, nahe den strotzenden Zitzen. Da wird es ruhig, regt sich nicht. Noch einmal drängt es die Mutter, sich zusammenzukrampfen, sich aufzulösen. Es öffnet sich in strömendem Blut noch einmal der Leib des riesigen Tieres. Tiefe Nacht. Frösche quaken, laut tönt das Trillern der Zikaden, das schrille Reiben der Zikadenflügel. Die hohen Halme des Alang-Alanggrases zittern, das gebärende Tier verbergend. Durch die Nacht jagt Kalong, der Vogel mit Fledermausflügeln; die Nachtvögel tönen dumpf auf den Wipfeln der wehenden Brotbäume, Affen schnattern, nimmermüde in weiten Sprüngen von den knackenden Ästen absetzend, von starken Männchen geführt, die pfeifen und kreischen. Kokosnüsse fallen krachend herab. Jetzt heben sich allmählich grauweiße Nachtwolken aus dem nahen Strom, umwittern aufsteigend den schwebenden Mond, verfangen sich zwischen den Zweigen am Ufer. Das Mondlicht verdämmert, erlischt. Hirsche, Antilopen, massige Bisons ziehen in Rudeln zur Tränke. Prasselnd bricht ein Nashorn durch. Ein Büffel stampft auf den Boden. Schwer weht warme Luft, von Feuchtigkeit gesättigt. Regen strömt von neuem. Die Mutter deckt die zwei neugeborenen Jungen mit ihrem ausgebreiteten Körper zu.
Um ihre Lippen war nichts Böses.
Zweites Kapitel Zur Glückseligkeit, zum Frieden erwachte das junge Tier am Abend des gleichen Tages, eingelassen wurde der verwundete Mensch, sich zu heilen, das vergeudete Herz, sich zu sammeln, in das Paradies der Tiere, das noch nie zerstörte.
Die Zeit verging ohne Anfang und Ende.
Auf der Halbinsel nahe dem Dorfe lauschte versteckt unter den Bäumen, inmitten des hohen Alang-Alanggrases, das Tierlager mit den ruhenden Tieren. Dumpfes Gleiten des Wassers zur Nacht, ewiges Atmen, ewig ziehender Zug. Schwerer strömte der warme Regen der Tropen, wusch sie alle, beruhigte sie, schläferte sie ein mitten in der herrlich quellenden Wildnis.
Zur Glückseligkeit Tier: gekleidet in den bunt gespannten Mantel der herrlichsten Kreatur, immer nackt im flammend gestreiften Fell. Furchtloses Leben, Kraft, steigend von Tag zu Tag, schwellend zu siegreichem Schlag. So lebte Nahar auf, zur Glückseligkeit Tier, gekleidet in den bunt gespannten Mantel einer herrlichen Kreatur, in flammend gestreiftes Fell. Der Regen verstummte. Gewaltig in Glanz brach durch die ziehenden Wolken der Mond von neuem.
II
Tier, gewaschen im schweren, warmen Regen der Tropen, getrocknet, erwärmt von der Sonne im steilsten Kreis in der Mitte des weißdunstenden Himmels.
Auf einer Halbinsel lauschte versteckt das Tierlager, rings umwunden von der smaragdgrünen Flußströmung am Tag, umflüstert vom blauen Gleiten zur Nacht, ewiges Atmen, ewig zischender Zug.
Immer das rauschende, anpochende Herz: ein nie zu Ende, immer lebend in dem nie zu Ende der herrlich quellenden Wildnis.
Von einem Tiger geworfen, atmete Nahar Tigerdunst ein zum erstenmal. Selig in ihrer müden Wonne saugte sie in sich den ersten Schlaf der Tiere. Über sich fühlte sie die Mutter, einen guten, großen Gott. Von einem Tiger geworfen, atmete Nahar Tigerdunst ein. Selig in ihrer müden Wonne saugte sie in sich den ersten Schlaf der Tiere. Über sich fühlte sie die Mutter, einen guten, großen Gott.
Guter, großer Gott der wiedergeborenen Kreatur. Guter, großer Gott der wiedergeborenen Kreatur.
Ziehen, Rauschen, Hauchen ganz weich: so blies das Muttertier den jungen Tiger an, um ihn zu trocknen von der triefenden Feuchte der glücklichen Geburt. Die Mutter war glücklich: Nahe zum Greifen, nahe zum Kosen hatte sie vor sich die bis jetzt unsichtbare Last. In ihr aufgerichtetes, hell umbuschtes Ohr schmeichelte sich die Stimme der Jungen, die bis jetzt stumm in der Brunnentiefe ihres Leibes gelebt hatten. Ziehen, Rauschen, Hauchen ganz weich: so blies das Muttertier den jungen Tiger an, um ihn zu trocknen von der triefenden Feuchte der glücklichen Geburt. Die Mutter war glücklich: Nahe zum Greifen, nahe zum Kosen hatte sie vor sich die bis jetzt unsichtbare Last. In ihr aufgerichtetes, hell umbuschtes Ohr schmeichelte sich die Stimme der Jungen, die bis jetzt stumm in der Brunnentiefe ihres Leibes gelebt hatten.
Auf ihren gewaltigen breit gehämmerten Pranken ruhten jetzt, gewichtlos wie abgefallene Knospen, die Köpfe der Geschwister. Auf ihren gewaltigen, breit gehämmerten Pranken ruhten jetzt, gewichtlos wie abgefallene Knospen, die Köpfe der Geschwister.
In den Winkel des gebeugten Schenkels faßte die Mutter das Kind. In ihrem Knie kniete es, das hilflose. An ihre Augen wurde es gehoben, das blinde. Mit rauher Zunge, scharrend wie Stroh berührte die Mutter die Tochter, um sie ganz zu fassen, zu fühlen im Kern ihres Herzens. Zuerst betastete sie das Kind mit der Spitze der Zunge, dann mit der ganzen Fläche, die mit Stacheln aus starrem Bein, mit beißenden Kämmen besetzt war. So schlichtete sie das zerwühlte Fell, ordnete mit langem Ziehen des Kammes die kurzen Härchen der Jungen das Rückgrat entlang, vom mageren Hals bis zum dürren, unruhigen Schweif. Der noch geschlossenen Höhle der Augen, dem Spalt des zahnlosen Mundes spürte die Mutter nach, stark und sanft: tief atmend kostete sie den letzten Duft des eigenen Leibes, des eigenen Blutes. Noch einmal durchrann die Mutter die Wonne des Tragens. Es verzitterte das Beben der ersten Geburt. In den Winkel des gebeugten Schenkels faßte die Mutter das Kind. In ihrem Knie kniete es, das hilflose. An ihre Augen wurde es gehoben, das blinde. Mit rauher Zunge, scharrend wie Stroh, berührte die Mutter die Tochter, um sie ganz zu fassen, zu fühlen im Kern ihres Herzens. Wieder betastete sie das Kind mit der Spitze der Zunge, dann mit der ganzen Fläche, die mit Stacheln aus starrem Horn, mit beißenden Kämmen besetzt war. So schlichtete sie das zerwühlte Fell, ordnete mit langem Ziehen des Kammes die kurzen Härchen der Jungen das Rückgrat entlang, vom mageren Hals bis zum dürren, unruhigen Schweif. Der noch geschlossenen Höhle der Augen, dem Spalt des zahnlosen Mundes spürte die Tigermutter nach, stark und sanft: tief atmend kostete sie den letzten Duft des eigenen Leibes, des eigenen Blutes. Noch einmal durchrann die Mutter die Wonne des Tragens. Es verzitterte das Beben der ersten Geburt.
Die Kinder, ganz erschöpft, lagen vor ihr wie tot. Die Kinder, ganz erschöpft, lagen vor ihr wie tot.
Drittes Kapitel Abend. Der Himmel war starr niedergebreitet, die waldige Erde von schwarz rauschenden Wolken überströmt.
III
Nacht, gegen Morgen.
Nahar und das Brudertier, von Blindheit umgeben, verschränkten ineinander die winzigen Glieder, flochten ineinander die Ringe, die ihren Leib umspannten, goldflaumig und schwarz. Nahars Kopf hatte sich tief eingelagert in die warmen Flanken des Bruders, Nahars Kopf wurde gehoben und gesenkt mit den Atemschlägen des Bruders. Nahar und das Brudertier, von Blindheit umgeben, verschränkten ineinander die winzigen Glieder, flochten ineinander die Ringe, die ihren Leib umspannten, goldflaumig und schwarz. Nahars Kopf hatte sich tief eingelagert in die warmen Flanken des Bruders, Nahars Kopf wurde gehoben und gesenkt mit den Atemzügen des Bruders.
Kühler Regenwind öffnete das dichte Gezweig der Weide. Kühler Regenwind öffnete das dichte Gezweig der Weide.
Durch das Tor schritt mit schwebendem Gang das Vatertier, Jagdbeute schleppte es nach, raschelte durch Traum und Schlaf. Wie durch das Tor schritt mit schwebendem Gang das Vatertier, Jagdbeute schleppte es nach, raschelte durch Traum und Schlaf.
In Dunkelheit erwachte Nahar, das Tier. Der salzige Geruch des frischen Fleisches weckte es mit bebender Freude, hoch horchte es hin nach dem Fallen der Blutstropfen, die niedertropften in das regengeschützte Versteck. Über ihre emporgewölbte kleine Stirn streifte ein zertrümmerter Knochen, Körnchen von blutigem, fettem Mark glitten über des Tieres Lefzen, die noch ins Leere saugten, und feuchte Luft erhaschten statt Speise. In Dunkelheit erwachte Nahar. Der salzige Geruch des frischen Fleisches weckte sie mit bebender Freude, hoch horchte sie hin nach dem Fallen der Blutstropfen, die niedertropften in das regengeschützte Versteck. Über ihre emporgewölbte kleine Stirn streifte ein zertrümmerter Knochen, Körnchen von blutigem, fettem Mark glitten über des Tieres Lefzen, die jetzt ins Leere saugten und feuchte Luft erhaschten statt Speise.
Scharrend wie Stroh züngelte die Mutter über das tote Wild, mit den Zähnen faßte sie Fetzen, die sich schwer lösten vom krachenden Knochen.
Noch lagerte die Mutter in dem warmen Winkel der Geburt, noch träufelte das Blut der Eröffnung um ihren gewaltigen Hinterleib, als sie Nahar sacht emporhob in die Höhlung ihres gekrümmten Bauches. Sie war gesättigt. Die Kinder zu sättigen, erfaßte sie mit der aufgerollten Zunge eine ihrer starrenden Zitzen und drückte sie Nahar in den zahnlosen, mit hohen Kiefern schnappenden Mund. Noch lagerte die Mutter in dem warmen Winkel der Geburt, noch träufelte das Blut der Eröffnung um ihren gewaltigen Hinterleib, als sie Nahar sacht emporhob in die Höhlung ihres gekrümmten Bauches. Die Kinder zu sättigen, erfaßte sie mit der aufgerollten Zunge eine ihrer starrenden Zitzen und drückte ihre milchspendende Brust Nahar in den zahnlosen, mit hohen Kiefern schnappenden Mund.
Selig sog das Junge die heiß sprudelnde Süßigkeit, in schwarzem, warmem Frieden breitete es sich rings um den Euter, den breiten, runden Heimatherd, es atmete und trank in tiefen Augen, bewußtlos von Wonne wie ein Baum: Selig sog das Junge die heiß sprudelnde Süßigkeit, in schwarzem, warmem Frieden breitete es sich rings um den Euter, den breiten, runden Heimatherd, es atmete und trank in tiefen Zügen, bewußtlos von Wonne wie ein Baum: neue Nahrung, Regen ohne Ende floß ihm zu.
Neue Nahrung, Regen ohne Ende floß ihm zu.
Längst versunkener Mensch, längst begrabenes Grab.
Freudenvolle Wollust des Seins. Freudenvolle Wollust des Seins.
Der große Mond, weiß in der Mitte des Himmels, durchbrach das Regengewölk. Der große Mond, weiß in der Mitte des Himmels, durchbrach das dämmernde Regengewölk.
Matt schimmerte er durch Nahars Augenrund, das noch mit dünnem Gehäuse verschlossen war. Zart wallendes Licht. Matt schimmerte er durch Nahars Augenrund, das noch mit dünnem Gehäuse verschlossen war. Zart wallendes Licht.
Der Wind, sehr feucht vom Regen, begann zu fauchen, zu zittern in der Krone des Baumes, unter dem vier Tiere ruhten. Der Wind, sehr feucht vom Regen, begann zu fauchen, zu zittern in der Krone des Baumes, unter dem vier Tiere ruhten.
Aus der Fülle des Traumes, von dem Teppich ihres Bettes, von dem schützenden Dach, vom warmen Heimatherd sang Nahar eintönigen Gesang. Ohne Mühe entquoll es aus ihrer Brust, dehnte alles aus in ruhevollem Laut, in tief summendem Schwirren, hügelan gehoben mit der atmenden Brust, hügelab verseufzend in Stille. Aus der Fülle des Traumes, von dem Teppich ihres Bettes, von dem schützenden Dach, vom warmen Heimatherd sang Nahar eintönigen Gesang. Ohne Mühe entquoll es schnurrend ihrer Brust, dehnte alles aus in ruhevollem Laut, in tief summendem Schwirren, hügelan gehoben mit der atmenden Brust, hügelab verseufzend in Stille.
Den Kopf hob Nahar fort von dem warmen Hügel der Mutterbrust. Sie fühlte sich leben, das selig umdunkelte Tier. Mit winziger Zunge leckte sie sich die eckige Schulter, das magere Gebein ihrer Achsel, das dünn behaarte. Den Kopf hob Nahar fort von dem warmen Hügel der Mutterbrust. Es fühlte sich leben, das selig umdunkelte Tier. Mit winziger Zunge leckte es sich selbst die eckige Schulter, das magere Gebein seiner Brust, der dünn behaarten.
Die Mutter regte sich, aus dem gewaltigen Schlund kam dröhnendes Gähnen. In den weitaufgerissenen Rachen der Mutter tappte Nahar ihre ersten Schritte: sie klammerte sich an das Gesicht der Alten, verbarg sich ganz in der Grotte des Maules, frierend in der Nacht. Aber schon glitt sie hinab, den Quellen der Brüste nach. Die Mutter regte sich, aus dem gewaltigen Schlund kam dröhnendes Gähnen. In den weitaufgerissenen Rachen der Mutter tappte Nahar ihre ersten Schritte: sie klammerte sich an das Gesicht der Alten, verbarg sich ganz in der Grotte des Maules, frierend in der Nacht. Aber schon glitt sie hinab, den Quellen der Brüste nach.
In großer Beseligung preßte sie sich in das Gewühl des strotzenden Fleisches, sie lagerte sich der milchtropfenden gesegneten Nähe: gesättigt, genährt an freudevollen Düften, sich selbst nahe, alle Glieder näher an sich heran schlingend, in stillstarker Umarmung schlummerte sie ein. In großer Beseligung preßte sie sich in das Gewühl des strotzenden Fleisches, sie lagerte sich in der milchtropfenden gesegneten Nähe: gesättigt, genährt an freudevollen Düften, sich selbst nahe, alle Glieder näher an sich heranschlingend, in stillstarker Umarmung schlummerte sie ein.
Wehender Monsun der ozeanischen Gestade. Der Mond war grau umhüllt. Graues Schimmern durch Nahars Augenlider. Wehender Monsun der ozeanischen Gestade. Der Mond war grau umhüllt. Graues Schimmern durch Nahars Augenlider.
Groß öffneten sich die Mutteraugen. Grünes Funkeln, grüner Blitz in graues Gewölk. So wanderten die Augen um den Schlaf der Jungen. Schützende Gestirne. Groß öffneten sich die Mutteraugen. Goldenes Funkeln, blendender Blitz in graues Gewölk. So wanderten die Augen um den Schlaf der Jungen, schützende Gestirne.
Regen rauschte von neuem, umstreichelte die engverschlungenen Zweige des Baumes. Das Vatertier schritt draußen im Regen, leise zwischen kriechendem Gebüsch. Der Vater zerriß die seilartig gestrafften Schlingpflanzen, sein mächtiges Haupt, aufspürend den Waldgang der jagdbaren Tiere, folgte nicht der lockenden Spur. Um das Lager des Weibes und der schlafenden Jungen wanderte er, in niedrig federnden langen Schritten, immer den gleichen Weg, ein treuer Wächter, der niemals entschläft. Regen rauschte von neuem, umstreichelte die engverschlungenen Zweige des Baumes. Das Vatertier schritt draußen im Regen, leise zwischen kriechendem Gebüsch. Der Vater zerriß die seilartig gestrafften Schlingpflanzen, sein mächtiges Haupt, aufspürend den Waldgang der jagdbaren Tiere, folgte nicht der lockenden Spur. Um das Lager des Weibes und der schlafenden Jungen wanderte er, in niedrig federnden langen Schritten, immer den gleichen Weg, ein treuer Wächter, der niemals schläft.
Auch die Mutter schlief nicht: hingelehnt auf dem Abhang ihres Leibes, alle Glieder gelöst, ruhte ihre Brut. Ruhig war sie selbst, nur ihr Schweif schlug nervig die Steine des Gebärlagers, die von dem dunstigen Hauch der vereinigten Tiere sanft erwärmt waren. Er erschütterte die letzten Ausläufer der Zweige des schützenden Heimatbaumes: Auch die Mutter schlief nicht: an dem Abhang ihres Leibes, alle Glieder gelöst, ruhte ihre Brut. Ruhig war sie selbst, nur ihr Schweif schlug nervig die Steine des Gebärlagers, die von dem dunstigen Hauch der vereinigten Tiere sanft erwärmt waren.
bebend erschüttert, weinte der Baum warme Tränen nieder auf die paradiesischen Tiere. Er erschütterte die letzten Ausläufer der Zweige des schützenden Heimatbaumes: bebend erschüttert, weinte der Baum warme Tränen nieder auf die paradiesischen Tiere.
IV
Viertes Kapitel Noch sah es nicht, das kindheitsblinde Tier: mit blauer Flügeldecke eines in der Sonne ruhenden Insektes war das matte Rund seines Auges verdeckt, mit Dämmerung war es sanft ummantelt. Mit unsicherem Schritt ging Nahar weiter den Weg der ersten Wanderung: auf dem Körper der Mutter schweifte sie fern. Unter ihren tastenden Füßen spannten sich zu ragenden Blöcken die Glieder der Mutter. In tiefe Seufzer versank Nahar im Tal, zwischen den blauen heißen Bergen der starrenden Brüste wand sie sich mühsam hindurch, in den auseinandergewälzten Falten des Halses verstrickte sie sich spielend, wie ein Kind in einen rollenden Teppich gewickelt. Noch sah es nicht, das kindheitsblinde Tier: wie mit der blauen Flügeldecke eines in der Sonne ruhenden Insektes war das matte Rund seines Auges verdeckt, mit Dämmerung war es sanft ummantelt. Mit unsicherem Schritt tappte Nahar weiter den Weg der ersten Wanderung: auf dem Körper der Mutter schweifte sie wie in die Ferne. Unter ihren tastenden Füßen spannten sich zu ragenden Blöcken die Glieder der Mutter. Mit tiefem Seufzer des Erschreckens versank Nahar im Tal, zwischen den heißen Bergen der starrenden Brüste wand sie sich mühsam hindurch, in den auseinandergewälzten Falten des Halses verstrickte sie sich spielend. Die Sonne stieg.
Süßer, brennender Duft. Sommerwind. Süßer, brennender Duft. Sommerwind.
Blau alle Welt, verzaubert in die Dämmerung eines halb erwachten Tages. Als wäre sie verfolgt, so flüchtete sie in das meerrauschende Ohr der Mutter. Als wäre sie jagend gehetzt, so schmiegte sie sich auf den gewölbten Bug der mütterlichen Stirn. Blau alle Welt, für das halbblinde Tier verzaubert in die Dämmerung eines halb erwachten Tages. Als wäre Nahar verfolgt, so flüchtete sie in das meerrauschende Ohr der Mutter. Als wäre sie gejagt, gehetzt, so schmiegte sie sich auf den gewölbten Bug der mütterlichen Stirn.
In blauer Dämmerung, ein Tier ihr gegenüber, so wie sie, war es geschmiegt in ein Ohr der schlafenden Mutter, mit seinen Krallen umschlang es die ihren, seine Brust pochte an der ihren; es spielte mit dem Schweif in blauen Ringeln wie sie selbst: das vertraute Wesen, ihresgleichen, ein Spiegelbild, der Bruder. In blauer Dämmerung schimmerte ein kleines Tier ihr gegenüber, so wie sie war es geschmiegt an ein Ohr der schlafenden Mutter, mit seinen Krallen umschlang es die ihren, seine Brust pochte nahe an der ihren; es spielte mit dem Schweif in Ringeln wie sie selbst: das vertraute Wesen, ihresgleichen, ein Spiegelbild, der zweite Tiger, der Bruder.
Spiegellaut, der silbern klingende Ruf, der rauh summende Ton, ihrer eigenen Kehle entsponnen oder der anderen? Der silbern klingende Ruf, der rauh summende Ton, war er ihrer eigenen Kehle entsponnen oder der anderen?
Im matten Glas der noch blau umträumten Augen sah sie das verwandte sich entgegengleiten über die gerollten Teppichfalten des Halses, den gleichen zagenden Schritt wie sie selbst.
Am Grunde einer hohen Mutterbrust lagen die jungen Tiere, Kopf an Kopf, Zunge in Zunge verspielt, so hauchten sie einander an im ersten Erkennen. Geschwistertiere. Milch quoll ihnen beiden. Am Grunde der hohen Mutterbrüste lagen die jungen Tiere, Kopf an Kopf, Zunge in Zunge verspielt, so hauchten sie einander an im ersten Erkennen. Geschwistertiere. Milch quoll ihnen beiden.
Schwarz war versunken der Mensch.
Landschaft um sie: der blau umschattete Berg. Schwarz war versunken das Tal, von breiten Streifen wallend getigert. Landschaft um sie: der blau umschattete Berg. Schwarz war versunken das Tal, von breiten Streifen wallend getigert.
Tiermutter, schweigend ruhende, die mit großen Augen niederfunkelt auf ihre Kinder. Golden gesänftigt. Tiermutter, schweigend ruhende, die mit großen Augen niederfunkelt auf ihre Kinder. Golden gesänftigt.
Summen raunte aus allen, schwebender Dreiklang. Summen raunte aus allen, schwebender Dreiklang.
Von den ungeheuren Pranken der Mutter waren die Kinder wie mit Mauern umschlossen. In guter Heimat, am atmenden Herd, wie ein einziger Hauch wiegten sich beide auf der weiten Ebene, sie rührten sich nicht. Von den ungeheuren Pranken der Mutter waren die Kinder wie mit Mauern umschlossen. In guter Heimat, am atmenden Herd, wie ein einziger Hauch wiegten sich beide auf der weiten Ebene, sie rührten sich nicht.
Ruhe und Nacht, Blut und Luft, Nahrung und Schlaf, Summen und Schweigen. Ruhe und Nacht, Blut und Luft, Nahrung und Schlaf, Summen und Schweigen.
Der Morgen entbrannte. Viele Stimmen tönten im Chor. Draußen, jenseit des rauschenden Heimatbaumes. Die große Sonne. In weißen Säulen strömender Glanz dröhnte durch den erwachenden Tag. Der neue Morgen entbrannte. Viele Stimmen tönten im Chor. Draußen, jenseits des rauschenden Heimatbaumes. Die große Sonne. In weißen Säulen strömender Glanz dröhnte durch den erwachenden Tag.
Das Vatertier, in friedlichem Urlaut, lagerte sich zu den anderen. Das Vatertier, in friedlichem Kehllaut, lagerte sich wieder zu den anderen.
Im aufdampfenden Hitzewind lehnte sich das Gebüsch zurück, die Zweige rollten auf. Matt rinnendes Licht. Ferner, weiß glückseliger Schimmer über die blaue Dämmerung der kindheitsblinden Tiere. Im aufdampfenden Hitzewind lehnte sich das Gebüsch zurück, die Zweige rollten auf. Matt rinnendes Licht. Ferner, weiß glückseliger Schimmer über die blaue Dämmerung der kindheitsblinden Tiere.
Regengrüne Tropenbäume, schillernd in der blassen Glut des hochragenden Gestirnes in der Stunde der glückseligen Jugend. Alle Tiere atmeten in Ruhe. Keine Wanderung. Kein Leiden. Sättigung. Sein. Brustaus an brustein. Hoher Berg mit Nahrung. Paradies der Speisung, Garten der unerschöpflichen Sättigung. Ruhe im Flimmern der Sonne. Schlaf im Abendrauschen des Regens. Regengrüne Mangobäume, schillernd in der blassen Glut des hochragenden Gestirnes in der Stunde der glückseligen Jugend. Alle Tiere atmeten in Ruhe. Keine Wanderung. Kein Leiden. Sättigung. Sein. Hoher Berg mit Nahrung. Paradies der Speisung, Garten der unerschöpflichen Sättigung. Ruhe im Flimmern der Sonne. Schlaf im Abendrauschen des Regens. Paradies der Tiere.
V
Fünftes Kapitel Noch sah es nicht, das kindheitsblinde Tier. Noch war es getaucht in blauen Morgentraum. Dem feuchten Hauch der mütterlich entgegenstarrenden Brüste entglitt es, über die lau gewärmten Steine des Lagers lief es dahin, geleitet vom Schimmer, herangelockt vom fernen Strahl am Ende des kaltfeuchten Ganges. Die Sonne stieg. Aber unsichtbar, unerreichbar, nicht zu fassen verrann vor ihren Augen das Licht. Noch sah es nicht deutlich, das kindheitsblinde Tier. Noch war es getaucht in blauen Morgentraum. Dem feuchten Hauch der mütterlich entgegengebrachten Brüste entglitt es, über die lau gewärmten Blätter des Lagers lief es dahin, geleitet vom Schimmer, herangelockt von einem fernen Strahl. Die Sonne stieg. Aber unsichtbar, unerreichbar, nicht zu fassen verrann vor ihren Augen das Licht.
Scharfe Halme rissen mit Stacheln an Nahars Hals. Die Glieder hielt sie geklammert um hin und widerschwingende Äste. Scharfe Halme rissen mit Stacheln an Nahars Hals. Die Glieder hielt sie geklammert um hin- und widerschwingende Äste.
Kalter Sturm brach plötzlich von oben, brausender Morgenwind schaukelte die Zweige und das gewichtslose Tier. Vögel kreischten wild. Des Spiegeltieres silbern klingender Laut hauchte kaum noch zu ihr aus der Ferne. In kalte Flut versank Nahar, tauchte in eisiges Wasser, mit Not rettete sie sich, sie zitterte in Angst. Hilflos klebte sie in einer Höhlung der Erde, um sich selbst geringelt, damit sie sich labe an der kärglichen Wärme des eigenen Körpers, an den Blättern züngelte sie, um sich wäßrige Nahrung zu saugen. Nun schrie sie kläglich zurück nach der Mutter. Kalter Sturm brach plötzlich von oben, brausender Morgenwind schaukelte die Zweige und das gewichtlose Tier. Donner dröhnte dumpf. Es gurgelte der nahe, gewaltige Strom. Vögel kreischten wild. Des Spiegeltieres silbern klingender Laut hauchte kaum noch zu ihr aus der Ferne. In kalte Flut versank Nahar, tauchte in eisiges Wasser, mit Not rettete sie sich, sie zitterte in Angst. Hilflos klebte sie in einer Höhlung der Erde, um sich selbst geringelt, damit sie sich labe an der kärglichen Wärme des eigenen Körpers, an den Blättern züngelte sie, um sich wäßrige Nahrung zu saugen. Nun schrie sie kläglich zurück nach der Mutter.
Vögel flatterten auf in rieselndem Rauschen, schwerer Regen prasselte nieder, über den mageren Hals goß es, schnell erkaltete alles auf der Haut. Je weiter sie wanderte, desto fremder die Welt. Schnellende Zweige, Schläge und Peitschen, Niederkrachen durch tückisch schwankendes Unterholz. Rettungslos die Welt, von allen Seiten versperrt und verkerkert. Vögel flatterten auf in rieselndem Rauschen, schwerer Regen prasselte nieder, über den mageren Hals goß es, schnell erkaltete alles auf der Haut. Je weiter sie wanderte, desto fremder die Welt. Schnellende Zweige, Schläge und Peitschen, Niederkrachen durch tückisch schwankendes Unterholz. Luftwurzeln über sumpfigem Gelände, Lianen und stachliges Gezweig. Rettungslos die Welt, von allen Seiten versperrt.
Düsterer Kerker, von Dämmerung kaum noch erhellt.
Das Tier allein. Langhin verseufzte die Stimme in Verzweiflung. Das Tier allein. Langhin wimmerte die Stimme in Verzweiflung.
Aber jetzt sauste ein Ungeheures durch die Luft, schon warf es sich nieder, krachte im splitternden, regensprühenden Gezweig. Aber jetzt sauste ein Ungeheures durch die Luft, schon warf es sich nieder, krachte im splitternden, regensprühenden Gezweig.
Aber jetzt, im gesegneten Augenblick, erglühte Nahar im blitzenden Licht, hoch rauschte auf der Vorhang der matt gespannten Lider, zum erstenmal sah Nahar: Und jetzt, im gesegneten Augenblick, erglühte es vor Nahar im blitzenden Licht, hoch rauschte auf der Vorhang der matt gespannten Lider, zum erstenmal sah Nahar: über sich den großen, rettenden Gott, den ungeheuren Pfeil des Leibes noch federnd vom Sprung.
über sich den großen rettenden Gott, den ungeheuren Pfeil des Leibes noch federnd vom Sprung.
Es kreiste der Mutter ruhiges Haupt mächtig über ihr, ein Himmel schwarz und fahl gestreift, ein Funkeln goldig grün aus Urgrundtiefe: die Tieraugen, runde Sterne, wandelten über ihr. Es kreiste der Mutter ruhiges Haupt mächtig über ihr, ein Himmel, schwarz und fahl gestreift, ein Funkeln, goldiggrün aus Urgrundtiefe: die Tieraugen, runde Sterne, wandelten über ihr.
Wie ein weithin gelagerter Berg kniete die Mutter vor dem Kind. Schon raffte sie es auf, bettete es in ihrem Munde. Zwischen die Flächen der Wangen war es gepreßt, die breite Zunge rollte sich als ein wärmendes Lager unter ihr, Atem Zug um Zug strich über sie hin. Stürmend wurde sie durch Nässe und Fremde zurückgetragen. In sausendem Fluge schwebte sie in der Luft, in gleitender Senkung landete sie im guten, schattigen Lager, auf dem steinernen Boden, in dem festgegründeten Haus. In herrlichster Wiederbegegnung sah sie das Spiegeltier, in ruhender Besänftigung hörte sie es sich entgegensingen. Wie ein weithin gelagerter Berg kniete die Mutter vor dem Kind. Schon raffte sie es auf, bettete es in ihrem Munde. Zwischen die weißen Lefzen mit den starren Schnurrhaaren war es gepreßt, die breite Zunge der Mutter rollte sich als ein wärmendes Lager unter ihr, ihr Atem strich Zug um Zug über sie hin. Jetzt wurde sie durch Nässe und Fremde zurückgetragen. In sausendem Fluge schwebte sie in der Luft, in gleitender Senkung landete sie unter dem regentriefenden Baum in einem trockenen Winkel. In herrlichster Wiederbegegnung sah sie das Spiegeltier, in ruhender Besänftigung hörte sie es sich entgegensingen.
Zerbrochen die Blindheit, der Kerker frei.
Morgen war es, in der Ferne noch stürmender Regen in donnerndem Guß am Ende des Himmels das fliehende Gewitter. Morgen war es, in der Ferne noch stürmender Regen in donnerndem Guß, am Ende des Himmels das fliehende Gewitter. Das violette Gewölk zog dahin, die Sonne kam wieder, das wärmende Licht.
Sie aber, die von der Mutter gerettet, von Mutter doppelt besonnt dalag, sie, die dem Bruder zugesellt, mit den anderen sich vereinte, sie war zur Freude als Tier unter Tiere gebreitet, versöhnt war sie im Zuhause des fest gegründeten Lagers. Nahar aber, die von der Mutter gerettet, von der Mutter doppelt besonnt dalag, sie, die dem Bruder zugesellt, mit den anderen sich vereinte, sie war zur Freude als Tier unter Tiere gebreitet, versöhnt war sie im Zuhause des fest gegründeten Lagers.
Die Sonne brach mitten durch weißkochende Luft. Die Sonne brach jetzt strahlend mitten durch weißkochende Luft.
Wipfelbäume ragten in fast schwarzem Grün, zart geteilte Blätter, tausendfach verzweigt, breite Flächen, geglättet im Glanze. Licht spannte sich aus, endlich niedergesegnet zu ihr, überschwenglich hingeschüttet, kaum zu fassen, blendende Glut, gierig getrunken, grün siedendes Metall um Himmel, Pflanzen, Tiere, Stein. Wipfelbäume ragten in fast schwarzem Grün, zart geteilte Blätter, tausendfach verzweigt, breite Flächen, geglättet im Glänze. Licht spannte sich aus, überschwenglich hingeschüttet, kaum zu fassen, blendende Glut, gierig getrunken, grün siedendes Metall um Himmel, Pflanzen, Tiere, Stein.
Die Mutter, der schützende, rettende Gott, sonnte sich, die sanfte, riesenhafte Gestalt. Die Mutter, der schützende, rettende Gott, sonnte sich, die sanfte, riesenhafte Gestalt.
Goldleuchtendes Braun, durch schwarze Streifen gegittert, schwarze Ketten, in vielen Reihen gewunden um das herrlich funkelnde Fell, das feuerfarbene: so wand sie sich träg in der brütenden Hitze. Unter dem weißlichen Flaus des noch schleppenden Bauches strotzten ihr sechs Euter. Freudige Rosenfarbe, am Gipfel mit Milch umträufelt, am Grunde von fahlem Teppich dicht umstanden. Goldleuchtendes Braun, durch schwarze Streifen gegittert, schwarze Ketten, in vielen Reihen gewunden um das herrlich funkelnde Fell, das feuerfarbene: so wand sie sich träg in der brütenden Hitze. Unter dem weißlichen Flaus des noch schleppenden Bauches strotzten ihr sechs Euter. Freudige Rosenfarbe, am Gipfel mit Milch durchträufelt, am Grunde von fahlem Teppich dicht umstanden.
Ewig funkelten der Mutter grün-goldene Augen über den Kindern. Weißes Haar an den Wangen, lichtes Gewölk um die Kiefer, ein Nebelhof um den Mond des großen Gesichtes. Langschwankende Haare umzitterten der Mutter blaß gedehnte Lippen, es glimmerte hart das wollüstig in Ruhe knirschende Gebiß. Ewig funkelten der Mutter braungoldene Augen über den Kindern. Weißes Haar an den Wangen, lichtes Gewölk um die Kiefer, ein Nebelhof um den Mond des großen Gesichtes. Langschwankende Haare umzitterten der Mutter blaß gedehnte Lippen, es glimmerte hart das wollüstig in Ruhe knirschende Gebiß.
Tiefer beugte sich dem geretteten Kind das Haupt der Alten, ein sinkendes Gewölbe, eine Welt. Niedergebreiteter Gott. Tiefer beugte sich dem geretteten Kind das Haupt der Alten, ein sinkendes Gewölbe. Niedergebreiteter Gott.
VI
Sechstes Kapitel Die Pranken, vier ungeheure Säulen, rankte die Mutter um den zarten, rippenstarrenden Leib der Jungen. Sich selbst vergaßen Mutter und Kind. Lange ruhten sie, aneinandergelehnt, in glücklichem Tierblick eins ins andere gespiegelt. Die Pranken, vier ungeheure Säulen, rankte die Mutter um den zarten, rippenstarrenden Leib der Jungen. Sich selbst vergaßen Mutter und Kind. Lange ruhten sie, aneinandergelehnt, in glücklichem Tierblick eins ins andere gespiegelt.
Im Mittag zitterte der tropische Hain. Vögel, schwirrend in schwarzgoldenem Flug, zwitscherten ihren kreischenden Laut. Durch das Dunkel des Weidengezweigs rann das Licht, die blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken flackerten auf dem feuerfarben gestreiften Fell, vom Winde flüchtig verscheucht, hingezaubert um das Haupt der gelagerten Tiere. Schnell trocknete Nahars Haut, die von dem feuchten Rachen der Mutter wie von Tränen dunkel benetzt war, schnell verging Angst und Schrecken der blinden Zeit, die jetzt in Glut strahlte. Im Mittag zitterte der tropische Hain. Vögel, schwirrend in schwarzgoldenem Flug, zwitscherten ihren kreischenden Laut. Durch das Dunkel des Gezweigs rann das Licht, die blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken flackerten auf dem feuerfarben gestreiften Fell, vom Winde flüchtig verscheucht, hingezaubert um das Haupt der gelagerten Tiere. Schnell trocknete Nahars Haut, die von dem feuchten Rachen der Mutter wie von Tränen dunkel benetzt war, schnell vergingen Angst und Schrecken der blinden Zeit, ihr, die jetzt in Glut strahlte.
Kindertag des Tieres: auf dem Rücken zu liegen in Trägheit, den weiß umflaumten Bauch hinspielen lassen, von Wärme hold umströmt, die Endlosigkeit des Daseins vor sich. Kindertag des Tieres: auf dem Rücken zu liegen in Trägheit, den weiß umflaumten Bauch hinspielen lassen, von Wärme hold umströmt, die Endlosigkeit des Daseins vor sich. So schlief sie ein.
Rot durchleuchtete die zischende Sonne Nahars Schlaf. Rot durchleuchtete die zischende Sonne Nahars Schlaf, die festgeschlossenen, dünnen Lider des Auges.
Von Mückenschwärmen geweckt, hörte sie in der Ferne des Vatertieres dröhnendes Rollen, still atmete neben ihr die Mutter, über ihr, eine leichte Last, schlief der Bruder, des holden Spiegeltieres Gestalt. Im Sommer waren beide geboren. Jetzt hörte sie in der Ferne des Vatertieres dröhnendes Rollen, still atmete neben ihr die Mutter, über ihr, eine leichte Last, so schlief der Bruder, des holden Spiegeltieres Gestalt, den Kopf auf die plumpen dicken Tigertatzen gestützt. Im Sommer waren beide geboren.
Mit zärtlicher Zunge langte Nahar nach dem Bruder. Sie fühlte seine Brust, die kärglich bewachsene, den Leib mit dem zarten Geschlecht. Mit zärtlicher Zunge langte Nahar nach dem Bruder. Sie fühlte seine Brust, die kärglich bewachsene, den Leib mit dem zarten Geschlecht.
Auf ihren Armen trug sie das weichgegliederte Knochenspiel, als wäre es ihr Kind. Auf ihren Armen trug sie das weichgegliederte Knochenspiel, als wäre es ihr Kind.
Sommerlich gewitternde Nacht, umrauscht von neuen Güssen. Der Himmel, die schwarze, niedrige Decke, war gepeitscht von Blitzen. Sie schwangen sich in Kreisen, donnerdröhnend, wie das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Himmel im schwarzen Regen durchstreifte. Näher zuckten sie heran, stürmisch vom Gipfel herabzustürzen. Über die Kuppel der schützenden Weide schüttete der finstere Himmel in Flammenströmen, in Feuerhörnern blau blendendes Licht. Aber in der Ferne, am Saume des Waldes wanderte er müde, der Vater, der ewige Wächter, rings um den Frieden seiner schlafenden Kinder: ohne Schlaf, in leisem Verrauschen, mit tastendem Schritt, in ruhigem Ruf. Sommerlich gewitternde Nacht, umrauscht von neuen Güssen. Der Himmel, die düstere, niedrige Decke, war gepeitscht von Blitzen. Sie schwangen sich in Kreisen, donnerdröhnend, wie das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Urwald im schwarzen Regen durchstreifte. Näher zuckten sie heran, stürmisch vom Gipfel herabzustürzen. Über die Kuppel der schützenden Weide schüttete der finstere Himmel in Flammenströmen, in Feuerhörnern blau blendendes Licht. Aber in der Ferne, am Saume des Waldes wanderte er unermüdet, der Vater, der ewige Wächter, rings um den Frieden seiner schlafenden Kinder: ohne Schlaf, in leisem Verrauschen, mit tastendem Schritt, in ruhigem Ruf.
VII
Siebentes Kapitel Nachts kam der Vater zurück: schwere Beute schleppte er im ungeheuren, blitzenden Rachen, auf die Jungen träufelte als düsterer Regen Blut herab, Geifer und Schweiß. Weiß flimmerte seine schmale Lippe, in der lichten Kehlgrube zuckte sein Puls. Über den aufatmenden Kindern donnerte dumpf sein Herz. Krachend zertrümmerten seine Zähne, die wild zuhackenden Hauer, die runden Schenkelknochen eines Rehes. Neben das Junge hin fielen Fleischstücke, noch rauchend von Leben, Eingeweide, glatte weiße Schlangen, ringelten sich um die Füße der Tiere, feucht und warm. Nachts kam der Vater zurück: schwere Beute schleppte er im ungeheuren, blitzenden Rachen, auf die Jungen träufelte als düsterer Regen Blut herab, Geifer und Schweiß. Weiß flimmerte seine schmale Lippe, in der lichten Kehlgrube zuckte sein Puls. Über den aufatmenden Kindern donnerte dumpf sein Herz. Krachend zertrümmerten seine Zähne, die wild zuhackenden Hauer, die runden Schenkelknochen eines Hirsches. Neben das Junge hin fielen Fleischstücke, noch rauchend von Leben, Eingeweide, glatte rosige Schlangen, ringelten sich um die Füße der Tiere, feucht und warm. Die jungen Tiger zerrten Fleisch an sich und sättigten sich scheu.
In lautlos gebeugtem Knie ruhte der Vater, der gewaltige Bau, der selbst die Mutter noch übertürmte. Fernhin blickte er, während er an seine Brust in unzerreißbarer Umarmung geklammert hielt den blutig nackten Rücken seiner Beute. In lautlos gebeugtem Knie ruhte der Vater, der gewaltige Bau, der selbst die Mutter noch übertürmte. Fernhin blickte er, während er an seine Brust in unzerreißbarer Umarmung geklammert hielt den blutig nackten Rücken seiner Beute.
Licht schimmerte das Haar um seine Wangen, die vom Fraß noch zitterten, ein Nebelhof, wallend um den weißen Mond seines großen Gesichtes. Bevor er sich einsenkte in Ruhe und Schlaf, kreiste sein Blick über die Kinder. An Nahar beugte er sich tief herab. Plötzlich warf er sich mit knurrendem Laut auf den Rücken, faßte das Kind zwischen seine weichen Pranken, spielend schleuderte er es hoch, fing es im Spiele wieder auf in der flaumigen Bucht seines Bauches. Bald rollte er schwer zur Seite, gesättigt, am Eingang des Schlafs. In den Zotteln seines Felles ließ er sein Kind. Licht schimmerte das Haar um seine Wangen, die vom Fraß noch zitterten, ein Nebelhof, wallend um den weißen Mond seines großen Gesichtes. Bevor er sich einsenkte in Ruhe und Schlaf, kreiste sein Blick über die Kinder. An Nahar beugte er sich tief herab. Plötzlich warf er sich mit knurrendem Laut auf den Rücken, faßte das Kind zwischen seine weichen Pranken, spielend schleuderte er es hoch, fing es im Spiele wieder auf in der flaumigen Bucht seines Bauches. Bald rollte er schwer zur Seite, gesättigt, am Eingang des Schlafs. In den Zotteln seines Felles ließ er sein Kind.
Morgens verließ er das Lager. Goldleuchtend und schwarz schwirrte sein Abglanz durch den windgebogenen Bambus ins dichte Gespinst der Gebüsche. Morgens verließ er das Lager. Goldleuchtend und schwarz schwirrte sein Abglanz durch den windgebogenen Bambus ins dichte Gespinst der Gebüsche.
In der Wolke seines Dunstes, im Mund noch den Duft seines Schweißes, witterte Nahar das Blut der Jagd. Lüstern erwachte sie, in warmer Erregung schwebte das junge Tier noch lange. In der Wolke seines Dunstes, im Mund noch den Duft seines Schweißes, witterte Nahar das Blut der Jagd. Lüstern erwachte sie, in warmer Erregung schwebte das junge Tier noch lange.
Auch die Mutter schritt fort. In einen hohen Bogen streckte sie gähnend ihren Leib, und wie sie die Vorderpranken in die Rinde eines Baumes einkrallte, erbebte der Baum, erbebte der festgegründete Boden des Heimatgeländes. Langsam hob sich ihr Kopf, witterte hin nach dem milchig tropfenden Morgen, lautlos zog sie dahin unter dem sausenden Wind. Auch die Mutter war erwacht. In einem hohen Bogen streckte sie gähnend ihren Leib, und wie sie die Vorderpranken in die Rinde eines Baumes einkrallte, erbebte der Baum, erbebte der festgegründete Boden des Heimatgeländes. Langsam hob sich ihr Kopf, witterte hin nach dem milchig tropfenden Morgen, lautlos zog sie dahin unter dem sausenden Wind.
Im Spiel begegneten sich Bruder und Schwester. Im Spiel begegneten sich Bruder und Schwester.
Anschleichend, durch die Trümmerstätte gebleichter Knochen und gedörrter Sehnen gedeckt, wie zwei Schlangen glitten sie, goldflaumig und schwarz im stillen Mondmorgen. Schon bissen sie zu, verfingen sich mit ihren kaum sprießenden Zähnen. Dem Vatertier gleich, warf sich Nahar auf den Rücken, auf ihren Gliedern trug sie den leichten Körper des Bruders, schaukelte ihn, schnellte ihn fort, setzte ihm nach, umgirrte ihn im spiraligen Lauf. Hoch wogte die Sonne. Anschleichend, durch die Trümmerstätte gebleichter Knochen und gedörrter Sehnen gedeckt, wie zwei Schlangen glitten sie, goldflaumig und schwarz im stillen Morgen. Schon bissen sie zu, verfingen sich mit ihren kaum sprießenden Zähnen. Dem Vatertier gleich, warf sich Nahar auf den Rücken, auf ihren Gliedern trug sie den leichten Körper des Bruders, schaukelte ihn, schnellte ihn fort, setzte ihm nach, umgirrte ihn im spiraligen Lauf. Hoch wogte die Sonne.
Schon kam er ihr nahe, fauchte sie an mit zornigen Nüstern, faßte ihren Rücken, kämmte ihn bis zum Schweif, mit seinem spitzigen Gebiß. Nahar entfloh, im Sprung warf sie sich an einen niedrigen Zweig des Heimatbaumes, wippend lugte sie von oben herab, senkte sich, umfaßte den Bruder mit den Vorderpranken, um seinen Kopf hin und her zu wiegen, den wehrlos gefangenen unentrinnbar zu umarmen. Schon kam er ihr nahe, fauchte sie an mit zornigen Nüstern, faßte ihren Rücken, kämmte ihn bis zum Schweif mit seinem spitzigen Gebiß. Nahar entfloh, im Sprung warf sie sich an einen niedrigen Zweig des Heimatbaumes, wippend lugte sie von oben herab, senkte sich, umfaßte den Bruder mit den Vorderpranken, um seinen Kopf hin und her zu wiegen, den wehrlos Gefangenen unentrinnbar zu umarmen.
Zwischen ihren Armen leuchtete das wiedergespiegelte Ich. Zwischen ihren Armen leuchtete das widergespiegelte Ich.
Selig erkannte sie sich im spielenden Bruder. Keine Erinnerung verdunkelte ihren glücklichen Tag. Selig erkannte sie sich im spielenden Bruder. Keine Erinnerung verdunkelte ihren glücklichen Tag.
Vögel flatterten vom zitternden Zweig, in purpurnem Fluge durchzuckten sie den Morgen. Pfauen, blau schattend, mit riesig funkelndem Spiegel, huschten rauschend rings um die Tiere, die kämpften und spielten im Jubel der Kindheit. Vögel flatterten vom zitternden Zweig, in purpurnem Fluge durchzuckten sie den Morgen. Pfauen, blau schattend, mit riesig funkelndem Spiegel, huschten rauschend rings um die Tiere, die kämpften und spielten im Jubel der Kindheit.
Mit Leben bis in die letzte Ader gefüllt, spielten sie Tod. Flach, wie mit durchschnittenen Sehnen, lagen sie da. Mit Leben bis in die letzte Ader gefüllt, spielten sie Tod. Flach, wie mit durchschnittenen Sehnen, lagen sie da.
Keine Regung, kein Hauch. Keine Regung, kein Hauch.
Nahar, geblendet in der Mittagssonne, gebadet in flimmernde Hitze, nackt im bunten Fell. Des Bruders rauh keuchender Atem floß herab an ihrer goldschwarzen Hüfte, die seine kühlen, dunklen Nüstern berührten. Aber jetzt, aufstampfend in der blühenden Kraft ihrer Jugend, setzte sie in herrlichem Tiersprung ab von der Erde. Hoch gespannt, zwitschernd in silbernem Laut, warf sie sich in die schwirrende Luft, überflog jauchzend den langgestreckten Körper des Bruders. Im Schatten des Heimatbaumes landete sie, auf kühlem Totengebein lagerte sie. Nahar, geblendet in der Mittagssonne, gebadet in der flimmernden Hitze, nackt im bunten Fell. Des Bruders rauh keuchender Atem floß herab an ihrer goldschwarzen Hüfte, die seine kühlen, dunklen Nüstern berührten. Aber jetzt, aufstampfend in der blühenden Kraft ihrer Jugend, setzte sie in herrlichem Tiersprung ab von der Erde. Hoch gespannt, zwitschernd in silbernem Laut, warf sie sich in die schwirrende Luft, überflog jauchzend den langgestreckten Körper des Bruders. Im Schatten des Heimatbaumes landete sie, auf kühlem Totengebein lagerte sie.
Ruhig hinatmend, funkelte sie in großem Feuer der Augen. Ruhig hinatmend, funkelte sie in großem Feuer der Augen.
VIII
Achtes Kapitel Zur glücklichen Wiederkehr drängte sich die Mutter durch das buntfarbige windgeschüttelte Gebüsch. Wie Gesang, im Jagen verklingend, raste um sie, die ruhig stehende, der Kehllaut der gurrenden Kinder, die sich bald nahten, um mit freudigem Schnauben sie zu umwittern. Zwischen die winzigen, gold und schwarz geströmten Körper bohrte die Mutter, selig in ihrer Wiederkehr, ihre großen, wie Nachtregen so feuchten Nüstern. Sie rieb die Geschwister ab mit den Barthaaren, die ihr dicht die schmalen weißen Lippen umkränzten. Zur glücklichen Wiederkehr drängte sich die Mutter durch das buntfarbige windgeschüttelte Gebüsch. Wie Gesang, im Jagen verklingend, raste um sie, die ruhig stehende, der Kehllaut der gurrenden Kinder, die bald näherkamen, um mit freudigem Schnauben sie zu umwittern. Zwischen die winzigen, gold und schwarz geströmten Körper bohrte die Mutter, selig über ihre Wiederkehr, ihre großen, feuchten Nüstern. Sie rieb die Geschwister ab mit den Barthaaren, die ihr dicht die schmalen weißen Lippen umkränzten.
Zwischen die ragenden Säulen ihrer vier Glieder nahm sie die Kinder, sie baute sie ein in den Untergrund ihres königlich strahlenden Lebens, bot ihnen die Brust, die sie einsogen, in gleichmäßig pochendem Zuge, gleichzuckend in dreifach einklingenden Takt mit ihrem Herzen, dem mütterlich strahlenden. Zwischen die ragenden Säulen ihrer vier Glieder nahm sie die Jungen, sie baute sie ein in den Untergrund ihres königlich strahlenden Lebens, bot ihnen die Brust, die sie gierig schmatzend, eifrig einsogen, in gleichmäßig pochendem Zuge, gleichzuckend in dreifach einklingendem Takt mit ihrem Herzen, dem mütterlich strahlenden.
Im stehenden Glanze der hochragenden Sonne sanken sie zu dritt, gesättigt. Im stehenden Glänze der hochragenden Sonne sanken sie zu dritt, gesättigt.
Trockener Laut flüsterte aus dem Busch: blitzschnell wandte die alte Tigerin ihr Haupt hin, schon schlug sie zu mit lässig massiger Pranke, in der Umklammerung ihrer schillernden Krallen drehte sich eine graue Ratte, in wütenden Schlägen ringelte sich, ein ohnmächtig sich windender Erdwurm, der dünne Rattenschweif um die ehern getriebenen Tigerklauen. Aus weißgezähntem spitzigem Maule jammerte an der Erde ein hochklagender Laut. Gelb und rot umschäumt, drängte sich der Rattenkopf vor, im Kreise rasten zwei schwarzglimmernde Augen, rings umgittert von den wie ein Kerker geschlossenen Krallen, gedeckt von der Kuppel der riesigen Tigerpranke. Trockener Laut flüsterte aus dem Busch: blitzschnell wandte die alte Tigerin ihr Haupt hin, schon schlug sie zu mit lässig massiger Pranke, in der Umklammerung ihrer schillernden Krallen drehte sich eine graue Ratte, in wütenden Schlägen ringelte sich, ein ohnmächtig sich windender Erdwurm, der dünne Rattenschweif um die ehern getriebenen Tigerklauen. Aus weißgezähntem spitzigem Maule jammerte an der Erde ein hochklagender Laut. In ihrer furchtbaren Angst, von Blut bespritzt, drängte die Ratte den Kopf vor, im Kreise rasten zwei schwarzglimmernde Augen, rings umgittert von den geschlossenen Krallen, gedeckt von der Kuppel der riesigen Tigerpranke.
Jetzt wandte sich das Auge der Mutter zum Kind: lockend löste die Alte die Tatze von der Ratte. Nahar erbebte: sich ganz auf das graue Tier zu stürzen, es zu zermalmen, Wonne weitete ihr die Mundwinkel aus, lebendig das graue Tier darin zu verschlingen, aus ihren Füßen sprangen Krallen: noch waren sie eingeankert in den toten Boden, zielsichernd starrte sie: sich ganz zu klammern in den Leib der fliehenden Ratte. Jetzt wandte sich das Auge der Mutter zum Kind: lockend löste die Alte die Tatze von der Ratte. Nahar erbebte: sich ganz auf das graue Tier zu stürzen, es zu zermalmen; Wonne weitete ihr die Mundwinkel aus, lebendig das graue Tier darin zu verschlingen, aus ihren Tatzen schlüpften Krallen: noch waren sie eingeankert in den toten Boden, zielsichernd starrte sie: sich ganz zu klammern in den Leib der fliehenden Ratte.
Hoch hob sich die Tatze der Mutter, erlöst entglitt das kleine Tier, befreit war es von der Gefangenschaft, kaum geritzt war der graue Samt des Felles, unzerbrochen die Knöchelchen, so fein. So fein zog die Ratte ihr Körperchen dahin, immer noch im Schatten der unbewegten Königstiere, in eilig trippelndem Lauf. Aber wie es auch raste, wie es die Gräser durchschnitt, und als graugezückter Schatten verging, dem grauen Schatten nach setzte Nahar, die junge Tigerin, feuerfunkelnd in lautlosem Sprung. In eiligster Flucht jagte sie, schon hatte sie es, schon krallte sie das Tier, versank in die atemlose Wonne der unentrinnbar ergriffenen Welt, der begriffenen Beute. Mit den Pranken sie fest zu umarmen, wie vorhin den spielenden Bruder: aber nicht spielenden Bruderlaut entließ sie jetzt aus der zitternden Kehle, sondern dumpfes Vaterdröhnen und Wut der beseligten Jagd. Hoch hob sich die Tatze der Mutter, erlöst entglitt das kleine Tier, befreit war es von der Gefangenschaft, kaum geritzt war der graue Samt des Felles, unzerbrochen die Knöchelchen, so fein. So fein zog die Ratte ihr Körperchen dahin, immer noch im Schatten der unbewegten Königstiere, in eilig trippelndem Lauf. Aber wie es auch raste, wie flink es die Gräser durchschnitt und als graugezückter Schatten dahinhuschte, dem grauen Schatten setzte Nahar nach, die junge Tigerin, feuerfunkelnd in lautlosem Sprung. In eiligster Flucht jagte sie; schon hatte sie es, schon krallte sie das Tier, versank in die atemlose Wonne der unentrinnbar ergriffenen Welt, der gegriffenen Beute. Mit den Pranken sie fest zu umarmen, wie vorhin den spielenden Bruder. Aber nicht spielenden Bruderlaut entließ sie jetzt aus der zitternden Kehle, sondern dumpfes Vaterdröhnen und Wut der beseligten Jagd.
Das Maul, die Zunge, der Bauch, eben noch mit Milch getränkt, mit Frieden gesättigt, dorrten jetzt, gepeinigt vom Durste nach Blut. Das Maul, die Zunge, der Bauch, eben noch mit Milch getränkt, mit Frieden gesättigt, dorrten jetzt, gepeinigt vom Durste nach Blut.
Bluttropfen zitterten auf den nickenden Gräsern, die Nahar mit ihren dunkel glühenden Augen erfaßte, während an ihrer Brust die Ratte in unzerreißbarer Umarmung sich krümmte. Bluttropfen zitterten auf den nickenden Gräsern, die Nahar mit ihren dunkel glühenden Augen erfaßte, während an ihrer Brust die Ratte unter unzerreißbarer Umarmung sich krümmte.
Still blickte die Mutter, ein unbewegter Berg. Still blickte die Mutter, ein unbewegter Berg.
An die schnell pochende Kehle der Ratte schmeichelten sich Nahars Zähne, glätteten sich an dem gleitenden samtenen Fell. An die schnell pochende Kehle der Ratte schmeichelten sich Nahars Zähne, glätteten sich an dem gleitenden samtenen Fell.
Still jubelnd, im Blutzauber beseligt, biß sie zu nach der grau zuckenden Frucht, löste die Zähne mit Mühe nur los, fühlte noch Leben in der Beute, schlug zum zweitenmal tiefer, löste sich ab im bebenden Schweigen, unter winkenden Zweigen. Und nun, im äußersten Krampf der Lust, zum Rasen erregt, die kleine Brust zum Bersten geschwellt, stumm warf sie sich hinein in die Tiefe des Körpers, um der Ratte die Lunge, das Herz zu zerfleischen: Leben zu töten. Still jubelnd, im Blutzauber beseligt, biß sie zu nach der grau zuckenden Frucht, riß die Zähne mit Mühe nur los, fühlte noch Leben in der Beute, schlug zum zweitenmal tiefer, löste sich ab im bebenden Schweigen, unter winkenden Zweigen. Und nun, im äußersten Krampf der Lust, zum Rasen erregt, die kleine Brust zum Bersten geschwellt, stumm warf sie sich hinein in die Tiefe des Körpers, um der Ratte die Lunge, das Herz zu zerfleischen: Leben zu töten.
Blut und Luft, in wonnevollem Wirbel wogten auf, Blut und Luft ihr ins Auge, das rot umblitzte, Blut und Luft ihr ins nackte, kühl aufgerichtete Ohr, Rauschen und Toben, stürmendes Meer. Blut und Luft in wonnevollem Wirbel wogten auf, Blut und Luft ihr ins Auge, das rot umblitzte, Blut und Luft ihr ins nackte, kühl aufgerichtete Ohr, Rauschen und Toben wie stürmendes Meer.
Über der sterbenden Ratte, in allen Gliedern gelöst, ruhte schwer das blutselige Tier. Durch Nahars eng geschlossenen Lippen bohrte sich der Blutquell, eine neue herrlich streichelnde Zunge, von außen zwang sich nach innen die Wollust. Die sterbend zuckenden Muskeln schlugen ihr Herz, ihren Bauch, ihr aufbebendes Geschlecht. Über der sterbenden Ratte, in allen Gliedern gelöst, ruhte schwer das blutselige Tier. Durch Nahars eng geschlossene Lippen bohrte sich der Blutquell, eine neue, herrlich streichelnde Zunge, von außen zwang sich nach innen die Wollust. Die sterbend zuckenden Muskeln schlugen ihr Herz, ihren Bauch, ihr aufbebendes Geschlecht.
Wie ein Liebesweib ruhte sie auf dem zerfleischten Tier. Weithin blickte sie, zwei Welten in einer zu genießen. Wie ein Liebesweib ruhte sie auf dem zerfleischten Tier. Weithin blickte sie, zwei Welten in einer zu genießen.
Aber schon erkaltete die Ratte, grau erstarrte ihr Fleisch, zu eisigem Schleim verhärtete sich das Blut. Aber schon erkaltete die Ratte, grau erstarrte ihr Fleisch, zu eisigem Schleim verhärtete sich das Blut.
Unter große Blätter, in den Schatten saftquellender Farne, über die Stiegen bunt gespannter Winden, jenseits von Mutter und Bruder, jenseits des feuchtschattenden Heimatbaumes, in eine eigene Höhle, sich selbst zur dunklen Freude, sich selbst zu letzter Sättigung schleppte Nahar ihre Beute. Mit den Krallen grub sie ein Loch in die Erde, die Ratte hier zu lagern, sich selbst darauf zu türmen. Dumpf knurrte sie, kochend in tiefster Lust. Unter große Blätter, in den Schatten saftquellender Farne, über die Stiegen bunt gespannter Winden, jenseits von Mutter und Bruder, jenseits des feuchtschattenden Heimatbaumes, in eine eigene Höhle, sich selbst zur dunklen Freude, sich selbst zu letzter Sättigung schleppte Nahar ihre Beute. Mit den Krallen grub sie ein Loch in die Erde, die Ratte hier zu lagern, sich selbst darauf zu türmen. Dumpf knurrte sie, kochend in tiefster Lust.
Noch zitterte der tropische Hain, durch das Dunkel der weichgefiederten Farne brach Licht, des Nachmittags blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken auf dem grell getigerten Fell: so ruhte sie auf dem Grabe des getöteten Tieres, ein Liebesweib auf blutigem Lager. Noch zitterte der tropische Hain, durch das Dunkel der weichgefiederten Farne brach Licht, des Nachmittags blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken auf dem grell getigerten Fell: so ruhte sie auf dem Grabe des getöteten Tieres, ein Liebesweib auf blutigem Lager.
Schnell trocknete die Haut, die von Blut und Geifer der Ratte dunkel benetzt war. Die Nacht brach ein. Schwarz lag in der Schwärze des Bodens der Leichnam, lau erwärmt von ihr selbst. Wie ein Stück Erde ließ Nahar das Aas hinter sich, als sie im Trommeln des schweren Regens zur Mutter zurückglitt und zum schlafenden Bruder. Schnell trocknete die Haut, die von Blut und Geifer der Ratte dunkel benetzt war. Die Nacht brach ein. Schwarz lag in der Schwärze des Bodens der Leichnam, lau erwärmt von ihr selbst. Wie ein Stück Erde ließ Nahar das Aas hinter sich, als sie im Trommeln des schweren Regens zur Mutter zurückglitt und zum schlafenden Bruder.
IX
Neuntes Kapitel Nahar erwachte des Nachts: die Mutter drohte mit böse dröhnendem Laut: der Vater umschlich sie, er brach durch das spritzende Weidengeäst, grollend wich er zurück, vertrieben von der schwer schlagenden Pranke der Mutter. Feucht benetzt zitterten die Jungen, nahe schmiegten sie sich aneinander. Wie die Mutter sich herumwarf, um von der anderen Seite den Mann abzuwehren, schlugen ihre Brüste die Kinder zu Boden. Sie schlugen nieder wie warme Steine über ihren Leibern. Die Kinder rollten dahin, auf den Berg der toten Gebeine retteten sie sich. Nahar erwachte des Nachts: die Mutter drohte mit böse dröhnendem Laut: der Vater umschlich sie, er brach durch das spritzende Geäst, grollend wich er zurück, vertrieben von der schwer zuschlagenden Pranke der Mutter. Es zitterten die Jungen, nahe schmiegten sie sich aneinander. Wie die Mutter sich herumwarf, um von der anderen Seite den Mann abzuwehren, warf sie die Kinder zu Boden. Die Kinder rollten dahin, auf den Berg der toten Gebeine retteten sie sich.
Stürmisch mit einem Satz zerriß der Vater das Gebüsch, mit grimmig jubelndem Laut warf er sich von rückwärts über die Mutter, in süß zitternden Ruf verklang sein Zorn, als das Weib sich unter ihn schmiegte, regungslos, wie ein Kind zwischen den Säulen seiner Pranken gegliedert. Stürmisch mit einem Satz zerriß der Vater das Gebüsch, mit grimmig jubelndem Laut warf er sich von rückwärts über die Mutter, in süß zitterndem Ruf verklang sein Zorn, als das Weib sich unter ihn schmiegte, regungslos, wie ein Kind zwischen den Säulen seiner Pranken gegliedert.
Über ihr gesenktes Haupt hing tief herab sein ungeheures Antlitz. Mit kosender Zunge streichelte er die Mutter; ganz wie ein Mantel über sie gebreitet, stieß er dumpfe Schreie aus, preßte sich in sie hinein. Vereinigt waren beide Eltern zu einem bebenden Koloß. Es schwoll das Röhren ihrer stampfenden Wollust auf zum Erbeben der Erde. Über ihr gesenktes Haupt hing tief herab sein ungeheures Antlitz. Mit kosender Zunge streichelte er die Mutter; ganz wie ein Mantel über sie gebreitet, stieß er dumpfe Schreie aus, preßte sich in sie hinein. Vereinigt waren beide Eltern zu einem bebenden Koloß. Es schwoll das Röhren ihrer stampfenden Wollust auf zum Erbeben der Erde.
Die Mutter, zur Seite gewichen, die geifernde Zunge gebleckt, ihr Inneres um die Umarmung des Mannes geschlungen, leblos schwebte sie hin, in leiser verdröhnendem Orgelton, in auszitternder Lust. Der Vater neben ihr, ein stürzender Strom. Sein kreisendes Haupt umfaßte die dämmrige Höhle, den Körper des Kindes erreichte die Spitze seines züngelnden Maules, vom Geschmack der Liebkosung erschauerte Nahar im Innern des Innern. Wie sie da lagen, der Vater gerollt um die Mutter, ein Bogen von einem Bogen umspannt, das zitternde Muttergebirge vom schweren Himmelsgewölbe überdonnert, so schliefen sie, an den Grenzen ihrer Leiber die Jungen, die tiefatmende Brut im nächtlichen Regendunkel vereinigt. Die Mutter, zur Seite gewichen, die geifernde Zunge gebleckt, ihr Inneres um die Umarmung des Mannes geschlungen, leblos schwebte sie hin, in leiser verdröhnendem Orgelton, in auszitternder Lust. Der Vater neben ihr, ein stürzender Strom. Sein kreisendes Haupt umfaßte die dämmrige Höhle, den Körper des Kindes erreichte die Spitze seines züngelnden Maules, vom Geschmack der Liebkosung erschauerte Nahar im Innern des Innern. Wie sie da lagen, ein Bogen von einem Bogen umspannt, das zitternde Muttergebirge vom schweren Himmelsgewölbe überdonnert, so lebten sie, an den Grenzen ihrer Leiber die Jungen, die tief atmende Brut im nächtlichen Regendunkel vereinigt.
Aus dumpf durchschauerter Nacht brach feuerfarben der Morgen. Aus dumpf durchschauerter Nacht brach feuerfarben der Morgen.
In gleichem Schritt, in ruhigem Wiegen wandelten die Eltern den Gang zum Fluß, der um das Lager kreiste, zur Tränke des Wildes. In gleichem Schritt, in ruhigem Wiegen wandelten die Eltern den Gang zum Fluß, der um das Lager kreiste, zur Tränke des Wildes.
Die Jungen blieben zurück, sie verließen die krachende Schädelstätte, den Haufen gedörrten Gebeines, in die Grube der Eltern legten sie sich, von neuem umgaukelte sie der Schlaf. Es rauschte der Heimatbaum, das dichtverschlungene Geäst. Die Jungen blieben zurück, sie verließen die krachende Schädelstätte, den Haufen gedörrten Gebeines, in die Grube der Eltern legten sie sich, von neuem umgaukelte sie der Schlaf. Es rauschte der Heimatbaum, das dichtverschlungene Geäst.
X
Zehntes Kapitel Große Vögel, blau schimmernder Glanz zwischen regenschwarz quellenden Blättern, Flügelfedern mit Gold bestreut im dämmernden Wald: Pfauen nickten vorbei, schüttelten die Kronen, die grauen winzigen Fächer, vorbei am Lager der träumend versunkenen Tiere. Große Vögel, in blau schimmerndem Glanz zwischen regenschwarz quellenden Blättern, Flügelfedern mit Gold bestreut im dämmernden Wald: Pfauen nickten vorbei, schüttelten die Kronen, die grauen winzigen Fächer, nahe am Lager der träumend versunkenen Tiger.
Im Halbschlaf hörte Nahar, wie sie vorüberzogen, wie sie ihren rauhen Laut hingurrten, schon erwachte sie, erhob sich, um ihnen zu folgen, die winkten mit den schlangengleich schillernden Hälsen. Im Halbschlaf hörte Nahar, wie sie vorübertrippelten, wie sie ihren rauhen Laut hingurrten. Schon erwachte sie, erhob sich, um ihnen zu folgen, die winkten und nickten mit den schlangengleich schillernden Hälsen, mit ihren fächerförmigen Krönchen.
Mitten unter den Schwarm schlich es lautlos, das winzige Tier, durch Blätter gedeckt. Noch war Nahar umdunstet vom Duft des eigenen Leibes im Schlaf, süß schmeckte ihr Mund, noch gefüllt vom gestrigen Blut und vom nächtlichen Kuß. Der rauhe Liebesruf der balzenden Vögel umraunte sie von allen Seiten. Sie beugte den Kopf unter rosenfarbene Zweige, das Flügelschlagen der Pfauen scheuchte Blüte auf Blüte, die Enden der munter wippenden Fächer streiften ihr den lauernden Nacken, aber noch hielt sie sich, noch rührte sie sich nicht, nichts rührte sie: ruhige Wonne, die Jagdbeute in Scharen unzählig um sich zu fühlen, in ihrer Mitte zu schreiten, unsichtbar die Waldwiese im Kreise zu durchgleiten. Mitten unter den Schwarm schlich es lautlos, das winzige Tier, durch Blätter gedeckt. Noch war Nahar umdunstet vom Duft des eigenen Leibes im Schlaf, süß schmeckte ihr Mund, noch gefüllt vom gestrigen Blut und vom nächtlichen Kuß. Der rauhe Liebesruf der balzenden Vögel umraunte sie von allen Seiten. Sie beugte den Kopf unter rosenfarbene Zweige, das Flügelschlagen der Pfauen scheuchte Blüte auf Blüte, die Enden der munter wippenden Pfauenfächer streiften ihr den lauernden Nacken, aber noch hielt sie sich, noch rührte sie sich nicht; nichts rührte sie: ruhige Wonne, die Jagdbeute in Scharen unzählig um sich zu fühlen, in ihrer Mitte zu schreiten, unsichtbar die Waldwiese im Kreise zu durchgleiten.
Am Saume des blaudämmernden Hains wimmelte ein Rudel von Pfauen, gespreizt schleppten sie ihren prangenden Spiegel, versprühend ein goldenes Gewölk. Ohne Grenzen war die Welt gefüllt mit Nahars Speise. Am Saume des blaudämmernden Hains wimmelte das Rudel von Pfauen, gespreizt schleppten sie ihren prangenden Spiegel, versprühend ein goldenes Gewölk. Ohne Grenzen war die Welt gefüllt mit Nahars Speise.
Im Spiel faßte sie zu, packte die Klaue eines Vogels, wie sie war, mit Schuppen gedeckt, mit Nägeln gepanzert. Mitten in dem mißtönenden Schrei riß sie den Pfau an sich, erwürgte ihn sekundenschnell. Sie sank nieder an der großen Beute. Zartes Geriesel der Federn, tönende Tropfen von Blut auf dem Boden. Mit langhin spielender Zunge schlürfte sie die Tropfen ein, die noch an ihrem Fell klebten. In Verwirrung flatterten kreischend die Pfauen empor, in niedrig zuckendem Fluge. Im Spiel faßte sie zu, packte die Klaue eines Vogels, wie sie war, mit Schuppen gedeckt, mit Nägeln gepanzert. Mitten in dem mißtönenden Schrei riß sie den Pfau an sich, erwürgte ihn schnell. Laut schrien die erschrockenen Prachtvögel, Nahar hörte es nicht. Sie sank nieder an der großen Beute. Zartes Geriesel der Federn, tönende Tropfen von Blut auf dem Boden. Mit langhin spielender Zunge schlürfte sie die Tropfen ein, die noch an ihrem Fell klebten. In Verwirrung flatterten kreischend die Pfauen empor, in niedrig zuckendem Fluge.
Ungesättigt warf sich Nahar mitten in den buntfarbigen Knäuel, so leicht war ihr Sprung, so zart ihre Last, daß ein Vogel sie einen Flügelschlag weit emporführte hoch in die Luft des tropischen Haines, die durchblühte, von Insekten glitzernd durchschwirrte. Den Kopf auf das zitternde Polster des Flügels gelehnt, eingelassen in die heiße Höhle seiner Achsel, so glitt der Tiger mit dem Pfau durch krachende Zweige zurück auf den strotzenden dunklen Boden. Ungesättigt warf sich Nahar mitten in den buntfarbigen Knäuel, so leicht war ihr Sprung, so zart ihre Last, daß ein Vogel sie einen Flügelschlag weit mit sich emporführte hoch in die Luft des tropischen Haines, die durchblühte, von Insekten glitzernd durchschwirrte. Den Kopf auf das zitternde Polster des Flügels gelehnt, eingebissen in die heiße Höhle seiner Achsel, so glitt der Tiger mit dem Pfau durch krachende Zweige zurück auf den strotzenden dunklen Boden.
Stürmisch wogte das Gefieder, Wind erhob sich, rauschende Kühlung regnete von oben auf das junge Tigertier, das im Grunde geballt da lag. Des Vogels kleine Hirnschale knackte Nahar, seinen weggekrampften Hals zerbiß sie, durch das feuchte Federgewimmel strömte ihr Blut in den Mund, heißer als das Rattenblut, ein glühender Quell. Noch wehte der Wind der verzweifelten Schläge des Fittichs, da rissen Nahars Zähne lange Furchen in den Leib, durch die Furchen vergrub sie ihr Haupt, mitten in den aufgerissenen Tierleib tauchte sie unter und versank geblendet. Stürmisch wogte das Gefieder, Wind erhob sich, rauschende Kühlung wehte von oben auf das junge Tigertier, das im Grunde geballt dalag. Des Vogels kleine Hirnschale knackte Nahar, seinen weggekrampften Hals zerbiß sie, durch das feuchte Federgewimmel strömte ihr Blut in den Mund, heißer als das Rattenblut, ein glühender Quell. Noch wehte der Wind der verzweifelten Schläge des Fittichs, da rissen Nahars Zähne lange Furchen in den Leib, durch die Furchen vergrub sie ihr Haupt, mitten in den aufgerissenen Tierleib tauchte sie unter und versank geblendet.
Ohne Besinnung, ohne Bewegung, unbeseelt, selig. Ohne Besinnung, ohne Bewegung, unbeseelt, selig.
XI
Elftes Kapitel Sie erwachte, gekühlt zum Wandern, zum unermüdeten Gang. Sie erwachte, gestärkt zum Wandern, zum unermüdlichen Gang.
Große hochstämmige Wälder durchlief sie. Auf Wiesen, auf festgestampftem Gras weideten Herden von Rindern. Schwer schritten sie bis ans sausende Ufer des Stromes, von ferne rollte ihr ruhiges Brüllen, von weitem schimmerte die blaue Ader des Flusses durch das gelbe Bambusdickicht der Wildnis. Große hochstämmige Wälder durchlief sie. Auf Wiesen, auf festgestampftem Gras weideten Herden von Rindern. Schwer schritten sie bis ans sausende Ufer des Stromes, von weitem schimmerte die blaue Ader des Flusses durch das gelbe Bambusdickicht der Wildnis.
Am Wasser ruhte Nahar, mit dem Bruder vereinigt. Nebeneinander gingen sie zurück zur Heimathöhle, Sand knisterte warm unter dem gleichen Takt der weich schwebenden Pranken, feuchte Niederung nahm die Geschwister auf, sumpfiger Boden, grau-grünes Gelände, fließende Erde. Am Wasser ruhte Nahar neben dem Bruder. Nebeneinander gingen sie zurück zur Heimathöhle, Sand knisterte warm unter dem gleichen Takt der weich schwebenden Pranken, feuchte Niederung nahm die Geschwister auf, sumpfiger Boden, graugrünes Gelände, fließende Erde.
Die Mutter rief aus dem Schatten des Heimatbaumes. Tief tönte ihr Knurren an die Steine des Lagers. Heiser schütterte der Mutterschrei, durch den Berg der hohen toten Gebeine gebrüllt. Vor den Augen der Kinder tauchte sie aus dem wallenden Gras, ein Koloß, goldglänzend, mit schwarzen Streifen umkettet. Auch sie war zurückgekehrt von glücklicher Jagd. Unter ihr dunkelte ein zerrissenes Reh. Die Mutter breitete das Fleisch flach auf die Steine der Höhle, mit den Hinterpranken faßte sie die Geschwister. Die Tiere fraßen in Ruhe. Je tiefer die Sättigung, desto näher ihre Häupter, bis zur Berührung. Bis zur Vereinigung. Die Mutter rief aus dem Schatten des Heimatbaumes. Tief tönte ihr Knurren an die Steine des Lagers. Heiser schütterte der Mutterschrei, durch den Berg der hohen toten Gebeine gebrüllt. Vor den Augen der Kinder tauchte sie aus dem wallenden Gras, ein Koloß, goldglänzend, mit schwarzen Streifen umkettet. Auch sie war zurückgekehrt von glücklicher Jagd. Unter ihr dunkelte eine zerrissene Antilope. Die Mutter breitete das Fleisch flach auf die Steine der Höhle, mit den Hinterpranken umfaßte sie die Geschwister. Die Tiere fraßen in Ruhe. Je tiefer die Sättigung, desto näher ihre Häupter, bis zur Berührung. Bis zur Vereinigung.
Die Zunge der Mutter, breit, mit Stacheln besetzt, wanderte zwischen den Kindern umher, umhauchte sie beide mit Frieden. Nun fielen alle in Schlaf. Die Zunge der Mutter, breit, mit Stacheln besetzt, wanderte zwischen den Kindern umher, umhauchte sie beide mit Frieden. Nun fielen alle in Schlaf.
Zweiter Teil
I
Zweiter Teil Erstes Kapitel Ratten und Pfauen jagte Nahar nicht mehr: ohne Furcht lauerte sie Gewaltigem auf. Ratten und Pfauen jagte Nahar nicht mehr: ohne Furcht lauerte sie Gewaltigem auf.
Ein schwarzer Schatten schwankte gewaltig vor ihr durch das grüne Gebüsch. Schwerhufig brach ein Wildbüffel mit breit vorgebauter Brust durch das Gewirr, das um seine Keulen wogte. Blaugezackte Blüten schwebten herab neben seinem dünnbehaarten Fell, das in tiefer Schwärze spiegelte. Den Kopf hob er, in eckigen Quadern schwarz ragend. Ein schwarzer Schatten schwankte gewaltig vor ihr durch das grüne Gebüsch. Schwerhufig brach ein Wildbüffel starrenden, glänzenden Auges mit breit vorgebeugter Brust durch das Gewirr, das um seine Keulen wogte. Blaugezackte Blüten schwebten herab neben seinem dünnbehaarten Fell, das in tiefer Schwärze spiegelte. Den Kopf hob er, in eckigen Quadern schwarz ragend.
In der großen Ruhe der Urwaldtiere atmete er aus und ein aus dunkel glänzenden Nüstern. Eingemauert in windschwankendes Grün stand er, bloß die Haut der Flanken zuckte unter dem Fliegenschwarm. Weißer Schleim wehte vor seinem Atem her, den er röhrend enthauchte. In der großen Ruhe der Urwaldtiere atmete er aus und ein aus dunkel glänzenden Nüstern. Eingemauert in windschwankendes Grün stand er, bloß die Haut der Flanken zuckte unter dem Fliegenschwarm. Weißer Schleim wehte vor seinem Atem her, den er röhrend enthauchte.
Hinter seinem knochigen Rücken schlich Nahar dem Winde nach, der leise zog. Hinter seinem knochigen Rücken schlich Nahar dem Winde entgegen, der leise zog.
Der Büffel, zur Erde gebeugt, äste unter den Bäumen. Nach rückwärts waren in schwingendem Bogen seine mächtigen Hörner gedreht. Auf seinen Hörnern trug er das schwerlastende Laub eines Baumes, so stand das Riesentier stumm, den Wald auf seinem Haupte. Lange weidete es, mit bebuschtem Schweif schlug es nach Insekten, Libellen, nach flimmerndem Fliegengeschmeiß, aus seinem klaffenden After entließ er Unrat, dreimal entleerte er nasse Patzen gelbgrünen Kotes, dreimal klatschte es zur Erde. Jedesmal, in dreifach erneuertem Sprung, näherte sich der Tiger, in eins fiel mit dem klatschenden Laut das kaum hörbare Rauschen des anspringenden Raubtieres. Der Büffel, zur Erde gebeugt, äste unter den Bäumen. Nach rückwärts waren in schwingendem Bogen seine mächtigen Hörner gedreht. Auf seinen Hörnern trug er das schwerlastende Laub eines Baumes, so stand das Riesentier stumm, den Wald auf seinem Haupte. Lange weidete es, mit bebuschtem Schweif schlug es nach Insekten, Libellen, nach flimmerndem Fliegengeschmeiß, aus seinem klaffenden After entließ es Unrat, dreimal entleerte es nasse Patzen gelbgrünen Kotes, dreimal klatschte es zur Erde. Jedesmal, in dreifach erneuertem Sprung, näherte sich der Tiger, in eins fiel mit dem klatschenden Laut das kaum hörbare Rauschen des anspringenden Raubtieres.
Nicht mit Furcht, mit Freude sah Nahar den gewaltigen, unabsehbar, unverschlingbarstrotzenden, trotzenden Leib des Büffels. Wie Wasser glänzte die fast nackte Haut, an der edelsteinfunkelnd Myriaden von Fliegen summten und wippten, kaum verscheucht vom lässig schlagenden Schweif, ein aufgehobener Teppich auf dem wallenden Bauch, auf dem blutberstenden Geschlecht, das hoch über den Augen des Tigers brütete. Nicht mit Furcht, mit Freude sah Nahar den gewaltigen, strotzenden, trotzenden Leib des Büffels. Wie Wasser glänzte die fast nackte Haut, an der edelsteinfunkelnd Myriaden von Fliegen summten und wippten, kaum verscheucht vom lässig schlagenden Schweif, ein aufgehobener Teppich auf dem wallenden Bauch, auf dem blutberstenden Geschlecht, das hoch über den Augen des Tigers brütete.
Nahar, kaum größer als das viereckig getürmte Ochsenhaupt, ballte sich zitternd zu Füßen des Tieres, hingeglitten wie eine lange bunte Schlange, mit kleinem Kopf, schmiegte sie ihre Brust an den taufeuchten Rasen, neben dem schwarzeisernen Huf, ob er sie zertrete. Geduckt, den Atem angespannt, zurück den Atem in die herrlich sich weitende Brust, zurück den Dunst ihres weiblichen Leibes, ob der Mann ihn nicht spüre, zurück noch einmal ganz und gar, zurück das jagende Raubtier, fort von den ruhig glosenden Augen des ragenden Stieres, ob er sie ahne, die Tigerin. Nahar, kaum größer als das viereckig getürmte Ochsenhaupt, ballte sich zitternd zu Füßen des Tieres, hingeglitten wie eine lange bunte Schlange, mit kleinem Kopf, schmiegte sie ihre Brust an den taufeuchten Rasen, neben dem schwarzeisernen Huf. Geduckt, den Atem angespannt, zurück den Atem in die herrlich sich weitende Brust, zurück den Dunst ihres weiblichen Leibes, ob der Mann ihn nicht spüre, zurück noch einmal ganz und gar, zurück das jagende Raubtier, fort von den ruhig schnobernden Nüstern des ragenden Stieres, damit er sie nicht wittere, die Tigerin.
Aber nun schwang sie sich auf, aber nun flog sie ohne Mühe fort vom federnden Boden, dem Stiere entgegen: mit dem letzten Ende der Pranken erfaßte sie ihn, mit den grau geschliffenen Krallen landete sie, wie weiße Dornen sprangen ihre Zähne aus dem purpurnen Maule, breit biß sie sich ein in feine schwarzklirrende Wampe. In weiten Falten wallte nieder der Umhang des Stierhalses, hier knirschte ihr Gebiß in unbeschreiblicher Lust durch die spärlich behaarte Haut, aber das Büffelfell sank, von Löchern zerfetzt, zu Riemen zerrissen, nieder mit ihr. Aber nun schwang sie sich auf, aber nun flog sie ohne Mühe fort vom federnden Boden, dem Stiere entgegen: mit dem letzten Ende der Pranken erfaßte sie ihn, mit den grau geschliffenen Krallen landete sie, wie weiße Dornen sprangen ihre Zähne aus dem purpurnen Maule, breit biß sie sich ein in seine schwarzklirrende Wampe. In weiten Falten wallte nieder der Umhang des Stierhalses, hier knirschte ihr Gebiß in unbeschreiblicher Lust durch die spärlich behaarte Haut, aber das Büffelfell sank, von Löchern zerfetzt, zu Riemen zerrissen, nieder mit ihr.
Mit dem zweiten Satz faßte sie tiefer: das Fleisch, das die Kehle des Büffels in dicken Wülsten bewuchs. Jetzt erst erwachte der Stier aus panischem Schrecken, gewaltig brüllte er auf, auseinander riß er sein Maul, das mit flachen, breiten, gelben Zähnen bewehrte. Das Haupt warf er nach hinten mit rasender Kraft, um den Tiger fortzuschleudern. Mit Wucht krampfte er es zurück, so daß die Hörner bis an den Rücken krachten, aber der Tiger, wie mit Ketten geschmiedet an die Gurgel des Stieres, flog von der Erde empor im gleichen Schwung, von Büffelkraft getragen, mit Tigerzähnen unerbittlich verbissen. Mit dem zweiten Satz faßte sie tiefer: das Fleisch, das die Kehle des Büffels seitlich in dicken Wülsten bewuchs. Jetzt erst erwachte der Stier aus panischem Schrecken, gewaltig brüllte er auf, riß sein Maul auf, das mit flachen, breiten, gelben Zähnen bewehrte. Das Haupt warf er nach hinten mit rasender Kraft, um den Tiger fortzuschleudern. Mit Wucht krampfte er es zurück, so daß die Hörner bis an den Rücken krachten, aber der Tiger, wie mit Ketten geschmiedet an die Gurgel des Stieres, flog von der Erde empor im gleichen Schwung, von Büffelkraft getragen, mit seinen Zähnen unerbittlich verbissen.
Schon zerbrachen die Zweige, blau rieselten Blüten nieder von dem windstill atmenden Baum, da begann Nahar, das Maul schon gefüllt mit Blut, in tobender Schwingung auf und nieder zu schaukeln, bloß mit den Zähnen hing sie an eiserner Schaukel, gespannt am Strange der Gurgel. Mit den Hinterpranken und dem nervigen Schweif stieß sie sich ab von dem Boden, in Kreisen schwang sie sich schneller, um das schwarze Haupt des Stieres mit sich zu rollen, auf und nieder, urkräftig es auszuwirbeln aus dem Gelenk, mit immer heißerem Schwung hob sie sich, sauste nieder und stieg, kaum noch gehindert, im freien Feld, in leerer Luft, zu tierischem Jauchzen geschwellt. Noch hielten die Zweige, noch spannten sie sich um die Hörner, jetzt wankte der Wald auf dem Haupte des Stieres, zerborsten splitterte das Holz in Trümmer weiß, tiefer brüllte der Stier in weibischer Ohnmacht, stampfte ohne Hilfe mit den Hinterkeulen: aber jetzt: in ungeheurem Krachen zerbarst ihm der verrenkte Halswirbel, ein Schwung noch und jetzt stieg Nahar zur Höhe, sauste rings um den steil sich bäumenden Stier durch schattende Zweige. Schon zerbrachen die Zweige, blau rieselten Blüten nieder von dem windstill atmenden Baum, da begann Nahar, das Maul schon gefüllt mit Blut, in tobender Schwingung auf und nieder zu schaukeln, bloß mit den Zähnen hing sie an eiserner Schaukel, gespannt am Strange der Gurgel. Mit den Hinterpranken und dem nervigen Schweif stieß sie sich ab von dem Boden, in Kreisen schwang sie sich schneller, um das schwarze Haupt des Stieres mit sich zu rollen, auf und nieder, urkräftig es auszuwirbeln aus dem Gelenk, mit immer heißerem Schwung hob sie sich, sauste nieder und stieg, kaum noch gehindert, im freien Feld, in leerer Luft, zu tierischem Jauchzen geschwellt. Noch hielten die Zweige, noch spannten sie sich um die Hörner, jetzt wankte der Wald auf dem Haupte des Stieres, zerborsten splitterte das Holz in Trümmer, tiefer brüllte der Stier in weibischer Ohnmacht, stampfte ohne Hilfe mit den Hinterkeulen. Aber jetzt: in ungeheurem Krachen zerbarst ihm der verrenkte Halswirbel, ein Schwung noch, und jetzt stieg Nahar zur Höhe, sauste rings um den steil sich bäumenden Stier durch schattende Zweige.
Ohne Mühe getragen, fiebernd in strömendem Glück, warf sie sich dem Stier auf den breiten Nacken, ausgebreitet saß sie, mit den Pranken klammerte sie sich an den Hals an, Nahar ruhte hoch auf dem schwarzen Reitsitz. Ohne Mühe getragen, fiebernd in strömendem Glück, warf sie sich dem Stier auf den breiten Nacken, ausgebreitet saß sie, mit den Pranken klammerte sie sich an den Hals an, Nahar ruhte hoch auf dem schwarzen Reitsitz.
Vor ihr: gräßlich verdreht, starrte der Kopf des Büffels nach hinten. Aufgemauert war sein Kinn auf dem Rückgrat, die breiten gelben Zähne bissen in seinen eigenen schwarzen Nacken. Seinem eigenen Riesenkörper hatte er zugewendet die matt verglasenden Augen. Er besah sein eigenes Sterben. Vor ihr, gräßlich verdreht, starrte der Kopf des Büffels nach hinten. Auf gemauert war sein Kiefer auf dem Rückgrat, die breiten gelben Zähne bissen in seinen eigenen schwarzen Nacken. Seinem eigenen Riesenkörper hatte er die matt verglasenden Augen zugewendet. Er besah jetzt sein eigenes Sterben.
Aber Nahar war selig, im Reitsitz zu ruhen auf dem weichgepolsterten Halse. Süß war ihr der schwarz zerrissene Tierblick des Wildes. Des Büffels Zunge, schon in Todeszittern ausgestreckt, gedörrt im Todesdurst, lang und flach auf dem bergigen Nacken, feucht bebte sie zwischen den Schenkeln des reitenden Tigers. Ungeheuer ragte der Kopf des Büffels aus der Bucht ihrer Scham. Aber Nahar war selig, im Reitsitz zu ruhen auf dem weichgepolsterten Halse. Süß war ihr der schwarz zerrissene Tierblick des Wildes. Des Büffels Zunge, schon im Todeszittern ausgestreckt, gedörrt im Todesdurst, lang und flach auf dem bergigen Nacken, feucht bebte sie zwischen den Schenkeln des reitenden Tigers. Ungeheuer ragte der Kopf des Büffels aus der Bucht ihrer Scham.
Nun riß es sie hin, nun bebte sie in krampfender Wollust, mit ausgereckten Krallen sein schweres Aderngestränge zu fassen, die Zähne hineinzubohren, die kleine Krallenfaust mitten hinein in die hölzern verröchelnde Brust. Und nun, die Zehen auseinander, mitten in die auszischende Lunge, Wogen ringsum von quellendem Fleisch, das wie von Ketten befreit, in ungeheuren Mengen hervorfloß. Nun riß es sie hin, nun bebte sie in krampfender Wollust, mit ausgereckten Krallen sein schweres Aderngestränge zu fassen, die Zähne hineinzubohren, die kleine Krallenfaust mitten hinein in die noch hölzern verröchelnde Brust. Und nun, die Zehen auseinander, mitten in die auszischende Lunge, Wogen ringsum von quellendem Fleisch, das, wie von Ketten befreit, in ungeheuren Mengen hervorfloß.
Mit hallendem Getöse, ein zerborstenes Gewölbe, schütterte der Büffel auf die bebende Erde. Summend erhob sich ein wallender Schwarm von Fliegen in unzähligen Funken. Mit hallendem Getöse, ein zerborstenes Gewölbe, schütterte endlich der Büffel auf die bebende Erde. Summend erhob sich ein wallender Schwarm von Fliegen in unzähligen Funken.
Langsam glitt Nahar herab vom Reitsitz. Die Zunge, die noch aus dem furchtbar verrenkten Stierhaupt heraushing, streifte dem niedergleitenden Tiger den Bauch, benetzte ihm die ruhig pochende Brust, den blutgefüllten Mund. Die blutgestillte Natur war liebkost von der Zunge des Gewaltigen. Nahar selig am Leichnam der Beute. Langsam glitt Nahar herab vom Reitsitz. Die Zunge, die noch aus dem furchtbar verrenkten Stierhaupt heraushing, streifte dem niedergleitenden Tiger den Bauch, benetzte ihm die ruhig pochende Brust, den blutgefüllten Mund. Die blutgestillte Natur war liebkost von der Zunge des Gewaltigen. Nahar selig am Leichnam der Beute.
Unter dem Haupte des toten Stieres, aufgerichtet im Rieseln des sommerfunkelnden Windes, erhob sich ein Ast, zur Höhe stieg er zurück, mit blauen Blüten zauberhaft besternt, befreit von der Umschlingung der Hörner. Angeschmiegt an seinen Baum stand er still im ruhenden Himmel. Unter dem Haupte des toten Stieres, aufgerichtet im Rieseln des sommerfunkelnden Windes, erhob sich ein Ast, zur Höhe stieg er wieder zurück, mit blauen Blüten zauberhaft besternt, befreit von der Umschlingung der Hörner. Angeschmiegt an seinen Baum stand der Zweig still im ruhenden Himmel.
II
Zweites Kapitel Auf den schwarzen Augen des Büffels sammelten sich, wie Vögel auf einem nächtlichen Sumpf, Myriaden von raunenden Fliegen. Hoch auf starrte sein verrenktes Haupt in die morgendlich silberne Luft. Aus blauer Höhe senkten sich gelbe Geier, breitgeflügelt schwebten sie nieder in lautlosem Fluge, eine dämmrige Wolke. Der Tag war verfinstert, das helle Rot des Blutes, ausfließend aus dem zerrissenen Stierhals, war dunkel, begraben. Auf den schwarzen Augen des Büffels sammelten sich, wie Vögel auf einem nächtlichen Sumpf, Myriaden von raunenden Fliegen. Hoch auf starrte sein verrenktes Haupt in die morgendlich silberne Luft. Aus blauer Höhe senkten sich gelbe Geier, breitgeflügelt schwebten sie nieder in lautlosem Fluge, eine dämmrige Wolke. Der Tag war verfinstert, das helle Rot des Blutes, ausfließend aus dem zerrissenen Stierhals, war dunkel, begraben.
Fern am Saume des Waldes flohen Rudel von Rehen, eine braun- und milchgesprenkelte Herde, schnellend in lautlosem Galopp über die Wiese, in grünem Gebüsch bald zu versinken. Fern am Saume des Waldes flohen Rudel von Antilopen, eine braun- und milchgesprenkelte Herde, schnellend in lautlosem Galopp über die Wiese, in grünem Gebüsch bald zu versinken.
Stumm, feuerfarben, gerollt um sich selbst, ruhte der Tiger. Stumm, feuerfarben, gerollt um sich selbst, ruhte der Tiger.
Die gierigen Geier beschatteten nicht die unzerstörbare Glut seiner seligen Kraft, die fliehenden Rudel der Rehe lockten ihn nicht von seinem Platz. Das kleine Tier umschlich den Leichnam, den hoch getürmten schwarzen Berg. Die gierigen Geier beschatteten nicht die unzerstörbare Glut seiner seligen Kraft, die fliehenden Rudel der Rehe lockten ihn nicht von seinem Platz. Das kleine Tier umschlich den Leichnam, den hochgetürmten schwarzen Berg.
Gewaltiger war Nahar als der Gewaltige, durch nichts zu besiegen. Ohne Furcht, ohne Beben. Gewaltiger war Nahar als der Gewaltige, durch nichts zu besiegen. Ohne Furcht, ohne Beben.
Um ganz das Tote zu besitzen, um sich völlig zu sättigen an der bergehoch getürmten Speise, schleppte sie den Büffel fort. Angespannt hielt sie ihre kurzen, eisernen Muskelstränge, mit Erz panzerten sich ihr die gekrampften Lenden, die aufgestemmten Hinterkeulen. Aber am zerfleischten Vorderkörper fand sie keinen Halt, an den Hinterkeulen packte sie an. In die Gegend der Scham bohrte sie sich fest, in die Aderngestränge verflocht sie sich, die wie Äste starrten. Schon gab ihr der Berg nach, schon folgte er, schwer schwankend, ihrem eisernen Zug. Durch eine Gasse des Gebüsches schleppte sie die Last, leichter mit jedem Augenblick. Die Hufe des Büffels legten sich nach innen, auf dem Rücken lag der Geendete, die Schenkel gelöst, schlaff der Hals, gestürzt zu liegender Ohnmacht, umstreichelt von Zweigen, so wanderte er hinter ihr her. Sein verrenktes Haupt sank zurück, als letztes folgte es der feuerfarbenen Kette. Die schwarzen Augen spiegelten den Himmel, wie auf ebener Bahn glitt der Büffel ins offene Land, umwirbelt vom Schatten der gelben Geier, Fliegengeschmeiß umschwirrte ihn dicht. Um ganz das Tote zu besitzen, um sich völlig zu sättigen an der bergehoch getürmten Speise, schleppte sie den Büffel fort. Angespannt hielt sie ihre kurzen, eisernen Muskelstränge, wie mit Erz panzerten sich ihr die gekrampften Lenden, die aufgestemmten Hinterkeulen. Aber am zerfleischten Vorderkörper fand sie keinen Halt, an den Hinterkeulen packte sie sicherer an. In die Gegend der Scham bohrte sie sich fest, in die Aderngestränge verflocht sie sich, die wie Äste starrten. Schon gab ihr der Berg nach, schon folgte er, schwer schwankend, ihrem eisernen Zug. Durch eine Lücke des Gebüsches schleppte sie die Last, leichter mit jedem Augenblick. Die Hufe des Büffels legten sich nach innen, auf dem Rücken lag der Geendete, die Schenkel gelöst, schlaff der Hals, gestürzt zu liegender Ohnmacht, umstreichelt von Zweigen, so schleifte er hinter ihr her. Sein verrenktes Haupt sank zurück, als letztes folgte es der feuerfarbenen Kette. Die schwarzen Augen spiegelten den Himmel, wie auf ebener Bahn glitt der Büffel ins offene Land, umwirbelt vom Schatten der gelben Geier, Fliegengeschmeiß umschwirrte ihn dicht.
Feuriger Regen der tropischen Sonne. Feuriger Regen der tropischen Sonne.
Blitzende Funken. Blitzende Funken.
Grüngoldiger Schatten rieselte nieder auf die schwarze Leiche und auf das goldene Raubtier. Schon war der Büffel in Nahars Heimatgebüsch, nahe dem guten Heimatbaum, der ruhenden Stätte der Kindheit. Grüngoldiger Schatten rieselte nieder auf die schwarze Leiche und auf das goldene Raubtier. Schon war der Büffel in Nahars Heimatgebüsch, nahe dem guten Heimatbaum, der ruhenden Stätte der Kindheit.
Mit den Tatzen zerlegte der Tiger den Hinterleib der Beute, er wich nicht von der Grube, die seine Zähne gegraben, Schicht um Schicht, zähnetief und tiefer gelagert, eine Grube von Süße, eine Höhle von Fleisch, uferlos, ohne Ende. Jetzt war Nahar gesättigt, aber um sich auch satt zu sehen am zermalmten Raub, um ihn noch mehr in sich zu fühlen, preßte sie ihn wilder an sich, in den hohlen Raum zwischen ihren Pranken, in den hohlen Raum zwischen dem Gebiß, in den hohlen, hungrigen Raum zwischen dem Geschlecht, das sie im Reitsitz aufgepreßt hatte auf den wollüstig erbebenden Nacken des ungeheuren Mannes: noch jetzt fühlte sie ihre Lende beleckt von der demütigen, todesermatteten Zunge. Nun glitt sie selbst hin über den Hügel von Tod, sie strich hin über das Innre, das, von Blutquellen überrieselt, in der Sonne vertrocknete, machte es glänzen, scheuchte die Fliegen, stieß es an, machte es leben, um es nochmals zu töten: furchtbar riß sie an dem Blut ausdünstenden Berg, schleuderte Stücke heraus. Nicht für sich. Die Geier rauschten herab, mit den krummen Schnäbeln, mit den raffenden Krallen nahmen sie die schwarzen Trümmer auf. Durch die Luft wurden Stücke des toten Mannes getragen. Mit den Tatzen zerlegte der Tiger den Hinterleib der Beute. Er wich nicht von der Grube, die seine Zähne gegraben, Schicht um Schicht, zähnetief und tiefer gelagert, eine Grube von Süße, eine Höhle von Fleisch, uferlos, ohne Ende. Jetzt war Nahar gesättigt, aber um sich auch satt zu fühlen am zermalmten Raub, um ihn noch mehr in sich zu empfinden, preßte sie ihn wilder an sich, in den hohlen Raum zwischen ihren Pranken, in den hohlen Raum zwischen dem Gebiß, in den hohlen, hungrigen Raum zwischen dem Geschlecht, das sie im Reitsitz aufgepreßt hatte auf den wollüstig erbebenden Nacken des ungeheuren Mannes: noch jetzt fühlte sie ihre Lende beleckt von der demütigen, todesermatteten Zunge. Noch glitt sie selbst hin über den Hügel von Tod, sie strich hin über das Innere, das, von Blutquellen überrieselt, in der Sonne vertrocknete, machte es glänzen, scheuchte die Fliegen, stieß es an, machte es leben, um es nochmals zu töten: furchtbar riß sie an dem Blut ausdünstenden Berg, schleuderte Stücke heraus. Nicht für sich. Die Geier rauschten herab, mit den krummen Schnäbeln, mit den raffenden Krallen nahmen sie die schwarzen Trümmer auf. Durch die Luft wurden Stücke des toten Stieres getragen.
Die Vögel stritten miteinander, schlugen einander mit wütendem Geschrei, während sie die Brocken zu kleinen Fetzen zerhackten. Ruhevoll stand das Tigerweib, ins letzte gesättigt. Nur Durst erfüllte Nahar, nicht nach Blut. Sie hatte ihre Lust bis zum letzten gestillt. Mit schwebendem Schritt ging sie durch den vergilbt gleißenden Morgen zum Fluß. Die Vögel stritten miteinander, schlugen einander mit wütendem Geschrei, während sie die Brocken zu kleinen Fetzen zerhackten. Ruhevoll stand das Tigerweib, ins letzte gesättigt. Nur Durst erfüllte Nahar. Nicht nach Blut. Sie hatte ihre Lust bis zum letzten gestillt. Mit schwebendem Schritt ging sie durch den vergilbt gleißenden Morgen zum Fluß.
Blau spannte sich das gleitende Gezelt, mild flutete es um den Tiger, eine Heimathöhle von Labung, eine Kühlung ohne Ende. Mit der Schaufel seiner Zunge schöpfte er sich Wasser in den Mund, gurgelte es in der kleinen Kehle, die unter dem weißen Flaus seines Halsfelles zitterte. Der Durst war gelöscht. Bis zu Ende getrunken die Labung. Den runden Kopf schmiegte er zum Wasser, die Augen schloß er ohne Angst, der Unbesiegliche, tief in den Strom tauchte er das runde Haupt, in zeitlosem Ziehen rauschte an sein Ohr die Welle. Sanftes Streicheln, zwitschernder Flug, Finsternis, Ruhe. Dienend ihm zu Füßen der Strom. Blau spannte sich das gleitende Gezelt, mild flutete es um die Tigerin, eine Heimathöhle von Labung, eine Kühlung ohne Ende. Mit der Schaufel ihrer Zunge schöpfte sie sich Wasser in den Mund, gurgelte es in der kleinen Kehle, die unter dem weißen Flaus ihres Halsfelles zitterte. Der Durst war gelöscht. Bis zu Ende getrunken die Labung. Den runden Kopf schmiegte Nahar zum Wasser, die Augen schloß sie ohne Angst, die Unbesiegliche, tief in den Strom tauchte sie das runde Haupt, in zeitlosem Ziehen rauschte an ihr Ohr die Welle. Sanftes Streicheln, zwitschernder Flug, Finsternis, Ruhe. Dienend ihr zu Füßen der Strom.
III
Drittes Kapitel Der Tiger wanderte zurück zu dem Büffel. Hier horchte er lange. Alle Glieder hatte er um sich geschlungen, sein Kopf ruhte auf der schwellenden, sich füllenden Hüfte. Mit dem Schweife schlug er langsam den Boden. Nahar wanderte zurück zu dem Büffel. Hier horchte sie lange. Alle Glieder hatte sie um sich geschlungen, ihr Kopf ruhte auf der schwellenden, sich füllenden Hüfte. Mit dem Schweife schlug sie langsam den Boden.
Purpurner Abend quoll durch das Gebüsch. In Nacht versank das grüne Jagdgelände. Mit dem letzten Gold wie beschüttet, spiegelte sich der Abend in dem ragenden Leichnam, der nackt, eröffnet im Inneren, eisig ruhte neben ihr, der feuerfarbenen, die im Panzer ihres Felles lagerte, umschlungen von der zauberhaften Berührung ihrer warmen Glieder. Purpurner Abend quoll durch das Gebüsch. In Nacht versank das grüne Jagdgelände. Mit dem letzten Gold wie beschüttet, spiegelte sich der Abend in dem ragenden Leichnam, der nackt, eröffnet im Inneren, eisig ruhte neben ihr, der Feuerfarbenen, die im Panzer ihres Felles lagerte, umschlungen von der zauberhaften Berührung ihrer warmen Glieder.
Sie schlief lange und ohne Gesicht. Sie schlief lange und ohne Gesicht.
Schritte von ferne: nicht Trippeln der weichschreitenden Tiere, sondern gehämmerter Klang, geballtes Getön. Schritte von ferne: nicht Trippeln der weich schreitenden Tiere, sondern gehämmerter Klang, kreischendes, gespanntes Getön.
Sie reckte sich auf, tauchte plötzlich aus seligem Schlaf. Feucht klebte noch totes Fleisch an ihrem warm knisternden Körper. Geier rauschten mit Nachtflügeln über ihrem Haupt. Hyänen funkelten gelben Glanz, im Kreise schleichend, schief gebückte Köpfe, schief niedergebrochener Leib, ihre aufgestellten Achseln schielten vorbei. Zwischen den Hyänen aber, unter blau ragenden Bäumen: rotes Glühen. Mondsonne matt. Musik, unbegreifliches Singen der Luft. Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her. Gestalten schritten mit Fackeln. Trompeten bliesen Kupferklang. Zimbeln klirrten, breite Hände, aus Kupfer geschmiedet, kupferrot und kupferhart aneinander gerissen. Sie reckte sich auf, tauchte plötzlich aus seligem Schlaf. Feucht klebte noch totes Fleisch an ihrem warm knisternden Körper. Geier rauschten mit Nachtflügeln über ihrem Haupt. Hyänen funkelten in dem gelben Glanz, im Kreise schleichend, schief gebückte Köpfe, schief niedergebrochener Leib, ihre aufgestellten Achseln schielten vorbei. Zwischen den Hyänen aber, unter blau ragenden Bäumen: rotes Glühen. Musik, unbegreifliches Singen der Luft. Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her. Gestalten schritten mit Fackeln. Trompeten bliesen Kupferklang. Zimbeln klirrten, breite Hände, aus Kupfer geschmiedet, kupferrot und kupferhart aneinandergerissen.
Eine weiße, fürchterliche Gestalt schwankte schwer heran, auf einem Tragstuhl getragen, von Kupfermusik umbraust. Der bleiche Fürst, das weiße grauenhafte Gesicht, der Mensch. Eine weiße, fürchterliche Gestalt schwankte schwer heran, auf einem Thronstuhl getragen, von Kupfermusik umbraust. Der bleiche Fürst, das weiße grauenhafte Gesicht, der Mensch.
Über die goldenen Stangen herab, über die ölglimmernden Achseln der Träger, über die schlangengleich zarten dunklen Jünglingsarme hingen weiß seine ins ungeheure geschwollenen Schenkel. Nieder rann das eisige Schimmern der grellgeschminkten Geschwüre. Dem Tiger entgegen schien er zu schweben, immer höher seine Elefantengestalt, immer strotzender sein weißes Fett. Unbeweglich, blind sein aufgerissener starrer Menschenblick. Das allesverschlingende, alleserwürgende Weiß unter den goldglänzenden Fackeln, der Stumme inmitten der kupferglosenden Zimbeln, der Eisige mitten im jauchzenden Getöse: Mensch: Aufgang des Grauens. Über die goldenen Stangen herab, über die ölglimmernden Achseln der Träger, über die schlangengleich zarten dunklen Jünglingsarme hingen weiß seine durch Aussatz ins ungeheure geschwollenen Schenkel. Nieder rann das eisige Schimmern der grellgeschminkten Geschwüre. Dem Tiger entgegen schien er zu schweben, immer höher seine Elefantengestalt, immer strotzender sein weißes Fett. Unbeweglich, blind sein aufgerissener starrer Menschenblick. Das alles verschlingende, alles erwürgende Weiß unter den goldglänzenden Fackeln, das Stumme inmitten der kupferglosenden Zimbeln, der Eisige mitten im jauchzenden Getöse, der Mensch, der Aufgang des Grauens.
Vor dem Unnennbaren flüchtete Nahar, sie barg sich vor dem Gespenst. In den Leib des geschlagenen, aufgefleischten Büffels hinein sprang sie, zuckend vor Angst. Vor dem Unbekannten flüchtete Nahar, sie barg sich vor dem Gespenst. In den Leib des geschlagenen, aufgefleischten Büffels hinein sprang sie zuckend vor Angst.
An die Rippen des Toten bog sie sich hin, an das kalt schwappende Herz des Geendeten legte sie ihr Haupt, mit den Kissen der Lunge bedeckte sie ihren Leib. An die Rippen des Toten bog sie sich hin, an das kalt schwappende Herz des Geendeten legte sie ihr Haupt, mit den Kissen der Lunge bedeckte sie ihren Leib.
Sie, die Wandernde, Fessellose, Freie klammerte die Klauen in Aas, das feuerfarbene, lichtfunkelnde Tier rettete sich feig in die Zelle des verwesenden, kraftlos atmete es den kalten Blutdunst, überdrüssig des Blutes. Sie, die Wandernde, Fessellose, Freie, klammerte die Klauen in Aas, das feuerfarbene, lichtfunkelnde Tier rettete sich feig in die Zelle des verwesenden, kraftlos atmete es den kalten Blutdunst, überdrüssig des Blutes.
Laut pochte ihr aufgerührtes Herz mitten im toten Gebein, in hallender Gruft. Laut pochte ihr aufgerührtes Herz mitten im toten Gebein, in hallender Gruft.
Leiser schon schlug der Takt der Trommelwirbel, in die Ferne schwand das kupferne Getöse, in Rascheln zerfiel der gehämmerte Schritt. Das Schleichen der Hyänen zischelte von neuem, näher heran an das tote Haus, schon beugte sich ein spitzes Hyänengesicht über die Öffnung des Leichnams, da entwich Nahar dem Grab, zerschmetterte der Hyäne das Haupt. Durch das Rudel der bellenden Tiere entrann sie zum Flusse. Die letzten Funken der Fackeln, die letzten Schimmer der Sterne spiegelten sich im schwarz rauschenden Fluß. Leiser schon schlug der Takt der Trommelwirbel, in die Ferne schwand das kupferne Getöse, in Rascheln zerfiel der gehämmerte Schritt. Das Schleichen der Hyänen zischelte von neuem, näher heran an das tote Haus, schon beugte sich ein spitzes Hyänengesicht über die Öffnung des Leichnams, da entwich Nahar dem Grab, zerschmetterte der Hyäne das Haupt. Durch das Rudel der bellenden Tiere entrann sie zum Flusse. Die letzten Funken der Fackeln, die letzten Schimmer der Sterne spiegelten sich im schwarz rauschenden Fluß.
Weiße Nebel zogen von der sumpfigen Niederung, Dünste des milchigen Morgens. Abglanz von weißem Menschengesicht, bald zerfloß er im Licht. Weiße Nebel zogen von der sumpfigen Niederung, Dünste des milchigen Morgens. Der Abglanz von weißem Menschengesicht zerfloß im Licht.
Über das Aas senkten sich in der Sonne blaue Schwärme von Geiern. Über das Aas senkten sich in der Sonne blaue Schwärme von Geiern.
Hyänen und wilde Hunde und buschige Füchse wimmelten um Nahars Tier. Hyänen und wilde Hunde und buschige Füchse wimmelten um Nahars Tier.
IV
Viertes Kapitel Nahar war geblendet vom Menschen, tief schauerte sie vor seinem weißen gespenstigen Bild. Jetzt ging sie zurück den Weg zur blau umschatteten Höhle der Heimat. Wie sehnte sie sich, statt auf der toten Erde auf dem lebenden Mutterleibe zu wandern: bald zu versinken im Tal zwischen den blauen, heißen Bergen der starrenden Mutterbrüste. In den auseinandergewälzten Falten des Mutterhalses wollte sie sich wieder verstecken, ein spielendes Kind, in den rollenden Teppich gewickelt, der ohne Ende, ohne Rand über Hügel und Schluchten sich spannte: blaue Welt der noch nicht sehenden Kindheit. Nahar schauerte vor dem weißen gespenstigen Bild des Menschen. Jetzt ging sie zurück den Weg zur blau umschatteten Höhle der Heimat. Wie sehnte sie sich, statt auf der toten Erde auf dem lebenden Mutterleibe zu wandern: wie einst zu versinken im Tal zwischen den blauen, heißen Bergen der starrenden Mutterbrüste. In den auseinandergewälzten Falten des Mutterhalses wollte sie sich wieder verstecken, ein spielendes Kind, in den rollenden Teppich gewickelt, der ohne Ende, ohne Rand über Hügel und Schluchten sich spannte: blaue Welt der noch nicht sehenden Kindheit.
Wann das Erwachen, wann der freudige Morgen? Wann das Erwachen, wann der freudige Morgen?
Wo das ruhige Lagern, hin sich zu schmiegen auf den gewölbten Bug der mütterlichen Stirn? Wo das ruhige Lagern, hin sich zu schmiegen auf den gewölbten Bug der mütterlichen Stirn?
Wo das meerrauschende Ohr, um ihr kleines Gesicht dort zu verstecken? Wo das meerrauschende Ohr, um ihr kleines Gesicht dort zu verstecken?
Ihr gegenüber ein Tier, in das andere Ohr der schlafenden Mutter gefaltet, der Bruder, wann pochte er mit seiner flachen Knabenbrust zart an die ihre? Ihr gegenüber ein Tier, in das andere Ohr der schlafenden Mutter gefaltet, der Bruder, wann pochte er mit seiner flachen Knabenbrust zart an die ihre?
Das Heimatlager war leer. Bloß trockener Unrat von Hunden dörrte rings um das Gebüsch. Kaum zu sehen waren die Heimatsteine, mit neuem Gras und hohen Farnen schwellend überwachsen; versunken der Heimatteppich, verschollen der Heimatruf, des Vaters dröhnende Stimme, der Mutter tief surrendes Knurren, der silbern klagende Laut des schwächeren Bruders. Das Heimatlager war leer. Bloß trockener Unrat dörrte rings um das Gebüsch. Kaum zu sehen waren die Heimatsteine, mit neuem Gras und hohen Farnen längst wieder schwellend überwachsen; versunken der Heimatteppich, verschollen der Heimatruf, des Vaters dröhnende Stimme, der Mutter tief surrendes Knurren, der silbern klagende Laut des schwächeren Bruders.
Allein, von allen vereinsamt, eingebettet auf kalten, taufeuchten Pflanzen, ruhte Nahar. Allein, von allen verlassen, eingebettet auf hohen, taufeuchten Pflanzen, ruhte Nahar.
Von ferne flimmerte ein gelber Schein, schwarz geströmt, durch den Bambus, der im Winde sich wiegte. Ferne Erscheinung der lautlos vergleitenden Mutter. Wie Nahar auch eilte, über die Büsche dahinschoß, um die Mutter zu finden, immer weiter entschwand sie, gelb war der Sand am Ufergelände und schillerte durch das schwarzgrüne Dickicht wie Tigerfell, golden. Von ferne flimmerte ein rostroter Schein, schwarz geströmt, durch den Bambus, der im Winde sich wiegte. Ferne Erscheinung der lautlos vergleitenden Mutter. Wie Nahar auch eilte, über die Büsche dahinschoß, um die Mutter zu finden, immer weiter entschwand sie, gelb war der Sand am Ufergelände und schillerte durch das schwarzgrüne Dickicht wie Tigerfell, fahl.
Der Bruder, der schlanke, weißstirnige Gefährte, wurde ihr abends erst sichtbar: Unverkennbar, unverlierbar die geliebte Erscheinung, aber so flüchtig, verwebt, verweht in die Graser, so fern. Wie ein Fisch, flach aus dem Wasser geschnellt, so hob er sich nur auf eines armen Herzschlags Dauer im Bogensprung über die Prärie, und schon versank er für immer in den Wellen der hohen Wiese. Nicht zu finden, nicht zu erreichen, nicht zu umarmen. Der Bruder, der schlanke, weißstirnige Gefährte, wurde ihr abends erst sichtbar: unverkennbar, unverlierbar die geliebte Erscheinung, aber so flüchtig, verwebt, verweht in die Gräser, so fern. Wie ein Fisch, flach aus dem Wasser geschnellt, so hob er sich nur auf eines kurzen Herzschlags Dauer im Bogensprung über die Prärie, und schon versank er für immer in den Wellen der hohen Wiese. Nicht zu finden, nicht zu erreichen, nicht zu umarmen.
Erstes menschliches Gefühl. Dämmerung: Gespenst der weiß starrenden Menschenerscheinung, Gespenst des menschlichen Herzens.
Olga, im Tiergrab begraben, erstes Regen, erstes Sehnen, erstes Verträumen.
Tierparadies: Rattenpfiff, Pfauenruf, Brüllen der frei werdenden Büffel, gute, schwarz deckende Nacht. Rattenpfiff, Pfauenruf, Brüllen der frei weidenden Büffel, gute, schwarz deckende Nacht.
Das Tier, vom Menschen umgeistert, flüchtete in hohen Sätzen zurück zu der Höhle. Noch war Nahar satt vom gestrigen Mahl, noch rauschte ihr der überstürzende Blutquell durch die Adern. Sie schwieg, war still, jagte nicht. Nahar flüchtete in hohen Sätzen zurück zu der Höhle. Noch war Nahar satt vom gestrigen Mahl, noch rauschte ihr die ganze Fülle der Jugendkraft durch die Adern. Sie schwieg, war still, jagte nicht.
Ein Orkan wetterte nieder. Der Himmel, die schwarze, niedrige Schale, war gepeitscht von Blitzen. Donner dröhnte, als wäre es das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Himmel im rauschenden Regen durchstreift. War es nicht der Vater, der aus grün blitzenden Augen sie anleuchtete, sie suchte und weckte mit zündendem Licht? Ihm entgegen sprang sie auf, ihm nach jagte sie in wildestem Hetzen, sie trabte leise am Saume des schwarztriefenden Waldes, lauschte auf seinen krachenden, tastenden Schritt, ob er zu ihr taste, sie hörte auf seinen unvergeßbaren Ruf, ob er nach ihr rufe und sie verlange. Die Zunge spann sie aus, sie sehnte sich, von Menschenseele umgeistert, nach seiner Liebkosung, nach der Berührung des großen Tieres, des Vaters, des unbesieglichen unermeßlichen Mannes. Ein Orkan wetterte nieder. Der Himmel, die fahle, niedrige Schale, war gepeitscht von Blitzen. Donner dröhnte, als wäre es das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Urwald im rauschenden Regen durchstreift. War es nicht der Vater, der aus grün blitzenden Augen sie anleuchtete, sie suchte und weckte mit zündendem Licht? Ihm entgegen sprang sie auf, ihm nach jagte sie in wildestem Hetzen, sie trabte leise am Saume des schwarztriefenden Waldes, lauschte auf seinen krachenden, tastenden Schritt, ob er zu ihr taste, sie hörte auf seinen unvergeßbaren Ruf, ob er nach ihr rufe und sie verlange. Die Zunge spannte sie aus, sie sehnte sich, vom Menschen erschreckt, vom Schatten der Vorzeit umgeistert, nach seiner Liebkosung, nach der Berührung des großen Tieres, des Vaters, des unbesieglichen, unermeßlichen Mannes.
Aber bloß kaltes Wasser rieselte ihr in den, Mund aus gewitternder Nacht. Aber bloß kaltes Wasser rieselte ihr in den Mund aus gewitternder Nacht. Deshalb zog es sie, der Spur des Menschendunstes zu folgen in die Nähe der Menschen.
V
Fünftes Kapitel In der Nacht noch lief sie die verregnete Straße entlang in ein Dorf. Im Sprung setzte sie über eine Dornenhecke, mitten hinein in den weichen Teppich wolliger Felle. Schon hatte sie einen Widder am Nacken gefaßt, schon setzte sie an zu schwingendem Sprung zurück über die niedrige Mauer, da jagten sie Menschen zur Flucht. Fackeln zischten. Rote Glut brannte. Erschrecken riß ihr das eisern geklammerte Maul auf, weich entglitt der Widder ihren Kiefern. Aber noch hielt sie stand, trotzte dem Schreien, ließ sich ruhig umknallen von feuerdröhnenden Gewehren. Erst als eine Fackel, von rückwärts geschleudert in hochprasselndem Bogen, an ihren Nacken prallte und mit hitziger Wut ihr die Haare versengte, duckte sie sich zurück ins regennasse Gebüsch. Aber die weiße, die fürchterlich eisige Gestalt, der bleich verwesende sitzende Riesenfürst zeigte sich nicht. Da zitterte sie nicht mehr vor dem Rudel der schwarzen Menschen, nur vor dem Gespenst des früheren Lebens schauerte sie zurück. In der Nacht noch lief sie die verregnete Straße entlang in ein Dorf. Kleine Häuser, mit Palmstroh gedeckt, tief herabhängende Dächer. Im Sprung setzte sie über eine Dornenhecke, mitten hinein in den weichen Teppich wolliger Felle. Schon hatte sie einen Widder am Nacken gefaßt, schon setzte sie an zu schwingendem Sprung zurück über die niedrige Mauer, da jagten sie Menschen zur Flucht. Fackeln zischten. Rote Glut brannte. Erschrecken riß ihr das eisern geklammerte Maul auf, weich entglitt der Widder ihren Kiefern. Aber noch hielt sie stand, trotzte dem Schreien, blitzte die Menschen an mit den aufgerissenen leuchtenden Lichtern. Sie fürchtete die Menschen nicht. Erst als eine Fackel, von rückwärts geschleudert in hochprasselndem Bogen, an ihren Nacken prallte und mit hitziger Wut ihr die Haare versengte, duckte sie sich zurück ins regennasse Gebüsch.
Der Widder lag noch in der Dornenhecke, langhin blökte er seine Klage, gelähmt, mit ohnmächtigen Hörnern kratzte er inmitten der Zweige, noch war er geschützt durch das dornige Gestrüpp. Mitten in die Dornen bohrte sich Nahar, zwischen den Jacken wand sie sich zähe hindurch, Schmerz durchrann sie und Wollust. Sie raffte das Schaf, faßte es mit der zerkratzten Pranke, dann hatte sie es. Jetzt jagte es mit ihr, aufgeladen war es auf ihre wehenden Sprünge, trabte stumm mit ihr die gebahnte Straße entlang, über den regentriefenden Waldweg, den eisigen Gang. Aber warm, mit hoher Wolle gepolstert, pochte der Widder ihr an die Brust, noch lebte er, wild kratzte er ihren Bauch mit den stumpfen Klauen. Wind wehte stürmisch um Nahars stürmendes Antlitz. Der Widder lag noch in der Dornenhecke, langhin blökte er seine Klage, gelähmt, mit ohnmächtigen Hörnern kratzte er inmitten der Zweige, noch war er geschützt durch das dornige Gestrüpp. Mitten in die Dornen bohrte sich Nahar, zwischen den Zacken wand sie sich zähe mit den nackten Nüstern hindurch, Schmerz durchrann sie und Wollust. Sie raffte das Schaf, faßte es mit der Pranke, dann hatte sie es. Jetzt jagte es mit ihr, aufgeladen war es auf ihre wehenden Sprünge, trabte stumm mit ihr die gebahnte Straße entlang, über den regentriefenden Waldweg. Aber warm, mit hoher Wolle gepolstert, pochte der Widder ihr an die Brust, noch lebte er, wild kratzte er ihren Bauch mit den stumpfen Klauen. Wind wehte stürmisch um Nahars stürmendes Antlitz.
In der Heimathöhle, unter dem schützenden Heimatbaum hielt sie das Schaf an ihren Körper gepreßt, wollüstig fühlte sie: eine neue Natur, sechs Brüste, kleine nackte Hügel, auf ihrem weiblichen Leib. In der Heimathöhle, unter dem schützenden Heimatbaum, hielt sie das Schaf an ihren Körper gepreßt, wollüstig fühlte sie: eine neue Natur, sechs Brüste, kleine nackte Hügel, auf ihrem weiblichen Leib.
Sie rollte sich in den trockensten Winkel. Sechs Knospen, noch nicht gelöst, spannten sich inmitten ihres hochwallenden Felles, ihrem Auge verborgen. Aber ihre Zunge umspielte die Brüste. Unter dem rauhen reibenden Fleisch ahnte sie die zarte erwachende Hülle, im Grunde ihrer Brust erwachte wonnevoll ein tiefes Stöhnen. Sie atmete schnell und tief. So fein, kaum noch zu ahnen, der Duft des eigenen Blutes. Die Ahnung des eigenen Fleisches berauschte sie ganz. Sie rollte sich in den trockensten Winkel. Sechs Knospen, noch nicht gelöst, spannten sich inmitten ihres hochwallenden Felles, ihrem Auge verborgen. Aber ihre Zunge umspielte die Brüste. Unter dem rauhen reibenden Fleisch ahnte sie die zarte erwachende Hülle, im Grunde ihrer Brust erwachte wonnevoll ein tiefes Stöhnen. Sie atmete schnell und tief. So fein, kaum noch zu ahnen, der Duft des eigenen Blutes. Die Ahnung des eigenen Fleisches berauschte sie ganz.
Längst lag der Widder verendet hinter ihrem Haupt, ein Kissen, süß knirschend unter ihrer ruhenden Last. Am Ende ihres Leibes, der aus dem Schatten in die pralle Morgensonne ragte, unter zischender Glut, geballter Hitze entfaltete sich ein Körper neu: in der Schlucht der Hinterkeulen sproß auf eine Blüte, rosenfarben, nackt, breit geöffnet in der ruhelos saugenden Sonne, hingegeben ein neues blutpochendes Herz, hingelebt in die wiegende flimmernde Luft. Längst lag der Widder verendet hinter ihrem Haupt, ein Kissen, süß knirschend unter ihrer ruhenden Last. Der Tag ging auf. In weißen Schwaden hob sich der warme Nebel zwischen den langsam schwingenden schlanken Palmen. Die Sonne brach durch. Papageien kreischten, in den Netzen der Luftwurzeln regte es sich von wimmelndem Getier. Ruhig, sanft atmend lag die Tigerin da neben dem blutbefleckten silbergrauen Widder. Laut kam ein rollendes Schnurren aus ihrer Kehle. Am Ende ihres Leibes, der aus dem Schatten in die pralle Morgensonne ragte, unter der zischenden Glut, der geballten Hitze des tropischen Mittags entfaltete sich ein Körper neu: in der Schlucht der Hinterkeulen sproß eine Blüte, rosenfarben, nackt, breit geöffnet in der ruhelos saugenden Sonne, hingegeben ein neues blutpochendes Herz, hingelebt in die wiegende flimmernde Luft.
Verschollen war der Vater, die Mutter verschollen. Bewachsen war ihre Lagerstätte, und das Schädelgebirge des toten Gebeins übergrünt. Verschollen war der Vater, die Mutter verschollen. Bewachsen war ihre Lagerstätte und das Schädelgebirge des toten Gebeins übergrünt.
Schatten des Vaters: Glieder gewaltig getürmt, Pranken wie Bäume so fest, wie Steine in der Sonne so heiß, sein Atem wie Blut aus offener Wunde, bezwingend war seine verlorene Nähe, sein verschollenes Dasein. Wie kreiste Nahars Hals in der Runde, um ihn zu erreichen, wohin blickte ihr Auge, um ihn zu finden? Aber nur wenn sie ruhte, wenn sie sich mit blinden Augen einträumte in den dunklen, blauen Kindertag, da kam er, bezwungen: ein stürzender Strom. Ihren Körper erreichte die letzte Spitze seines züngelnden Mundes. Seine breiten weißen Lippen lächelten zu ihr, wie ein aufgehender Mond schwebte über ihr der Nebelhof um sein großes Antlitz, lebendig wanden sich die schwarzen Ketten um sein goldglänzendes Fell, so stand er da, mit seinen Vorderpranken auf ihrem dienenden Nacken kniend, eine glückliche Wiederkehr. Schatten des Vaters: Glieder gewaltig getürmt, Pranken wie Bäume so fest, wie Steine in der Sonne so heiß, sein Atem wie Blut aus offener Wunde, bezwingend war seine Nähe. Wie kreiste Nahars Hals in der Runde, um ihn zu erreichen, ringsum blickte ihr Auge, um ihn zu finden. Aber nur wenn sie ruhte, wenn sie sich mit blinden Augen einträumte in den dunklen, blauen Kindertag, da kam er, bezwungen: ein stürzender Strom. Ihren Körper erreichte die letzte Spitze seines züngelnden Mundes. Seine breiten weißen Lippen lächelten zu ihr, wie ein aufgehender Mond schwebte über ihr der Nebelhof, ein großes Antlitz, lebendig wanden sich die schwarzen Ketten um sein goldglänzendes Fell, so stand er da, mit seinen Vorderpranken auf ihrem dienenden Nacken kniend. Eine glückliche Wiederkehr.
Der Bruder, das liebliche Spiegeltier, sein feinduftendes Fell, seine zarte Kinderbrust, die neben ihr atmete, in ihr Heben sich senkte, in ihre Senkung sich hineinhob, immer noch ringelte er sich neben ihr im Tal der sechs heißen, blauschattenden Mutterbrüste. Wanderung zurück, zurück die herrliche Zeit. Aufatmen im blühenden Leben, dem endlos erneuten. Der Bruder, das liebliche Spiegeltier, sein feinduftendes Fell, seine zarte Kinderbrust, die neben ihr atmete, in ihr Heben sich senkte, in ihre Senkung sich hineinhob, immer noch ringelte er sich neben ihr im Tal der sechs heißen, blauschattenden Mutterbrüste. Erinnerung, dunkles Gedenken. Wanderung zurück, zurück die herrliche Zeit. Aufatmen im blühenden Leben, dem endlos erneuten.
Dem Vater, dem Bruder nach, den männlichen Tieren, den Tieren wie sie selbst, folgte sie nach, hochschreitend, still jagend in tropischen Wäldern. Aber selbst beschritten zu werden, danach hungerte sie. Selbst gejagt zu werden, danach durstete sie. Zu liegen begehrte die unermüdlich Eilende. Das einsame Tier wollte ein anderes umschließen, Kopf an Kopf, Atem in Atem, Geschlecht in Geschlecht. Dem Vater, dem Bruder nach, den männlichen Tieren, den Tieren wie sie selbst folgte sie nach, unermüdet schreitend, still jagend in tropischen Wäldern. Aber selbst beschritten zu werden, danach hungerte sie. Selbst gejagt zu werden, danach durstete sie. Zu liegen begehrte die unermüdlich Eilende. Das einsame Tier wollte ein anderes umschließen, Kopf an Kopf, Atem an Atem, Geschlecht in Geschlecht.
Den Bruder mit den sprießenden Zähnen zu kämmen, ihre Wange, die steinern bemuskelte, an seine weiche Wange zu schmiegen, nächtlich liebkost zu sein von ihm. Den Bruder mit den sprießenden Zähnen zu kämmen, ihre Wange an seine weiche Wange zu schmiegen, nächtlich ihn zu liebkosen.
Dem Vater, dem gewaltig ragenden Mann sich zu unterwerfen, danach zitterte sie. Aus der einsamen Krümmung um sich selbst mußte sie aufschnellen in ihrer ganzen Gewalt in die seine. Tage durchjagte sie. Nächte durchwachte sie im Paradiese der Tiere. Bis zum Rande, bis hinauf zum schwankenden Gipfel war der Urwald des purpurblau blühenden Sommers gefüllt. Dem Vater, dem gewaltig ragenden Mann sich zu unterwerfen, danach zitterte sie. Tage durchjagte sie, Nächte durchwachte sie im Paradiese der Tiere. Bis zum Rande, bis hinauf zum schwankenden Gipfel war der Urwald des purpurblau blühenden Sommers gefüllt.
Brüllaffen, Orang-Utan, Elefant, Schildkröte, Wildbüffel, zahmweidende Rinder, die vierhörnige Antilope, der schwere Tapir, Wildkatzen und Moschustier, Hunde, Hyänen und Geier. Steppe. Fern ein Dorf, fern der Berg im Schnee. Pfauen, Smaragdvögel und Tauben, grau und rosenrot. Fluß, Sumpf, Berg aus Kies und Geröll, Gebüsch und Wald. Vaterwald, Heimatwald, aber nirgends der Vater, der Bruder, niemals ein Tier, wie sie selbst. Brüllaffen, Orang-Utan, Elefant, Schildkröte, Wildbüffel, zahmweidende Rinder, die vierhörnige Antilope, der schwere Tapir, Wildkatzen und Moschustier, Hunde, Hyänen, Schakale, Nashorn, Krokodile und Geier. Steppe. Fern ein Dorf, fern der Gipfel im Schnee. Pfauen, Smaragdvögel und Tauben, grau und rosenrot. Schmetterlinge, Paradiesvögel, wie Edelsteine funkelnd. Fluß, Sumpf, kahler Berg aus Kies und Geröll, Gebüsch und Wald. Vaterwald, Heimatwald, aber nirgends der Vater, der Bruder, niemals ein Tier wie sie selbst.
Eines Tages im Halbschlaf, in der alten Höhle der Heimat, hörte sie dumpfgrollenden Laut, freudiges Schnauben, silbern klagenden Ruf: Eines Tages im Halbschlaf, in der alten Höhle der Heimat hörte sie dumpf grollenden Laut, freudiges Schnauben, silbern klagenden Ruf: alles war da, die Tiere ihrer Seele gerettet zu ihr.
Alles war da, die Tiere ihrer Seele gerettet zu ihr.
VI
Sechstes Kapitel Nahar folgte dem seligen Ruf, sie ahnte die Freude der Berührung. Aus grünem Dunkel, aus dem Chaos der myriadenhaft wandernden Natur kam sie endlich zur Wiederkehr, der guten Begegnung: Tiger stiegen auf, mit Doppelblitzen funkelnde Augen, niederleuchtend aus feuerfarbigem, schwarz durchkettetem Antlitz. Weiße Lippen schnoberten den Boden entlang. In Nahars Fußspuren schlichen die Tiger, dann hoben sie brüllend das Haupt, sangen den dröhnenden Hochzeitsgesang. Harzig heißer Atem wogte vor ihnen her, die in ihrem Sommer erglühten. Nahar folgte dem seligen Ruf, sie ahnte die Freude der Berührung. Aus grünem Dunkel, aus dem Chaos der myriadenhaft wandernden Natur kam sie nachts endlich zur Wiederkehr, zur guten Begegnung: Tiger stiegen auf, mit Doppelblitzen funkelnde Augen, niederleuchtend aus feuerfarbigem, schwarz durchkettetem Antlitz. Weiße Lippen schnoberten den Boden entlang. In Nahars Fußspuren schlichen die Tiger, dann hoben sie langsam das Haupt, brüllten Ha-ub, den dröhnenden Hochzeitsgesang. Harzig heißer Atem wogte vor ihnen her, die in ihrem Sommer erglühten.
Je schwerer die Dämmerung, je tiefer die Nacht, desto dichter siedete der Regen durch die Bäume. Überallher erschienen im Heimatgelände fremde Männer. Sie warfen sich vom hohen Felsen weich herab, trabten vom Flußufer heran, kamen die gebahnte Straße vom Menschendorf, den eisigen, langen Gang ohne Ermüden, von allen Seiten sangen sie ihr zu, schwollen an im brünstigen, aufwühlenden Schrei, bis die Erde erbebte. Über Nahars hingeducktem Leibe begegneten sich Männer, sie stiegen mit ihren schweren Vorderpranken an ihr empor wie auf einer lebenden Treppe: Zischen und Fauchen über ihrem bebenden Nacken. Mit gezückten Pranken wie Ringkämpfer ineinander geschmiedet, wogten sie über ihr her, aber bald kollerte der kleinere besiegt, unterworfen herab, er lag auf dem Rücken, bot dar seine knabenhaft schwellende Brust, entblößt zitterte im Regen sein zartes Geschlecht. Während der Sieger, der ragende Mann, der große Vater in neuen Kämpfen sich umherschlug, schmiegte sich der kleine, der hilflose Bruder Nahar vor die Füße, er liebkoste mit demütiger Zunge ihren Leib, schmeichelte ihrem Schoß, aber schon brach, ein krachend stürzender Strom, der Gewaltige in seinem rauchenden Zorn zurück, er erraffte den schwachen Feind mit unbarmherziger Wut, er zerstampfte den kraftlosen Sohn unter sich. Je schwerer die Dämmerung, je tiefer die Nacht, desto dichter siedete der Regen durch die Bäume. Überallher erschienen im Heimatgelände fremde Männer. Sie warfen sich vom hohen Felsen weich herab, trabten vom Flußufer heran, kamen die gebahnte Straße vom Menschendorf, von allen Seiten Ha-ub brüllten sie ihr zu, schwollen an im brünstigen, aufwühlenden Schrei, bis die Erde erbebte. Über Nahars hingeducktem Leibe begegneten sie sich, denn sie stiegen mit ihren schweren Vorderpranken an ihr empor wie auf einer lebenden Treppe: Zischen und Fauchen über ihrem bebenden Nacken. Mit gezückten Pranken wie Ringkämpfer ineinander geschmiedet, wogten sie über ihr her, aber bald kollerte der kleinere besiegt, unterworfen herab, er lag auf dem Rücken, bot seine knabenhaft schwellende Brust dar, entblößt zitterte im Regen sein zartes Geschlecht. Während der Sieger, der ragende Mann, der große Vater in neuen Kämpfen sich umherschlug, schmiegte sich der kleine, der hilflose Bruder Nahar vor die Füße, er liebkoste mit demütiger Zunge ihren Leib, schmeichelte ihrem Schoß, aber schon brach wie ein krachend stürzender Strom der Gewaltige in seinem rauchenden Zorn zurück, er erraffte den schwachen Feind mit unbarmherziger Wut, er zerstampfte den kraftlosen Sohn unter sich.
Heulen und Brausen, Wirbel und Blut. Es hob sich der Mond breit und weiß über den gefiederten Baum, von dem die letzten Tropfen des Regengusses sich lösten. Am Grunde des Stammes, auf nackten, gewundenen Wurzeln, ruhte das Weib. Heulen und Brausen, Wirbel und Blut. Es hob sich der Mond breit und weiß über den gefiederten Baum, von dem die letzten Tropfen des Regengusses sich lösten. Am Grunde des Stammes, auf nackten, gewundenen Wurzeln, ruhte das Weib.
Mit düster blitzenden Lichtern raste rings im Kreise der Vater, der einzige Mann in der Nacht. Sein bleischwer geschleuderter Schweif riß Furchen in Erde und Laub, im Spiele peitschte er das ruhende, lockende Weib. Noch nahte er nicht, denn vom Felsen herab schmetterte ein neuer Feind, dem Vater gewachsen, ein mächtiges Urtier, furchtlos. Sie verbissen sich mit einem Schlag; verknirschten, hatten das furchtbare Gebiß wie Anker in die Halshaut gegraben. Sie begannen den wütenden Kampf, als wären sie nicht Tiere einer Art, sondern Büffel und Tiger, Feinde, Fraß, Beute. Mit düster blitzenden Lichtern raste rings im Kreise der Vater. Sein bleischwer geschleuderter Schweif riß Furchen in Erde und Laub, im Spiele peitschte er das ruhende, lockende Weib. Noch nahte er nicht, denn vom Felsen herab schmetterte ein neuer Feind, dem Vater gewachsen, ein mächtiges Urtier, furchtlos. Sie verbissen sich mit einem Schlag, hatten die furchtbaren Hauer wie Anker in die Halshaut gegraben. Sie begannen den wütenden Kampf, als wären sie nicht Tiere einer Art, sondern Büffel und Tiger, Feinde, Fraß, Beute.
Im Kampfe waren sie vereinigt, wie von einer Zange zusammengeschlagen zu einem brüllenden, bluttropfenden Koloß. Wilder Männerhauch dunstete wie Ölschwaden süßbitterlich aus der Schlucht ihrer Hinterpranken, auf acht Beinen stampften sie, zwei Köpfe mit weißen Hauern mit rotem glühenden Maul klirrten aneinander wie Erz. So wälzten sie einander hinein in das kochende Dickicht. Ein ungeheurer Schmerzensschrei gellte und verklang in verzweifeltes Keuchen, bittendes Weinen. Im Kampfe waren sie vereinigt, wie von einer Zange zusammengeschlagen zu einem brüllenden, bluttropfenden Koloß. Wilder Männerhauch dunstete wie Ölschwaden süßbitterlich aus der Schlucht ihrer Hinterpranken, auf acht Beinen stampften sie, zwei Köpfe mit weißen Hauern, mit rotem glühendem Maul klirrten aneinander wie Erz. So wälzten sie einander hinein in das krachende Dickicht. Ein ungeheurer Schmerzensschrei gellte und verklang in verzweifeltes Keuchen, bittendes Weinen.
In der Gewittersonne des stürmischen Aufgangs wogten die Schatten fahl und schwarz, schlugen die Wellen durchs krachende Unterholz. In der Gewittersonne des stürmischen Aufgangs wogten die Schatten fahl und schwarz, schlugen die Wellen durchs krachende Unterholz.
Sie erhob sich, von Blutduft geblendet. Salziges Blut klebte am Boden, Bruderblut, Vaterblut. Nachschleichend der männlichen Spur, leckte Nahar das Blut. Sie erhob sich, von Blutduft geblendet. Salziges Blut klebte am Boden, Bruderblut, Vaterblut. Nachschleichend der männlichen Spur, leckte Nahar das Blut.
VII
Siebentes Kapitel Im Rachen ein junges, falbes Pferd, dessen breit gefächerter Schweif ihm die Augen halb verdeckte, schlug der mächtige Vater herrlich vor Nahars Füßen nieder. Unter strotzenden Bäumen, die beim ersten Anstreifen der lockeren Rinde Ströme von Saft ergossen, begegneten sich die Tiere. Im Rachen ein junges, falbes Pferd, dessen breit gefächerter Schweif ihm die Augen halb verdeckte, schlug der mächtige Vater herrlich vor Nahars Füßen nieder. Unter strotzenden Bäumen, die beim ersten Anstreifen der lockeren Rinde Ströme von Saft ergossen, begegneten sich die Tiere.
Den gewaltigen Vater hatte Nahar vor Augen im berauschten Licht ihrer Jugend, seiner Zunge rauh eingedrängte Liebkosung fühlte sie noch vom blau dunklen Kindertag. Noch gab sie sich nicht, sie wehrte sich mit trotzig ausgereckten Krallen. Aber die Krallen bohrten sich nicht in sein Fleisch, unter ihrem Willen gaben die Krallen nach, wie Finger durch zischendes Wasser, glitten sie durch sein glimmerndes Fell, die schwarzen Streifen entlang, in den Rinnen der federnden Rippen schwammen sie. Rote Wolken wogten um Nahar, die plötzlich hinsinkend, hinküssend, hin sich verlebte in den süßbitter schwebenden Duft. Die Seele der schweißgebadeten Männer brach ihr entgegen aus seinen hell bebuschten Achseln, schwelte aus der Bucht der Hinterpranken an ihr empor. Den gewaltigen Vater hatte Nahar vor Augen im berauschten Licht ihrer Jugend, seiner Zunge rauh eingedrängte Liebkosung fühlte sie noch vom blaudunklen Kindertag. Noch gab sie sich nicht, sie wehrte sich mit trotzig ausgereckten Krallen. Aber die Krallen bohrten sich nicht in sein Fleisch, unter ihrem Willen gaben sie nach, wie Finger durch zischendes Wasser glitten sie durch sein glimmerndes Fell, die schwarzen Streifen entlang, in den Rinnen der federnden Rippen schwammen sie. Rote Wolken wogten um Nahar, die plötzlich hinsinkend, hinküssend, hin sich verlebte in den süßbitter schwebenden Duft. Die Kraft der schweißgebadeten Männer brach ihr entgegen aus seinen hell bebuschten Achseln, schwelte aus der Bucht der Hinterpranken an ihr empor.
Langen, rufenden Laut, heiser rauschenden Gesang strömte ihre Kehle aus, wonnevoll erzitterte ihr die Brust, lichter getönt unter dem schwarz umwogten Haupt, Hochzeitsgesang. Langen, rufenden Laut, heiser rauschenden Gesang strömte ihre Kehle aus, wonnevoll erzitterte ihr die Brust, lichter getönt unter dem schwarz umwogten Haupt, Hochzeitsgesang.
Sie sank nieder in Lust, in der atemlosen Minute sog sie die kommende Umarmung tief bis zur Kehle, Unbeschreibliches durchrann sie, im Takte hart und neu geschwellt, umfaßt war sie, begriffen, ergriffen Nahar, Olga, das selig verzauberte Tier. Sie sank nieder in Lust, in der atemlosen Minute sog sie die kommende Umarmung tief bis zur Kehle, Unbeschreibliches durchrann sie, im Takte hart und neu geschwellt, umfaßt war sie, begriffen, ergriffen Nahar, das selig verzauberte Tier.
Von einer einzigen warmen Kette gekettet, von einem Kusse geküßt. An ihrer Seite schwebten die Männerpranken herab. Über ihrem Haupte blutete nieder das düster blitzende Licht seiner Augen. Von einer einzigen warmen Kette gekettet, von einem Kusse geküßt. An ihrer Seite schwebten die Männerpranken herab. Über ihrem Haupte funkelte nieder das düster blitzende Licht seiner Augen.
Wie selig, sich zu beugen unter der steinschweren Last seines Körpers! Wie selig, sich zu beugen unter der steinschweren Last seines Körpers!
Wie hold, sein Herz in ihrer Achsel zu fühlen! Wie hold , sein Herz in ihrer Achsel zu fühlen!
Wie weich war die Bürde, der bebende Himmel war niedergegossen auf sie. Wie weich war die Bürde, der bebende Himmel war niedergegossen auf sie.
Gutes Nichtmehrentrinnen. Er preßte ihren Leib an den Boden, er zwang ihr die Brüste, die zitternde Herde, nieder an die heiß dampfenden Steine des Heimatgeländes, sie liebte in der Heimathöhle, im guten, gesegneten Haus. Gutes Nicht-mehr-Entrinnen. Er preßte ihren Leib an den Boden.
Aber jetzt kam er, jetzt drang er zu ihr, in ihr Inneres hinein schlang sich sein Mantel, in ihre Seele glühte seine Glut, in ihren Blick tränte sein Auge. Jetzt kam er, jetzt drang er zu ihr, in ihr Inneres hinein schlang sich sein Mantel, in ihre Seele glühte seine Glut, in ihren Blick tränte sein Auge.
Sie wandte ihm ihr ausgebreitetes Antlitz in sanft geneigter Biegung nach oben. Mit sehnsüchtig verschlossenem Mund saugte sie das überschwere Fleisch seiner Brust und schwieg. Ihr Leben schwoll stumm zu glücktobender Wut. Sie machte sich frei, in ihr riß es sich frei, freier nackter Augenblick, durchorgelt von goldenem Getöse. Sie wandte ihm ihr ausgebreitetes Antlitz in sanft geneigter Biegung nach oben. Mit sehnsüchtig verschlossenem Mund saugte sie das überschwere Fleisch seiner Brust und schwieg. Ihr Leben schwoll stumm zu glücktobender Wut. Sie machte sich frei, in ihr riß es sich frei, freier nackter Augenblick, durchorgelt von goldenem Getöse.
Aber jetzt, um sich ganz in ihn zu werfen, ganz aufzuflammen an ihm, jagte sie unter ihn hin. Wie ein ohnmächtiges Kind ließ sie sich einmauern zwischen die vier Säulen seiner niedrig gequaderten Glieder, stumm bot sie ihm ihren geöffneten Schoß. Er drängte zu ihr. Er blieb bei ihr. Sein steinernes Geschlecht blutete nieder in sie. Aber jetzt, um sich ganz in ihn zu werfen, ganz aufzuflammen an ihm, jagte sie unter ihn hin. Wie ein ohnmächtiges Kind ließ sie sich einmauern zwischen die vier Säulen seiner niedrig gequaderten Glieder, stumm bot sie ihm ihren geöffneten Schoß. Er drängte zu ihr. Er blieb bei ihr. Sein steinernes Geschlecht schwoll nieder in sie.
Heiß in rauschende Umarmung gestürzt, ein einziger Leib. Ihr in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, ihre sinkenden Augen, alles vereinigt mit ihm, grenzenlos. Ein langer, hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so floß ihr Blut. Sie verschwand sich selbst: Geweitet, zersprengt, beseelt, vertiert, bewußtlos, liebend: das Zittern ungeheurer Wollust brach stumm flammend aus ihr. In funkelndem Traum verrann die Stunde des Geschlechts als Ewigkeit. Heiß in rauschende Umarmung gestürzt, ein einziger Leib. Ihr in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, ihre sinkenden Augen, alles vereinigt mit ihm, grenzenlos. Ein langer, hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so floß ihr Blut. Sie verschwand sich selbst: geweitet, zersprengt, beseelt, vertiert, bewußtlos, liebend: das Zittern ungeheurer Wollust brach stumm flammend aus ihr. In funkelndem Traum verrann die Stunde des Geschlechts als Ewigkeit.
VIII
Achtes Kapitel In Ruhe lagerten sich Nahar und der Vater. Lange leckten sie einander den Kopf, die Zähne berührten sich in silbernem Klirren. Verschlungen zu einer Umarmung glühten sie in der weiten Ebene, von Sonne gefüllt, am himmlischen Hochzeitstag. In Ruhe lagerten sich Nahar und der Vater. Lange leckten sie einander die Köpfe, die Zähne berührten sich in silbernem Klirren. Verschlungen zu einer Umarmung glühten sie in der weiten Ebene, von Sonne gefüllt, am himmlischen Hochzeitstag.
Jetzt badete er in weichem Sommersand, er streckte die Pranken von sich, über seine großen Augen hielt er seine rosa schimmernden Lider gebreitet. Er schlief. Von der Seite faßte ihn Nahar im Scherz, spielend nahm sie ein Polster seines ohnmächtig schlaffen Fußes ins Maul, nun schleppte sie ihn wie einst den zerfleischten Büffel, den rücklings liegenden Leichnam, nach ihrem Willen, über den sandknisternden Hügel. Aber jäh glitt seine Pranke aus ihrem Mund. Mit einem Satz erhob sich der Mann. Er schwang sich durch die Luft in jauchzendem Sprung, ein schwarzgoldener Bogen schnellte gegen den Wald, von krachendem Buschwerk umgrünt, so entschwand er ihr. Jetzt badete er in weichem Sommersand, er streckte die Pranken von sich, über seine großen Augen hielt er seine rosa schimmernden Lider gebreitet. Er schlief. Von der Seite faßte ihn Nahar im Scherz, spielend nahm sie ein Polster seines ohnmächtig schlaffen Fußes ins Maul, nun schleppte sie ihn wie einst den zerfleischten Büffel, den rücklings liegenden Leichnam nach ihrem Willen über den sandknisternden Hügel. Aber jäh glitt seine Pranke aus ihrem Mund. Mit einem Satz erhob sich der Mann. Er schwang sich durch die Luft in jauchzendem Sprung, ein schwarzgoldener Bogen schnellte gegen den Wald, von krachendem Buschwerk umgrünt, so entschwand er ihr.
Wie sie ihn suchte, wie sie ihn lockte, hold und weh streifte der zitternde Laut ihre kleine Kehle. Abends kam er zurück, mit Speise, mit Freude beladen für beide. Sie zogen dann langsam zum Wasser, beugten den Kopf in die blau gleitende Flut. Wie sie ihn suchte, wie sie ihn lockte, hold und weh streifte der zitternde Laut ihre kleine Kehle. Abends kam er zurück, mit Speise, mit Freude beladen für beide. Sie zogen dann langsam zum Wasser, beugten den Kopf in die blau gleitende Flut.
Antilopenherden schwebten in der Ferne, auf Mondwiesen weideten sie. Antilopenherden schwebten in der Ferne, auf Mondwiesen weideten sie.
Still tranken die Tiger, die ruhenden Seelen, im Wasser gespiegelt. Still tranken die Tiger, die ruhenden Seelen, im Wasser gespiegelt.
Ebene und Berg, dürrer Knistersand, feuchte Niederung, schilfreiches Ufer, vorüberwandelnde Welt, alles rauschte vorüber an ihrer festen Vereinigung: Kein Allein mehr, Nacht für Nacht, Tag für Tag. Der Mensch weilte weit hinter ihr, die hineinschritt in die hundert Tage der aufgehenden Mutter. Ebene und Berg, dürrer Knistersand, feuchte Niederung, schilfreiches Ufer, vorüberwandelnde Welt, alles rauschte vorüber an ihrer festen Vereinigung: kein Allein mehr, Nacht für Nacht, Tag für Tag. Der Mensch weilte weit hinter ihr, die hineinschritt in die hundert Tage der aufgehenden Mutter.
Endloses Leben. Geliebtes Haupt mit weißflaumiger Wange, unter breit gefiedertem Bart, wie oft zitterte sein Haar, sein Mund in die nackte Muschel ihres lauschend aufgerichteten Ohres! Nackt war sie ganz. Alles war Geschlecht. Eben war aufgeblüht die Blume ihres Schoßes, noch war sie durchtanzt von seiner hoch pochenden Umarmung, nackt war ihre Brust, die seine schweren Pranken umklammerten, um sich, zu einem Ring geschmiedet, wieder zu begegnen an ihren Eutern. Endloses Leben. Geliebtes Haupt mit weißflaumiger Wange, unter breit gefiedertem Bart, wie oft zitterte sein Haar, sein Mund in die nackte Muschel ihres lauschend aufgerichteten Ohres! Nackt war sie ganz. Alles war Geschlecht. Eben war die Blume ihres Schoßes aufgeblüht, noch war sie durchdrungen von seiner hochpochenden Umarmung, nackt war ihre Brust, die seine schweren Pranken umklammerten, um sich, zu einem Ring geschmiedet, wieder zu begegnen an ihren Eutern.
Hundert Tage des Sommers: Regenlose Glut, segensreich quellende Liebe, tragende Mutter. Hundert Tage des Sommers: regenlose Glut, segensreich quellende Liebe, tragende Mutter.
Nächte, in unendlicher Begattung vereint, ohne Schlaf, ohne Traum, ohne Töten, ohne Tod. Nächte, in unendlicher Begattung vereint, ohne Schlaf, ohne Traum, ohne Töten, ohne Tod.
Morgen, das Licht nach dem Dunkel, die Wanderung der jagenden Tiere nach dem Ruhen im Hause, dem nievergessenen. Morgen, das Licht nach dem Dunkel, die Wanderung der jagenden Tiere nach dem Ruhen im Hause, dem nie vergessenen.
Allmählich entsommerte die blühende Natur. Die ersten Wolken bedrückten den schweigenden Himmel. Schwer folgte Nahar dem Manne aus der gesegneten Höhle ins freie Feld. Süßbitter, dem Ölschwaden ähnlich, schwelte der Duft des Männerschweißes vor ihr her. Lastend schleppte ihr Leib nahe dem Boden, gebeugt wanderte das Tier, ermüdet am Morgen, geblendet vom schwülen, blassen Glanz. Allmählich entsommerte die blühende Natur. Die ersten Wolken bedrückten den schweigenden Himmel. Schwer folgte Nahar dem Manne aus der gesegneten Höhle ins freie Feld. Süßbitter schwelte der Duft des Männerschweißes vor ihr her. Lastend schleppte ihr Leib nahe dem Boden, gebeugt wanderte das Tier, ermüdet am Morgen, geblendet vom schwülen, blassen Glanz.
Auf den nickenden vertrockneten Gräsern sah sie weiße Tropfen, aus ihrer Brust regnete in Reihen Milch herab. Sie leckte die Tropfen, langsam kehrte sie zurück den weißen Pfad in der ausgestorben schweigenden Hitze, den Weg der weißen salzigen Tränen in den umwaldeten Raum der Heimathöhle, zu den Steinen, die noch warm waren von ihrem letzten Liebeslager. Fern blinkte des Mannes mächtiger Leib, der Schatten goldbraun und schwarz, die silberne Wange, gehoben über die Dornen, immer auf der Jagd nach fliehendem Wild. Auf den nickenden vertrockneten Gräsern sah sie weiße Tropfen, aus ihrer Brust regnete in Reihen Milch herab. Sie leckte die Tropfen, langsam kehrte sie zurück den Pfad unter den zitternden Alang-Alanggräsern in der ausgestorben schweigenden Hitze. Fern blinkte des Mannes mächtiger Leib, der Schatten goldbraun und schwarz, die silberne Wange, gehoben über die Dornen, immer auf der Jagd nach fliehendem Wild.
Sie aber dämmerte, still wie ein Baum. Tief im Schlaf. Ihre Adern waren alle gesänftigt. In ihrem Leibe pochten die Glieder der Brut. Sie aber dämmerte, still wie ein Baum. Tief im Schlaf. Ihre Adern waren alle gesänftigt. In ihrem Leibe pochten die Glieder der Brut.
Olga, der dürre berstende Stein.
Nahar, schwellend befruchtetes Leben. Nahar, schwellend befruchtetes Leben.
Unaussprechbares Staunen. Atemlose Beseligung. Olga, tobende mordende Dirne. Nahar, im Erwachen, eine erwachende Mutter. Unaussprechbares Staunen. Atemlose Beseligung. Nahar, im Erwachen, eine erwachende Mutter.
IX
Neuntes Kapitel Ihr Haupt hatte Nahar an den hohen Leib gelehnt. Ihre großen Augen sahen nichts, wenn sie aber die Augen schloß, dann fühlte sie in der Finsternis an der zarten Haut der Lider das Scharren der Früchte, die im Finstern schon lebten. Ihr Haupt hatte Nahar an den hohen Leib gelehnt. Jetzt fühlte sie in der Finsternis an der zarten Haut der Lider das Scharren der Früchte, die im Finstern schon lebten.
Noch glühte oben ein brennender, blendender Tag durch kalkweiße Wolken. Unter dem heißen Wind rieselten die Blätter vom verdorrenden Heimatbaum. Ein weiches Lager der Mutter. Schwer atmend ruhte sie. Stille und Schweigen. Ohne ihren Willen erstarrte in ihr der erste Krampf, tiefer in das Laub gewühlt versank ihr Körper, nur mit Mühe hob sie sich dem Mann entgegen, der ihr nahte mit herrlich bluttropfender Beute. Aber Nahars feuerfarbener Tierleib war beklebt mit Blättern, ihr Sommer in einen fahlen Mantel von Herbst gekleidet. Ihr nacktes Fleisch war mit grauem Gestrüpp überwachsen. Doch nun rauschte der Regen, der prasselnde Gewitterguß wusch sie frei vom verdorrten Laub, reinigte sie vom Lehm. Aus dem berstenden Himmel des Orkans ragten unzählige Finger, um ihren gebärenden Bauch zu streicheln, zu kühlen. Noch glühte oben ein brennender, blendender Tag durch kalkweiße Wolken. Unter dem heißen Wind rieselten die Blätter vom verdorrenden Heimatbaum. Ein weiches Lager der Mutter. Schwer atmend ruhte sie. Stille und Schweigen. Ohne ihren Willen erstarrte in ihr der erste Krampf, tiefer in das Laub gewühlt versank ihr Körper, nur mit Mühe hob sie sich dem Mann entgegen, der ihr nahte mit herrlich bluttropfender Beute. Aber Nahars feuerfarbener Tierleib war beklebt mit Blättern, ihr Sommer in einen fahlen Mantel von Herbst gekleidet. Ihr nacktes Fleisch war mit grauem Gestrüpp überwachsen. Doch nun rauschte der Regen, der prasselnde Gewitterguß wusch sie frei vom verdorrten Laub, reinigte sie vom Lehm. Aus dem berstenden Himmel des Orkans ragten unzählige Finger, um ihren gebärenden Bauch zu streicheln, zu kühlen.
Im Krampf der Geburt umdonnerte sie das stürzende Wasser. Noch ein Tag des Geschlechtes, noch eine Nacht der Umarmung. Im Krampf der Geburt umdonnerte sie das stürzende Wasser. Noch ein Tag des Geschlechtes, noch eine Nacht der Umarmung.
Nahar, Mutter in der Geburt: die Vorderpranken hielt sie, unbewegt wie ein Stein, auf den Steinen des Gebärlagers. Das war Nahar, das Tier, das Furcht und Tränen nicht kannte. Aber tiefer atmete ihres Seins anderer Pol, der weinende Schoß, Nahar, das Kind, die wollüstige Braut, das liebend mütterliche Tier, der selig verzauberte Mensch. Nahar, Mutter in der Geburt: die Vorderpranken hielt sie, unbewegt wie ein Stein, auf den Steinen des Gebärlagers. Das war Nahar, das Tier, das Furcht und Tränen nicht kannte. Aber tiefer atmete ihres Seins anderer Pol, der weinende Schoß, Nahar, das Kind, die wollüstige Braut, das liebend mütterliche Tier.
Sie warf sich hin. Aus ihren Eingeweiden drang Glut, zum Schrei des Schmerzes bäumte sich ihr Herz, zum Schrei der Wonne faßte sich ihr Herz. Im Gewitterblitz sah sie Blut aus sich sprudeln. Inmitten der Flut brach aus ihr ein kleines Haupt. Zwei winzige Ohren, zwei Flügel an dem kleinen Kopf des Kindes, waren ihrer Zunge ein Labsal. Um einen hageren Hals saugten sich ihre sehnenden Lippen, immer tiefer, immer näher heran, in schwellender Wollust, bis zum ohnmächtigen Schrei: Nun lag es ganz vor ihr, im gesegneten Augenblick: ein gewichtloses Kind, ein schwächlicher Knabe, mit ausgebreiteten Armen lautlos und ohne Odem niedergesunken auf das knisternde Laub. Aber schon atmete es auf, zerrte mit den Füßen an ihrem Schoß, winselte ihr zu, sprach ohne Worte das Wort ihrer Seele. An einer Ader hing es, so klammerte es sich an das Herz ihres Herzens, den Brüsten strebte es zu, da es wie im Hunger den Mund öffnete und schloß. Sie warf sich hin. Aus ihren Eingeweiden drang Glut, zum Schrei des Schmerzes bäumte sich ihr Herz, zum Schrei der Wonne faßte sich ihr Herz. Im Gewitterblitz sah sie Blut aus sich sprudeln. Inmitten der Flut brach aus ihr ein kleines Haupt. Zwei winzige Ohren, zwei Flügel an dem kleinen Kopf des Kindes, waren ihrer Zunge ein Labsal. Um einen hageren Hals saugten sich ihre sehnenden Lippen, immer tiefer, immer näher heran, in schwellender Wollust, bis zum ohnmächtigen Schrei: nun lag es ganz vor ihr, im gesegneten Augenblick: ein gewichtloses Kind, ein schwächlicher Knabe, mit ausgebreiteten Armen lautlos und ohne Odem niedergesunken auf das knisternde Laub. Aber schon atmete es auf, zerrte mit den Füßen an ihrem Schoß, winselte ihr zu, sprach ohne Worte das Wort ihrer Seele. An einer Ader hing es, so klammerte es sich an das Herz ihres Herzens, den Brüsten strebte es zu, da es wie im Hunger den Mund öffnete und schloß.
Der stürmende Himmel war beruhigt. Zwischen schwarzem Gewittergewölk brach blendende Sonne. Noch einmal schwoll das Innere des Tieres: zuckend wie Lippen vor dem Schrei, so wallte ihr Schoß: ohne Mühe, ohne Schmerz entglitt ihr ein zweiter, winziger Körper, des ersten Kindes Spiegelbild. Der stürmende Himmel war beruhigt. Zwischen schwarzem Gewittergewölk brach die blendende Sonne hervor. Noch einmal schwoll das Innere des Tieres: zuckend wie Lippen vor dem Schrei, so walke ihr Schoß: aber ohne Mühe, ohne Schmerz entglitt ihr ein zweiter, winziger Körper, des ersten Kindes Spiegelbild.
Regengrüne Tropenbäume, schillernd in der blassen Glut des hochragenden Gestirns in der Stunde der glückseligen Geburt. Alle Tiere atmeten in Ruhe. Regengrüne Tropenbäume, schillernd in der blassen Glut des hochragenden Gestirns in der Stunde der glückseligen Geburt. Alle Tiere atmeten in Ruhe.
Die Kinder, eins ans andere geschlungen, zogen an ihrem Herzen, an die Mitte ihres Lebens waren sie gekettet: eine dumpf dröhnende Saite war ausgespannt zwischen ihnen allen, eine Ader verband sie, ein Fleisch, ein Blut. Die Kinder, eins ans andere geschlungen, zogen an ihrem Herzen, an die Mitte ihres Lebens waren sie gekettet: eine Saite war ausgespannt zwischen ihnen allen, eine Ader verband sie, ein Fleisch, ein Blut.
Jetzt zerbiß die Mutter das Band: um ihre Zunge umgerollt fühlte sie die Jungen schweben, in ihrer Kehle kostete sie ihren Geschmack, im Kern ihres Daseins lebten sie von heute mit ihr, der Mutter in der Geburt. Jetzt zerbiß die Mutter das Band: um ihre Zunge gerollt fühlte sie die Jungen schweben, in ihrer Kehle kostete sie ihren Geschmack, im Kern ihres Daseins lebten sie von heute mit ihr, der Mutter in der Geburt.
X
Zehntes Kapitel Mit zartester Beugung zog die Mutter die Hinterpranken an sich, zwischen den Säulen errichtete sie ein warmes Gehäuse, sie baute eine deckende Höhle. Hier waren die Kinder geboren, hier waren die Kinder geborgen. Mit zartester Beugung zog die Mutter die Hinterpranken an sich, zwischen den Säulen errichtete sie ein warmes Gehäuse, sie baute eine deckende Höhle. Hier waren die Kinder geboren, hier waren die Kinder geborgen.
Zwischen den Achseln, ihren Mutteraugen so nahe, ragten die hohen, heißen Brüste, hier flossen die Quellen, hier waren die Kinder gesättigt: denn schon fühlte sie in unbeschreiblicher Seligkeit beide Euter kräftig umzingelt von den kleinen Mündern. Jetzt legte sich Nahars Kopf schwer, ein Siegel über die Schrift, ein Dach über das Haus, über die saugende Brust. An das weiche Fleisch unter dem Kinn hielt sie die kleinen Köpfe eingepreßt, an ihrer Kehle fühlte sie das glucksende Ziehen, das rollende Schluchzen. Im ersten Schlaf atmeten ihre Kinder völlig beruhigt. Zwischen den Achseln, ihren Mutteraugen so nahe, ragten die hohen, heißen Brüste, hier flössen die Quellen, hier waren die Kinder gesättigt: denn schon fühlte sie in unbeschreiblicher Seligkeit zwei Euter kräftig umzingelt von den kleinen Mündern. Jetzt hielt sie die kleinen Köpfe eingepreßt, an ihrer Kehle fühlte sie das glucksende Ziehen, das rollende Schluchzen. Im ersten Schlaf atmeten ihre Kinder völlig beruhigt.
Im weichen Wehen des Monsuns war der Regen verronnen, der Sonnenbrand in den Abend aufgelöst. Der Mond überbaute blau gläsern die feucht glitzernde Welt. Der ungeheure Kopf des Vaters brach silbern durchs schwarze Geäst, seine Wange schimmerte nah, ein zartgliedriges Rehkalb entglitt seinen aufgerissenen Kiefern. Noch blies das Reh Todeshauch aus der zerbissenen Kehle, es blickte in kindlicher Angst aus den sanften Augen, die von Dornen zerfetzt waren und niedertropften in qualligem Kristall. Die Mutter sah es an. Der Vater zerschmetterte es mit einem Schlag. Im weichen Wehen des Monsuns war der Regen verronnen, war ganz in den Abend aufgelöst. Der Mond überbaute blaugläsern die feucht glitzernde Welt. Der ungeheure Kopf des Vaters brach silbern durchs schwarze Geäst, seine Wange schimmerte nah, ein zartgliedriges Rehkalb entglitt seinen aufgerissenen Kiefern. Noch blies das Reh Todeshauch aus der zerbissenen Kehle, es blickte in kindlicher Angst aus den sanften Augen, die von Dornen zerfetzt waren und niedertropften in qualligem Kristall. Die Mutter sah es an. Der Vater zerschmetterte es mit einem Schlag.
Beide tranken das gute Blut, sie schlürften sich den Saft heraus aus dem tieferen Geäder. Mit dem Kopfe allein nahm sie das Fleisch, das der Mann schon vom Knochen gelöst hatte, denn sie wollte die schützenden, schirmenden Pranken nicht rühren. Sie zermalmte die blutsüße Speise nur leise, denn sie wollte die Schlafenden nicht erschüttern, nicht wecken. Beide tranken das gute Blut, sie schlürften sich den Saft heraus aus dem tieferen Geäder. Mit dem Kopfe allein nahm sie das Fleisch, das der Mann schon vom Knochen gelöst hatte, denn sie wollte die schützenden, schirmenden Pranken nicht rühren. Sie zermalmte die blutsüße Speise nur leise, denn sie wollte die Schlafenden nicht schüttern, nicht wecken.
Aber die Kinder erwachten weinend in der kühleren Nachtluft, ringelten die dünnen Schwänze um sich, zitterten im Frost. Das Haupt der Mutter kehrte zurück, es senkte sich das Dach. Über das Tal ihres Leibes blieb Nahar gebeugt, sie hüllte sich in den eigenen Atem, ruhte aus auf dem eigenen Fleisch, sie schwamm auf dem See des eigenen Blutes. Aber die Kinder erwachten dennoch miauend von der kühleren Nachtluft, ringelten die dünnen Schwänze um sich, zitterten im Frost. Das Haupt der Mutter kehrte zurück, es senkte sich das Dach. Über das Tal ihres Leibes blieb Nahar gebeugt, sie hüllte die Jungen in den eigenen Atem.
Urwald, menschenleere Wildnis, quellender Regensommer ringsum. Urwald, menschenleere Wildnis.
Sie, die einst kinderlose, von nutzlosem Samen unfruchtbar Getränkte, war gerettet in das Paradies der seligen Mütter, noch war sie hinter den guten Mauern, in den letzten Tagen von hundert. Sie war gerettet in das Paradies der seligen Mütter, noch war sie hinter den guten Mauern, an dem letzten Tage von hundert.
Steil aufgerichtet, ein goldschwarzer Wall vor dem dreifach verschlungenen Kreis, lagerte der Vater. Steil aufgerichtet, ein goldschwarzer Wall vor dem dreifach verschlungenen Kreis, lagerte der Vater.
Er wachte. Die anderen schliefen. Er wachte. Die anderen schliefen.
XI
Elftes Kapitel Nahar, das nachtgekühlte Haupt von sprießendem Tau getränkt, überrieselt vom Duft des Heimatbaumes, der im Regendunkel erblühte, liebkost von den Kindern, nun träumte sie ohne Gedanken, in schwebendem Gefühl. Im Traume ahnte sie ihre Zitzen gefüllt, ohne Grenze reichten sie in die tiefste Erdentiefe: ein ewiges Labsal den Ihren. Nahar, das nachtgekühlte Haupt von sprießendem Tau getränkt, überrieselt vom Duft des Heimatbaumes, der im Regendunkel erblühte, liebkost von den Kindern, nun träumte sie ohne Gedanken, in schwebendem Gefühl. Im Traume ahnte sie ihre Zitzen gefüllt, ohne Grenze reichten sie in die tiefste Erdentiefe: ein ewiges Labsal den Ihren.
Blut, Leben, Atem rauschte aus ihrem ganzen Leibe zusammen in den Sonnenpunkt, mühelos brach es aus ihr, sechsfach aufgehende, sechsfach strömende Sonne, sechsfach tränkender Regen.
Unter ihr war die Erde, schlafend gebundener Raum, die zweite warme Mutter. Zwischen beiden Müttern zu leben, geschützt, mit allem Guten genährt, war den Kindern gegeben. Hinter ihr war die Erde, schlafend gebundener Raum, die zweite warme Mutter. Zwischen beiden Müttern zu leben, geschützt, mit allem Guten genährt, war den Kindern gegeben.
Noch während der Nacht erhob sich der Vater, er jagte für alle. In schütterndem Stoß warf er Fleisch am nächsten Morgen zwischen die träumenden Tiere. Noch während der Nacht erhob sich der Vater, er jagte für alle. In schütterndem Stoß warf er Fleisch am nächsten Morgen zwischen die träumenden Tiere.
Nahar, die Mutter, in Übergröße gelagert, mit breit ausladenden Hüften, blieb auf den Boden gemauert. So schützte sie ihre Jungen vor Regen und Wind. Durch viele Tage verließ sie die Heimathöhle nicht. Bald wuchsen die Kinder. Noch waren sie blind. Ihre überschlanken Glieder griffen nach Steinen und Käfern, nach klirrenden Knochen. Auf der Schädelstätte stiegen sie umher, in die Augenhöhlen der zerfleischten Beute tappten sie blind. Die Mutter immer mit ihnen. Der Mutter Stimme, ein leise summender Hauch, wie Käferschwirren hinblühend über die Wiese. Die Jungen kreischten laut in silbernem Laut, sie kollerten im Spiel den Abhang ihres großen Mutterleibes herab, kletterten die Treppe ihres mächtigen Halses empor, sie blieben gelehnt an den Bug ihrer Stirn. Da wurden sie müde. Schon schliefen sie, die Köpfchen atmeten mild, eingefaltet in die Höhlung des Ohres. Der Mutter sangen sie Schlafgesang. Ruhig kreiste die Stirn Nahars, golden gewölbt. Die jungen Tiger schlummerten am Kopfe der Mutter bis zum Abend, dann glitten sie an ihre Brüste herab, um sich in lang hingezogenem Mahl zu laben und von neuem zu versinken in Stille. Nahar, die Mutter, in Übergröße gelagert, mit breit ausladenden Hüften, blieb auf den Boden gelagert. So schützte sie ihre Jungen vor Regen und Wind. Durch viele Tage verließ sie die Heimathöhle nicht. Bald wuchsen die Kinder. Noch waren sie blind. Ihre kurzen Glieder mit den plumpen Füßen griffen nach Steinen und Käfern, nach klirrenden Knochen. Auf der Schädelstätte stiegen sie umher, in die Augenhöhlen der zerfleischten Beute tappten sie blind. Die Mutter immer mit ihnen. Der Mutter Stimme war ein leise summender Hauch, wie Käferschwirren hinblühend über die Wiese. Die Jungen jubelten in gurrendem oder silbernem Laut, sie kollerten im Spiel den Abhang ihres großen Mutterleibes herab, kletterten die Treppe ihres mächtigen Halses empor, sie blieben gelehnt an den Bug ihrer Stirn. Da wurden sie beide müde. Schon schliefen sie, die Köpfchen atmeten mild, eingefaltet in die Höhlung der Ohren der Mutter. Der Mutter sangen sie Schlafgesang. Ruhig kreiste die Stirn Nahars, golden gewölbt. Die jungen Tiger schlummerten am Kopfe der Mutter bis zum Abend, dann glitten sie an ihre Brüste herab, um sich in lang hingezogenem Mahl zu laben und von neuem zu versinken in Stille.
Regen raschelte fein, leise knisterte des Vaters Schritt, des immer jagenden Tieres, das zur Nacht um das Lager wandelte. Regen raschelte fein, leise knisterte des Vaters Schritt, des immer jagenden Tieres, das zur Nacht um das Lager wandelte.
Am Mittag nahte er endlich: fast verschwand sein Leib unter der ungeheuren Last, der gemordeten, mächtigen Beute: Ein weißes Pferd schleppte er nach, silbern überschimmerte der Pferdeschweif seinen goldbraun leuchtenden Körper, der von schwarzen Ketten geströmt, sich wiegte in flimmernder Tagesglut. Schon ging er wieder dahin, nachdem er für sich eine ungeheure Keule aus dem Gaule gerissen. Die anderen Glieder des unbegrabenen Pferdes starrten wie abgebrochene Riesenzweige durch die ganze Höhle, bis sie Nahar herauszerrte, sie stemmte sich aufrecht auf ihren Hinterkeulen, an ihrer warmen Brust das riesige todeskalte Pferd, ihre Milch und sein Todesblut ein träufelnder Regen, eine einzige Spur. Am Mittag nahte er endlich: fast verschwand sein Leib unter der ungeheuren Last der gemordeten, mächtigen Beute: einen weißen Gaur schleppte der Tiger nach, silbern überschimmerte der gewaltige Stier den goldbraun leuchtenden Körper, der, von schwarzen Ketten geströmt, sich wiegte in flimmernder Tagesglut. Schon ging er wieder dahin, nachdem er für sich eine ungeheure Keule aus dem Tiere gerissen. Die anderen Glieder starrten wie abgebrochene Riesenzweige durch die ganze Höhle, bis sie Nahar herauszerrte, sie stemmte sich aufrecht auf ihren Hinterkeulen, an ihrer warmen Brust das riesige todeskalte Rind, ihre Milch und sein Todesblut ein träufelnder Regen, eine einzige Spur.
Aber in Nachmittagsstille sonnten sich vor den Augen der heimkehrenden Mutter die spielenden Kinder. Abends belustigte sie der schnatternde Ruf der Affen, ihr Winken mit Zweigen, ihr Lachen, ihr Fauchen im Streit, ihr Pfeifen vom hohen Felsen, ihr tanzendes Springen über die Zweige, ihr braunes Verhuschen im Abend. Pfauen kreischten, blaue und grüne Spiegel wippten unter blühenden Bäumen, ihre weit gefächerten Fittiche rauschten bis spät in die klare Dämmerung, in die einsame Kühle der Nacht. Aber in der Nachmittagsstille sonnten sich vor den Augen der heimkehrenden Mutter die spielenden Kinder. Abends belustigte sie der schnatternde Ruf der Affen, ihr Winken mit Zweigen, ihr Lachen, ihr Fauchen im Streit, ihr Pfeifen vom hohen Felsen her, ihr tanzendes Springen über die Zweige, ihr braunes Verhuschen im Zwielicht. Pfauen kreischten, blaue und grüne Spiegel wippten unter blühenden Bäumen, ihre weit gefächerten Fittiche rauschten bis spät in die klare Dämmerung, in die einsame Kühle der Nacht.
Aus seligem Schlaf schreckte die Mutter auf. Fackelglanz ferne, Zimbelklirren, Kupferwolken im verbrannten Holz, milchige Woge, Nebel des Urwalds, von prasselnden Lichtern durchbrochen. Schon bliesen Trompeten, ein gellender, fürchterlicher Laut, fürchterlicher aber war ihr das Aufschreien der Jungen, ihr ratloses Flüchten nach verschiedenen Seiten, schnell schossen sie in die Winkel, verschatteten im Schatten des Pferdeleichnams, ließen sich forthetzen, weg von der Mutter. Aus seligem Schlaf schreckte die Mutter auf. Fackelglanz ferne, Zimbelklirren, Kupferwolken im verbrannten Holz, milchige Woge, Nebel des Urwalds, von prasselnden Lichtern durchbrochen. Schon bliesen Trompeten, ein gellender, fürchterlicher Laut, fürchterlicher aber war ihr das Aufschreien der Jungen, ihr ratloses Flüchten nach verschiedenen Seiten, schnell schössen sie in die Winkel, ließen sich forthetzen, weg von der Mutter.
Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her und noch waren die Jungen vermißt, trotz der schreienden Helle war ihre Brut verronnen in das Dunkel, vielleicht ihr entgegen, der furchtbaren Gestalt. Sie schwankte auf dem goldenen Tragstuhl näher. Es nahte der bleiche Fürst, das weiße grauenhafte Gesicht: über die goldenen Stangen hingen seine ins Ungeheure geschwollenen Schenkel, es rann nieder das giftige Weiß, das eisige Glimmern der grell geschminkten Geschwüre. Kupferglanz, Kupfermusik, alles Nahar entgegen, um sich auf die Kinder zu wälzen, um die Kinder ihres glücklichen Herzens zu zerstampfen. Immer höher schien er zu schweben, immer größer seine Elefantengestalt. Die Kinder begraben, verschollen. Er aber, lebend und strotzend in weißem Fett, unbeweglich war sein aufgerissener starrer Blick. Der Stumme schwoll näher heran inmitten der klirrenden Zimbeln, hoch auf dem wimmelnden Haufen, im Prasseln des jauchzenden Kupfergetöses: Gespenst des früheren Lebens. Aufgang des Grauens. Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her, und noch waren die Jungen vermißt, war ihre Brut verronnen in das Dunkel, vielleicht ihr entgegen, der furchtbaren Gestalt. Sie schwankte auf dem goldenen Tragstuhl näher. Es nahte der bleiche Fürst der Aussätzigen, das weiße grauenhafte Gesicht: über die goldenen Stangen hingen seine ins ungeheure geschwollenen Schenkel, es rann nieder das giftige Weiß, das eisige Glimmern der grell geschminkten Geschwüre. Kupferglanz, Kupfermusik, alles Nahar entgegen, um sich auf die Kinder zu wälzen, um die Kinder ihres glücklichen Herzens zu zerstampfen. Immer höher schien er zu schweben, immer größer seine Elefantengestalt. Die Kinder begraben, verschollen. Er aber, lebend und strotzend in weißem Fett, unbeweglich war sein aufgerissener starrer Blick. Der Stumme schwoll näher heran inmitten der klirrenden Zimbeln, hoch auf dem wimmelnden Haufen, im Prasseln des jauchzenden Kupfergetöses, ein Gespenst des früheren Lebens. Aufgang des Grauens.
Sie bäumte sich ihm entgegen, gepanzert mit wütendem Groll, die Mutter. Sie brüllte das urböse Heulen, sie riß ihr rasendes Herz zusammen zu rasendem Tierschrei: dem Tiere entrann das Gespenst, das grauenhafte wehte davon, umschattet mit grünem Laub, kupferfunkenbeglänzt, so flüchtete es zwischen den Bäumen. Aber ihr, der einmal noch beglückten, strömten die Tiere zu, die Kinder, die einzige Welt. An ihren immer noch wutzitternden Pranken spielten sie wieder empor, an ihren noch zum Schrei aufgerafften Brüsten hingen sie nieder, die Wiedergekehrten. Im Spiel stieß das Köpfchen des Knaben an ihr unbeugsames Knie. Und nun, zur herrlichsten Freude, im begnadeten Aufatmen, zum Trost für alles, was war: seine Augen sah die Mutter geöffnet, zurückgezogen waren die dünnen, blütenfarbigen Lider von seinem nächtlich glitzernden Augenrund: so, zum erstenmal, sah sie es, und sie wurde gesehen. Sie bäumte sich ihm entgegen, gepanzert mit wütendem Groll, die Mutter. Sie riß ihr rasendes Herz zusammen zu rasendem Tierschrei: dem Tiere entrann das Gespenst, das Grauenhafte wehte davon, umschattet mit grünem Laub, kupferfunkenbeglänzt, so flüchtete es zwischen den Bäumen. Aber ihr, der einmal noch Beglückten, strömten die Kinder zu, die einzige Welt. An ihren immer noch wutzitternden Pranken spielten sie wieder empor, an ihren noch zum Schrei aufgerafften Brüsten hingen sie nieder, die Wiedergekehrten. Im Spiel stieß das Köpfchen des Knaben an ihr unbeugsames Knie. Und nun, zur herrlichsten Freude, im begnadeten Aufatmen, zum Trost für alles, was war: seine Augen sah die Mutter geöffnet, zurückgezogen waren die dünnen, blütenfarbigen Lider von seinem nächtlich glitzernden Augenrund: so, zum erstenmal, sah sie es, und sie wurde gesehen.
Im Festen war sie noch gegründet, von Ich umgeben. Sie liebte die Kinder, von den Kindern war sie geliebt. Im Festen war sie noch gegründet, von ihrem Fleisch und Blut umgeben. Sie liebte die Kinder, von den Kindern war sie geliebt.
Ihr eigener Odem hauchte sie an, süß und bitter kam er aus dem Munde des Knaben, der sich im Hunger öffnete. Ihr eigener Odem hauchte sie an, süß und bitter kam er aus dem Munde des Knaben, der sich im Hunger öffnete.
Nach schwarzer Minute noch einmal: brechende Lust. Noch ein Tag in des Glückes reicher Überfülle. Die letzten Funken der furchtbaren Fackeln irrten zerstreut auf den Augen ihrer Kinder. Nach schwarzer Minute noch einmal: brechende Lust. Noch ein Tag in des Glückes reicher Überfülle. Die letzten Funken der furchtbaren Fackeln irrten zerstreut gespiegelt auf den Augen ihrer Kinder.
Die Ruhe des Glücks. Himmel der Vereinigung. Frieden um die Tiere, die sich aneinander lehnten im schwarz rauschenden Urwald. Die Ruhe des Glücks. Der Himmel der Vereinigung. Frieden um die Tiere, die sich aneinanderlehnten im schwarz rauschenden Urwald.
Dritter Teil
I
Dritter Teil Erstes Kapitel Schon wanderten die Kinder mit der glücklichen Mutter aus dem dichten Dunkel des Heimatgebüsches zum Flusse, um sich dort zu tränken. Sie schritten neben ihr. Das mutige, das Weibchen ihr zur Rechten, von der Sonne mit feurigen Spitzen gebadet. Der zarte Knabe zögerte hinter ihr. Die Erstgeburt blieb in ihrem Schatten, geborgen hinter ihrer groß schwebenden Gestalt aus Golderz. Schon wanderten die Kinder mit der glücklichen Mutter aus dem dichten Dunkel des Heimatgebüsches zum Flusse, um dort zu tränken. Sie schritten neben ihr. Das mutige, das Weibchen, ihr zur Rechten, von der Sonne mit feurigen Spitzen gebadet. Der zarte Knabe zögerte hinter ihr. Die Erstgeburt blieb in ihrem Schatten, geborgen hinter ihrer groß schwebenden Gestalt aus Golderz.
Regengüsse rauschten von neuem. Um die Heimkehrenden gleißten Blitze, blaues Lichtgetümmel. Eintönig donnerte der Orkan im Wald. Über dem Lager hockten Geier mit hohen Flügeln. Von ihren Fittichen, die sie wie gelbe Schalen um sich gebreitet hielten, tropfte der Regen herab zu den Tigern. In weiß kochendem Nebel sammelte sich die warme Nässe, schon verdröhnte der schwingende Sturm. Affen sprangen in langen Rudeln, glänzend im Regen, am Rande des Waldes. Ihnen nach jagten die Geschwister. Nachts kamen sie zurück, gelockt von der warnenden Mutter. Regengüsse rauschten von neuem. Um die Heimkehrenden gleißten Blitze, blaues Lichtgetümmel. Eintönig donnerte der Orkan im Wald. Über dem Lager hockten Geier mit hohen Flügeln. Von ihren Fittichen, die sie wie gelbe Schalen um sich gebreitet hielten, tropfte der Regen herab zu den Tigern. In weiß kochendem Nebel sammelte sich die warme Nässe, schon verdröhnte der schwingende Sturm. Affen sprangen in langen Rudeln, glänzend im Regen, am Rande des Waldes. Ihnen nach jagten die Geschwister. Nachts kamen sie zurück, gelockt von der warnenden Mutter.
Immer noch lagerte sich der Knabe, die geliebte Erstgeburt, in den Winkel von Nahars Pranken, als wäre er eben erst aufgestanden vom Bette auf der gebärenden Mutter. Obwohl an seinen Barthaaren schon schwarze Bröckel von Blut und Beute klebten, drängte er sich an ihre Brüste und trank. Immer noch lagerte sich der Knabe, die geliebte Erstgeburt, in den Winkel von Nahars Pranken, als wäre er eben erst aufgestanden vom Bette der gebärenden Mutter. Obwohl an seinen Barthaaren schon schwarze Bröckel von Blut und Beute klebten, drängte er sich an ihre Brüste und trank.
Er war der erste bei ihr, verließ sie zuletzt. Oft lockte er sie, ihm nachzufolgen zur Jagd, er wandte sich um, rief sie mit schelmischer Stimme. Wenn sie ihm aber entgegensprang, dann rollte er sich in einen Knäuel zusammen an ihren Füßen. Leblos, versteint, stumm. So spielte er Tod. So spielte er Aufleben, Wiederkehr. Die Brüste der Mutter strömten nicht mehr so quellend wie früher, ihr Leib wurde hart. Mutter blieb ihr Herz. Sie liebte den Knaben sehr. Er war der erste bei ihr, verließ sie zuletzt. Oft lockte er sie, ihm nachzufolgen zur Jagd, er wandte sich um, rief sie mit schelmischer Stimme. Wenn sie ihm aber entgegensprang, dann rollte er sich in ein Knäuel zusammen an ihren Füßen. Leblos, versteint, stumm. So spielte er Tod. So spielte er Aufleben, Wiederkehr. Die Brüste der Mutter strömten nicht mehr so quellend wie früher, ihr Leib wurde hart. Mutter blieb ihr Herz. Sie liebte den Knaben sehr.
Mit warmem Wasser aus ihrem Maule wusch sie das Kind, das sich still hielt in ihrem goldenen Schatten. Beide zogen dann nach der Jagd, eilten auf den Fährten der Hirsche, lauerten auf den einsam werdenden Büffel, überlisteten die unerreichbar schnelle Antilope, nährten sich ruhig am Raub aus den umpferchten Herden. Abends, blutgesättigt, blutumfriedet, fanden sie sich in der Höhle zusammen und schliefen. Mit warmem Wasser aus ihrem Maule wusch sie das Kind, das sich still hielt in ihrem goldenen Schatten. Beide zogen dann auf die Jagd, eilten auf den Fährten der Hirsche, lauerten auf den einsam weidenden Büffel, überlisteten die schnelle Antilope, nährten sich ruhig am Raub aus den umpferchten Herden. Abends, blutgesättigt, blutumfriedet, fanden sie sich in der Höhle zusammen und schliefen.
In einer Nacht dieses Sommers kam nur das andere Kind zurück. Die Mutter wartete. Mit gedehntem Halse lang hingeschmiegt auf die Steine des Lagers, spähte sie starr ins Dunkle und verschlang die Nacht. In einer Nacht dieses Sommers kam nur das andere Kind zurück. Die Mutter wartete. Mit gedehntem Halse lang hingeschmiegt auf die Steine des Lagers, die kleinen spitzen Ohren hoch aufgerichtet, so spähte sie starr ins Dunkle und verschlang die Nacht.
Rufe kamen von überall, sie tropften von den Zweigen, aus dem Inneren der Erde dröhnte leise fernher der brüllende Löwe, fein knisterte in der Nähe der wiegende Schritt der schreitenden Pfauen, das singende Geriesel ihrer Federnschleppe, heiser klirrten Hyänen aus den niederen Winkeln, Hunde bellten, dumpf tönten in ewigem Gleichklang die tiefen Kehlen der großen Nachtvögel: aber das Kind war noch fern, sein Laut, der einzig unvergeßbare, schwieg. Seine Stimme, das einzig Sprechende für sie, die Sprachlose, hörte sie nicht. Hungrig, gierig pochte ihr Herz. Rufe kamen von überall, sie tropften von den Zweigen, wie aus dem Inneren der Erde dröhnte leise fernher der brüllende Wildstier, fein knisterte in der Nähe der wiegende Schritt der schreitenden Pfauen, das singende Geriesel ihrer Federschleppen, heiser klirrten Hyänen aus den niederen Winkeln, Hunde bellten, dumpf tönten in ewigem Gleichklang die tiefen Kehlen der großen Nachtvögel : aber ihr Kind war noch fern, sein Laut, der einzig unvergeßbare, schwieg. Seine Stimme, das einzig Sprechende für sie, hörte sie nicht. Hungrig, gierig pochte ihr Herz.
Das andere Kind begann mit seiner harten Zunge lüstern an ihrer Brust zu scharren. Wie mit einem Eisen riß es an ihr. Sie schleuderte es fort, so daß es sich, zu einer Kugel geballt, kläglich unter den Steinen überschlug. Es verbarg sich zwischen den Knochen, wimmerte hinter dem toten Gebein, verschwand in der Stille. Das andere Kind begann mit seiner harten Zunge lüstern an ihrer Brust zu scharren. Wie mit einem Eisen riß es an ihr. Sie schleuderte das Junge fort, so daß es sich, zu einer Kugel geballt, kläglich unter den Steinen überschlug. Es verbarg sich zwischen den Knochen, wimmerte hinter dem toten Gebein, verschwand in der Stille.
In der Stille ging die Mutter auf die Jagd nach dem Knaben. Ihre feuchten nackten Nüstern bohrte sie in alle Sträucher, die mit bleichen Blüten im Nachttau standen, aber bloß schwerer Blumenduft schwelte aus ihnen, die Spur des Knaben spürte sie nicht. In der Stille ging die Mutter auf die Jagd nach dem Knaben. Ihre feuchten nackten Nüstern bohrte sie in alle Sträucher, die mit bleichen Blüten im Nachttau standen, aber bloß schwerer Blumenduft flutete aus ihnen, die Spur des Knaben spürte sie nicht.
Sie lief die gebahnte Straße zum Dorf. Über die Dornenhecke brach sie ein. Die aufgeschreckte Herde schrie und stampfte, donnerte im Rausche der Angst an die Mauer, verfing sich mit den Hörnern blind im Gestrüpp. Nahar verließ sie unblutig, da sie die Spur des Knaben nicht spürte. Sie lief die gebahnte Straße zum Dorf. Über die Dornenhecke brach sie ein. Die aufgeschreckte Herde schrie und stampfte, donnerte im Rausche der Angst an die Mauer, verfing sich mit den Hörnern blind im Gestrüpp. Nahar verließ sie unblutig, da sie die Spur des Knaben nicht spürte.
Den Wiesenhang herab, zur Tränke am Fluß trabte im blau gläsernen Mond ein Trupp von Hirschen, Antilopen schwebten in federndem Lauf. Mitten unter ihnen stand plötzlich die Mutter, blutgierig nur nach dem Blut ihres Kindes, sie blickte nur nach seinem lebenden Anblick. Sie stand allein. Den Wiesenhang herab, zur Tränke am Fluß trabte im blaugläsernen Mond ein Trupp von Hirschen, Antilopen schwebten in federndem Lauf. Mitten unter ihnen stand plötzlich die Mutter, blutgierig nur nach dem Blut ihres Kindes, sie blickte nur nach seinem lebenden Anblick. Sie stand allein.
Einsam beugte das große Tier den Kopf zum Wasser, wartete, ob nicht das kleine Antlitz sich neben ihr niederbeuge. Leeres Rauschen der Flut. Leeres Rieseln des Mondes am Hang. Aber im lichten Mondglanze erblickte sie, und wie zitterte ihr Herz zu brausendem Jubel, schon aus der Ferne in der guten Heimathöhle das Kind, wie flog sie freudeschnaubend atemlos dahin, um es zu packen, es aufzuraffen in ihren Mund, es zu küssen mit dem Kuß der Tiere, aber eisiges Entsetzen öffnete wieder ihren Mund, das war nicht sein Gegenkuß, das war nicht sein Duft. Einsam beugte das große Tier den Kopf zum Wasser, wartete, ob nicht das kleine Antlitz sich neben ihr niederbeuge. Leeres Rauschen der Flut. Leeres Rieseln des Mondes am Hang. Wedel der Königspalmen silbern umschimmert, langsam bewegt im warmen Nachthauch. Aber im lichten Mondglanze erblickte sie, und wie zitterte ihr Herz zu brausendem Jubel, schon aus der Ferne in der guten Heimathöhle ihr Kind, wie flog sie freudeschnaubend atemlos dahin, um es zu packen, es aufzuraffen in ihren Mund, es zu küssen mit dem Kuß der Tiere, aber eisiges Entsetzen öffnete wieder ihren Mund, das war nicht sein Gegenkuß, das war nicht sein Duft.
Aus ihrem bitteren Schlunde rollte wütend knurrend das andere Kind, die späte Geburt, das fremde Fleisch, die böse Welt. Aus ihrem bitteren Schlunde rollte wütend knurrend noch einmal das andere Kind, die späte Geburt, das fremde Fleisch, und sie war allein.
Noch einmal wanderte sie aus. Stummes, beklommenes Herz. Noch einmal wanderte sie aus. Stummes, beklommenes Herz.
Aber jetzt scholl der kleine Tigerruf, kaum geahnt, hauchte er aus der schweigenden Nacht, aus der tropfenden Stille. Er betörte sie, er bezauberte sie. Ersehnte, einzig verstandene Sprache. Aber er klagte so tief, er atmete so schwach. Aber jetzt scholl der kleine Tigerruf, kaum geahnt, hauchte er aus der schweigenden Nacht, aus der tropfenden Stille. Er betörte sie, er bezauberte sie. Ersehnte, einzig verstandene Sprache. Aber er klagte so tief, er atmete so schwach.
Er rief sie aus dem Tal, er verlor sich im Gelände bei den Hecken und Herden. Näher kreiste sie an, schräg hielt sie ihr Haupt hin. Es war gegen Morgen, es schlief alles andere Getier. Unhörbar schlich sie hinab, den Faden der dünnen Stimme gewickelt um ihr ängstliches übergroßes Herz, die Zitzen hielt sie an sich gepreßt, damit sie nicht scharrten, den Kopf schmiegte sie in Dornen, damit das Gebüsch nicht rausche, immer näher heran, immer tiefer herab. Unter ihren Füßen klagte er, flüsterte so matt. Seine Augen waren es, die in den Zweigen blinkten, von Blättern überdeckt, in der Tiefe. Er rief sie aus dem Tal, er verlor sich im Gelände bei den Hecken und Herden. Näher kreiste sie an, schräg hielt sie ihr Haupt hin. Es war gegen Morgen, es schlief alles andere Getier. Unhörbar schlich sie hinab, den Faden der dünnen Stimme gewickelt um ihr ängstliches übergroßes Herz, die Zitzen hielt sie an sich gepreßt, damit sie nicht scharrten, den Kopf schmiegte sie in Dornen, damit das Gebüsch nicht rausche, immer näher heran, immer tiefer herab. Unter ihren Füßen klagte er, flüsterte so matt. Seine Augen waren es, die in den Zweigen blinkten, von Blättern überdeckt, in der Tiefe.
Zu einem hohen Sprunge setzte sie an, um sich ihm zuzuschwingen, ein großer rettender Gott. Schon durchrauschte sie die Luft, schon faßte sie sich, um zu landen in glücklicher, beseligter Eile, im gesegneten Augenblick, im verfluchten Augenblick: im Entsetzen, im lautlosen Grauen: der Boden wich unter ihr, auseinandergerissen klaffte die Erde, zerbrochen wankte das tückische Gespinst. Ins Leere mußten ihre Klauen sich krallen. Aber noch hatte sie sich, mit heiserem Wutgeschrei hob sie sich weg von der verdeckten, giftigen Grube, sie schlang sich an die Rettung, erfaßte den sicheren Halt. Am festen Ufer erstand sie, keuchend entatmete sie jetzt, sie ruhte in Sicherheit. Zu einem hohen Sprunge setzte sie an, um sich ihm zuzuschwingen, ein großer rettender Gott. Schon durchrauschte sie die Luft, schon faßte sie sich, um zu landen in glücklicher, beseligter Eile, im gesegneten Augenblick – im verfluchten Augenblick: im Entsetzen, im lautlosen Grauen: der Boden wich unter ihr, auseinandergerissen klaffte die Erde, zerbrochen wankte das tückische Gespinst. Ins Leere mußten ihre Klauen sich krallen. Aber noch hatte sie sich, mit heiserem Wutgeschrei hob sie sich weg von der verdeckten, giftigen Grube, sie schlang sich an die Rettung, erfaßte den Rand, den sicheren Halt. Am festen Ufer erstand sie, keuchend entatmete sie jetzt, sie ruhte in Sicherheit.
Das Kind blieb in der giftigen Grube. Das Kind blieb in der giftigen Grube.
Unter ihren Füßen wartete es, klagend. Unter ihren Füßen wartete es, klagend.
Unter ihren Augen glänzte es, feucht, wie in Blut. Unter ihren Augen glänzte es, feucht wie in Blut.
In der stinkenden Finsternis, im Begräbnis lag es lebend und kam nicht zu ihr. In der stinkenden Finsternis, im Begräbnis lag es lebend und kam nicht zu ihr.
Sie schmiegte sich an den schlüpfrigen Boden, lockte es zu sich mit langem Ruf. Sie schmachtete nach Gegenruf. Hunger, Empörung der aufgerissenen Natur. Sie schmiegte sich an den vom Nachttau schlüpfrigen Boden, lockte es zu sich mit langem Ruf. Sie schmachtete nach Gegenruf. Hunger, Empörung der aufgerissenen Natur.
Das Kind antwortete sofort, aber das war nicht sein glücklicher Ton. Es klagte und würgte Laut auf Laut bitter heraus aus der gefangenen, umschlossenen Kehle. Furchtbar war es der Mutter zu hören, nicht zu ertragen, nicht zu erleben. Sie streckte ihm ihre Pranke hin, damit er sich daran klammere. Es mußte heraufsteigen zu ihr. Aber die Hand blieb leer, kein Gewicht legte sich an sie. Aber es war doch nahe, ihr, der rettenden Mutter. Sie fühlte, wie es sie stark anatmete, so nahe war es und nicht zu erreichen, es war neben ihr, und sie konnte es nicht sehen. Ihr eigenes Herz in schwarzen Kerker vergraben. Sie saß am glatten Rande der Grube, aufgerichtet, jetzt klammerte sie sich bloß mit den Hinterpranken an das Land, den übrigen Leib breitete sie über das Grab, sie legte sich über die Augen des Kindes. Nichts rührte sie an. Das Kind antwortete sofort, aber das war nicht sein glücklicher Ton. Es wimmerte und würgte Laut auf Laut bitter heraus aus der gefangenen, umschlossenen Kehle. Furchtbar war es der Mutter zu hören, nicht zu ertragen, nicht zu erleben. Sie streckte ihm ihre Pranke hin, damit es sich daran klammere. Es mußte heraufsteigen zu ihr. Aber die Pranke blieb leer, kein Gewicht legte sich an. Aber es war doch nahe, ihr, der rettenden Mutter. Sie fühlte, wie es sie stark anatmete, so nahe war es und nicht zu erreichen, es war neben ihr, und sie konnte es nicht sehen. Sie saß am glatten Rande der Grube, aufgerichtet, jetzt klammerte sie sich bloß mit den Hinterpranken an das Land, den übrigen Leib breitete sie über den Kopf und Hals des Kindes. Nichts rührte sie an.
Ihr ganzes Leben wollte sie hineinpressen in die hängenden Zitzen, ihr ganzes Blut mußte sie zwingen in ihre Brust, sich völlig zerstampfen, nur ein Tropfen sollte ihm in den Mund fließen. Ihr ganzes Leben wollte sie hineinpressen in die hängenden Zitzen, ihr ganzes Blut mußte sie zwingen in ihre Brust, sich völlig zerstampfen, nur ein Tropfen sollte ihm in den Mund fließen.
In klagendem Laut verdorrte ihr die Zunge. In klagendem Laut verdorrte ihr die Zunge.
Sie wollte hinab, sie wollte den rettenden Halt verlassen, aber unten war Leere, unfaßbares Nichts, ihr Kind unsichtbar im Grunde, aber oben war Aas und Aasgeruch, grabendes Gewürm, wimmelnd in schleichendem Glanz, auf spitzen Pfählen ragten Klumpen. In schwarzem Schlamm versank ihr weit aufgerissener, funkelnder Tierblick. Sie wollte hinab, sie wollte den rettenden Halt verlassen, aber unten war Finsternis, Leere, unfaßbares Nichts, ihr Kind unsichtbar im Grunde, aber darüber war Aas und Aasgeruch, grabendes Gewürm, wimmelnd in schleichendem Glanz, auf spitzen Pfählen klebten Klumpen. Es dämmerte jetzt der Morgen sehr langsam. In schwarzem Schlamm versank ihr weit aufgerissener, funkelnder Tierblick.
In der Nähe hinter den Hecken raschelte es, die Rinder brüllten im Morgendurst. Menschen, in Hyänengestalt gekleidet, schielten vorüber auf der dämmernden Heide, doch Nahar wich nicht. In der Nähe hinter den Hecken raschelte es, die Rinder brüllten im Morgendurst. Tiere, in Hyänengestalt gekleidet, schielten vorüber auf der dunstigen Heide, doch Nahar wich nicht.
Die Sonne ging auf, um die Himmel wallte ein grün schwebender Strom. Die Sonne ging auf über den Wäldern, um die Himmel wallte ein grün schwebender Strom.
Nun sah die Mutter ihr Kind. Mit ausgebreiteten Armen lag es am Grunde der Aasgrube. Sein zarter Knabenrücken war durchbrochen von einem weißen, spitzigen Pfahl, wie ein leeres ausgeweidetes Fell hing das Kind an dem Holz und schrie, als es die Mutter erkannte. Sein Kopf war hoch aufgehoben, sein kleines Knabengesicht ihr, der erstarrten, schmerzversteinerten Mutter zugewandt. Es sah sie an, es folgte ihr, es drehte sich rings um den weißen Dorn. Rasend umkreiste sie die tiefe Höhle, jagte am Rande hoch und weit in verzweifelten Sprüngen. Immer wirbelte der Körper des Kindes ihr nach. Es klagte ihr zu, aus weit aufgetanem Munde, sie heulte ihm Antwort herab, sprachlos brüllende Verzweiflung, müde verkeuchenden Trost. Jetzt sah die Mutter ihr Kind. Mit ausgebreiteten Pranken lag es am Grunde der Aasgrube. Sein zarter Knabenrücken war durchbrochen von einem weißen, spitzigen Pfahl, wie ein leeres ausgeweidetes Fell hing das Kind an dem Holz und schrie leise auf, als es die Mutter erkannte. Sein Kopf war hoch aufgehoben, sein kleines Knabengesicht ihr, der erstarrten, schmerzversteinerten Mutter zugewandt. Es sah sie an, es folgte ihr, es drehte sich rings um den weißen Dorn. Rasend umkreiste Nahar die tiefe Höhle, jagte am Rande hoch und weit in verzweifelten Sprüngen. Immer wirbelte der Körper des Kindes ihr nach. Es klagte ihr zu, aus weit aufgetanem Munde, sie heulte ihm Antwort herab, sprachlos brüllende Verzweiflung, müde verkeuchenden Trost.
Das Kind sank zusammen, noch rief es, aber es rührte sich nicht. Das Kind sank zusammen, noch rief es, aber es rührte sich nicht.
In immer wilderem Schwung tobte die Mutter um den tiefen Abgrund, sie hetzte sich selbst, schleuderte sich mit unermüdeten Stößen durch die Luft, des Kindes Seele in ihrer. Sie strebte ihm zu, sie mußte es haben, mußte es finden, mitten in die fürchterliche Grube schmetterte sie sich, ihre rechte Pranke zuckte in grauenhaftem Schmerz, gepfählt an einen spitzen Holzdorn war sie an den Boden geheftet. Nahar war ganz gekettet an die verwesenden Tiere, die sich neben ihr blähten. Aber sie riß die Pranke heraus aus dem Dorn, sie beugte sich über das Kind, glücklich, daß es noch lebte. Sie rief es, so nahe an seinem kleinen Ohre, es regte sich kaum. Seine Zähnchen, die sprießenden, schimmerten licht. Schwarz vertrocknet war sein Mund, den die Mutter mit ihrer großen Zunge küßte. Mit ihren Zähnen faßte sie so zart, so behutsam das Nackenfell des Kindes, so schonend machte sie es vom Pfahle frei, hob es empor. Mit ungeheurer Kraft klammerte sie sich an den Rand der Grube, ankerte ihre Klauen an den schlüpfrigen Boden, aus ihrer zerschmetterten Hand floß Blut. In fünf Finger war sie jetzt gespalten, da durch den Dorn ein Glied in zwei Stücke zerfetzt war. Aber nun schwebte sie doch über dem Grab, das Kind, das zitternde, im Munde, so zog sie es empor: unter ihren großen Augen breitete sie es, gerettet in die Oberwelt, in das Gras, sie blies es an, als wäre es eben erst geboren, als wäre sein Blut nur die unschuldige Feuchte der glücklichen Geburt, sie hauchte fort die schreckliche Verfluchung. Jetzt spiegelte es sich in ihren Augen. Still, ohne Klage. In immer wilderem Schwung tobte die Mutter um den tiefen Abgrund, sie hetzte sich selbst, schleuderte sich mit unermüdeten Stößen durch die Luft, des Kindes Seele in ihrer. Sie strebte ihm zu, sie mußte es haben, mußte es finden, mitten in die fürchterliche Grube schmetterte sie sich, ihre rechte Pranke zuckte in grauenhaftem Schmerz, gepfählt an einen spitzen Holzdorn war sie an den Boden geheftet. Nahar war gekettet an die verwesenden Tiere, die sich neben ihr in der Pfahlgrube blähten. Aber sie riß die Pranke heraus aus dem Dorn, sie beugte sich über das Kind, glücklich, daß es noch lebte. Sie rief es, so nahe an seinem kleinen Ohre, es regte sich kaum. Seine Zähnchen, die sprießenden, schimmerten licht. Schwarz vertrocknet war sein Mund, den die Mutter mit ihrer großen Zunge küßte. Mit ihren Zähnen faßte sie so zart, so behutsam das rostrote, schwarz geströmte Nackenfell des Kindes, so schonend machte sie es vom Pfahle frei, hob es empor. Mit ungeheurer Kraft klammerte sie sich an den Rand der Grube, ankerte ihre Klauen in den schlüpfrigen Boden, aus ihrer zerschmetterten Hand floß Blut. In fünf Finger war sie jetzt gespalten, da durch den Dorn ein Glied in zwei Stücke zerfetzt war. Aber nun schwebte sie doch über dem Grab, das Kind, das zitternde, im Munde, so zog sie es empor: unter ihren großen Augen breitete sie es, gerettet in die Oberwelt, in das Gras, sie blies es an, als wäre es eben erst geboren, als wäre sein Blut nur die unschuldige Feuchte der glücklichen Geburt, sie wollte ihm den Schmerz forthauchen. Jetzt spiegelte es sich in ihren Augen. Still, ohne Klage.
Sie bettete es an ihre Brust. Die Quelle war verdorrt, aber das Kind träufelte nasse Flut nieder auf sie, Blut auf die verfluchte Mutter, das verzweifelte Herz. Sie bettete es an ihre Brust. Die Quelle war verdorrt, aber das Kind träufelte nasse Flut nieder auf sie, Blut auf die unselige Mutter, das verzweifelte Herz.
Sie riß das Kind an die Augen. So war es schon blind, das schwarze Augenrund milchig vereist, es sah sie nicht mehr. Es klagte nicht, es atmete nicht. Sie riß das Kind an die Augen. So war es schon blind, das schwarze Augenrund milchig vereist, es sah sie nicht mehr. Es klagte nicht, es atmete nicht.
Wut und tierisches Toben ergriff sie, den Leichnam zu zerschmettern, das Zerfleischte noch zu zerreißen aus eigenem Willen, das Geliebte wollte sie ganz vernichten, sie raffte sich auf, in rasender Empörung stieg sie hoch, ein schwankender, brüllender Koloß: Krachend sank sie nieder. In eisige Finsternis sauste ihr blühendes Leben. Wut und tierisches Toben ergriff sie, den Leichnam des Kindes zu zerschmettern, das Zerfleischte noch zu zerreißen aus eigenem Willen, das Geliebte wollte sie ganz vernichten, sie raffte sich auf, in rasender Empörung stieß sie hoch, ein schwankender, brüllender Koloß: krachend sank sie nieder. In eisige Finsternis sauste ihr blühendes Leben.
Sie erwachte bald. Gewichtlos wie ein Neugeborenes schwebte an ihren Lippen der tote Knabe. Sie erwachte bald. Gewichtlos wie ein Neugeborenes schwebte an ihren Lippen der tote Knabe.
Sie ringelte sich um ihn, hielt ihn umschlungen: ihre Seele, ihr Leib. Ihre Brust war abgewürgt, unwillig zu atmen. Unter Steinen verscharrt, keuchte ihre Stimme, die einst wie Käferschwirren hinblühte über die Wiese. Sie ringelte sich um ihn, hielt ihn umschlungen: ihre Seele, ihr Leib. Ihre Brust war abgewürgt, unwillig zu atmen. Unter Steinen verscharrt, keuchte ihre Stimme, die einst wie Käferschwirren hinblühte über die Wiese.
Sie sah ihn stumm an, trug ihn fort, da brachen weiße Eingeweide und schwarzes Blut aus seinen riesigen Wunden. Sie blieb stehen. Langsam blickte sie im Kreise. Sie sah ihn stumm an, trug ihn fort, da brachen rosige Eingeweide und schwarzes Blut aus seinen riesigen Wunden. Sie blieb stehen. Langsam blickte sie im Kreise.
Aus dem seligen Urgrund der Tiere stieg Nahar. Aufgerissen, bezwungen, verflucht. Aus dem seligen Urgrund der Tiere stieg Nahar. Aufgerissen, bezwungen, verflucht.
Das riesige Tierhaupt starr erhoben, atmete sie tief. Das riesige Tierhaupt starr erhoben, atmete sie tief.
Die Mutter weinte, es weinte der Mensch. Die Mutter weinte, es weinte der Mensch.
II
Zweites Kapitel Von ferne lockte tief der große Tigerruf. Von ferne lockte tief der große Tigerruf.
Mit schweren Tränen füllte sich schwarz die goldumrandete Höhle von Nahars Auge.
Stumm hockte das riesige Tier. Ahnung von Mensch überschwebte es ferne. Sie hinkte in die dunkle Höhle, die fünfzackig zerfetzte Pranke hielt sie an sich. Im Maule trug sie das Junge den langen Weg, die endlose Heimkehr. Die weitgespannten, bleichen Lefzen umspannten das schnell erkaltende Kind. Stumm hockte das riesige Tier. Nahar hinkte in die dunkle Höhle, die fünfzackig zerfetzte Pranke hielt sie an sich. Im Maule trug sie das Junge den langen Weg, die endlose Heimkehr. Die weitgespannten, bleichen Lefzen umspannten das schnell erkaltende Kind.
Die Sonne stieg blendend empor den schwarzen Tag. Die Sonne stieg blendend empor den schwarzen Tag.
Ihr zur Rechten, der quadernhaft gegliederte Turm, der gewaltige Mann: Die aufruhenden Pranken, zwei und zwei. Auf den hohen Kissen steinernen Fleisches der breite Brustkorb mit dem dröhnenden Herz, in friedlichem Schweben des Atems, als Gipfel sein Haupt, die silberne Wange, der Nebelhof um das große Antlitz, die rosigen Lider über den flach gewölbten Schalen der Augen schlugen nieder und stiegen mit dem ewigen Blick. Ihr zur Rechten, der quadernhaft gegliederte Turm, der gewaltige Mann: die auf ruhenden Pranken, zwei und zwei. Auf den hohen Kissen steinernen Fleisches der breite, goldgelbe, schwarz geströmte Brustkorb mit dem dröhnenden Herz, in friedlichem Schweben des Atems, als Gipfel sein Haupt, die silberne Wange, der Nebelhof um das große Antlitz, die rosigen Lider über den flach gewölbten Schalen der Augen schlugen nieder und stiegen mit dem ewigen Blick.
Vor ihn hin ließ sie das Tote aus dem Maule gleiten. Er erwachte. Er gab keinen Laut. Ruhig dröhnte in der Stille sein Herz. Mittag. Lange kreiste sein ewiger Blick über das Kind, unbewegt. Vor ihn hin ließ sie das Tote aus dem Maule gleiten. Er erwachte. Er gab keinen Laut. Ruhig dröhnte in der Stille sein Herz. Mittag. Lange kreiste sein ewiger Blick über das Kind, unbewegt.
Ihr zur Linken lebte noch das andere Kind, das Spiegelbild, das schlafende Mädchen, den Kopf auf die Hüfte gebreitet. Die Mutter legte ihr den Bruder auf die Vorderpfoten, die es traumversunken von sich gestreckt hielt. Das Kind erwachte. Das Kind hob sich weg von dem kalten Bruder. Ihr zur Linken lebte noch das andere Kind, das Spiegelbild, das schlafende Weibchen, den Kopf auf die Hüfte gebreitet. Die Mutter legte ihr den Bruder auf die Vorderpfoten, die es traumversunken von sich gestreckt hielt. Das Kind erwachte. Das Weibchen hob sich weg von dem kalten Bruder.
Flirrender Glanz des tropischen Hains. Mittagsstille. Flirrender Glanz des tropischen Hains. Mittagsstille.
Geier hockten auf den Zweigen, gelb unter Safranblüten, sie lauerten gierig herab auf das tote Kind. Geier hockten auf den Zweigen, gelb unter Safranblüten, sie lauerten gierig herab auf das tote Kind.
Es hauchte bitteren Duft aus. Es war im Schatten der Mutter, klein hinter ihrer mächtigen Mauer. Es hauchte bitteren Duft aus. Es war im Schatten der Mutter, klein hinter ihrer mächtigen Mauer.
Abends verließ der Vater das Heimatgebüsch. Das andere Kind folgte ihm nach. Abends verließ der Vater das Heimatgebüsch. Das andere Kind folgte ihm nach.
Nahars zerfetzte Pranke blutete aus. Kalt zitterte das geronnene Blut, die dunkelrote Lake. Eisiger Boden, von Nässe überträufelt. Die Mutter lag stumm ohne Nahrung, ohne Tränkung bis zur Nacht. Ihre fiebernd heißen Pranken kreuzten sich in Schmerzen zerrissen auf dem toten Kinde, ihre Klauen strichen zart in den Rinnen seiner schwachen Rippen. Nahars zerfetzte Pranke blutete aus. Kalt zitterte das geronnene Blut, die dunkelrote Lache. Eisiger Boden, von Nässe überträufelt. Die Mutter lag stumm ohne Nahrung, ohne Tränkung bis zur Nacht. Ihre fiebernd heißen Pranken kreuzten sich in Schmerzen zerrissen auf dem toten Kinde, ihre Klauen strichen zart in den Rinnen seiner schwachen Rippen.
Nachts versank sie in Betäubung. Plötzlich, als sie erwachte, wurde vor ihren Augen, unter der hilflosen Pranke weg das tote Kind auf in die Lüfte gerissen. Die spitzen Schnabel der Geier zerfleischten es im Fluge. Es zerstäubte zu purpurnem Schaum im blau gläsernen Mondlicht. Nachts versank sie in Betäubung. Plötzlich, als sie erwachte, wurde vor ihren Augen, unter der hilflosen Pranke weg das tote Kind auf in die Lüfte gerissen. Die spitzen Schnäbel und starken Fänge der Geier zerfleischten es im Fluge. Es zerstäubte zu purpurnem Schaum im blaugläsernen Mondlicht.
Jetzt schrie Nahar. In fürchterlichen Laut war ihre Stimme verzaubert, sie rollte grauenhaft, kreischte so fremd: vor sich selbst erschrak das Tier, es flüchtete vor dem eigenen Schrei. Der Vater und das andere Kind, die während ihres Schlafes zurückgekehrt waren, sprangen auf aus dem Schlaf. Aber, da die Mutter verstummte, kamen sie zu ihr, breiteten sich neben ihr aus. Jetzt schrie Nahar. In fürchterlichen Laut war ihre Stimme verzaubert, sie rollte grauenhaft, kreischte so fremd: vor sich selbst erschrak das Tier, es flüchtete vor dem eigenen Schrei. Der Vater und das andere Kind, die während ihres Schlafes zurückgekehrt waren, sprangen auf aus dem Schlaf. Aber, da die Mutter verstummte, kamen sie zu ihr, breiteten sich neben ihr aus.
Umwallt von silbern glimmendem Nebel, umwölkt von ihrem knisternd warmen Fell, gesättigt und sicher des Schlafes, so spielten sie an Nahar empor. Sie wollten sie einhüllen in das dunkle Paradies der Tiere. Ihr war es zerstört. Umwallt von silbern glimmendem Nebel, umwölkt von ihrem knisternd schlafwarmen Fell, gesättigt und sicher des Lebens, so spielten sie an Nahar empor. Sie wollten sie einhüllen in das dunkle Paradies der Tiere. Ihr war es zerstört.
Die Mutter verließ die Höhle, stieg mit vorsichtig tastender Pranke über die anderen hinweg. Die Mutter verließ die Höhle, stieg mit vorsichtig tastender Pranke über die anderen hinweg.
Mit schweren Tränen war die goldumrandete Höhle ihrer Augen gefüllt. Mit schweren Tränen war die goldumrandete Höhle ihrer Augen gefüllt.
Es war noch tief in der Nacht. Es war noch tief in der Nacht.
III
Drittes Kapitel Nahar trat in den sumpfigen Boden. Zuerst war dem schwer verwundeten Tier die Kühlung angenehm, dann aber brannte der Lehm in den Fugen. Namenloser Schmerz zuckte im verstümmelten Glied. Nahar trat in den sumpfigen Boden. Zuerst war dem schwerverwundeten Tier die Kühlung angenehm, dann aber brannte der Lehm in den Fugen. Großer Schmerz zuckte durch das verstümmelte Glied.
Sie sank nieder, wälzte sich ohne Halt, ohne Macht, ohne Rettung, wie ein Hund auf dem Rücken, die Brüste schütterten schwer oben auf dem verkrampften Leib. Sie sank nieder, wälzte sich ohne Halt, ohne Macht, ohne Rettung, wie ein Hund auf dem Rücken.
Sie schloß die Augen, sie wollte fort, sich selbst entrinnen. Sie schloß die Augen, sie wollte fort, sich selbst entrinnen.
In ihrer zerfleischten Tatze fühlte sie das zerfleischte Kind. In ihrer zerfleischten Tatze fühlte sie das zerfleischte Kind.
Schwankend auf entnervtem Gebein kehrte sie zu ihresgleichen zurück. Über den Vater und das Kind legte sie sich hin. Schwankend auf entnervtem Gebein kehrte sie zu ihresgleichen zurück. Über den Vater und das Kind legte sie sich hin.
Über den lebenden Teppich breitete sie sich aus. Sie wiegte den schwarzen Schmerz auf dem Rücken ihrer Vertrauten. Über den lebenden Teppich breitete sie sich aus. Sie wiegte den schwarzen Schmerz auf dem Rücken ihrer Vertrauten.
Sie mußte leiden wie ein Mensch. Nahar wie Olga. Sie mußte leiden wie ein Mensch.
Der Tiger, der mächtige Vater und das blühende Kind, ihres Leibes schon unähnliche Frucht, erbarmten sich ihrer. Sie wärmten sie von unten mit ihrem guten tierischen Hauch. Ihre Zungen leckten, indem sie breit die Ruhende umfaßten und mitleidig ihren entleerten, hungrigen Bauch, die schlaffen, kinderlosen Zitzen berührten: sie rührten an ihr in Menschenschmerz verzerrtes Tierantlitz. Sie stützten ihr die blutige Pranke, sie hoben ihr die in fünf Glieder zerfallende Hand. Der Tiger, der mächtige Vater, und das blühende Kind, ihres Leibes schon unähnliche Frucht, erbarmten sich ihrer. Sie wärmten sie mit ihrem guten tierischen Hauch. Ihre Zungen leckten, indem sie breit die Ruhende umfaßten und mitleidig ihren entleerten, hungrigen Bauch, die schlaffen, kinderlosen Zitzen berührten, sie rührten an ihr in Menschenschmerz verzerrtes Tierantlitz. Sie stützten ihr die blutige Pranke, sie hoben ihr die in fünf Glieder zerfallende Hand.
Sie scheuten sich nicht vor ihr, sie trösteten das verwundete Herz. Sie scheuten sich nicht vor ihr, sie trösteten das verwundete Herz.
Alle schwiegen, alle schliefen. Alle schwiegen, alle schliefen.
In Fieberwellen schwankte sie am Tage. Zwar raffte sie sich auf, aber sie kam nicht bis zur Jagd, sie erreichte nicht den Fluß, wo das Wild zur Tränke wechselte. Ihr Herz erschrak an der Stelle, wo das Kind oft mit ihr gegangen war, zögernd in ihrem Schatten. Ihre Krallen spreizten sich. Wie eine Kette rasselte ihre Vordertatze durch das sumpfige Gelände. Ihre Hand sperrte sich im wirren Gebüsch. In Fieberwellen schwankte Nahar am Tage. Zwar raffte sie sich auf, aber sie kam nicht bis zur Jagd, sie erreichte nicht den Fluß, wo das Wild zur Tränke wechselte. Ihr Herz erschrak an der Stelle, wo das Kind oft mit ihr gegangen war, zögernd in ihrem Schatten. Ihre Krallen spreizten sich. Wie eine Kette rasselte ihre Vordertatze durch das sumpfige Gelände. Ihre Hand sperrte sich im wirren Gebüsch.
Ihr Herz wollte nicht von der Stelle. Widerwillig lebte es weiter in ihr. Nahar, die des Lebens übersatte, mußte neuen Tag in sich einschlingen. Sie lebte in Wut, atmete die würgende Empörung aus, bis sie stumpf versank in Trauer ohne Trost. Ihr Herz wollte nicht von der Stelle. Widerwillig lebte es weiter in ihr.
Hinkend schlich sie zurück zum Lager. Ohne Trinken, ohne Speise brachte sie drei Tage hin. Braune Dämmerung. Lebloses Leben. Hinkend schlich sie zurück zum Lager. Ohne Trank, ohne Speise brachte sie drei Tage hin. Braune Dämmerung. Lebloses Leben.
Am Morgen des vierten Tages brachte das Kind ein junges Schaf. Grau wollig hing es ihm aus dem Maule. Es war warm, noch voll von Blut, fast ohne Wunde, da es durch Zermalmen der Halswirbel getötet war. Das Kind breitete das Fleisch vor der Mutter auf den Steinen aus. Schwarz strotzte die Leber. Nahar sah die Speise, aber essen durfte sie nicht. Denn angelockt von dem süßen Geruche der Leber kamen Schwärme von Fliegen auch an die zerfetzte Pranke, mitten hinein in ihr Innerstes schmiegten sie sich, ein ewig nickendes, ewig pickendes Gewimmel. Mit den spitzen Rüsseln nagten sie an ihr. Am Morgen des vierten Tages brachte das Junge ein kleines Lamm. Grauwollig hing es ihm aus dem Maule. Es war warm, noch voll von Blut, fast ohne Wunde, da es durch Zerbrechen der Halswirbel getötet war. Das Kind breitete das Fleisch vor der Mutter auf den Steinen aus. Schwarz strotzte die Leber. Nahar sah die Speise, aber essen durfte sie nicht. Denn angelockt von dem süßen Gerüche der Leber kamen Schwärme von Fliegen ihr auch an die zerfetzte Pranke, mitten hinein in ihr Innerstes schmiegten sie sich, ein ewig nickendes, ewig pickendes Gewimmel. Mit den spitzen Rüsseln nagten sie an ihr.
Schlug das kranke Tier mit dem gesunden Gliede nach ihnen, scheuchte sie sie mit dem Schweife fort, blies sie aus ihren heißen Nüstern wütenden Sturm über sie hin, dann hoben sie sich flink, ein grün wallender Teppich, sofort aber senkten sie sich. In dunklen Reihen übereinander gewälzt, ruhten sie in ihrem Leib, in ihrem Blut badeten sie. Sie machten den Tiger atemlos, ließen ihn nicht essen, nicht schlummern, entnervten ihn bis in den letzten Winkel seines Lebens. Mit furchtlosem Biß peinigten sie Nahar. Das einst furchtlose Tier zitterte vor ihrem summenden Geräusch, wenn sie morgens nahten, grün schillernd im milchigen Nebel der Frühe. Schlug das kranke Tier mit dem gesunden Gliede nach ihnen, scheuchte sie sie mit dem Schweife fort, blies sie aus ihren heißen Nüstern wütenden Sturm über sie hin, dann hoben sie sich flink, ein grün wallender Teppich, sofort aber senkten sie sich. In dunklen Reihen übereinandergewälzt, ruhten sie an ihrem Leib, in ihrem Blut badeten sie. Sie machten den Tiger atemlos, ließen ihn nicht essen, nicht schlummern, entnervten ihn bis in den letzten Winkel seines Lebens. Mit emsigem Biß peinigten sie Nahar. Das einst furchtlose Tier zitterte vor ihrem summenden Geräusch, wenn sie morgens nahten, grün schillernd im milchigen Nebel der Frühe.
Das Auge Nahars blickte so ferne. Weit fortgereckt war ihr Haupt von dem schwärend zerfallenden Fleisch. Das Auge Nahars blickte so ferne. Weit fortgereckt war ihr Haupt von dem schwärend zerfallenden Fleisch.
Sie wollte nicht die Grube sehen in ihr selbst. Sie wollte nicht die Grube sehen in ihr selbst.
Die unförmig geschwollene Tatze war von weiß geschlängelten Würmern dicht durchwimmelt. Tagsüber wurde sie von Fliegen zerrissen, nachts leuchtete sie im Dunkeln. Die unförmig geschwollene Tatze war von weiß geschlängelten Würmern dicht durchwimmelt. Tagsüber wurde sie von Fliegen zerrissen, nachts leuchtete sie im Dunkeln.
Böser atemerstickender Geruch strömte in Wolken von ihr. Tod stieg aus der Lebenden. Böser atemerstickender Geruch strömte in Wolken von ihr. Tod stieg aus der Lebenden.
Nahar entwich. Sie verbarg sich vor dem Vater, vor dem Kinde, sie scheute sich vor sich selbst. Nahar entwich. Sie verbarg sich vor dem Vater, vor dem Kinde, sie scheute sich vor sich selbst.
Jetzt war sie in der letzten Verzweiflung. Um sich selbst zu entweichen, um ihre Wunde zu verwunden, um ihr Leben zu töten, riß sie an ihrem Geschwür. Mitten zwischen die Knochen züngelte sie, in ihr Fleisch und Blut hackte sie ohne Selbsterbarmen. Das Fleisch zerfiel ohne Schmerzen, in hohem Strome quoll das Blut. Maden und Würmer und Fliegen schwemmte es fort. Wolken breiteten sich gnädig über das Fieber und über die Glut. Jetzt war sie in der letzten Verzweiflung. Um sich selbst zu entweichen, um ihre Wunde zu verwunden, um ihr Leben zu töten, riß sie an ihrem Geschwür. Mitten zwischen die Knochen züngelte sie, in ihr Fleisch und Blut hackte sie ohne Selbsterbarmen. Das Fleisch zerfiel ohne Schmerzen, in hohem Strome quoll das Blut. Maden und Würmer und Fliegen schwemmte es fort. Wolken breiteten sich gnädig über das Fieber und über die düstere Glut.
Regen rauschte, grau und lau, mild vom matten Himmel, eine Tröstung. Schwerer weichwehender Monsun, guter, regengesegneter Sommer. Regen rauschte, grau und lau, mild vom matten Himmel, eine Tröstung. Schwerer weichwehender Monsun, guter, regengesegneter Sommer.
Ausgebreitet lag Nahar da. Ihre Brüste waren schmutzig, mit Erde verkrustet unter dem blutstarrenden Felle begraben, an ihnen rann so reich die Linderung herab. In ihre Wunde mußte der Regen strömen. Der Sommer mußte sich ergießen in ihre tief zerklüfteten Augenhöhlen, aus dem die Augen klein und glühend die Schwärze der Nacht durchkreisten, das Verlorene zu finden, wieder zu begegnen dem Geliebten. Ausgebreitet lag Nahar da. In ihre Wunde konnte der Regen strömen. Der Sommer mußte sich ergießen in ihre tief zerklüfteten Augenhöhlen, aus denen die Augen klein und glühend die Schwärze der Nacht durchkreisten, das Verlorene zu finden, wieder zu begegnen dem Geliebten.
Ihre Pranke blieb gelähmt. Sie war geheilt. Sie war verkrüppelt. Einer Zikade gleich hüpfte sie. Die dünne Narbe, das kraftlose Fleisch, die verdorrte Hand, dies klammerte sie an ihr ängstlich pochendes Herz, an die vernarbten, verdorrten Brüste. Ihre Pranke blieb gelähmt. Sie war geheilt. Sie war verkrüppelt. Einer Zikade gleich hüpfte sie. Die dünne Narbe, das kraftlose Fleisch, die verdorrte Hand, dies klammerte sie an ihr ängstlich pochendes Herz, an die vernarbten, verdorrten Brüste.
Sie zog aus, wollte Büffel reißen, Hirsche jagen. Vor Büffeln zog sie sich zurück, als sie sie sah, denn ihre Kraft trug sie nicht mehr so hoch, um sich an der Wampe einzubeißen und sich mit ungeheurem Schwung emporzuschaukeln, bis ihnen das Rückgrat krachend zerbarst. Gewaltig aber drohten ihr die spitzigen Hörner des Stieres, seine ehern trampelnden Hufe, seine dröhnend unheimliche brütende Gewalt. Sie zog aus, wollte Büffel reißen, Hirsche jagen. Vor Büffeln zog sie sich aber zurück, als sie sie sah, denn ihre Kraft trug sie nicht mehr so hoch, um sich an der Wampe einzubeißen und sich mit ungeheurem Schwung emporzuschaukeln, bis ihnen das Rückgrat krachend zerbarst. Gewaltig aber drohten ihr die spitzigen Hörner des Stieres, seine ehern trampelnden Hufe, seine dröhnend unheimliche brütende Gewalt.
Hirsche konnte die dreibeinig Hinkende nicht mehr erjagen. Ruhig trabten sie vor ihr hin, sie hetzte sich ab, keuchte atemlos und erreichte sie nie. Hirsche konnte die dreibeinig Hinkende nicht mehr erjagen. Ruhig trabten sie vor ihr hin, sie hetzte sich ab, keuchte atemlos und erreichte sie dennoch nie.
Nahar griff kleine Tiere an, die sie nicht sättigten. Nahar griff kleine Tiere an, die sie nicht sättigten.
Aber viel Fleisch hoffte sie von der Schildkröte, dem langsam wandelnden Berge, der in Schildkrott von weitem schimmerte. Die beiden eisenharten Panzer der Riesenkröte zerbiß sie nicht. Vergebens rollte sie das unzerstörbare Gehäuse auf dem weichen Sumpfboden hin und her, hackte mit ihren Zähnen hinein, verwundete es nicht. Sie lag schweißgebadet, die Kröte steckte ihren Kopf vor, blinkte umher mit ihren kleinen Augen, schlich weiter. Wohl erfaßte Nahar noch eine kleine Tatze und zerfleischte sie. Die Schildkröte ließ keinen Laut. Das Blut war kalt, es labte Nahar nicht. Das hart gepanzerte Fleisch war erfüllt von zähem Leben, im Maule des Tigers regte es sich, kratzte in seinem Schlund, bis er es wieder herauswürgte. Die Schildkröte ging trotz der Verstümmlung weiter ihren schleichenden Gang im Sumpfgras. Der Tiger brüllte vor Hunger. In der Ferne schimmerte der Berg, die Schildkröte, unbezwungen. Aber viel Fleisch hoffte sie von der Schildkröte, dem langsam wandelnden Berge, der in goldfarbenem Schildpatt von weitem schimmerte. Die beiden eisenharten Panzer der Riesenkröte zerbiß sie nicht. Vergebens rollte sie das unzerstörbare Gehäuse auf dem weichen Sumpfboden hin und her, hackte mit ihren Zähnen hinein, verwundete es nicht. Sie lag schweißgebadet, die Kröte steckte ihren Kopf vor, blinkte umher mit ihren kleinen Augen, schlich weiter. Wohl erraffte Nahar noch eine kleine Tatze und zerfleischte sie. Die Schildkröte ließ keinen Laut. Das Blut war kalt, es labte Nahar nicht. Das hart gepanzerte Fleisch war erfüllt von zähem Leben, im Maule des Tigers regte es sich, kratzte in seinem Schlund, bis er es wieder herauswürgte. Die Schildkröte zog trotz der Verstümmelung weiter ihren schleichenden Gang im Sumpfgras. Der Tiger brüllte vor Hunger. In der Ferne schimmerte in goldbraunem Hornpanzer, hoch und weich gewölbt wie ein Berg, die Schildkröte, unbezwungen.
Pfauen schillerten in der Nähe, Herden blökten in Hürden. Die Sonne brach nieder durch spiegelndes Grün, der Himmel war wie einst. In dem Bambusgesträuch schwankte schwarz der breite Schatten des Büffels, in der Ferne glitzerte wagrecht eines Tigers flirrender Widerschein, Gold und Schwarz quer durchs Gebüsch. Pfauen schillerten in der Nähe, Herden blökten in Hürden. Die Sonne brach nieder durch spiegelndes Grün, der Himmel war wie einst. In dem Bambusgesträuch schwankte schwarz der breite Schatten des Büffels, in der Ferne glitzerte unter den Brotbäumen waagrecht eines Tigers flirrender Widerschein, Gold und Schwarz quer durchs Gebüsch.
Jubelnd jagten die Tiger in den blühenden Matten im Sommer. Jubelnd jagten die Tiger in den blühenden Matten im Sommer.
IV
Viertes Kapitel Im blau gleißenden Mondlicht wandte sich Nahar um nach sich selbst, sie sah sich. Im blau gleißenden Mondlicht wandte sich Nahar nach sich selbst um, sie sah sich.
Das Fell ohne Glanz. Weit schlotterte der staubige Mantel um ihre abgemagerten Glieder. Verschmutzt blieb ihre welke Haut, fahl das einst goldene Gelb, grau das einst leuchtende Schwarz. Eine graue Greisin das einst blühende Tier. Kinderlos die Mutter, verkrampft das Herz im Elend aus des Glückes Überfülle. Das Fell ohne Glanz. Weit schlotterte der staubige Mantel um ihre abgemagerten Glieder. Verschmutzt blieb ihre welke Haut, fahl das einst goldene Gelb, grau das einst leuchtende Schwarz. Eine graue Greisin war jetzt das einst blühende Tier. Kinderlos die Mutter, verkrampft das Herz, im Elend aus des Glückes Überfülle.
Nahar schämte sich vor den Ihren, sie schweifte umher fern von ihnen. Nahar schämte sich vor den Ihren, sie schweifte umher fern von ihnen.
Sie gesellte sich Hyänen zu, die üblen Geruch ausdünsteten. Ihrem Rudel ging sie nach. Die Hyänen trugen ein scheckiges Fell wie einen Kragen aus faulendem Stroh um ihre knochigen Schultern, sie bellten wie Hunde, lachten wie Menschen. Sie scharrten vorsichtig mit ihren hohen, mageren Pfoten weiches Aas aus dem Boden, sie nährten sich kichernd von Hufen und Klauen, von der verachteten Speise, wurden satt vom unblutigen Eingeweide und Geschlecht; mit ihnen wollte Nahar essen, mit ihnen spielen, aber vergebens schmeichelte sie ihnen zu, versuchte ihre Sprache, ihren hündischen Laut und ihr menschliches Lachen. Sie gesellte sich Hyänen zu, die üblen Geruch ausdünsteten. Ihrem Rudel ging sie nach. Die Hyänen trugen ein scheckiges Fell wie einen Kragen aus faulendem Stroh um ihre knochigen Schultern, sie bellten wie Hunde, lachten wie Menschen. Sie scharrten sich vorsichtig mit ihren hohen, mageren Pfoten weiches Aas aus dem Boden, sie nährten sich kichernd von Hufen und Klauen, von der verachteten Speise, wurden satt von zerfallendem Eingeweide, verwesendem Aas; mit ihnen wollte Nahar essen, mit ihnen spielen, aber vergebens schmeichelte sie ihnen zu, versuchte ihre Sprache, ihren hündischen Laut und ihr menschliches Lachen.
Die Aastiere, Hyänen und Hunde und Füchse verbrüdert, von langsam fliegenden Geiern überschattet, stritten um ein halb zerfallenes mißfarbenes Häufchen Fleisch. Bei Nahars Anblick wichen sie in Entsetzen auseinander, aber bald verging ihnen die Furcht vor dem grauen Tiger, sie liefen ihm entgegen, sahen aus der Nähe das Tier, das sie immer aus weiter Ferne umschlichen hatten. Die verkommene Kreatur, die ausgehungerte, rippenstarrende Gestalt zitterte am lichten Tage. Sie sahen ihre schlecht vernarbte Pranke und hackten nach ihr. Die Aastiere, Hyänen und Hunde, Schakale und Füchse verbrüdert, von langsam fliegenden Geiern überschattet, stritten leidenschaftlich kläffend um ein halb zerfallenes mißfarbenes Häufchen Fleisch. Bei Nahars Anblick wichen sie in Entsetzen auseinander, aber bald verging ihnen die Furcht vor dem grauen Tiger, sie liefen ihm entgegen, besahen aus der Nähe das Tier, das sie immer aus weiter Ferne umschlichen hatten. Die verkommene Kreatur, die ausgehungerte, rippenstarrende Gestalt zitterte am lichten Tage. Sie sahen ihre schlecht vernarbte Pranke und hackten frech nach ihr.
Vor ihren Augen hatte Nahar die ersehnte Speise. Aber während sie sich mit ihrem immer noch ungeheuer drohenden Gebiß gegen die Hyänen wandte und ihre buschigen, abfallenden Rücken bedrohte, wurde ihr von kleinen Hunden das Stück Fleisch schnell fortgezogen. Vor ihren Augen sah Nahar die ersehnte Speise. Aber während sie sich mit ihrem immer noch ungeheuer drohenden Gebiß gegen die Hyänen wandte und ihre buschigen, abfallenden Rücken bedrohte, wurde ihr von kleinen Hyänenjungen das Stück Fleisch schnell fortgezogen.
Ferne schon balgten sich die Aastiere darum, sie aber, menschlichen Schmerz in der unselig verzauberten Seele, stand ungesättigt da im tropisch flimmernden Mittag. Ferne schon balgten sich die Aastiere darum, sie aber, menschlichen Schmerz in der unselig verzauberten Seele, stand lange noch ungesättigt da im tropisch flimmernden Mittag.
Leichtes Schweben der schweren Glieder war ihr nicht mehr gegeben. Leichtes Schweben der schweren Glieder war ihr nicht mehr gegeben.
Einer Zikade gleich, die Schulter hoch gereckt im wellig schlotternden Fell, grau und fahl, so suchte sie das Weite und fand es nicht. Einer Zikade gleich, die Schulter hochgereckt im wellig schlotternden Fell, grau und fahl, so suchte sie das Weite und fand es nicht.
Sie wanderte in die Ferne und begegnete ihr nicht. Sie wanderte in die Ferne und begegnete ihr nicht.
Sie traf die Wiederkehr des Einst nicht mehr. Aus Ermüdung ging sie krumm, schweifte im Kreise, sank schwer ein in den Boden. In flachen Flußläufen, von Lehmufern zu beiden Seiten beengt, schritt sie aufwärts. Das abrauschende Wasser tat ihrer Wunde wohl. Sie traf die Wiederkehr des Einst nicht mehr. Aus Ermüdung ging sie krumm, schweifte im Kreise, sank schwer ein in den Boden. In flachen Flußläufen, von Lehmufern zu beiden Seiten beengt, schritt sie aufwärts. Das abrauschende Wasser tat ihrer Narbe wohl.
Wenn sie in der kühlen Bucht nachts einsam ruhte, bloß von sich umgeben, sich selbst anatmete mit der Liebe zu sich, dann seufzte über die rauhe Zunge des Tigers menschlicher Atem, Olgas heiser klagender Laut. Wenn sie in der kühlen Bucht nachts einsam ruhte, bloß von sich umgeben, sich selbst anatmete mit der Liebe zu sich, dann seufzte über die rauhe Zunge des Tigers menschlicher Atem.
Ihr schwarzglühendes Herz beruhigte sie in der heiligen Stille hoch in den unfruchtbaren Bergen, ihren brennenden Durst löschte sie durch eisiges Wasser, ihren wütenden Hunger versuchte sie zu stillen durch abgerissene Früchte vom silbern zitternden Baum. Sie warf sich mit dem Rücken schwer gegen den mächtigen Baum, samtige, weiche Früchte glitten herab, zwischen ihren Ohren, entlang dem langen Hals in kühler Berührung. Sie aß, aber sie konnte sich nicht sättigen. Unter Stein und Geröll wanderte sie, suchte Nahrung vergebens, und schlief. Es weckte sie ein Schmerz, der in der Mitte ihres Lebens zog, süß wie das neugeborene Kind, bitter wie das immer verlorene. Hunger, Leere. Ihr schwarzglühendes Herz beruhigte sie in der heiligen Stille hoch in den unfruchtbaren Bergen, ihren brennenden Durst löschte sie durch eisiges Wasser, ihren wütenden Hunger versuchte sie zu stillen durch abgerissene Früchte vom silbern zitternden Baum. Sie warf sich mit dem Rücken schwer gegen den mächtigen Baum, samtige, weiche Früchte glitten herab, zwischen ihren Ohren, entlang dem langen Hals in kühler Berührung. Sie aß, aber es konnte sie nicht sättigen. Über Stein und Geröll wanderte sie, suchte Nahrung vergebens und schlief. Es weckte sie ein Schmerz, der in der Mitte ihres Lebens zog, süß wie das neugeborene Kind, bitter wie das immer verlorene. Hunger, Leere.
Felsen im weißen Glanz starrten um sie, ihren Zähnen zu hart, ihrer Zunge zu rauh. Nachtschwalben und Eulen flatterten plump in der Luft, im Tale bellten Hunde, und die Hyänen lachten ihr hohles Gelächter. Felsen im weißen Glanz starrten um sie, ihren Zähnen zu hart, ihrer Zunge zu rauh. Nachtschwalben und Eulen flatterten plump in der Luft, Nachtfalter flirrten mit phosphoreszierenden Flügeln, im Tale bellten Hunde, und die Hyänen lachten ihr hohles Gelächter.
Nahar stieg noch in der Nacht ins Tal zurück. Sie wagte, lahm und müde vom Bergweg, jetzt nur eine alte Kuh zu jagen, die, von den Menschen geschont in einer Lache von Kot einsam lagerte, weit vor dem weiß blinkenden Dorf. Ihr Leib war hoch aufgetrieben, die Haut von hellen Pusteln übersät, das kranke Tier atmete kaum. Der graue Tiger stieg wie auf einer Treppe der Kuh auf den schwammigen Hals, er wollte sich tief in die müde zuckenden Adern verbeißen, da sich die Beute nicht wehrte, war Nahar endlich der Sättigung gewiß. Aber kaum quollen ihr die ersten Tropfen, kaum bot sich ihren kranken Lippen die gute, ersehnte Labung, als laut schreiend ein Hirtenknabe zu ihr rannte, eine Rinderpeitsche in der Hand, deren Stränge, mit kleinen Steinen durchflochten, hinter ihm herglitten im weißen Sand. Wütend fauchte die graue Tigerin den Knaben an, sie blitzte grünfunkelnd gegen das braun glänzende Kind, das unerschrocken in gewaltigem Sausen die Peitsche wirbeln ließ rings um sein glattgeschorenes, metallisches Haupt. Fast schwarz dunkelte der wolkenlose Himmel. Nahar stieg noch in der Nacht ins Tal zurück. Sie wagte, lahm und müde vom Bergweg, jetzt nur eine alte Kuh zu jagen, die, von den Menschen im Buddhaglauben geschont, in einer Lache von Kot einsam lagerte, weit vor dem weiß blinkenden Dorf. Ihr Leib war hoch aufgetrieben, die Haut von hellen Pusteln übersät, das kranke Tier atmete kaum. Der graue Tiger stieg wie auf einer Treppe der Kuh auf den schwammigen Hals, er wollte sich tief in die müde zuckenden Adern verbeißen. Da sich die Beute nicht wehrte, war Nahar endlich der Sättigung gewiß. Aber kaum quollen ihr die ersten Tropfen, kaum bot sich ihren kranken Lippen die gute, ersehnte Labung, als laut schreiend ein Hirtenknabe zu ihr rannte, eine Rinderpeitsche in der Hand, deren Stränge, mit kleinen Steinen durchflochten, hinter ihm herglitten im weißen Sand. Wütend fauchte die graue Tigerin den Knaben an, sie blitzte grünfunkelnd gegen das braun glänzende Kind, das aber unerschrocken in gewaltigem Sausen die Peitsche wirbeln ließ rings um sein glattgeschorenes, metallisches Haupt. Fast schwarz dunkelte in der Abenddämmerung der wolkenlose Himmel.
In ihrem Halse verfingen sich die Stränge, in ihre Augen schlugen die Steine, eingefangen ins Gewirr und gewürgt von einer Schlinge wurde ihre wunde Pranke, die sie nicht an sich reißen konnte. Noch rauschte vor ihr das Blut aus der offenen Wunde, und kraftlos stampfend verendete die Kuh am Boden, als Nahar, froh sich zu retten, eiligst hüpfend wie eine Zikade im Gras, entweichen mußte; hungrig mußte sie fort von ihrem Mahl. Matt schlich Nahar in das dichteste Gebüsch, die Narbe noch voll von Schmerzen, einen Peitschenstrang trug Nahar um den edlen Hals, Striemen hatte es an der grau entblätterten Brust, das königliche Tier, von einem Kinde verjagt. An ihrem Halse verfingen sich die Stränge, in ihre Augen schlugen die Steine, eingefangen ins Gewirr und gewürgt von einer Schlinge wurde ihre wunde Pranke, die sie nicht an sich reißen konnte. Noch rauschte vor ihr das Blut aus der offenen Wunde, und kraftlos stampfend verendete die Kuh am Boden, als Nahar, froh sich zu retten, eiligst hüpfend, wie eine Zikade im Gras, entweichen mußte; hungrig mußte sie fort von ihrem Mahl. Matt schlich Nahar in das dichteste Gebüsch, die Narbe noch voll von Schmerzen, einen Peitschenstrang trug Nahar um den edlen Hals, Striemen hatte es an der grau entblätterten Brust, das königliche Tier, von einem Kinde verjagt.
V
Fünftes Kapitel Bis zur Nacht lag Nahar in einer flachen Grube in den Teeplantagen verborgen. In sich geschlungen, eine kaum atmende, müde Gestalt. Sie leckte sich, kämmte ihr Haar aus, in ihrer stachelbesetzten Zunge blieb ein Steinchen, sie wollte es herauswürgen, es lag noch auf der Spitze der Zunge, es rollte noch zwischen den klirrenden Zähnen, aber sie erfaßte es nicht, sie mußte es bis ans Ende ertragen, denn der Stein, der spitze Splitter aus der Hirtenpeitsche glitt tiefer in die Kehle. Sie schluchzte, aber enger wurde die Erstickung, furchtbar drückte sie die Angst nieder, bis sie den Stein verschlang. Bis zur Nacht lag Nahar in einer flachen Grube in den Teeplantagen verborgen. In sich geschlungen, eine kaum atmende, müde Gestalt. Sie leckte sich, kämmte ihr Haar aus, in ihrer stachelbesetzten Zunge blieb ein Steinchen, sie wollte es herauswürgen, es lag noch auf der Spitze der Zunge, es rollte noch zwischen den klirrenden Zähnen, aber sie erfaßte es nicht, sie mußte es bis ans Ende tragen, denn der Stein, der spitze Splitter aus der Hirtenpeitsche glitt tiefer in die Kehle. Sie schluchzte, aber enger wurde die Erstickung, furchtbar drückte sie die Angst, bis sie den Stein verschlang.
Im Ufergelände, an der Wechselfährte der Hirsche, wandelte jetzt eine Herde von Menschen. Im Ufergelände, an der Wechselfährte der Hirsche, wandelte jetzt eine Herde von Menschen.
Die letzte Speise, die herrlich lockende Spur: der süßbittere Duft der Menschen weckte sie zu bebender Freude. Die letzte Speise, die herrlich lockende Spur: der süßbittere Duft der Menschen weckte sie zu bebender Freude.
Die Prozession zog vor ihr singend nieder zum Fluß. In weißen Mänteln flatterten die Männer schwebend hinab zum blau gleitenden Fluß. Die Prozession der Inder zog vor ihr singend nieder zum Fluß. In weißen Mänteln flatterten die Männer schwebend hinab zum blau gleitenden Fluß.
Gesang war um sie. Von allen Seiten schlich Nahar an, von überall schlug sie die tief brausende Gewalt zurück, vor den Stimmen der Menschen mußte sie fliehen. Gesang war um sie. Von allen Seiten schlich Nahar an, von überall schlug sie die tief brausende Gewalt zurück, vor den Stimmen der Menschen mußte sie fliehen.
Es lockte sie tief, den Duft zu riechen, in das Zurück riß es sie mit Macht. Es lockte sie aber zu tief, den Duft zu riechen, in das Vergangene riß es sie mit Macht.
Sie keuchte schnell, es knisterte um ihre Nüstern, die sie glühend heiß baden wollte im glühenden, aussprudelnden Blut ihres Einst. Sie dehnte sich, spannte ihren gewaltigen Körper zwischen den bebenden, blätterraschelnden Bäumen, gähnend sperrte sie sich auf, um sich ganz um die Beute zu schlingen, als Tier den Fraß glückselig zu genießen. Aber immer noch rauschte der Gesang, es rieselte nieder die Litanei. Sie keuchte schnell, es knisterte um ihre Nüstern, die sie glühendheiß baden wollte im glühenden, aufsprudelnden Blut ihres Einst. Sie dehnte sich, spannte ihren gewaltigen Körper zwischen den bebenden, blätterraschelnden Bäumen, gähnend sperrte sie sich auf, um sich ganz um die Beute zu schlingen, als Tier den Fraß glückselig zu genießen. Aber immer noch rauschte der Gesang, es rieselte nieder die Litanei.
Ahnung von Mensch schwebte über dem Tier, im Gesange schauerte es, die Kraft wich von ihr. In langen schiefen Sprüngen umkreiste sie scheu die rauschenden Gesänge. Die Ahnung des Menschen, der sie gewesen, schwebte über dem Tier, im Gesänge schauerte sie, die Kraft wich von ihr. In langen schiefen Sprüngen umkreiste sie scheu die rauschenden Gesänge.
Der Bauch war ihr mit Stein gefüllt, aber so mußte sie gesättigt sein. Der Bauch war ihr mit Stein gefüllt, aber so mußte sie gesättigt sein.
Die Zunge verdorrte ihr, aber am Flusse versprühten die Menschen im flirrenden Mittag den blauen Fluß in lichteres Geriesel, und es trug sie nicht dorthin. Die Zunge verdorrte ihr, aber am Flusse versprühten die Menschen im flirrenden Mittag den blauen Fluß in lichteres Geriesel, und es trug sie nicht dorthin.
An ihrem Fell haftete noch zäh der grauenhafte Kot, der schreckliche Geruch der Hyänen. Aber am Flusse tauchten die Menschen ganz unter im klaren, abendlich besänftigten Strom. An ihrem Fell haftete noch zäh der grauenhafte Kot, der schreckliche Geruch der Hyänen. Aber am Flusse tauchten die Menschen ganz unter im klaren, abendlich besänftigten Strom.
Hungernd, dürstend, üblen Geruches, eine Hyäne sich selbst, umwandelte in Zikadensprüngen das Tier den heiligen Kreis. Hungernd, dürstend, üblen Geruches, eine Hyäne sich selbst, umwandelte in Zikadensprüngen das Tier den heiligen Kreis.
VI
Sechstes Kapitel Ein kleiner Hund rannte Nahar vor die Füße. Ein kleiner Hund rannte Nahar vor die Füße.
Erschreckt, gebannt stand er still, Nahars unzerstörbar funkelnde Augen umzauberten ihn, er sprang mitten zwischen ihre grün wogenden Feuer. Weit geöffneten Maules, die lange, blasse Hundezunge aufgeringelt um die spitzen Zähne, so kniete er vor ihr. Er hob die Vorderpfoten auf zu dienendem Gebet. Erschreckt, gebannt stand er still, Nahars unzerstörbar funkelnde Augen umzauberten ihn, er sprang mitten zwischen ihre grün wogenden Feuer. Weit geöffneten Maules, die lange, blasse Hundezunge aufgeringelt vor den spitzen Zähnen, so kniete er vor ihr. Er hob die Vorderpfoten auf zu dienendem Gebet.
Es war Nacht. Es war Nacht.
Der Mond stieg aus dichtem Gewölke nieder über die stummen Wälder. Im Rinnen des mondfunkelnden Windes standen die Bäume still in der zu Ende ruhenden Nacht. In der Ferne schwebten die Gesänge der Beter. In die Tiefe perlte die Litanei mit immer sanfteren Tönen. Der Mond stieg aus dichtem Gewölke nieder über die stummen Wälder. Im Rinnen des mondfunkelnden Windes standen die Bäume still in der zu Ende ruhenden Nacht. In der Ferne wallten noch die Gesänge der Beter. In die Tiefe perlte die Litanei mit immer sanfteren Tönen.
Der Hund schimmerte hell in silbernem Glanze. Räudig zerfressen sein Fell. Auch er war wie in Knoten gebunden und von Narben verschnürt. Sein Bauch war beschmutzt und verdorrt, vertrocknet seine Brust, die er, der still Kniende ihr, der schwer gelagerten Tigerin entgegenhielt. Sein Herz zitterte in hohlem Pochen an die dürren Rippen. Sein Hundeblick starrte verloren. Der Hund schimmerte hell in silbernem Glänze. Räudig zerfressen sein Fell. Auch er war wie in Knoten gebunden und von Narben verschnürt. Sein Bauch war beschmutzt und verdorrt, vertrocknet seine Brust, die er, der still Kniende, ihr, der schwer gelagerten Tigerin, entgegenhielt. Sein Herz zitterte in hohlem Pochen an die dürren Rippen. Sein Hundeblick starrte verloren.
Einst lag ihr zur Rechten, quadernhaft gegliedert, im himmlischen Mittag der gewaltige Mann. Die aufruhenden Pranken, zwei und zwei. Auf den hohen Kissen steinernen Fleisches der breite Brustkorb mit dem dröhnenden Herzen in friedlichem Schweben des Atems, als Gipfel sein Haupt, die silberne Wange, der Nebelhof um das große Antlitz, die rosigen Lider über den flach gewölbten Schalen der Augen schlugen mit dem ewigen Blick. Einst lag ihr zur Rechten, quadernhaft gegliedert, im himmlischen Mittag der Tigervater, der gewaltige Mann. Die auf ruhenden Pranken, zwei und zwei. Auf den hohen Kissen steinernen Fleisches der breite Brustkorb mit dem dröhnenden Herzen in friedlichem Schweben des Atems, als Gipfel sein Haupt, die silberne Wange, der Nebelhof um das große Antlitz. Die rosigen Lider über den flach gewölbten Schalen der Augen hatten geschlagen mit ewigem Blick.
Der kleine Hund neben ihr schloß seine Augen vor Nahars furchtbarem Bild, er bebte wie ein Blatt unter ihrem Stöhnen. Der kleine Hund neben ihr schloß jetzt winselnd seine Augen vor Nahars furchtbarem Bild, er bebte wie ein Blatt unter ihrem Stöhnen.
Einst hatte Nahar zur herrlichsten Freude, im begnadeten Aufatmen, die Augen ihres herrlichen, goldflaumigen Kindes gesehen: geöffnet, glückselig belichtet. Zurückgezogen waren die dünnen blütenfarbenen Lider von seinem nächtlich glitzernden Augenrund. So sah sie zum erstenmal ihr Kind, so wurde sie gesehen. Einst hatte Nahar zur herrlichsten Freude, im begnadeten Aufatmen, die Augen ihres herrlichen, goldflaumigen Kindes gesehen: geöffnet, glückselig belichtet. Zurückgezogen waren die dünnen blütenfarbenen Lider von seinem nächtlich glitzernden Augenrund. So hatte sie zum erstenmal ihr Kind gesehen, so wurde sie gesehen.
Scheu und feig blinkte sie das Auge des Hundes an. Sie ließ ihn allein, sie tötete ihn nicht, war nicht mehr das Tier, das in Wollust zitterte, wenn die Kralle klirrend faßte. Sie wandte sich zurück: sie sah den Hund, wie er aufgerichtet, unbeweglich betete, sie erkannte sich wieder, die graue Greisin, die einsam schleichende Mutter ohne Kinder, die mutlos jagende Tigerin. Ungesättigt, dürstend, kotbeschmierten Felles, so duckte sie sich in einen Winkel, umgrünt vom Tropenwald, fern vom geliebten Heimatgelände, um sich an Schlaf zu sättigen. Scheu und feig blinkte sie von der Seite das Auge des Hundes an. Sie ließ ihn allein, sie tötete ihn nicht, war nicht mehr das Tier, das in Wollust zitterte, wenn die Kralle klirrend faßte. Sie wandte sich zurück: sie sah den Hund, wie er aufgerichtet, unbeweglich betete, sie erkannte sich in ihm wieder, die graue Greisin, die einsam schleichende Mutter ohne Kinder, die mutlos jagende Tigerin. Ungesättigt, dürstend, kotbeschmierten Felles, so duckte sie sich in einen Winkel, umgrünt vom Tropenwald, fern vom geliebten Heimatgelände, um sich an Schlaf zu sättigen.
Sie ruhte. Nicht wie ein Tiger, dem der bunte Tiertraum die Nacht durchfunkelt, nicht wie ein Tier, das nie im Schatten des schwarzen Todes gestillt wird, nie die schnellende Jagd vergißt. Sie ruhte. Nicht wie ein Tiger, dem der bunte Tiertraum die Nacht durchfunkelt, nicht wie ein Tier, das nie im Schatten des schwarzen Todes gestillt wird, nie die schnellende Jagd vergißt.
Flach am Boden lagen riesige Bäume, mit schwerem Sandelholzduft getränkt, zu roten Sonnenflächen durchsägte Stämme. In den Zweigen war ein geborgenes Lagern. Flach am Boden lagen riesige Bäume, mit schwerem Sandelholzduft getränkt, zu roten Sonnenflächen durchsägte Stämme. In den Zweigen war ein geborgenes Lagern.
Wie ein Mensch ließ Nahar sich fallen in die weiche Dunkelheit. Sie wandte sich ab von sich selbst, sie vergoß ihr Leid in die finstere Grube. Sie atmete süß die Vernichtung ein in die kraftlose Brust. Wie ein Mensch ließ Nahar sich fallen in die weiche Dunkelheit. Sie wandte sich ab von sich selbst. Sie vergoß ihr Leid in die finstere Grube. Sie atmete süß die Vernichtung ein in die kraftlose Brust.
Schlaf ohne Traum. Schlaf ohne Traum.
Schweben zwischen den Heerscharen.
Aus der wandelnden Wiederkehr der Kreatur ein Schlüpfen in den dunklen, milden Winkel, eine Stunde da zu ruhen. Aus der wandelnden Wiederkehr der Kreatur ein Schlüpfen in den dunklen, milden Winkel des Schlafens, eine Stunde da zu ruhen.
VII
Siebentes Kapitel Am Morgen weckte sie im regenrinnenden Tropenwald das Wimmern eines Kindes. Das kupferfarbene Holz der Sandelbäume, die breitfaserigen Späne leuchteten im wuchernden Grün. Eine schwerbusige Frau kauerte auf den Knien und sammelte die Splitter. In ein safrangelbes Hüftentuch gehüllt, damit es reitend ruhe auf dem breiten Kamm der mütterlichen Hüfte, trug sie das schwere Kind. Beglänzt von Regen, Tränen und Schweiß, funkelte der kleine, runde, glattrasierte Kopf, im eingeschluchzten Schlaf nickte er herab, eng schmiegte er sich an den fetten Rücken der Mutter, er scharrte wie ein Stück Blei am Boden hin, wenn die Frau sich bückte, um die Trümmer des Sandelholzes zu sammeln. Am Morgen weckte sie im regentriefenden Tropenwald das Wimmern eines Kindes. Das kupferfarbene Holz der Sandelbäume, die breitfaserigen Späne leuchteten zwischen wucherndem Grün. Eine schwerbusige Frau kauerte auf den Knien und sammelte die Splitter. In ein indigoblaues Hüfttuch gehüllt, damit es reitend ruhe auf dem breiten Kamm der mütterlichen Hüfte, trug sie ein schweres Kind. Beglänzt von Regen, Tränen und Schweiß, funkelte der kleine, runde, glattrasierte Kopf, im eingeschluchzten Schlaf nickte er herab, eng schmiegte er sich an den fetten Rücken der Mutter, er scharrte wie ein Stein nahe am Boden hin, wenn die Frau sich bückte, um die Trümmer des Sandelholzes zu sammeln.
Den Menschen zu erjagen, zuckte der Tiger aus seiner Verträumung, er erwachte aus der Verknechtung, er spannte sich hoch im Durst, mächtig im ersten Schwellen neuer Kraft. Den Menschen zu erjagen, zuckte der Tiger aus seiner Verträumung, er erwachte aus der Verknechtung, er spannte sich, noch naß vom Regenguß, hoch im Durst, mächtig im ersten Schwellen neuer Kraft.
Das blühende Weib hauchte scharfen Dunst aus. Es wölkte in Schwaden aus den finstern Schluchten unter ihren strotzenden Brüsten, es atmete aus dem gelben Gewühl des Tuches, das zum Bersten belastet war mit dem schweren Kinde und der Last des eingesammelten Holzes. Alles wogte zum Tier, dem Tier zur Wut, zum Rausch, zur stachelnden Wollust. Das blühende Weib hauchte scharfen Dunst aus. Es wölkte in Schwaden aus den finsteren Schluchten unter ihren strotzenden Brüsten, es atmete aus dem blauen Gewühl des Tuches, das zum Bersten belastet war mit dem schweren Kinde und der Last des eingesammelten Holzes. Alles wogte, dem Tier zur Wut, zum Rausch, zur stachelnden Wollust.
In aufschnellendem Sprung überholte es die Frau, schon kauerte es vor ihr, die in lähmendem Grauen starrte, an den Boden schmiegte Nahar die zitternden Flanken, vor dem Sprung hielt sie den sausenden Atem gesammelt, aus runden Sternen blendete sie das Weib mit grüngoldenem Blitz. Aus den schreckengeweiteten Augen des Menschen strömte nur neue Wut in das bebende Tier. In aufschnellendem Sprung überholte es die Frau, schon kauerte es vor ihr, die in lähmendem Grauen starrte, an den Boden schmiegte Nahar die zitternden Flanken, vor dem Sprung hielt sie den sausenden Atem gesammelt, aus runden Sternen blendete sie das Weib mit goldenem Blitz. Aus den vom Schaudern geweiteten Augen des Menschen strömte nur neue Wut in das bebende Tier.
Schreiend entwich die Mutter, aber das Kind war erwacht, mit beiden Ärmchen griff es aus dem Tuche vor, es hielt sich fest an den Zweigen. Wie klammerte es sich an die Winden, die im Regen blühten, wie kettete es die Mutter im furchtbaren Augenblick. Schon raffte das Gezweig die fliehende schwere Gestalt, schon schleppte die Mutter das zähe beklemmende Gehölz mit der letzten Kraft, vergebens löste sie den Knoten vorn an der Scham, vergebens warf sie das Tuch von sich. Das Kind, nackt, mit dicken Schenkeln an den Einschnitt der Hüfte geklammert, hielt mit den kleinen Fäusten die Zweige gesammelt. Mutter und Kind starrten braun glänzend, gefangen in der regentropfenden Dämmerung. Um sich zu retten, griff die Mutter nach dem Kind hinter sich, löste es mit Gewalt von ihren angstverengten Hüften, sie warf die schwere Last von sich. Weich wehte sie hin, schon weit hinter ihr. Es verklang die hoch wimmernde Stimme. Auf schief gleitenden Lianen schaukelte das Kind im blassen Glanze des Regens, der runde Rücken hing quer über den blütenbesternten Zweigen. Schreiend entwich die Mutter, aber das Kind war erwacht, mit beiden Ärmchen griff es aus dem Tuche vor, es hielt sich fest an den Zweigen. Wie klammerte es sich an die Winden, die im Regen blühten, so hemmte es die Mutter im furchtbaren Augenblick. Schon raffte das Gezweig die fliehende schwere Gestalt, schon schleppte die Mutter das zähe beklemmende Gehölz nur noch mit der letzten Kraft, vergebens löste sie den Knoten vorn an der Scham, vergebens warf sie das Tuch von sich. Das Kind, nackt, mit dicken Schenkeln an den Einschnitt der Hüfte geklammert, hielt mit den kleinen Fäusten die Zweige gesammelt. Um sich zu retten, griff die Mutter nach dem Kind hinter sich, löste es mit Gewalt von ihren Hüften, sie warf die schwere Last von sich. Weich wehte sie hin, schon weit hinter ihr. Es verklang die hoch wimmernde Stimme. Auf schief gleitenden Lianen schaukelte das Kind im blassen Glänze des Regens, das runde Köpfchen drehte sich angsterfüllt im Kreise, das blinkende, bernsteinfarbene Gesäß des Kindes hing quer über den blütenbesternten Zweigen.
Die Mutter, einen einzigen Schrei in der Kehle, jagte allein, den Waldpfad entlang. Die Mutter, einen einzigen Schrei in der Kehle, jagte allein, den Waldpfad entlang.
In Nahars gelähmte Glieder blitzte die alte Tigerkraft. Die Frau hörte den Tiger nicht im Prasseln des Regens, sie sah ihn nicht im dichten, dampfenden Unterholz, jetzt im letzten Atem der atemlosen Flucht glaubte sie sich gerettet, aber vor ihr lag der Tiger, ruhig, unbewegt. Weit alles überholend in schief schnellendem Sprung, hatte er sich breit vor ihr auf den Weg gelagert. In Nahars Gliedern war jetzt wieder die alte Tigerkraft. Die Frau hörte den Tiger nicht im Prasseln des Regens, sie sah ihn nicht im dichten, dampfenden Unterholz, jetzt im letzten Atem der atemlosen Flucht glaubte sie sich gerettet, aber lange vor ihr war die Tigerin gekommen, knapp vor ihr lag Nahar, ruhig, unbewegt. Weit alles überholend in schief schnellendem Sprung, hatte sie sich breit vor ihr auf den Weg gelagert.
Auge in Auge mit ihr ruhte er mit zitternden Flanken vor dem Sprung. Das unaufhaltsam stürmende Weib stieß die Gurgel vor, eine dunkel zuckende Frucht, sie raffte das Haupt zurück mit dem ölglänzenden schwarzen Gelock, sie blinkte mit grell gelbem Gebiß, hoch schreiend flog sie vor den anstürmenden Tiger. Krachende Umarmung, Gewühl der Glieder, in Angst verkrampft, in Wollust aufgewühlt, beide triefend im Regen, schwimmend im schwellenden, saftstrotzenden Gebüsch. Auge in Auge mit ihr ruhte Nahar mit zitternden Flanken vor dem Sprung. Das unaufhaltsam stürmende Weib stieß die Gurgel vor, eine dunkel zuckende Frucht, sie raffte das Haupt zurück mit dem ölglänzenden schwarzen Gelock, sie blinkte mit rotem Betelgebiß, hoch schreiend wollte sie neben der Tigerin vorbei. Krachende Umarmung, Gewühl der Glieder, in Angst verkrampft, in Wollust aufgewühlt, beide triefend im Regen, schwimmend im schwellenden, saftstrotzenden Gebüsch.
Gelöst war der Krampf der verkrüppelten Pranke, beglückt, beseligt, seelenlos atmete der Tiger aus. Gelöst war der Krampf von Nahars verkrüppelter Pranke, beglückt, beseligt, seelenlos atmete die Tigerin aus.
Der fette Hals des Weibes, mit schwarzen Adern wie mit dicken Zweigen breit umwunden, unendlich reizte er das Tier. Der Geruch, Blume und Blut, berauschte sie, bis alles versank. Erst starrte sie hin, sicherte das Ziel, bis die Krallen vorspritzten aus der schweren Pranke. Aushauchend den heiseren Schrei der Beglückung, warf Nahar sich mit allen Gliedern über die niedergesunkene Gestalt, die in müden Wellen sich bäumte. Mit den spitzen Zähnen der seitlichen Kiefer durchhackte sie den Hals, ausweitend die Lippenwinkel in Wollust, blickte sie fernhin ins grüne Gewoge. Luft und Blut sprühten um sie, ein seliger Wind hauchte sie an. Sie sah in der Höhe den grau strömenden Himmel, das in die Bäume verrinnende schwere Gewölk, langsam sog sie den ersten Tropfen Menschenblut in ihren zauberhaft umatmeten Mund. Der fette Hals des Weibes, mit schwarzen Adern wie mit dicken Zweigen breit umwunden, reizte das Tier. Der Geruch, Blume und Blut, berauschte Nahar, bis alles versank. Erst starrte sie hin, sicherte das Ziel, bis die Krallen herausschössen aus der schweren Pranke. Mit einem heiseren Schrei der Beglückung warf Nahar sich mit allen Gliedern über die niedergesunkene Gestalt, die in müden Wellen sich bäumte. Mit den spitzen Hauern durchhackte sie den Hals. Ausweitend die Lippenwinkel in Wollust, blickte sie fernhin ins grüne Gewoge. Luft und Blut sprühten um sie, ein seliger Wind hauchte sie an. Sie sah in der Höhe den grau strömenden Himmel, das in die Bäume verrinnende schwere Gewölk, langsam sog sie den ersten Tropfen Menschenblut in ihren zauberhaft umatmeten Mund.
Eintönig brauste der Orkan in den Wäldern. Rosige Blüten vom Hibiskus, die gelben vom Oleanderstrauch glitten nieder zur Erde. Zart zeichnete sich der Umriß eines Waringinbaumes gegen den düsteren Himmel ab. Wasser auf Wasser rauschte herab, Gras und Erde durchtränkend. Die Knospen der Pflanzen strotzten in der warmen Feuchtigkeit. Eintönig brauste der Orkan in den Wäldern.
Sie leckte mit ihrer beingeschärften Zunge die breiten weißen Lippen der Sterbenden, die sich öffneten vor ihr. Sie leckte mit ihrer beingeschärften Zunge die breiten zinnoberroten Lippen der Sterbenden, die sich öffneten vor ihr.
Aber jetzt schlang sie ihr aufgerissenes Maul ganz um die große, weiß quellende Menschenbrust. Sie schlürfte, süßer als Blut, die warme Milch aus der unendlich tropfenden Mutter, sie labte sich an der strömenden Quelle. Aber jetzt schlang sie ihr aufgerissenes Maul ganz um die große, honigfarben quellende Menschenbrust. Sie schlürfte, süßer als Blut, die warme Milch aus der Mutter, sie labte sich an der strömenden Quelle.
Der braune, brechende Blick der Mutter überspiegelte von oben, aus den schnell verzitternden Lidern hinab, das säugende Raubtier. Der braune, brechende Blick der Mutter überspiegelte von oben, aus den schnell verzitternden Lidern hinab, das säugende Raubtier.
Die Greisin, die Tigerin, die entmütterte Seele trank Menschenmilch. Die Greisin, die Tigerin trank Menschenmilch.
Die Augen geschlossen, blaue Kinderdämmerung um sich, legte sie ihr gebogenes Kinn auf die weichen Rippen der Frau, mit ihren schütteren Barthaaren berührte sie die hohen Kissen der Brüste. Die Augen geschlossen, blaue Kinderdämmerung um sich, legte sie ihr gebogenes Kinn auf die weichen Rippen der Frau, mit ihren schütteren Barthaaren berührte sie die hohen Kissen der Brüste und blickte verloren umher.
Naher Tigerruf erscholl aus dem felsigen Dunkel, sie erkannte ihn nicht. Naher Tigerruf erscholl aus dem felsigen Dunkel, sie achtete ihn nicht.
Wagrecht gleitende Blitze zuckten blendend herab in rauschendem Feuer an den hingestürmten Blatterkronen, Nahar sah sie nicht. Waagrecht gleitende Blitze zuckten blendend herab in rauschendem Feuer an den hingestürmten Blätterkronen, Nahar sah sie nicht.
Nahar, das ungeheuer flutende Tier, schlug sich über die Menschengestalt, die sich im Tode zusammenkrümmte. Nahar schlug sich über die Menschengestalt, die sich im Sterben jetzt zusammenkrümmte.
Nahars, der kinderlosen Stirn, goldig gewölbt, beugte sich über die niedrige, zart gerunzelte Stirne der sterbenden Mutter. Nahars Stirn, goldig gewölbt, schwarz quergeströmt, beugte sich über die niedrige, zart gerunzelte Stirne der sterbenden Mutter.
Nahars Auge, flügelschlagende Lider, ruhig kreisende Blicke, in ferne Erscheinung verreisend, blinkten über den matten, einsinkenden Augen des Menschen. Nahars Augen, flügelschlagende Lider, ruhig kreisende Blicke, in ferne Erscheinung verreisend, blinkten über den matten, einsinkenden Augen des Menschen.
Nahars Mund, weit und schlaff, von Süßigkeit innen gestreichelt, an den dünnen, fahlen Lefzen noch triefend von Menschenmilch, öffnete sich über dem eng gerunzelten, wulstig erhobenen Lippenrund der Toten. Nahars Mund, weiß und schlaff, von Süßigkeit innen gestreichelt, an den dünnen, fahlen Lefzen noch triefend von Menschenmilch, öffnete sich über dem eng gerunzelten, wulstig erhobenen Lippenrund der Toten.
Nahars Tierbrüste, vom segensreichen Regen gebadet, schwebten über den entleerten Busen der gestorbenen Mutter, ihr Tierschoß schauerte über dem Schoße der Frau. Nahars Tierbrüste, vom segensreichen Regen gebadet, schwebten über dem entleerten Busen der gestorbenen Mutter, ihr Tierschoß schauerte über dem Schoße der Frau.
Im Regenrascheln ruhten beide stumm, das Tier über dem Menschen. Im Regenrascheln ruhten beide stumm, das Tier über dem Menschen.
Den Leichnam schleppte sie, in unzerreißbare Umarmung gekettet, zum Flusse. Auf die Füße der Toten traten ihre Füße. Schritt für Schritt. Den Leichnam, in unzerreißbare Umarmung gekettet, schleppte Nahar zum Flusse. Auf die Füße der Toten traten ihre Pranken. Schritt für Schritt.
Mit ihren Zahnen hielt sie sehr sanft den Nacken der Frau, die vor ihr auf den breiten Knien sich beugte, wie ein Teppich rauschte die tote Frau vor ihr her. Mit ihren Zähnen hielt sie den Nacken der Frau, die vor ihr auf den breiten Knien sich beugte, wie ein Teppich rauschte die tote Frau vor ihr her.
Schreiend entwichen die Beter vom heiligen Flusse, denn sie sahen die Tigerin bekleidet mit dem nackten Körper der toten Frau, umgeschlagen waren um die mageren, grauen Schultern des Tiers die braun leuchtenden Glieder des Menschen. So beugte sich Nahar zum Strom, gespiegelt im Wasser als Mensch. Schreiend entwichen die indischen Beter vom heiligen Flusse, denn sie sahen die Tigerin bekleidet mit dem nackten Körper einer toten Frau, umgeschlagen waren um die mageren, eckigen Schultern des Tieres die braun leuchtenden Glieder des Menschen. So beugte sich Nahar zum Strom, gespiegelt im Wasser als Mensch.
VIII
Achtes Kapitel Gesättigt vom Menschenblut, gekühlt vom Regen, umduftet vom schweren Sandelholzduft, ruhte Nahar im weichen Gezweig, sie schlief, bis der Sturm verrauschte, bis der brausende Tag niedersank in die klare Nacht. Gesättigt vom Menschenblut, gekühlt vom Regen, umduftet vom schweren Sandelholzduft, ruhte Nahar im weichen Gezweig, sie schlief, bis der Sturm verrauschte, bis der brausende Tag niedersank in die klare Nacht.
Gleißender Mondschein. Totenstille Wildnis, auf Beute lauerte das Tier. Fernher kam Musik, tiefes Singen der Luft. Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her. Menschen schritten mit Fackeln, Trompeten bliesen. Kupferklang, Zimbeln klirrten, breite Hände, aus Kupfer geschmiedet, paukend aneinander gerissen. Gleißender Mondschein. Totenstille Wildnis, auf Beute lauerte das Tier. Fernher kam Musik, tiefes Singen der Luft. Trommeln dröhnten dumpf vom Boden her. Menschen schritten mit Fackeln, Trompeten bliesen. Kupferklang. Zimbeln klirrten, breite Hände, aus Kupfer geschmiedet, paukend aneinandergerissen.
Nahar fürchtete den Menschen nicht mehr. Menschenfleisch lag in den Winkeln ihrer Zähne, zwischen den Höckern des zermalmenden Gebisses, in der beruhigten Kehle haftete noch der gute Duft, in ihrem ruhig schlagenden Herzen war der Mensch gespiegelt. Nahar fürchtete den Menschen nicht mehr. Menschenfleisch lag in den Winkeln ihrer Zähne, zwischen den Höckern des zermalmenden Gebisses, in der beruhigten Kehle haftete noch der gute Duft, in ihrem ruhig schlagenden Herzen war der Mensch gespiegelt.
Das Licht der Fackeln stieg aus der rußenden Flamme, es wehte rot düster aus dem hitzekrachenden Holz. Silber träufelte herab vom hochwandernden Mond der klaren Nacht. Das Licht der Fackeln stieg aus der rußenden Flamme, es wehte rotdüster aus dem hitzekrachenden Holz. Silber träufelte herab vom hochwandernden Mond der klaren Nacht.
Vor Nahars großem Antlitz gingen die Menschen, schulterbeglänzt, weichen Schimmer um die feuchten Lippen. Vor Nahars großem Antlitz gingen die Menschen, schulterbeglänzt, weichen Schimmer um die feuchten Lippen.
Nahar lauerte auf die große, gespenstische Gestalt, den Fürsten inmitten seiner Schar, aber nirgends leuchteten seine weißen Geschwüre, nirgends lahmte sein bleicher, weißer Blick. Nahar lauerte auf die große, gespenstische Gestalt, den Fürsten inmitten seiner Schar, aber nirgends leuchteten seine weißen Geschwüre, nirgends erschien sein bleicher, weißer Blick.
Furchtlos warf sie sich jetzt unter die Herde. Wie zum Spiel, um das Rudel auseinanderzuscheuchen, um nun zu zerspritzen das Gewimmel der Menschen, jagte sie vor aus dem aufzischenden Dickicht, schon erscholl ihr ins glückselig bebende Ohr der hohe, süß lockende Menschenschrei, zwischen den Bäumen verrannen die Fackeln, in kleinen Haufen stäubten die Gejagten dahin, gebückt unter Zweigen und Dornen. Nahar, in gewaltigen schiefen Sprüngen, ein hoch hinschnellender Bogen, setzte in lautlosem Flug hinter ihnen her. Furchtlos warf sie sich jetzt unter die Herde. Wie zum Spiel, um das Rudel auseinanderzuscheuchen, um das Gewimmel der Menschen zu zerfegen, jagte sie vor aus dem aufzischenden Dickicht, schon erscholl ihr ins glückselig bebende Ohr der hohe, süß lockende Menschenschrei, zwischen den Bäumen verrannen die Fackeln, in kleinen Haufen stäubten die Gejagten dahin, gebückt unter Zweige und Dornen. Nahar, in gewaltigen schiefen Sprüngen, ein hoch hinschnellender Bogen, setzte in lautlosem Flug hinter ihnen allen her.
Ein blühendes Mädchen blieb zurück, verfangen im Gewirr. Die schlanken Schenkel glimmerten, mit schweren Tüchern war die schwellende Hüfte wulstig umschlungen, an ihren feinen Knien rann Blut schwarz herab. Ein blühendes Mädchen blieb zurück, verfangen im Gewirr. Die schlanken Schenkel glimmerten, mit glimmernden roten Tüchern war die schwellende Hüfte wulstig umschlungen, an ihren feinen Knien rann Blut schwarz herab.
Wie es auch keuchte aus gesenktem Kopfe, die niedrige, glänzende Stirn vorwartsstieß, die mit einem heiligen Kreis weiß gezeichnet war, wie es mit den kleinen, weichen, dunklen Händen weiter vorwärts sich krampfte: die Nägel, licht wachsend aus dem bräunlichen Fleisch, flatterten in der sausenden Mondluft. Wie es auch keuchte aus gesenktem Kopfe, die niedrige, glänzende Stirn vorwärtsstieß, die mit einem heiligen Kreis weiß gezeichnet war, wie es mit den kleinen, weichen, dunklen Händen weiter vorwärts sich krampfte, es konnte sich nicht retten, die Nägel, licht wachsend aus dem bräunlichen Fleisch, glitzerten zwischen den Zweigen, von den letzten Funken der verschwindenden Fackeln wie vergoldet.
Nahar setzte in herrlichem Tiersprung ab von der Erde. Hoch gespannt, zwitschernd in silbernem Laut, überflog sie den Körper des Menschen. Als sie in seliger Ruhe herabschwebte, zog sie das Mädchen ganz unter sich. Mit allen Pranken zwängte sie die dunkle warme Gestalt an ihr graues Fell. Nahar setzte in herrlichem Tiersprung ab von der Erde. Hoch gespannt, zwitschernd in silbernem Laut, überflog sie den Körper des Menschen. Als sie in seliger Ruhe herabschwebte, zog sie das bebende Mädchen ganz unter sich. Mit allen Pranken zwängte sie die dunkle warme Gestalt an ihr graues Fell.
Es glühten die großen Augen des Mädchens, feurig im schwarzen Flusse wie Teer. Zusammengekrampft der kleine himbeerfarbene Mund, heraufgerissen die niedrige Stirn an das metallisch funkelnde Haupthaar. Noch atmete es, streichelte Nahars struppiges Gehänge mit seinen ausgereckten Fingern, verloren seufzte es hin, niedergeworfen unter der ungeheuren Last. Es glühten die großen Augen des Mädchens, feurig im schwarzen Flusse wie Teer. Zusammengekrampft der kleine himbeerfarbene Mund, heraufgerissen in vielen Falten die niedrige Stirn an das metallisch funkelnde Haupthaar. Starr vor Schrecken, stumm, fast entseelt. Noch atmete es, streichelte Nahars struppiges Gehänge mit seinen ausgereckten Fingern, verloren seufzte es hin, niedergeworfen unter der ungeheuren Last.
Weit krümmte sich die Jungfrau auseinander. Die Brüste, die festen dunklen Hügel, reckten sich, glühend in Angst. Ihre zarten Knie raffte sie an sich, dem Tiger streichelten sie die Kehle. Ihre zitternden Zehen, dunkle Knospen, verfingen sich in dem weißen Nebelhof, der um die breiten Wangen des Tigers lohte. Im Wirbel wand sich das schwellende Geschöpf unter dem hageren Leibe des Raubtiers. Endlich ruhte es: aufgerissen hielt das Mädchen die tierhaft finstern Augen, die ohne Grund und Ufer in Schwärze blendend versanken. Gerunzelt die vollen, himbeerfarbenen Lippen: ohne Furchen die breite ebene Stirn. Auf dem langen dichten Haar ruhte sie wie auf schwarzem Kissen, in Olgas Züge gekleidet. Der Kreis auf der Stirn, der blendende Kalk, die fein gezeichnete Rune verging nicht: weiß eingegraben im Mondschein. Weit krümmte sich die Jungfrau auseinander. Die Brüste, die festen dunklen Hügel, reckten sich, glühend in Angst. Ihre zarten Knie raffte sie, verzweifelt sich schützend, eng an sich, dem Tiger streichelten sie die Kehle. Ihre zitternden Zehen, dunkle Knospen, verfingen sich in dem weißen Nebelhof, der um die breiten Wangen der Tigerin lohte. Im Wirbel wand sich das schwellende Geschöpf unter dem hageren Leibe des Raubtiers. Endlich ruhte es still: aufgerissen hielt das Mädchen die tierhaft finsteren Augen, die ohne Grund und Ufer in Schwärze versanken. Gerunzelt die vollen, himbeerfarbenen Lippen: ohne Furchen war jetzt die breite ebene Stirn. Auf ihrem langen dichten Haar ruhte sie wie auf schwarzem Kissen. Der Kreis auf der Stirn, der blendende Kalk, die fein gezeichnete Rune verging noch nicht: weiß eingegraben im Mondschein.
Nahar erkannte Olga nicht.
Mit einem Prankenschlag riß der Tiger dem Mädchen den starren Kopf in eine einzige klaffende Wunde, dann warf er, ein schnellendes Spiel, den Körper vor sich hin, es bauschte sich die rote Seide, süß raschelnd um die weichen Hüften des Mädchens, schon jagte der Tiger ihm nach, lockte es mit hoher Stimme, aber die aufzuckenden Glieder bedeckte er bleischwer mit seinem Leib, jede Regung erstickte er mit tiefem Knurren, unter dem die Erde erbebte. Mit einem Prankenschlag riß die Tigerin dem Mädchen den starren Kopf in eine einzige klaffende Wunde, dann warf sie, ein schnellendes Spiel, den Körper vor sich hin, es bauschte sich die rote Seide, süß raschelnd um die weichen Hüften des Mädchens, schon jagte Nahar ihm nach, lockte es mit hoher Stimme, aber die auf zuckenden Glieder bedeckte sie bleischwer mit ihrem Leib, jede Regung erstickte sie mit tiefem Knurren, unter dem die Erde erbebte.
Ferne riefen ihn Stimmen in menschlichem Flehen: aus dem bewußtlosen Munde kam heiseres Stöhnen, Olgas tiefer, rauher, männlicher Laut. Ferne riefen sie Stimmen in menschlichem Flehen: aus dem Munde kam heiseres Stöhnen.
Nahar schlug eine neue Wunde. Sie brach die kernige Brust fort, als wäre es ein Stein über einem rauschenden Quell. Nahar schlug eine neue Wunde. Sie brach dem schon regungslosen Mädchen die kernige Brust fort, als wäre es ein Stein über einem rauschenden Quell.
Schon war das Auge des Mädchens erstarrt zu schwarzem Glas, fortgeronnen war der weiße heilige Kreis von der niedrigen Stirne, das Gesicht fiel nieder: ein in Zerrissenheit ruhendes Gebirge, weiß blinkten die durchfurchten Schluchten im letzten Odem, im letzten Gebet. Die schweren Arme hielt der Mensch ausgebreitet, weit geflügelt. Schon war das Auge des Mädchens erstarrt zu schwarzem Kristall, fortgeronnen war jetzt der weiße heilige Kreis von der niedrigen Stirne, das Gesicht fiel nieder: ein in Zerrissenheit ruhendes Gebirge. Weiß blinkten die durchfurchten Schluchten im letzten Odem, im letzten Gebet. Die schweren Arme hielt der Mensch ausgebreitet, weit geflügelt.
Aber aus den zertrümmerten Rippen hervor pochte noch steigend und fallend das Herz. Aber aus den zertrümmerten Rippen hervor pochte noch steigend und fallend ein Herz.
Stumm das Tier, auf die schwellenden Schenkel des Mädchens gelagert, von roter Seide gestreichelt, vom Blute warm unterströmt. Stumm das Mädchen, an dem das Herz allein noch lebte. Ohne Sprache der Mund, ohne Atem die üppige Kehle, nur Olgas Herz, der rote Glanz im rauschenden Dunkel der Brust, hob sich ohne Ermüden, schlug weich an die Wände. Stumm das Tier, auf die schwellenden Schenkel des Mädchens gelagert, von roter Seide gestreichelt, vom Blute warm unterströmt. Stumm das Mädchen, an dem das Herz allein noch lebte. Ohne Sprache der Mund, ohne Atem die üppige Kehle. Der rote Glanz innen im rauschenden Dunkel der Brust hob sich ohne Ermüden, schlug weich an die Wände.
Tiefe Nacht. Frösche quakten, laut tönte das Trillern der Zikaden. Die hohen Halme des Alang-Alanggrases zitterten. Durch die Nacht jagte Kalong, der Vogel mit Fledermausflügeln. Die Nachtvögel tönten dumpf von den Wipfeln der Bäume. Schwer wehte warme Luft, von Feuchtigkeit gesättigt. Der Mond ging auf.
Als im sinkenden Mond schimmernde Nebel aufstiegen aus dem Sandelholzwalde, wehende Grundwolken vom leise ziehenden Flusse sich hoben, am Rande durchhaucht vom blau dämmernden Licht, da riß der Tiger das zerfetzte Tuch von der Hüfte des Mädchens. Aus der nackten Lende, die in holder Rundung schwebte, saugte Nahars Zunge erst den Schildkrötengeschmack des salbenden Öles, dann aber das herrliche Blut. Als im sinkenden Mond schimmernde Nebel aufstiegen aus dem Sandelholzwalde, wehende Grundwolken vom leise ziehenden Flusse sich hoben, am Rande durchhaucht vom blau dämmernden Licht, da riß der Tiger das zerfetzte Tuch von der Hüfte des Mädchens. Aus der nackten Lende, die in holder Rundung schwebte, saugte Nahars Zunge erst den Schildkrötengeschmack des salbenden Öles, dann aber das herrliche Blut.
IX
Neuntes Kapitel Bis zum Tage lag das greisenhafte, grau verkommene Tier über dem schwellenden Körper des blühenden Madchens. Mit verkrümmter Pranke hinkte Nahar dann fort, ließ eine weithin sichtbare Fährte in den sumpfigen Wegen. Die schwarzen Streifen, in vielen Ringen gekettet um ihr schmales Haupt, waren durchsetzt von fahlem Gestrüpp, starrten im dornigen Kranz des mißfarbigen Alters. Bis zum Tage lag das greisenhafte, grau verkommene Tier über dem schwellenden Körper des blühenden Mädchens. Mit verkrümmter Pranke hinkte Nahar dann fort, ließ eine weithin sichtbare Fährte in den sumpfigen Wegen. Die schwarzen Streifen, in vielen Ringen gekettet um ihr schmales Haupt, waren durchsetzt von fahlem Gestrüpp, starrten wie im dornigen Kranz des mißfarbigen Alters.
Noch zitterte der tropische Hain, durch das Dunkel der weichgefiederten Farne brach Licht, des Mittags blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken auf dem grell getigerten Fell, so ruhte einst Nahar auf dem Grabe der getöteten Tiere, ein Liebesweib auf blutigem Lager. Nun schlich sie ruhelos dahin, und die grauen Nebel der ewigen Güsse schmiegten sich als Mantel um ihr unzerstörbares Herz. Noch zitterte der tropische Hain, durch das Dunkel der weichgefiederten Farne brach Licht, des Mittags blendend hinabgegossene Sonne. Glimmernde Feuerflecken auf dem grell getigerten Fell, so ruhte einst Nahar auf dem Grabe der getöteten Tiere, ein Liebesweib auf blutigem Lager. Nun schlich sie ruhelos dahin, und die grauen Nebel der ewigen Güsse schmiegten sich als Mantel um ihr unzerstörbares Herz.
Es stürzten die Orkane des Sommers durch den triefenden Wald. Der Himmel, die schwarze niedrige Schale, war gepeitscht von Blitzen. Die schwer schwingende Welle von einst wogte um sie, die noch einmal aufsommerte als Weib. Aus der trockenen Niederung des Bauches stiegen ihr sechs feuchte schwellende Hügel, wärmten sie mild, als wären sie die schwellenden Schenkel des nackten Mädchens, das unter ihr verblutend starb. Es stürzten die Orkane des Sommers durch den triefenden Wald. Der Himmel, die schwarze niedrige Schale, war gepeitscht von Blitzen. Die schwer schwingende Welle von einst wogte um sie, die noch einmal auf sommerte als Weib. Aus der trockenen Niederung des Bauches stiegen ihr sechs feuchte schwellende Hügel, wärmten sie mild, als wären sie die schwellenden Schenkel des nackten Mädchens, das unter ihr verblutend vergangen war.
Donner dröhnte, als wäre es das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Himmel in rauschendem Regen durchstreift. War es nicht der Vater, der unverloren lebende Geliebte, der aus grünblitzenden Augen sie anleuchtete, sie suchte und weckte mit zündendem Licht? Ihm entgegen sprang sie auf, sie jagte ihre müden Glieder ab in wildestem Hetzen, sie trabte leise am Saume des schwarztriefenden Waldes, die Zunge spann sie aus, über der noch Menschenblut, Menschenduft schwebte, sie sehnte sich, von Menschenseele umgeistert, nach seiner Liebkosung, nach der Berührung des großen Tieres, des Vaters, des unbesieglichen unermeßlichen Mannes. Donner dröhnte, als wäre es das ungeheure Vatertier, das zur Nacht den Urwald in rauschendem Regen durchstreift. War es nicht der Vater, der unverloren lebende Geliebte, der aus grünblitzenden Augen sie anleuchtete, sie suchte und weckte mit zündendem Licht? Ihm entgegen sprang sie auf, sie jagte ihre müden Glieder ab in wildestem Hetzen, sie trabte leise am Saume des schwarztriefenden Waldes, die Zunge spannte sie aus, über der noch Menschenblut, Menschenduft schwebte, sie sehnte sich, von Menschenseele umgeistert, nach seiner Liebkosung, nach der Berührung des großen Tieres, des Vaters, des unbesieglichen unermeßlichen Mannes.
Aber bloß kaltes Wasser rieselte ihr in den Mund aus gewitternder Nacht. Aber bloß kaltes Wasser rieselte ihr in den Mund aus gewitternder Nacht.
In das kühle, kahle Gebirge kletterte sie, mit Mühe schleppte sie ihrer Glieder krachenden Bau durch die Schluchten in die einsamen dürftigen Matten, sie verließ das Menschengelände, die gefahrlose Jagd, die Wollust des gemordeten Menschen, sein schlürfend genossenes Blut. In das kühle, kahle Gebirge kletterte sie, mit Mühe schleppte sie ihrer Glieder krachenden Bau durch die Schluchten, in die einsamen dürftigen Matten, sie verließ das Menschengelände, die gefahrlose Jagd, die Wollust des gemordeten Menschen, sein schlürfend genossenes Blut.
Unter den Steinen des Gebirges wachte sie, trank eisiges Wasser zum Durst, riß silberne Ölfrüchte zum Hunger, aber über die Felsen nahte kein Tiger, in die Tiefe wanderte sie zurück, weicher umstreichelt vom neuen Frühling, der in schweren duftenden Wogen aus rot blühenden Wiesen aufschwoll zur regungslosen, mittagflirrenden Blüte, strotzend von Säften, grünschwarz gegen den weiß blendenden, kochenden Himmel. Unter den Steinen des Gebirges wachte sie, trank eisiges Wasser zum Durst, riß silberne Ölfrüchte zum Hunger, aber über die Felsen nahte kein Tiger, in die Tiefe wanderte sie zurück, weicher umstreichelt vom neuen Frühling, der in schweren duftenden Wogen aus rotblühenden Wiesen aufschwoll zur regungslosen, mittagflirrenden Blüte, strotzend von Säften, grünschwarz gegen den weiß blendenden, kochenden Himmel.
Bis zum Rande, bis hinauf zum schwankenden Himmel war der Urwald des blau blühenden Sommers gefüllt. Bis zum Rande, bis hinauf zum schwankenden Himmel war der Urwald des blaublühenden Sommers gefüllt.
Brüllaffen, Orang-Utan, Elefant, Schildkröte, Wildbüffel, zahmweidende Rinder, die vierhörnige Antilope, der schwere Tapir, Wildkatzen und Moschustier, Hunde, Hyänen und Geier. Steppe, fern ein Dorf, fern der Berg im kahlen Gelände, Pfauen, Smaragdvögel und Tauben, grau und rosenrot. Fluß, Sumpf, Berg aus Kies und Geröll, Gebüsch und Wald, Vaterwald, Heimatwald, aber nirgends der Vater, der Bruder, der Sohn, nirgends ein Tier wie sie selbst.
Nahar, die kümmerliche Greisin, lag verkrümmt um sich selbst, umgeben vom einzig Vertrauten, gestreichelt von der eigenen Zunge, der einzig Liebkosenden, im Halbschlaf unter dem Gebüsch am heiser ziehenden Flusse. Da hörte sie dumpfgrollenden Laut, freudiges Schnauben, silbern klagenden Laut, selig erwachte Nahar, die Tiere ihrer Seele gerettet vor sich. Nahar, die kümmerliche Greisin, lag verkrümmt um sich selbst, umgeben vom einzig Vertrauten, gestreichelt von der eigenen Zunge, der einzig Liebkosenden, im Halbschlaf unter dem Gebüsch am heiser ziehenden Flusse. Da hörte sie dumpfgrollenden Laut, freudiges Schnauben, silbern suchenden Laut, selig erwachte Nahar, die Tiere ihrer Seele gerettet vor sich.
Unter den schwarzen Stämmen kämpften Tiger, zwei gewaltige Männer strotzenden Geschlechts mit klirrenden Zähnen, fauchenden Nüstern, abseits, aber nahe, im Atemhauch ihrer Nähe, bestaubt von den Haaren der Männerfelle, duckte sich eine junge Tigerin, in glühender Ruhe, gleißend im Glanze des jungfräulichen Körpers. Ebenbild Nahars von einst. Unter den schwarzen Stämmen kämpften Tiger, zwei gewaltige Männer strotzenden Geschlechts mit klirrenden Zähnen, fauchenden Nüstern. Abseits, aber nahe, im Atemhauch ihrer Nähe, bestäubt von den Haaren der Männerfelle, duckte sich eine junge Tigerin in glühender Ruhe, rostrot und goldbraun gleißend im Glänze des jungfräulichen Körpers. Ebenbild Nahars von einst.
Nahar umschlich die kämpfenden Männer, wütend fauchte sie lautlos die Tigerin an, aber in Angst hatte sie die verkrüppelte Pranke gehoben, schon riß die Feindin mit hinzischender Kralle eine lange Wunde ihr in die dünn vernarbte Haut. Aber noch hatte Nahar sich selbst, sie verbiß knirschend den Schmerz, der ihr Inneres mit Nägeln zermarterte, wuchtend mit dem ganzen Gewicht, ausgebreitet alle Pranken, warf sie sich unwiderstehlich in ihrer Wut über die Feindin, mit dem aufgebäumten Nacken lud sie die andere sich auf, trug sie zum Hohne ein Stück, schleuderte sie dann in hohem Schwunge nieder in das Dickicht, wo sie wie eine Schlange, niedrig am Boden, sich fortwand. Aber noch lebte sie, noch rann, heiser lockend, ihr Liebesruf, aus dem Dunkel. Nahar umschlich die kämpfenden Männer, wütend fauchte sie dann lautlos die Tigerin an, schon riß die Feindin mit hinzischender Kralle eine lange Wunde ihr in die dünn vernarbte Haut. Aber noch hatte Nahar sich selbst, sie verbiß knirschend den Schmerz, der ihr Inneres zermarterte. Wuchtend mit dem ganzen Gewicht, ausgebreitet alle Pranken, warf sie sich unwiderstehlich in ihrer Wut über die Feindin, mit dem aufgebäumten Nacken lud sie die andere sich auf, trug sie zum Hohne ein Stück, schleuderte sie dann in hohem Schwünge nieder in das Dickicht, wo sie wie eine Schlange, niedrig am Boden, sich fortwand. Aber noch lebte die Junge, noch rann, heiser lockend, ihr Liebesruf aus dem Dunkel.
Gewaltig hob sich der siegende Mann aus dem Kampf, in hohem Sprung setzte er über den ohnmächtig flach liegenden Körper des Besiegten. Dem Liebesruf der jungen Tigerin zu antworten, öffnete er den dunkel blutigen Rachen in Gebrüll, zwischen den Büschen verschwand er, während der Unterlegene, ermattet von Schlägen, schleppend mit gesenkten altersmüden Gliedern, sich aufrichtete vom Boden und geduckt in Demut zu Nahar heranschlich: Er beroch sie mit seinen schwarzen Nüstern, streichelte sie schüchtern mit den Zitterhaaren seines schütteren Bartes. Gewaltig hob sich der siegende Mann aus dem Kampf, in hohem Sprung setzte er über den ohnmächtig flach liegenden Körper des Besiegten. Dem Liebesruf der jungen Tigerin zu antworten, öffnete er den dunkel blutigen Rachen in Gebrüll, zwischen den Büschen verschwand er, während der Unterlegene, ermattet von Schlägen, schleppend mit gesenkten altersmüden Gliedern, sich aufrichtete vom Boden und geduckt in Demut zu Nahar heranschlich: er beroch sie mit seinen schwarzen Nüstern, streichelte sie schüchtern mit den weißen Zitterhaaren seines schütteren Bartes.
Süßes Summen entquoll Nahars Brust, aber der Tiger rieb nur seinen Kopf an ihrem Rücken, er sperrte gähnend seinen müden Rachen auf, aus dem die Zähne in vergilbten, schiefen Reihen starrten, zu ihren Füßen legte er sich nieder. Sie stieß ihn an, rief ihn, lockte ihn mit schmeichelnder Zunge, die sie einschmiegte in die Furchen seines Gesichts, die sie einbohrte in die kühle Höhle seines Mundes. Sie wurde nicht müde neben dem Müden, sie kroch unter ihn, obwohl aus ihrer zerfetzten Pranke, aus der armen Narbe neues Blut floß. Sie hob doch seine schwere Last, doppelt getürmt, auf sich. Das arme Glied, die fünfzackige Tatze drang tief ein in die ätzende Erde, bis an die Büschel am Knie stand Nahar im Sumpf, zur Hälfte war sie begraben, in der Stille atmeten beide. Schräg hing an ihrem edlen Halse sein müder Kopf herab, seine Pranken, die schweren Knochen in der schlotternden Hülle, schwarz und gelb getigert, waren so nahe ihrer pochenden Brust, seine Krallen rührten so mild an ihre noch einmal gesegneten quellenden Euter. Aber die aufgeblätterte Blume ihres Geschlechtes blieb leer, nur außen strich sein Körper kalt dahin. Schwer glitt der Regen zwischen ihn und sie. Nacht. Finsternis füllte die Schlucht. In gläsernen Säulen weißen Glanzes stieg der Mond über den hochstämmigen Urwald. Dämmer des Morgens. Nebel ballten sich über den Wassern, in weißen Streifen die Sonne vergitternd. Mittag blendete nieder, flimmernd kochende Luft, von Myriaden blauer Libellen durchschwirrt: Immer noch lagen die Tiere, ein ohnmächtiger Klumpen in vereister Umarmung übereinander. Stille. Bloß Rascheln seiner stachelbewehrten Zunge über ihre hängenden Augenlider. Ihre verwundete Pranke hielt sie ihm empor, ob er sie heile im lauen Kusse, ihre Narbe zeigte sie ihm, ob er sie ihr löse. Süßes Summen entquoll Nahars Brust, aber der Tiger rieb nur seinen Kopf an ihrem Rücken, er sperrte gähnend seinen müden Rachen auf, aus dem die Zähne in schon vergilbten, schiefen Reihen starrten, zu ihren Füßen legte er sich nieder. Sie stieß ihn an, rief ihn, lockte ihn mit schmeichelnder Zunge, die sie einschmiegte in die Furchen seines Gesichts, die sie einbohrte in die kühle Höhle seines Mundes. Sie wurde nicht müde neben dem Müden, sie kroch unter ihn, obwohl aus ihrer zerfetzten Pranke, aus der armen Narbe neues Blut floß. Sie hob doch seine schwere Last, doppelt getürmt, auf sich. Das arme Glied, die fünf zackige Tatze, drang tief ein in die ätzende Erde, bis an die Büschel am Knie stand Nahar im Sumpf, zur Hälfte war sie begraben. In der Stille atmeten beide. Schräg hing an ihrem edlen Halse sein müder Kopf herab, seine Pranken, die schweren Knochen in der schlotternden Hülle, schwarz und gelb getigert, waren so nahe ihrer pochenden Brust. Aber die aufgeblätterte Blume ihres Geschlechtes blieb leer, nur außen strich sein Körper kalt dahin. Schwer glitt der Regen zwischen ihn und sie. Nacht. Finsternis füllte die Schlucht. In gläsernen Säulen weißen Glanzes stieg der Mond über den hochstämmigen Urwald. Dämmer des Morgens. Nebel ballten sich über den Wassern, in weißen Streifen vor der Sonne emporsteigend. Mittag blendete nieder, flimmernd kochende Luft, von Myriaden blauer Libellen durchschwirrt: immer noch lagen die Tiere, ein ohnmächtiger Klumpen, in vereister Umarmung übereinander. Stille. Bloß Rascheln seiner stachelbewehrten Zunge über ihre hängenden Augenlider. Ihre verwundete Pranke hielt sie ihm empor, ob er sie heile im lauen Kusse.
Dann wich sie aus dem unfruchtbaren Lager. Grau, mit spitzen Schultern hinkend ging sie den Waldpfad entlang, den alten gebahnten Weg, am Ufer des leise ziehenden Flusses, zurück in den alten Bereich. Dann wich sie aus dem unfruchtbaren Lager. Grau, mit spitzen Schultern hinkend, ging sie den Waldpfad entlang, den alten gebahnten Weg, am Ufer des leise ziehenden Flusses, zurück in den alten Bereich.
X
Zehntes Kapitel Die Sonne ging auf in ungeheurem Getöse. Die Stiere brüllten in der Nähe, die Pfauen schrien ihren mißtönigen Laut, bunt wandelnd auf dem bunten Teppich, ferne heulten die wilden Hunde, wie Menschen lachten Hyänen. Aber Nahar erkannte das Land: Die Stiere brüllten in der Nähe, die Pfauen schrien ihren mißtönigen Laut, bunt wandelnd auf dem bunten Teppich, ferne heulten die wilden Hunde, wie Menschen lachten Hyänen.
zurück in die Heimat der Freude, zurück zur Geburt, in den einstigen Tag kehrte das verstümmelte Tier. Aber Nahar erkannte das Land: zurück in die Heimat der Freude, in den einstigen Tag kehrte das verstümmelte Tier.
In der geliebten alten Höhle, die breiten, gelb und schwarz geringelten Tatzen auf einen mächtigen Haufen zerfleischten Gebeins gelagert, mit weit vorgestrecktem Halse, funkelnd aus düster blitzenden Lichtern, ruhte der ewige Mann, der unverloren lebende Geliebte, der Vater. In der geliebten alten Höhle, die breiten, gelb und schwarz geringelten Tatzen auf einen mächtigen Haufen zerfleischten Gebeins gelagert, mit weit vorgestrecktem Halse, funkelnd aus düster blitzenden Lichtern, ruhte der ewige Mann, der unverloren lebende Geliebte, der Vater.
Gebückt nahte Nahar, mit Mühe schritt sie dahin, um den hinkenden, hüpfenden Schritt zu verbergen, in den Schatten der ragenden Bäume preßte sie sich, das elende, büschelig bewachsene Fell zu verdecken, zu decken die graue Veralterung des Jahres. Ihn zu sich zu locken war sie bestrebt, der, ein Quaderturm der Kraft, in der Sonne saß, und blendend brach sich das Feuer des Morgens an seinem wellig wogenden Fell. Gebückt nahte Nahar, mit Mühe schritt sie dahin, um den hinkenden, hüpfenden Schritt zu verbergen, in den Schatten der ragenden Bäume preßte sie sich, das elende, büschelig bewachsene Fell zu verdecken, zu verhüllen die graue Veralterung des Jahres.
Sie rief ihn mit dem alten, lockenden Ruf, schon hob er sich, dehnte den edel gegliederten Leib, höhlte den Kiel des langgestreckten Rückens: sie aber, ganz in ein kleines Bündel geklammert, hatte sich verengt, zitternd wie im Frost erwartete sie ihn demütig in der Stille: schon war er ihr nahe, – selige Entzückung durchrieselte sie wie einst, – mit ihren Krallen fuhr sie wie durch zischendes Wasser ihm durch sein hohes knisterndes Fell, die schwarzen Streifen entlang, sie glitt dahin in den Rinnen seiner federnden Rippen. Sie rief ihn mit dem alten, lockenden Ruf, schon hob er sich, dehnte den edel gegliederten Leib, höhlte gähnend den Kiel des langgestreckten Rückens. Sie aber, ganz in ein kleines Bündel geklammert, hatte sich verengt, zitternd wie im Frost erwartete sie ihn demütig in der Stille: schon war er ihr nahe – selige Entzückung durchrieselte sie wie einst –, mit ihren Krallen fuhr sie wie durch zischendes Wasser ihm durch sein hohes knisterndes Fell, die schwarzen Streifen entlang, sie glitt dahin an den Rinnen seiner federnden Rippen.
Rote Wolken wogten um Nahar, die plötzlich hinsinkend, hinküssend noch einmal sich verlebte in den süßbitter schwebenden Duft. Die Seele der schweißgebadeten Männer brach ihr entgegen aus seinen hell bebuschten Achseln, berauschend schwelte es aus der Bucht der Hinterpranken an ihr empor. Rote Wolken wogten um Nahar, die plötzlich hinsinkend, hinküssend noch einmal sich verlor in den süßbitter schwebenden Duft. Die Seele der schweißgebadeten Männer brach ihr entgegen aus seinen hell bebuschten Achseln, berauschend schwelte es aus der Bucht der Hinterpranken an ihr empor.
Langen rufenden Laut, heiser klagenden Gesang strömte ihre Kehle aus, wonnevoll erzitterte ihre Brust, grau durchsträhnt unter dem golden kreisenden Blick. Vor dem Manne brach sie nieder in Lust, in der atemlosen Minute sog sie die kommende Umarmung tief ein bis zur Kehle. Langen rufenden Laut, heiser klagenden Gesang strömte ihre Kehle aus, wonnevoll erzitterte ihre Brust, grau durchsträhnt unter seinem golden kreisenden Blick. Vor dem Manne brach sie nieder in Lust, in der atemlosen Minute sog sie die kommende Umarmung tief ein bis zur Kehle.
Getröstet, wieder aufgenommen, aufgesommert noch einmal: Unbeschreibliches durchrann sie, im Takte hart und neu geschwellt, umfaßt war sie, begriffen, ergriffen: Nahar von einst, Olga, Nahar von jetzt, selig verzaubertes Tier. Getröstet, wiederaufgenommen, auf gesommert noch einmal: Unbeschreibliches durchrann sie, im Takte hart und neu geschwellt, umfaßt war sie, begriffen, ergriffen. Nahar von einst, Nahar von jetzt, selig verzaubertes Tier.
Sie ruhte auf ihren niederen Pranken, glatt die schweren Knie, unerschütterlich. Sie ruhte auf ihren niederen Pranken, glatt die schweren Knie, unerschütterlich.
In Frieden. In Frieden.
Nie verwundet. Nie verwundet.
Nie zerfetzt und von Fliegen zerrissen. Nie zerfetzt und von Fliegen gepeinigt.
Nie von Würmern gemartert. Nie von Würmern gemartert.
In Mädchenfreude schlug ihr Herz, als wäre es nie in nächtlicher Qual, eine gepeinigte Mutter, gekreist um den am blutigen Pfahle kreisenden Leib des geliebtesten Kindes, das in der finsteren Höhle des Aases jammervoll wehklagte. In Mädchenfreude schlug ihr Herz, als wäre es nie in nächtlicher Qual, eine gepeinigte Mutter, gekreist um den am blutigen Pfahle kreisenden Leib des geliebtesten Kindes, das in der finsteren Höhle des Aases jammervoll wehklagte.
In der bebenden Lust der schmerzeröffneten Jungfrau seufzte sie aus, als hätte sie nie die tote Erstgeburt wie ein gewichtloses Blatt an ihren Zähnen zurückgetragen zur Höhle, wo sie jetzt die Umarmung des Mannes erwartete. In der bebenden Lust der schmerzeröffneten Jungfrau seufzte sie aus, als hätte sie nie die arme Erstgeburt wie ein gewichtloses Blatt zwischen ihren Zähnen zurückgetragen zur Höhle, wo sie jetzt die Umarmung des Mannes erwartete.
Wie selig, sich zu beugen unter die steinschwere Last seines Körpers! Wie selig, sich zu beugen unter die steinschwere Last seines Körpers!
Wie hold, sein Herz in ihrer Achsel zu fühlen. Wie weich war die Bürde, der bebende Himmel war niedergegossen auf sie. Wie hold, sein Herz in ihrer Achsel zu fühlen. Wie weich war die Bürde, der bebende Himmel war niedergegossen auf sie.
Herrlichste Wiederkehr ins Paradies der Tiere. Herrlichste Wiederkehr ins Paradies der Tiere.
Fernher dämmerte der Mensch, er aber war nah. Des Vatertiers holde Männerpranken schwebten mit festem Griff, um nie zu ermatten, an ihrer Lende. Über ihrem Haupte blutete nieder das düstere Licht seiner runden Augen, die ruhig wandelnden Sterne, nie zu verlöschen. Fernher dämmerte der Mensch, er aber war nah. Des Vatertiers holde Männerpranken schwebten mit festem Griff, um nie zu ermatten, an ihrer Lende. Über ihrem Haupte glimmerte das große Licht seiner runden Augen, die ruhig wandelnden Sterne, nie zu verlöschen.
Er, der große rettende Gott, hob sie aus dem Wolkenschatten des bösen Erinnerns zu sich. Sein Atem hauchte ihr zu. Vertraut, ohne Worte, ein Tier unter Tiere gelagert. Er, der große rettende Gott, hob sie aus dem Wolkenschatten des bösen Erinnerns zu sich. Sein Atem hauchte ihr zu. Vertraut, ohne Worte, ein Tier unter Tiere gelagert.
In der Heimathöhle liebte sie, im guten gesegneten Haus. Jetzt kam er, in ihr Inneres hinein schlang sich sein Mantel, in ihre verzauberte Seele glühte noch einmal seine Glut, in ihren Blick tränte sein Auge. In der Heimathöhle war sie, im guten gesegneten Haus. Jetzt kam er, in ihr Inneres hinein schlang sich sein Mantel, in ihre verzauberte Seele glühte noch einmal seine Glut, in ihrem Blick spiegelte sein Auge.
Sie wandte ihm ihr ausgebreitetes Antlitz zu in sanft geneigter Biegung nach oben, sie zeigte sich ihm ganz nah, ob er sie erkenne. Mit sehnsüchtig geschlossenem Munde saugte sie das überschwere Fleisch seiner Brust, ob er das Streicheln ihrer Zunge noch wisse. Sie wandte ihm ihr ausgebreitetes Antlitz zu in sanft geneigter Biegung nach oben, sie zeigte sich ihm ganz nah, ob er sie erkenne. Mit sehnsüchtig geschlossenem Munde saugte sie das überschwere Fleisch seiner Brust, ob er das Streicheln ihrer Zunge noch wisse.
Er war es, der Ewige, der über ihr lastete, sie war es, die Ewige, die unter ihn sich schmiegte im Sehnen. Er war es, der Ewige, der über ihr lastete, sie war es, die Ewige, die unter ihn sich schmiegte im Sehnen.
Eingemauert stand sie, in braunschimmerndes Gold gehüllt, zwischen den vier Säulen seiner niedrig gequaderten Glieder, stumm bot sie ihm ihren Schoß. Sein steinernes Geschlecht blutete nieder in sie. Eingemauert stand sie, in braunschimmerndes Gold gehüllt, zwischen den vier Säulen seiner niedrig gequaderten Glieder, stumm bot sie ihm ihren Schoß. Sein steinernes Geschlecht drang nieder in sie.
Heiß in rauschende Umarmung gestürzt, die schweifenden Tiere, die blutdürstenden Herzen, ein einziger Leib. Nahars in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, ihre sinkenden Augen, alles vereinigt mit ihm, grenzenlos. Ein hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so floß ihr Blut. Sie verschwand sich selbst. Heiß in rauschende Umarmung gestürzt, die schweifenden Tiere, die blutdürstenden Herzen, ein einziger Leib. Nahars in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, ihre sinkenden Augen, alles vereinigt mit ihm, grenzenlos. Ein hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so pochte ihr Blut. Sie verschwand sich selbst.
Nicht mehr verlorene Mutter, nicht mehr verkrüppeltes Tier. Tief verzauberte Seele im letzten Rausch: so lebte sie in Liebe. Nicht mehr verlorene Mutter, nicht mehr verkrüppeltes Tier. Tief verzauberte Seele im letzten Rausch: so lebte sie in Liebe.
In Strahlen brach es aus ihr: Er aber, in purpurnem Schweigen, durchblutete sie bis zur Vernichtung. In Strahlen brach es aus ihr: er aber, in purpurnem Schweigen, beglückte sie bis zur Vernichtung.
Feuriger Regen der tropischen Sonne. Glitzernde Funken. Grüngoldiger Schatten ergoß sich aus dem weiten gütigen Himmel über ihre letzte Vereinigung. Feuriger Regen der tropischen Sonne. Glitzernde Funken. Grüngoldiger Schatten ergoß sich aus dem weiten gütigen Himmel über ihre letzte Vereinigung.
Die Tiere des Abends umschritten sie leise. Die Tiere des Abends umschritten sie leise.
XI
Elftes Kapitel Nahar erwachte erst nachts. Der Geliebte war schon fort, aber noch war sie von seinem Duft umwittert: der Mann rief aus der Ferne nach ihr, mit dumpfem Ruf die Erde erschütternd. Sie kam ihm nach, in hellem Mondglimmer gingen sie zur Jagd, den Weg zur Furt hinab. Sie folgte ihm langsam, da die verkrüppelte Pranke sie hemmte, doch er schmeichelte um sie, er atmete ihren Geruch ein, nahm auf das Blitzen ihres liebend zugewandten Auges. Nahar erwachte erst nachts. Der Tiger war schon fort, aber noch war sie von seinem Duft umwittert: der Mann rief aus der Ferne nach ihr, mit dumpfem Ruf die Erde erschütternd. Sie kam ihm nach, in hellem Mondglimmer gingen sie zur Jagd, den Weg zur Furt hinab. Sie folgte ihm langsam, da die verkrüppelte Pranke sie hemmte, doch er schmeichelte schnurrend um sie, er atmete ihren Geruch ein, nahm das Blitzen ihres liebend zugewandten Auges auf.
Tiere ihresgleichen sprangen ferne am Saume des blauschimmernden Waldes, aus der Tiefe am Flusse plätscherte es mild. Gebeugt die schlanken Rücken, glitzernd in den gesprenkelten Fellen, tranken die Rehe, eng aneinander geschart. Sie wichen vom Ufer, verraschelten in die hohen Gräser. Ein junges Nashorn stieg in die Flut mit trägem Schritt, watete bis in die Mitte des Wassers, ein Berg von Fleisch, gut zu erjagen, leicht zu zerreißen. Tiere ihresgleichen jagten ferne am Saume des blauschimmernden Waldes, aus der Tiefe am Flusse plätscherte es mild. Gebeugt die schlanken Rücken, glitzernd in den gesprenkelten Fellen, tranken die Rehe, eng aneinander geschart. Sie wichen vom Ufer, verraschelten in die hohen Gräser. Ein junges Nashorn stieg in die Flut mit trägem Schritt, watete bis in die Mitte des Wassers, ein Berg von Fleisch, gut zu erjagen, leicht zu zerreißen.
Schon schlich sie vor, sie wartete, hingestreckt mit zitternden Flanken, auf das Jagdtier, das schnaufend, wassersprühend, plump dem Bade entstieg. Von dem nackten Fell, den Platten aus dunkelstem Erz, rannen in helleren Streifen Fluten herab auf die nickenden Gräser. Schon bohrte es sich neben Nahar vor, stapfte mit breiten Knien, riß sich von den niedrigen Zweigen Blätter und Sprossen herab zum gemächlichen Fraß, zu lautem Schmatzen, da setzte der Tiger an in herrlichem Tiersprung, jetzt durchschwirrte er die Luft, sausend im Fluge, mit allen vier Pranken faßte er an, landete fest, ein wütend eingebissener Bogen, mit den Zähnen knirschte er sich hinein in das feuchte nackte Fell, hing an der ehernen Mauer. Aber die Beute schüttelte sich, in ungebrochener Kraftwut bäumte sie sich auf, um durch das Dach der Bäume zu stoßen, wie einen Felsen warf es sich nieder und türmte die Last eines Felsens über den Tiger, der, im Ersticken, sich tiefer einbiß in sein zuckendes Fleisch. Schon jagte er auf, in rasendem Lauf stürmend durch den Mondwald. Schon schlich Nahar vor, sie wartete, hingestreckt mit zitternden Flanken, auf das Jagdtier, das schnaufend, wassersprühend, plump dem Bade entstieg. Von dem nackten Fell rannen in helleren Streifen Fluten herab auf die nickenden Gräser. Schon bohrte es sich neben Nahar vor, stapfte mit breiten Knien, rupfte sich von niedrigen Zweigen Blätter und Sprossen herab zum gemächlichen Fraß, zu lautem Schmatzen, da setzte der Tiger an, jetzt durchschwirrte er die Luft, sausend im Fluge, mit allen vier Pranken faßte er an, landete fest, ein wütend eingebissener Pfeil, mit den Zähnen knirschte er sich hinein in das feuchte, nackte Fell, hing an der ehernen Mauer. Aber das Nashorn schüttelte sich, in ungebrochener Kraftwut bäumte es sich auf, wie um durch das Dach der Bäume zu stoßen. Wie einen Felsen warf es sich nieder und türmte die Last eines Felsens über den Tiger, der, im Ersticken, sich tiefer einbiß in sein zuckendes Fleisch. Aber unbesiegt jagte dann das Nashorn auf, in rasendem Lauf stampfte es donnernd durch den Mondwald.
In lahmendem Entsetzen rann Kraft um Kraft aus dem Tiger. Sein schwaches Herz füllte sich mit Ohnmacht, als ihm die verstümmelte Pranke, die fünfzackige Tatze sich löste, er senkte sich nieder, vor den steinernen Knien des Nashorns schwankte er, hin und her geschwungen, wie eine faule Frucht abgeschüttelt, zur Vernichtung hinabgeschleudert zum Boden, der aufdröhnte unter seinem Fall. In lähmendem Entsetzen rann Kraft um Kraft aus dem Tiger. Sein schwaches Herz füllte sich mit Ohnmacht, als ihm die verstümmelte Pranke, die fünfzackige Tatze sich löste, er senkte sich nieder, vor den steinernen Knien des Nashorns schwankte er, hin und her geschwungen, wie eine faule Frucht abgeschüttelt, zur Vernichtung endlich hinabgeschleudert zum Boden, der aufdröhnte unter seinem Fall.
Zusammengekrümmt, feig eingerollt, gelähmt vom furchtbaren Sturmlauf, lag Nahar flach am Boden, das Nashorn gleißte schwarz über ihr, aus vielen Wunden der Brust rann sein Blut über Nahar herab, es träufelte ihr in die Augen, es dunstete ihr süß um die Nüstern, aber sie trank es nicht, sie labte sich nicht, denn das Nashorn riß mit dumpfem Brüllen sein eckiges, aus schweren Quadern getürmtes Haupt nieder, unbesiegt. Zusammengekrümmt, feig eingerollt, gelähmt vom furchtbaren Sturmlauf, lag Nahar flach am Boden, das Nashorn gleißte schwarz über ihr, aus vielen kleinen Wunden der Brust rann sein Blut über Nahar herab, es träufelte ihr in die Augen, es dunstete ihr süß um die Nüstern, aber sie trank es nicht, sie labte sich nicht, denn das Nashorn riß mit dumpfem Brüllen sein eckiges, aus schweren Quadern getürmtes Haupt nieder, unbesiegt.
Wie mit eisernem Stachel zog es mit dem gebogenen Horn eine lange, blutige Furche über Nahars gekrümmten Rücken, aufheulend wälzte sich Nahar fort, von fürchterlichen Schmerzen zerfleischt: sie floh, froh sich zu retten, glücklich, schnell zu entkommen, barg sie sich in dem hohen Gras der nachtgetränkten Wiese, wahrend das Nashorn in ungebrochener Kraft noch lange die Erde stampfte und siegreicher Trompetenton die Nacht durchdröhnte. Wie mit eisernem Stachel zog es mit dem gebogenen Horn eine lange, blutige Furche über Nahars feige weggekrümmten Rücken, aufheulend wälzte sich Nahar fort, von fürchterlichen Schmerzen zerfleischt: sie floh, froh sich zu retten vor dem Zerstampftwerden, glücklich, schnell zu entkommen, so barg sie sich in dem hohen Gras der nachtgetränkten Wiese, während das Nashorn in ungebrochener Kraft noch lange die Erde rammte und siegreicher Trompetenton die Nacht durchdröhnte.
Sie kehrte ungesättigt, ungetränkt, bohrenden Schmerz in dem vom Nashorn zerpflügten Rücken zur Heimathöhle, zum sicheren Felsenlager zurück, milde kühlte das Nachtgesträuch ihre Haut, lockend hörte sie von weitem des Mannes schmeichelnden Laut. Sie kehrte ungesättigt, ungetränkt, hinkend, bohrenden Schmerz in dem vom Nashorn zerpflügten Rücken zur Heimathöhle, zum sicheren Felsenlager zurück.
Schon schlich sie heran: aber fürchterliches Entsetzen vereiste ihr Herz, ein anderes Tier, herrlich flammend im glänzenden Fell, ruhte zu Füßen des Mannes. Milde kühlte das Nachtgesträuch ihre Haut, lockend hörte sie von weitem des Mannes schmeichelnden Laut. Schon schlich sie heran, aber fürchterliches Entsetzen vereiste ihr Herz: ein anderes Tier, herrlich flammend im glänzenden Fell, ruhte zu Füßen des Mannes.
Ein aufgerissener Tierleib, noch zuckend im Sterben, die glückliche Jagd, lag vor den beiden. Krachend zertrümmerten die Zähne der Tiger, die wild zuhackenden Hauer, die runden Schenkelknochen der Beute. Neben das Weib, die fremde junge Tigerin, fielen Fleischstücke, noch rauchend von Leben. Eingeweide, glatte weiße Schlangen ringelten sich um die Füße der Tiere, feucht dampfend, herrlich dufteten sie Nahar nach der ersehnten Sättigung, dem schmerzlich begehrten Mahl. Ein aufgerissener Büffel, noch zuckend im Sterben, die glückliche Beute lag vor den beiden. Krachend zertrümmerten die Zähne der Tiger, die wild zuhackenden Hauer, die runden Schenkelknochen der Beute. Neben das Weib, die fremde junge Tigerin, fielen Fleischstücke, noch rauchend von Leben. Eingeweide, rosige Schlangen ringelten sich um die Füße der Tiere, feucht dampfend, herrlich dufteten sie Nahar nach der ersehnten Sättigung, dem schmerzlich begehrten Mahl.
In lautlos gebeugtem Knie ruhte der Vater, der gewaltige Bau, der die Fremde hoch übertürmte. Fernhin blickte er, wahrend er an seine Brust in unzerreißbarer Umarmung geklammert hielt den blutig nackten Rücken der Beute. In lautlos gebeugtem Knie ruhte der Vater, der gewaltige Bau, der die Fremde hoch übertürmte. Fernhin blickte er, während er an seine Brust in unzerreißbarer Umarmung geklammert hielt den blutig nackten Rücken des Wildstieres.
Licht schimmerte das Haar um seine Wangen, die vom Fraß noch zitterten, ein Nebelhof, wallend um den weißen Mond des großen Gesichtes. An der Fremden beugte er sich tief hinab. Er warf sich wollüstig knurrend auf den Rücken, schmeichelte sie im Spiel zu sich, baute sie ein unentrinnbar in seiner Umarmung, rief sie an mit dem unvergeßbar lockenden Ruf. Licht schimmerte das Haar um seine Wangen, die vom Fraß noch zitterten, ein Nebelhof, wallend um den weißen Mond des großen Gesichtes. An der Fremden beugte er sich tief hinab. Er warf sich wollüstig knurrend auf den Rücken, schmeichelte sie im Spiel zu sich, baute sie ein unentrinnbar in seine Umarmung, rief sie an mit dem unvergeßbar lockenden Ruf.
Atemlos, zusammengekrampft in wütender Verzweiflung brach Nahar aus dem Gebüsch, sie warf sich nieder vor ihm, zeigte sich ihm ganz, riß so sanft an seinen niederen Pranken, den unerschütterlichen Säulen seiner Gewalt, mit ihrer langen, kalten Zunge leckte sie sein Gesicht, erschrak nicht vor dem heißen Knurren der Feindin, wich nicht vor ihren tückisch zuckenden Hauern. Atemlos, zusammengekrampft von wütender Verzweiflung, brach Nahar aus dem Gebüsch, sie warf sich nieder vor ihm, zeigte sich ihm ganz, schmeichelte so sanft an seinen niederen Pranken, den unerschütterlichen Säulen seiner Gewalt, mit ihrer langen, kalten Zunge leckte sie sein Gesicht, erschrak nicht vor dem heißen Knurren der Feindin, wich nicht vor ihren tückisch zuckenden Hauern.
Aber der Mann sah fernhin über sie, die gesträubten Fells, zerprügelt, am Rücken häßlich gestriemt, verkümmert und abgemagert, ungesättigt und ungetränkt zu seinen Füßen verdorrte und ungeliebt: Denn vor ihren Augen, im Gefunkel ihrer in düstrer Liebe sprühenden Augen, überbreitete sich der Mann der anderen. Über die andere blutete nieder das herrliche Licht seiner runden Augen, der ruhig wandelnden Sterne. Aber der Mann sah fernhin über sie, die gesträubten Felles, zerprügelt, am Rücken häßlich gestriemt, verkümmert und abgemagert, ungesättigt und ungetränkt zu seinen Füßen verdorrte – und ungeliebt: denn vor ihren Augen, noch im Gefunkel ihrer in düsterer Liebe sprühenden Augen, überbreitete sich der Mann der anderen. Über die andere strahlte nieder das herrliche Licht seiner runden Augen, der ruhig wandelnden Sterne.
Eine andere wurde geliebt in der Heimathöhle, im guten, gesegneten Haus. Nicht zu Nahar senkte er sich, sie zu erkennen, der große, rettende Gott. Eine andere wurde geliebt in der Heimathöhle, nicht zu Nahar senkte er sich, sie zu erkennen, der große, rettende Gott.
Die anderen, heiß in rauschende Umarmung gestürzt, ein einziger Leib. Des fremden Weibes in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, alles war vereinigt mit ihm, alles ihr entrissen, immer verloren. Ein hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so floß ihr Blut. Die anderen, heiß in rauschende Umarmung gestürzt, ein einziger Leib. Des fremden Weibes in höchster Lust zuckender Kopf, ihre brechenden Glieder, alles war vereinigt mit ihm, alles ihr entrissen, immer verloren. Ein hoher, gleichströmender Schrei, so wogten ihre Stimmen, so floß ihr Blut.
Nahar begegnete sich selbst. Nahar begegnete sich selbst.
Verlorene Mutter, verkrüppeltes Tier, tief verzauberte Menschenseele im Mondglanz des tropischen Haines, ergraut und erzitternd, da ihr elender Leib, ihre jammernde Seele erzitterte unter den Stößen der ungeheuren Umarmung, mit der der Geliebte, der unverloren geliebte Mann die andere dröhnend umarmte. Verlorene Mutter, verkrüppeltes Tier, tief verzauberte Menschenseele im Mondglanz des tropischen Haines, ergraut und erzitternd, da ihr elender Leib, ihre jammernde Seele erzitterten unter den Stößen der ungeheuren Umarmung, mit der der Geliebte, der unverloren geliebte Mann, die andere umarmte.
In Strahlen brach es aus ihr: Sie fühlte, sie war verflucht.
Sie ging durch den Wald in den Nebeln des Flusses. Sie ging durch den Wald, verlor sich in den Nebeln des Flusses.
Die Tiere der Nacht umschritten sie leise.
Vierter Teil
I
Vierter Teil Erstes Kapitel Vor Menschen und Tieren verborgen, lebte Nahar die Tage der tragenden Mutter. Nach den sechs Bergen der sprießenden Nahrung strömte ihr Blut, als sie gebückt dalag, den langen Hals hingebeugt über den feuchten Schoß. In dunkler Verträumung wogte sie warm. Vor Menschen und Tieren verborgen, lebte Nahar die Tage der tragenden Mutter.
Sonne und Hitze, Kalte und Mond, Regen und die dürre Glut wehten hoch über sie hin. Nichts berührte sie. Wie ein Dach hielt sie sich gebreitet über ihr Herz. Ihr Mund, der blutdürstige, mit scharfen Zähnen reißend bewehrte, war geschlossen, ein Siegel, gesiegelt über der Schrift. Sonne und Hitze, Kälte und Mond, Regen und die dürre Glut wehten hoch über sie hin. Nichts berührte sie. Wie ein Dach hielt sie sich gebreitet über ihr Herz. Ihr Mund, der blutdürstige, mit scharfen Zähnen reißend bewehrte, war geschlossen, ein Siegel, gesiegelt über der Schrift.
Sie wuchs in der Höhlung ihrer eng aneinandergeschmeichelten Pranken. Der Frieden der ersten Tage ruhte über dem ruhenden Tier. Sie wuchs in der Höhlung ihrer eng aneinandergeschmeichelten Pranken. Der Frieden der ersten Tage ruhte über dem ruhenden Tier.
Wenn der Hunger sie sehr plagte, erhob sie sich langsam, wiegte sich, schwer schreitend, in den Hüften, suchte sich Beute und schlug sie, brachte sie sich selbst zurück in die einsame Höhle, legte das tote Wild auf die Steine vor sich hin, bereitete sich selbst das Mahl. Wenn der Hunger sie zu sehr plagte, erhob sie sich langsam, wiegte sich, schwer schreitend, in den Hüften, suchte sich Beute und schlug sie.
Kümmerlich war sie genährt. Vom Manne verlassen, von der fünfzackigen Pranke nur mit der letzten Mühe herabgetragen den langen einsamen Weg zum Jagdplatz, aber von sich selbst umschmeichelt, lebte sie. Sie war glücklich, sich zu decken im eigenen Schatten. Süß schlief sie ihren tierseligen Schlaf, denn sie war gelagert auf ihre immer höher quellende Hüfte. Kümmerlich war sie genährt. Vom Manne verlassen, von der fünfzackigen Pranke nur mit der letzten Mühe herabgetragen den langen einsamen Weg zum Jagdplatz am Wasser, aber von sich selbst getröstet und beruhigt, so lebte sie. Sie war glücklich, sich zu decken im eigenen Schatten. Süß schlief sie ihren tierseligen Schlaf, denn ihr Kopf war gelagert auf ihre immer höher quellende Hüfte.
Der Duft ihrer Milch machte sie schlummern, das Rauschen ihres Herzens gab ihr den Frieden. Der Duft ihrer Milch machte sie schlummern, das Rauschen ihres Herzens gab ihr den Frieden.
Immer mühseliger wurde ihr der Jagdgang. Hunger nagte an ihr. Sie fand keine Nahrung durch drei Tage und Nächte. Immer mühseliger wurde ihr der Jagdgang. Hunger nagte an ihr. Sie fand keine Nahrung durch drei Tage und Nächte.
Am Morgen des vierten wurde ein Kalb blökend vorbeigezerrt an ihrem heimlichen Lager. Leise erhob sie sich und folgte ihm. Es sperrte sich zwischen zwei Menschen mit seinen mageren trotzig auseinandergespreizten Beinen, streckte den dreieckigen Kopf ängstlich empor, riß an dem Halfter. Nahar folgte Schritt für Schritt, aber der Weg war ohne Ende. Weit in eine fremde Gegend, in dicht bevölkerte Triften zog sie die Hoffnung auf Beute. Sie wanderte den ganzen Tag bis zur Nacht. Nachts fand sie das Tier, mit einem Strick an einen Pfahl gebunden, einsam kreiste es auf der kahlen Heide, jammernd klang sein Laut in der Dunkelheit. Eine Stunde lang lauerte Nahar, wartete auf völlige Stille, aber immer noch flüsterte es tückisch aus den Gebüschen, es blinkte metallisch aus den stachligen Gräsern. In ihr wühlte der Hunger. Von Bösem war sie umgeben. Aber es hielt sie nicht mehr. Mit einem Satze sprang sie dem Kalb auf den schwachen knochigen Rücken, sie, die hochtragende Tigerin, zerknickte mit ihrer Last den Kiel des kindlichen Rückgrates. Aber noch hatte sie keinen Tropfen Blut in ihren ausgebürsteten Lippen, als sich ringsum ungeheures Getöse erhob. Ihr Herz stand still. Die Jagd begann. Am Morgen des vierten wurde ein leise blökendes Kalb vorbeigezerrt an ihrem heimlichen Lager. Leise erhob sie sich und folgte ihm. Es sperrte sich zwischen zwei Menschen mit seinen mageren, trotzig auseinandergespreizten Beinen, streckte den dreieckigen Kopf ängstlich empor, riß an dem Seil. Nahar folgte Schritt für Schritt, aber der Weg war ohne Ende. Weit in eine fremde Gegend, in dichtbevölkerte Triften zog sie die Hoffnung auf Beute. Sie wanderte den ganzen Tag, die Straße stets scheu umschleichend, bis zur Nacht. Dann fand sie das Tier, mit seinem Strick an einen Pfahl gebunden, einsam kreiste es auf der kahlen Heide, jammernd klang sein Laut in der Dunkelheit. Sehr lange lauerte Nahar, wartete auf völlige Stille, aber immer noch flüsterte es tückisch aus den Gebüschen, es blinkte metallisch aus den stachligen Gräsern. In ihr wühlte der Hunger. Von Gefahr war sie umgeben. Viele Menschen mußten in der Nähe sein, da sie deren Atem trotz der Windstille witterte. Aber es hielt sie nicht mehr. Mit einem Satz sprang sie dem Kalb auf den schwachen knochigen Rücken, sie, die hochtragende Tigerin, zerknickte mit ihrer Last den Kiel des kindlichen Rückgrates. Aber noch hatte sie keinen Tropfen Blut in ihren ausgedürsteten Lippen, als sich ringsum ungeheures Getöse erhob. Ihr Herz stand still. Die Jagd begann.
Tageshelle. Fackeln. Hohe Türme, auf den breiten Nacken von Elefanten gebaut, schwankten heran. Unzählige Elefanten, graue, undurchschreitbare Gebirge, donnerten näher um sie, im grauen Kreise geschlossen, blendend im hinabgegossenen Licht der Fackeln. Tageshelle. Fackeln. Hohe Türme, auf den breiten Nacken von Elefanten gebaut, schwankten heran. Die Elefanten donnerten näher um sie, im grauen Kreise geschlossen, blendend im hinabgegossenen Licht der Fackeln.
Hinter den Riesentieren Musik. Trommler, dumpf dröhnend am Boden hin, Hörner im Trompetenton, ungeheure Glocken erbebten unter der Erde. Längst war Nahar auf der Flucht. Aber wie sie auch raste, in schiefen Sätzen fliegend dahinrauschte über die Ebene, einmal mußte sie stillhalten, zuletzt war ihre Kehle atemlos. Von den schweren Brüsten, von dem fruchtbaren Mutterleib war Nahar an den Boden gekettet. Sie wandte sich um, sie stand, als stünde sie schon in der Rettung. Aber als hätte sie still geruht, statt dahinzurasen, als hätte sie sich nur auf der Erde gewälzt, statt zu fliehen, so furchtbar nahe wogten immer noch hinter ihr die donnernden Türme der Elefanten, es schlugen ihre Rüssel sausenden Wind. In krachendem Sturmlauf hetzten sie hinter ihr her, damit sie weiter renne, die todermüdete, den letzten Atem, die letzte Kraft auf der feigen Flucht zu verspritzen. Ohne Unterlaß schlug die Musik. Nahar schwieg. Es knallten die Peitschen. Sie keuchte. Im Kupferklang dröhnten die Pauken. Hinter den Riesentieren Musik. Trommler, dumpf dröhnend am Boden hin, Hörner im Trompetenton, ungeheure Glocken erbebten unter der Erde. Längst war Nahar auf der Flucht. Aber wie sie auch raste, in schiefen Sätzen dahinflog durch das Kleinholz, das Lianengewühl, den Jungwald und die Steppe, die Hügel empor, hinab wieder von neuem über die Ebene, einmal mußte sie stillhalten, zuletzt war ihre Kehle atemlos. Von den schweren Brüsten, von dem fruchtbaren Mutterleib war Nahar an den Boden gekettet. Sie wandte sich um, machte halt, als stände sie schon geschützt, gerettet da. Aber als hätte sie still geruht, statt dahinzurasen, als hätte sie sich nur auf der Erde gewälzt, statt zu fliehen, so furchtbar nahe wogten immer noch hinter ihr die donnernden Türme der Elefanten, es schlugen ihre Rüssel sausenden Wind. In krachendem Sturmlauf hetzten sie hinter ihr her, damit sie weiterrenne, die Todermüdete, den letzten Atem, die letzte Kraft auf der feigen Flucht zu verspritzen. Ohne Unterlaß schlug die Musik. Nahar schwieg. Es knallten die Peitschen. Sie keuchte. Im Kupferklang dröhnten die Pauken.
Ohne Rast, ohne Richtung, ohne Herz, ohne Atem irrte sie nachts im taghellen Licht durch die weglosen Triften. In Gebüsche zwängte sie ihr großes Haupt. Unter die stachligen Zweige preßte sie flach ihren ungeheuren Mutterleib. Ohne Rast, ohne Richtung, ohne Atem irrte sie nachts im taghellen Licht durch die weglosen Triften. In Gebüsche zwängte sie ihr großes Haupt. Unter die stachligen Zweige preßte sie flach ihren ungeheuren Mutterleib.
Aber sie starrte in namenlosem Entsetzen, sie hob sich krachend auf durch das dichteste Stachelgebüsch, denn die rettende Finsternis rettete sie nicht mehr. Niedrig über den Rohrwald sausten große Feuerraketen, krachend im Fluge, über ihren goldig aufgleißenden Kopf. Feuerstrahlen in Gezisch und Gebrause brachen aus wie Blitz aus grünem Düstergewölk, in Millionen Funken zerstäubend, immer von neuem geboren, feurige Drachen entflohen einem finsteren Kerker, um mit breiten Flügeln grauenhaft die Luft zu durchfurchen, Nahar zu suchen. Nahar konnte nicht ruhen, sie konnte nicht bleiben, sie faßte sich zur letzten Flucht. Von der Marschmusik wurden ihre schwachen Glieder aufgeschnellt, im Takt mit dem furchtbaren Takt setzte sie auf und dahin, sie, ein fliehendes, ruhelos gejagtes Wild. Ruhegierig schwoll ihr Herz, der schwere lastende Leib. Außen von Dornen zerstochen, ohne Erbarmen über Bäume und Steine mußte sie sich schleudern, und innen war ihr Leib durchblutet von den Kindern, ihre Seele gesegnet in Hoffnung. Aber sie starrte in namenlosem Entsetzen, sie hob sich schaudernd auf durch das dichteste Stachelgebüsch, denn die rettende Finsternis rettete sie nirgends mehr. Niedrig über den Rohrwald sausten große Feuerraketen, krachend im Fluge, über ihren goldig aufgleißenden Kopf. Feuerstrahlen in Gezisch und Gebrause brachen wie Blitz aus grünem Düstergewölk, in Millionen Funken zerstäubend, immer von neuem geboren, feurige Drachen entflohen einem finsteren Kerker, um auf breiten Flügeln grauenhaft die pulvergeschwängerte, beizende Luft zu durchfurchen, Nahar zu suchen. Nahar konnte nicht ruhen, sie konnte nicht bleiben, sie faßte sich zur neuen Flucht. Von der Marschmusik wurden ihre Glieder aufgeschnellt, im Takt mit dem furchtbaren Takt setzte sie auf und dahin, sie, ein fliehendes, ruhelos gejagtes Wild. Ruhegierig schwoll ihr Herz, der schwere lastende Leib. Außen von Dornen zerstochen, ohne Erbarmen über Bäume und Steine mußte sie sich schleudern, und innen war ihr Leib durchblutet von den Kindern, ihre Seele gesegnet in Hoffnung.
In Verfluchung, in Feuer und Flamme, vor ihr und hinter ihr, raste die Jagd. Feuer und Flammen, vor ihr und hinter ihr raste die Jagd.
Elefanten donnerten, unentrinnbar, graue Berge. Schüsse knallten in die sternbesäte Nachtluft. Es regnete Donnergetöse auf von der bebenden Erde. Elefanten donnerten, unentrinnbar, graue Berge. Schüsse knallten in die sternbesäte Nachtluft. Es regnete Donnergetöse auf die bebende Erde.
Es funkelte Angstglanz in den Augen der Tiere, die neben Nahar dahineilten in weißem Schrecken, in stummer Betäubung schossen sie bergaufwärts, keuchten, um in die letzte Rettung sich zu retten. An ihrer Spitze Nahar, sie hob den Kopf, atmete tief in schief springendem Flug, fliehend in die letzte Zuflucht. Aber wohin sie auch schlich, wie nahe dem feuchten Boden sie sich schmiegte, durch bebende Schmerzen gehemmt, schleppte sie nur träge ihre hohen Brüste über den Pfad, sie trug kaum mehr die Last der Berge der sprießenden Nahrung. Neben ihr schlüpften die Tiere vorbei, sie blieb zurück. Es funkelte Angstglanz in den Augen der Tiere, die neben Nahar dahineilten in stummem Schrecken. In stummer Betäubung schössen sie bergaufwärts, keuchten, um in die letzte Rettung sich zu retten. Mitten unter ihnen Nahar, sie hob den Kopf, atmete tief in schief springendem Flug, fliehend in die letzte Zuflucht. Aber wohin sie auch schlich, wie nahe dem feuchten Boden sie sich schmiegte, durch bebende Schmerzen gehemmt, sie konnte nicht entrinnen. Neben ihr schlüpften die Tiere vorbei, sie blieb zurück.
Überallhin weinte das unselige Tier seine mondweißen Tränen aus seinem Herzen. Hyänen setzten mit ihrem buschigen Leib hoch über sie hinweg. Mit wischenden Schwänzen rannten die Füchse vorbei. Der Wildbüffel, schwarz in der schwarzen Dunkelheit, breit, goldüberströmt im prasselnden Raketenlicht, jagte in dröhnendem Galopp, unwiderstehlich stampfte er weit vorne am Anfang des Auges, kaum mehr sichtbar in Nahars müde lechzenden Augen. Die Pfauenhähne flatterten in der Luft, und ihre ausgebreiteten Fächer streiften eiligst vorbei an Nahars Rachen, an dem müde auskeuchenden Schlund. Selbst die kleinen Ratten, graue fette Rücken, winzig am Boden, trippelten schneller als sie, im Eidechsenglanz zuckten sie durch das Gewirr, Nahar blieb allein zurück. Ihr Herz wurde übergroß vor Angst. Jetzt ging sie nur in hinkendem Schritt, als letzte der Herde. Hyänen setzten mit ihrem buschigen Leib hoch über sie hinweg. Mit wischenden Schwänzen schoben die Füchse vorbei. Der Wildbüffel, schwarz in der schwarzen Dunkelheit, breit, goldüberströmt im prasselnden Raketenlicht, jagte in dröhnendem Galopp, unwiderstehlich stampfte er weit vorne am Anfang des Zuges. Die Pfauenhähne flatterten in der Luft, und ihre ausgebreiteten Fächer streiften eiligst vorbei an Nahars Rachen, an dem müde auskeuchenden Schlund. Selbst die kleinen Ratten, graue fette Rücken, winzig am Boden, trippelten schneller als sie, im Eidechsenglanz zuckten sie durch das Gewirr, Nahar blieb allein zurück. Ihr Herz wurde übergroß vor Angst. Jetzt ging sie nur in hinkendem Schritt, als letzte der Herde.
Von den Menschen gejagt, von den Tieren verlassen, starr erhoben das riesige Tierhaupt, so stand sie still. Von den Menschen gejagt, von den Tieren verlassen, starr erhoben das riesige Tierhaupt, so stand sie still.
In der Ferne sprühten die feurigen Gewitter. In der Ferne sprühten die feurigen Gewitter.
Hier spiegelte sich der Himmel unendlicher Sterne glitzernd in den breiten gefächerten Blättern. Von Nacht war das Geriesel der Quellen getränkt. Hier spiegelte sich der Himmel unendlicher Sterne glitzernd in den breiten Flächen des Flusses, der in Windungen um ihre Heimat floß. Von Nacht war das Geriesel der Quellen getränkt.
Schon streckte sich ihr Leib, ausgegossen in Müdigkeit. Schon schloß sich das Gezweig um ihr angsttriefendes Haupt, nur noch einen Schritt wollte sie weiter in den Wald, um weicher ihren armen Leib zu lagern und ihre ungeborene Brut. Aber die Welt war zu Ende. Der Wald war versperrt, die Bäume tückisch mit Stricken und Netzen umsponnen, immer näher blitzte das Gewitter heran, lichter erhoben sich die eisig grauen Riesenrücken der Elefanten. Im Wirbelwind rasten die Rüssel, heller paukte die Musik, Nahar aber war in Dunkel verfangen, die Stricke streichelten tückisch ihre schlagenden Lider, die Netze bogen sich unter ihren letzten wütenden Sprüngen, es stockte ihr Herz, ihr Atem verrann. Langhin verseufzte die Stimme des Tieres in Verzweiflung. Schon streckte sich ihr Leib, ausgegossen in Müdigkeit. Schon schloß sich das Gezweig um ihr angsttriefendes Haupt, nur noch einen Schritt wollte sie weiter in den Wald, um weicher ihren armen Leib zu lagern und ihre ungeborene Brut. Aber die Welt war zu Ende. Der Wald war versperrt, die vertrauten Bäume nicht mit dünnen Lianen, sondern mit Stricken und Netzen sehr hoch hinauf umsponnen. Immer näher blitzte das Gewitter heran, lichter erhoben sich die eisiggrauen Riesenrücken der Elefanten. Im Wirbelwind rasten die Rüssel, heller paukte die Musik, Nahar aber war in Dunkel verfangen, die Stricke streichelten tückisch ihre schlagenden Lider. Sie sprang, hob sich immer wieder ab von der Erde, aber die Netze bogen sich kaum unter ihren letzten wütenden Sprüngen. Es stockte ihr Herz, ihr Atem verrann. Langhin verseufzte die Stimme des Tieres in Verzweiflung.
Sie gab sich hin, sie wehrte sich nicht mehr. Sie löste die scharfen Kiefer ab vom Gefängnis. Sie breitete den Mund noch einmal über ihren Schoß, ein letztes Dach über die ungeborene Brut. Sie gab sich hin, sie wehrte sich nicht mehr. Sie breitete den Mund noch einmal über ihren Schoß, ein letztes Dach über die ungeborene Brut.
Mit großen runden Augen empfing sie das wie Sonnen aufrauschende Licht der ungeheuren Jagd. Mit großen runden Augen empfing sie das wie Sonnen aufrauschende Licht der ungeheuren Jagd.
Ihr Rücken lehnte in weichem Netz. Ihr weitschlotterndes Fell, grau von Krankheit und Kummer, war von den Stricken wie von einem Kleide bedeckt. Ihr Rücken lehnte an das zähe Netz. Ihr weitschlotterndes Fell, grau von Krankheit und Kummer, war von den schlotternden Stricken wie von einem Kleide bedeckt.
Alle anderen Tiere waren zwischen den Bäumen verronnen. Die Tiere waren gerettet. Sie lag allein. Andere Tiere waren zwischen den Bäumen verschwunden. Sie lag allein.
Die Raketen krachten ohne Unterlaß. Jetzt waren sie über ihr. Niedrig flatterten sie über den Wald, langsam sausende Drachen, Feuer und Flammen in den breiten Flügeln. Die Raketen krachten ohne Unterlaß. Jetzt waren sie über ihr. Niedrig flatterten sie über den Wald, langsam sausende Drachen, Feuer und Flammen in den breiten Flügeln.
II
Zweites Kapitel Jetzt rauschte es ungeheuer durch die Luft: schon warf es sich nieder und zerkrachte das splitternde Gesträuch. In rasend funkelndem Raketenlicht glühte der große rettende Gott, die Mutter. Jetzt rauschte es ungeheuer durch die Luft: schon warf es sich nieder und zerkrachte das splitternde Gesträuch. In rasend funkelndem Raketenlicht glühte der große rettende Gott, die Mutter.
Noch federte der riesige Pfeil ihres Leibes vom Sprung. Noch federte der riesige rostrote, schwarz geströmte Pfeil ihres Leibes vom Sprung.
Die Mutter kniete vor Nahar. Die Mutter kniete vor Nahar.
Mächtig kreiste ihr gesegnetes Haupt über dem Kinde. Ein Himmel schwarz und fahl gestreift. Es blitzte aus Urgrundtiefe. Die Tieraugen, die runden Sterne wandelten über ihr. Die Mutter lebte. Sie erkannte ihr Kind. Unzerstörbar leuchtete sie ihm in ihrer Herrlichkeit. Mächtig kreiste ihr gesegnetes Haupt über dem Kinde. Ein Himmel, schwarz und fahl gestreift. Es blitzte aus Urgrundtiefe. Die Tieraugen, die runden Sterne wandelten über ihr. Die alte Mutter lebte. Sie erkannte ihr Kind. Unzerstörbar leuchtete sie ihm in ihrer Herrlichkeit.
Vereinigung Tier an Tier. Flanke an Flanke geschmiegt, ein Baum in zwei Äste gegliedert. Vereinigung Tier an Tier. Flanke an Flanke geschmiegt, ein Baum in zwei Äste gegliedert.
Mitten im Toben, im weißen Dampfgewölk, im niedrig sausenden Raketenprasseln, im Gewitter ohne Regen, in der atemlosen Flucht: die selige Zuflucht. Mitten in den Netzen, atmeten sie stumm aneinandergepreßt, zu gleicher Höhe getürmt. Die engen Netze durchbrachen sie nicht. Schweigend schritten die Tiger herab, zurück den Weg ihrer Flucht, Schritt für Schritt entgegen den unermüdlich stampfenden Elefantenherden. Mitten im Toben, im weißen Dampfgewölk, im niedrig sausenden Raketenprasseln, im Gewitter ohne Regen, in der atemlosen Flucht: die selige Zuflucht. Mitten in den Netzen atmeten sie stumm aneinandergepreßt, zu gleicher Höhe getürmt. Die engen Netze durchbrachen sie nicht. Schweigend schritten die Tiger herab, zurück den Weg ihrer Flucht, Schritt für Schritt entgegen den unermüdlich stampfenden Elefantenherden.
Die Mutter öffnete den rotglosenden Rachen. Zunder fiel glimmend vom Himmel, beißender Dunst von Pulver durchwölkte den Hain. Die Mutter öffnete den rotglosenden Rachen. Zunder fiel glimmend vom Himmel, beißender Dunst von Pulver durchwölkte den Hain.
Geblendet schloß Nahar die Augen. Sie verkroch sich in den Schatten der Mutter. Sie blieb hinter ihr, in der milden Finsternis schleppte sie ihren milchtriefenden Bauch. Geblendet schloß Nahar die Augen. Sie verkroch sich in den Schatten der Mutter. Sie blieb hinter ihr, in der milden Finsternis schleppte sie sich hin.
Wild bäumte die Alte ihren schweren Hals. Sie bleckte die starrenden Zinken ihrer weißen Zähne, aus weitaufgerissenen Augen sprühte sie die heranjagende Meute an, mit immer rascherem Laufe stürmte sie ohne Schrecken mitten ins Gewühl. Groß wie die eisgrauen Berge der ruhenden Elefanten hob sie sich hoch in ihrer grellgetigerten Gestalt. Weit hinter ihr, demütigen Herzens, mit sanft ausatmender Brust zog Nahar dahin. Wild bäumte die Alte ihren schweren Hals. Sie bleckte die starrenden Zinken ihrer weißen Zähne, aus weit aufgerissenen Augen sprühte sie die heranjagende Meute an, mit immer rascherem Laufe stürmte sie ohne Schrecken mitten ins Gewühl. An den eisgrauen Bergen der ruhigen Elefanten sprang sie hoch in ihrer grellgetigerten Gestalt. Weit hinter ihr, demütigen Herzens, mit sanft ausatmender Brust zog Nahar dahin.
Braune Menschen schwangen geflammte Messer im Kreise, Mann an Mann, hochragende Gestalten, wehend mit schwarzen Bärten. Feucht und weit schimmerten ihre ernsten Augen neben den kleinen Lichtern der Elefanten, ihre blauen Messer krümmten sich in Bogen neben den gelben Hauern aus Elfenbein. Schwarz waren sie gepanzert, in Erz und Eisen geschmiedet. Braune halbnackte Menschen schwangen von ihren Pferdchen herab geflammte Messer im Kreise, aber hinter ihnen standen, Mann an Mann, hochragende Gestalten, mit silbernen schmalen Gürteln, weißen und roten Turbanen, und ihre dunklen schweren Bärte schimmerten im Fackelglanz. Feucht und weit glänzten ihre ernsten Augen neben den kleinen Lichtern der Elefanten, ihre blauen Messer krümmten sich in Bogen neben den gelben Hauern aus Elfenbein. Allen voran der weiße Fürst, von Edelsteinen umglitzert auf hohem Elefantenthron, von seinen Getreuen umgeben.
Nahars Leib scharrte am Boden, die schwere Last der Kinder drückte sie nieder, preßte sie zur Erde. Ihr Rachen geschlossen. Ihre Kehle, die blutdürstige, besänftigt. Ihre Wollust beim Jagen ermüdet. Ihr Herz lag am Boden. Es trieb sie, noch demütiger zu kriechen, ein unmündiges Kind. Nahars Leib scharrte am Boden, die schwere Last der Kinder drückte sie nieder, preßte sie zur Erde. Ihr Rachen geschlossen. Ihre Kehle, die blutdürstige, besänftigt. Ihre Wollust beim Jagen ermüdet. Ihr Herz lag am Boden.
Nahar folgte nicht der kampfbrüllenden, krafttobenden Mutter. Im Schatten der Winkel blieb Nahar, Kind und Mutter in einer Vereinigung. Das Haupt wandte sie weg von der furchtbar verzauberten Welt, von den Reitern und ihrem Feuer. Sie schloß die Augen, hielt den Atem an. Nahar folgte nicht der kampfbrüllenden, krafttobenden Mutter. Im Schatten der Winkel blieb Nahar, Kind und Mutter in einer Vereinigung. Das Haupt wandte sie weg von der furchtbar verzauberten Welt, von den Reitern und ihrem Feuer. Sie schloß die Augen, hielt den Atem an.
Vor ihr aber, in hochklirrendem Jagdruf, stürmte die Mutter voran. Mitten in die Mauer der ehernen Männer brach sie ein, erfaßte einen Mann. Wirbelnd warf sie ihn umher um ihr ruhig kreisendes Haupt, das unbezwingliche. Vor ihr aber, in hochklirrendem Jagdruf, stürmte die Mutter voran. Mitten in die Mauer der ehernen Männer brach sie ein, erfaßte einen Mann. Wirbelnd warf sie ihn umher um ihr wild kreisendes Haupt, das unbezwingliche.
Von den eisgrauen Elefanten herab spritzten Schüsse aus dicken schwarzen Gewehren auf das feuerfarbene Muttertier. Aus ihrer breiten, weiß beflaumten Brust riß es Stücke. Blut quoll, die schwarzen Bärte der ehernen Männer zu purpurnen Fahnen zu färben. Im Hechtsprung schnellte die Alte auf, rollte im Aufschrei gellend zusammen, den Kopf an die Pranken geklammert, eine feuerfarbene Kugel durchschwebte die raketenblitzende Luft. Von den eisgrauen Elefanten herab spritzten Schüsse aus dicken schwarzen Gewehren auf das feuerfarbene Muttertier. Aus ihrer breiten, weiß beflaumten Brust riß es Stücke. Blut quoll, die schwarzen Bärte der ehernen Männer zu purpurnen Fahnen zu färben. Im Hechtsprung schnellte die Alte auf, rollte im Aufschrei gellend zusammen, den Kopf an die Pranken geklammert, eine feuerfarbene Kugel durchschwebte die raketenblitzende Luft.
Aber den Menschen befreite sie nicht. Aber den Menschen befreite sie nicht.
Unsichtbar in ihrer Umarmung, von allen Seiten umgeben vom glühenden Tier, starb er heulend dahin, während die Mutter, wieder festgegründet auf ihren niedrigen Pranken, stumm ihr Blut verrauschte. Unsichtbar in ihrer Umarmung, von allen Seiten umgeben vom glühenden Tiger, starb er heulend dahin, während die Mutter, wieder festgegründet auf ihren niedrigen Pranken, langsam den Kopf beugend, stumm ihr Blut verrauschte.
Nach dem Kinde hin wandelten langsam ihre Augen, es sanken die runden Sterne. Auf das untere Lid neigten sich die dichten Wimpern, wie von Weizenähren eine schüttere Garbe, geschnitten am Abend. Ohne Laut fiel die Mutter nieder. Unbewegt verging sie im Angesicht des Kindes. Nach dem Kinde hin wandelten langsam ihre Augen, es sanken die runden Sterne. Auf das untere Lid neigten sich die dichten Wimpern, wie von Weizenähren eine schüttere Garbe, geschnitten am Abend. Ohne Laut fiel die Mutter nieder. Unbewegt verging sie im Angesicht des Kindes.
Feige Hunde mit lechzenden Zungen, mißtönig schreiend und kläffend, jagten wild an dem Leichnam empor. In dem Blute der Mutter mußten sie ihre Pfoten baden bis zu den dürren Knien, dann sprangen sie weiter, schnüffelten gierig am Boden. An einer Kette gehalten, stürzten sie rasselnd nach vorne, Nahar entgegen, die sich nicht rührte. Feige Hunde mit lechzenden Zungen, mißtönig schreiend und kläffend, jagten wild an dem Leichnam empor. In dem Blute der Mutter badeten sie ihre Pfoten bis zu den dürren Knien, dann sprangen sie weiter, schnüffelten gierig am Boden. An einer Kette gehalten, stürzten sie rasselnd nach vorne, Nahar entgegen, die sich nicht rührte.
Es winkte ihr rettend ein Ausgang. Breit öffnete sich ihr eine Gasse zwischen den eisgrauen Bergen. Die Hunde, zurückgezerrt mit aller Gewalt, bellten zornig und bissen umher, aber Nahar schritt hindurch, die tragende Mutter flüchtete in die einzige Rettung. Es winkte ihr rettend ein Ausgang. Breit öffnete sich ihr eine Gasse zwischen den eisgrauen Bergen. Die Hunde, zurückgezerrt mit aller Gewalt, bellten zornig und bissen umher, aber Nahar schritt hindurch.
Au Füßen der Elefanten schlich sie gebückt. In kreideweißem Licht sah sie die stumpfen Nagel der Riesentiere in geraden Reihen gegliedert. Unerschütterlich, eine Mauer Stein an Stein, ragten ohne Zittern ihre Knie. Zu Füßen der Elefanten schlich sie gebückt. In kreideweißem Licht sah sie die stumpfen Nägel der Riesentiere in geraden Reihen gegliedert. Unerschütterlich wie eine Mauer, Stein an Stein, ragten ohne Zittern ihre Knie.
Hold wehte der Urwald in tiefem Sausen hinter der Mauer. Hold wehte der Urwald in tiefem Sausen hinter der Mauer.
Im Schweigen der Jagd tönte der Nachtvögel immer gleiches Geraune. Im Schweigen der Jagd tönte der Nachtvögel immer gleiches Geraune.
Nachtschwalben schwirrten niedrig über den Weg. Nachtschwalben schwirrten niedrig über den Weg.
Ein niedriger Käfig, gezimmert aus eisenfarbenem Holz, stand am Ende der Gasse. Dorthin lief Nahar schnell, in den dunkelsten Winkel schmiegte sie ihren Kopf. Glücklich, zu leben. Selig, blind zu sein. Im Frieden, denn das Pochen der ungeborenen Brut tröstete sie. Ein niedriger Käfig, gezimmert aus zinnoberfarbenem Holz, stand am Ende der Gasse. Dorthin lief Nahar schnell, in den dunkelsten Winkel schmiegte sie ihren Kopf. Glücklich, zu leben.
Krachend erhob es sich mit ihr durch die aufrauschenden Zweige. Schweigend wurde sie davongetragen. Zum erstenmal durch fremde Kraft bewegt, starrte sie, flach liegend in dem niedrigen Gelasse nach dem Walde, dem regengrünen Tropenhain, dessen Stämme, von den Raketen weiß überflammt, immer tiefer hinter ihr versanken. Krachend erhob es sich mit ihr durch die aufrauschenden Zweige. Schweigend wurde sie davongetragen. Zum erstenmal durch fremde Kraft bewegt, starrte sie, flach liegend in dem niedrigen Gelaß, nach dem Walde, dem regengrünen Tropenhain, dessen Stämme, von den Raketen goldfarben und silbrig überflammt, immer tiefer hinter ihr versanken.
III
Drittes Kapitel Im lichten Azur schimmerte fern das Meer, die faltenlos spiegelnde Fläche, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle weit an den schweifenden Ufern. Im lichten Azur schimmerte fern das Meer, die faltenlos spiegelnde Fläche, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle weit an den schweifenden Ufern.
Über die hallende Brücke, über sauer aushauchende Sümpfe wurde der Tiger getragen. Über die hallende Brücke, über sauer aushauchende Sümpfe wurde der Tiger getragen.
Er kam ins Freudenviertel der ozeanischen Stadt. Zwischen den engen Stäben des niedrigen Käfigs erblickte er vor sich einen weiten Weg. Auf den nackten Schultern von acht riesigen Männern schwankte er schwer. Er kam ins Freudenviertel der ozeanischen Stadt. Zwischen den engen Stäben des niedrigen Käfigs erblickte er vor sich einen weiten Weg. Auf den nackten Schultern von acht riesigen Männern schwankte er schwer.
Weiber, vom Alter braun vertrocknet, mit gedörrten Brüsten, gelb glosenden Augen umkreischten das gefangene Tier, sie schwirrten um Nahars ungeheuren Körper, der im Käfig flach gespannt dalag. Mit Ruten und Zweigen, deren Enden sie mit ihren rotgefärbten Zähnen scharf abgenagt hatten, stachelten sie durch die Käfigstäbe das Tier. Unsicher klammerte es sich an den Boden, bohrte seine Krallen durch die Lücken, aber die Weiber schlüpften zwischen den Schenkeln der Männer hindurch, um mit scharfen Messern die Krallen zu zerschneiden, mit denen es sich an das Stangenwerk geklammert hielt, wie ein kleiner Vogel an die Stange des Käfigs, in dem er schläft. Weiber, vom Alter braun vertrocknet, mit verdorrten Brüsten, gelb glosenden Augen, umkreischten das gefangene Tier, sie schwirrten um Nahars ungeheuren Körper, der im Käfig krummgespannt dalag. Mit Ruten und Zweigen, deren Enden sie mit ihren rotgefärbten Zähnen scharf abgenagt hatten, stachelten sie durch die Käfigstäbe das Tier. Unsicher klammerte es sich an den Boden, bohrte seine Krallen durch die Lücken, aber die Weiber schlüpften zwischen den Männern hindurch, um mit scharfen Messern die Krallen zu zerschneiden, mit denen Nahar sich an das Stangenwerk geklammert hielt, wie ein kleiner Vogel an die Stangen des Käfigs, in dem er gefangen wohnt.
Mittags kamen sie in die Gegend der Stadt, wo Nahar, zum Wettkampf mit dem Wildbüffel bestimmt, seine Zeit gekettet verleben sollte. Mittags kam Nahar in die Gegend der Stadt, wo sie, zum Wettkampf mit dem Wildbüffel bestimmt, ihre Zeit gefangen verleben sollte.
Die heißen Freudengassen waren gefüllt mit jubelnden, freudezwitschernden Menschen. Weiße und gelbe Fahnen wehten hinab auf das Dach des hochgetragenen Käfigs. Die heißen Freudengassen waren gefüllt mit jubelnden, freudezwitschernden Menschen. Weiße und gelbe Fahnen wehten hinab auf das Dach des hochgetragenen Käfigs.
In ein geräumiges Haus unter eine breite Tenne brachte man ihn. Mit vergilbtem Palmenlaub und lichtem Stroh war die Tenne gedeckt, sie schimmerte feuerfarben von weitem. Von warmem Sonnenlicht war sie innen durchgoldet. In die Mitte des Hauses setzte man dröhnend das eisenfarbige Gefängnis. In eine Ecke geschmiegt, gekrümmt um sich selbst, in den Schatten seiner selbst gerettet, bestattet unter dem eigenen Dach, ruhte der Tiger. Er atmete aus nach der furchtbaren Fahrt. Noch war er berauscht, verdunkelt, stumm. Zum Schlafe senkten sich die Lider. Da stachen die Weiber mit blauen Messern durch die Stäbe des Käfigs. Sie mußten die heißquellenden Zitzen treffen, deren Fleisch durch die Fugen sich drängte. In ein geräumiges Haus unter eine breite Tenne brachte man ihn. Mit vergilbtem Palmenlaub und lichtem Stroh war die Tenne bedeckt, sie schimmerte feuerfarben von weitem. Von warmem Sonnenlicht war sie innen durchgoldet. In die Mitte des Hauses setzte man dröhnend das Gefängnis. Den Kopf in eine Ecke geschmiegt, gekrümmt um sich selbst, in den Schatten ihrer selbst gerettet, bestattet unter dem eigenen Dach, ruhte die Tigerin. Sie atmete auf nach der furchtbaren Fahrt. Noch war sie wie berauscht, verdunkelt, stumm. Zum Schlafe senkten sich die Lider. Da stachen die Weiber mit blauen Messern durch die Stäbe des Käfigs. Sie wußten die heißquellenden Zitzen Nahars zu treffen, deren Fleisch durch die Fugen sich drängte.
Milch floß und Blut über die laut aufheulenden Weiber. Das Tier schwieg. Milch floß und Blut über die laut aufheulenden Weiber. Das Tier schwieg.
Es fühlte keinen Schmerz.
Mit großem, ewigem Blick ruhte es, mit sehnsüchtig gewendetem Halse umgab es den Hinterleib, wo die Brut in den ersten Bewegungen bebte. Mit großem, ewigem Blick ruhte es, mit sehnsüchtig gewendetem Halse umgab es den Hinterleib, wo die ungeborene Brut in den ersten Bewegungen bebte.
IV
Viertes Kapitel Da es den Eingeborenen verboten war, Rinder und andere warmblütige Tiere zu schlachten, und sie sich selbst nur mit Frucht und Fisch ernährten, fand man kein Futter für das gefangene Tier, als einen eben verreckten Hund. Man zwängte ihn zwischen die Stäbe, den länglichen Kopf mit den weißen Zähnen voran. Sein Bauch, hoch aufgetrieben, füllte das kleine Gelaß mit grauenhaftem, kalt aufgeblasenem Fleisch und tödlich vergifteter Luft. Da es den Eingeborenen verboten war, Rinder und andere warmblütige Tiere zu schlachten, und sie sich selbst nur mit Frucht und Fisch ernährten, fand man kein Futter für das gefangene Tier als einen eben verreckten Hund. Man zwängte ihn zwischen die Stäbe, den länglichen Kopf mit den weißen Zähnen voran. Sein Bauch, hoch aufgetrieben, füllte das kleine Gelaß mit grauenhaftem, kalt aufgeblasenem Fleisch und tödlich vergifteter Luft.
Trotz seines Hungers berührte das Tier nicht das Aas. Trotz ihres Hungers berührte Nahar nicht das Aas.
Eine Schüssel mit Wasser stellte man vor Nahar hin, doch fand sie nicht Platz in dem schon ausgefüllten Käfig; wohl glitt Nahars Zunge durch die Stäbe, aber an ihnen klebte noch altes Blut und Unrat von früheren Gästen. Viele Tiere hatten in dem Käfig gefangen gelebt, viele waren in ihm gefangen gestorben. Eine Schüssel mit Wasser stellte man vor Nahar hin, doch fand diese nicht mehr Platz in dem schon ausgefüllten Käfig; wohl glitt Nahars Zunge nach außen durch die Stäbe, aber an ihnen klebte noch altes Blut und Unrat von früheren Gästen. Viele Tiere hatten in dem Käfig gefangen gelebt, viele waren in ihm gefangen gestorben.
Nahar erreichte die silbern glimmernde Kühlung, in die Schaufel der Zunge faßte sie die herrlichste Labung. Aber in ihren gedörrten Schlund kam nur der Geschmack des alten Blutes, des gestorbenen Unrates. Nahar erreichte die silbern glimmernde Kühlung, in die Schaufel der Zunge faßte sie die herrlichste Labung. Aber in ihren gedörrten Schlund kam nur der Geschmack des alten Blutes, des gestorbenen Unrates.
So trank Nahar kein Wasser, sie aß keine Speise, hielt die Notdurft an sich. Sie lebte in Reinheit, Flanke an Flanke mit dem toten Hunde. Ihr Herz war vereist. Ihr Leben verrann in Ohnmacht, bis man das Aas entfernte. So trank Nahar kein Wasser, sie aß keine Speise, hielt die Notdurft an sich. Sie lebte Flanke an Flanke mit dem toten Hunde. Ihr Herz war wie vereist. Ihr Leben verrann in Ohnmacht, bis man das Aas entfernte.
Noch schwebte sie im Traum, Nahar, das Tier. Noch schwebte sie im Traum, Nahar, das Tier.
Blau spannte es sich vor ihr, das gleitende Gezelt. Der Strom flutete mild, eine Heimathöhle von Labung, die Kühlung war ohne Ende. Mit der Schaufel ihrer langen Zunge schöpfte sie sich Wasser in den Mund, gurgelte es in der kleinen Kehle, die sie unter dem weißen Flaus des Halsfelles zittern sah. Der Durst war gelöscht. Den runden Kopf schmiegte sie ins Wasser, die Augen schloß sie ohne Angst, tief in den grenzenlosen Strom tauchte die Grenzenlose das ruhende Haupt. In zeitlosem Ziehen rauschte an ihr Ohr die Welle. Sanftes Streicheln. Zwitschernder Flug. Finsternis, Ruhe. Dienend ihr zu Füßen der Strom. Blau spannte es sich vor ihr, inmitten des sausenden Urwaldes das gleitende Gezelt. Der Strom flutete mild, eine Heimathöhle von Labung, die Kühlung war ohne Ende. Mit der Schaufel ihrer langen Zunge schöpfte sie sich Wasser in den Mund, gurgelte es in der kleinen Kehle, die sie unter dem weißen Flaus des Halsfelles zittern sah. Der Durst war gelöscht. Den runden Kopf schmiegte sie ins Wasser, die Augen schloß sie ohne Angst, tief in den grenzenlosen Strom tauchte die Grenzenlose das ruhende Haupt. In zeitlosem Ziehen rauschte an ihr Ohr die Welle. Sanftes Streicheln. Zwitschernder Flug. Finsternis, Ruhe. Dienend ihr zu Füßen der Strom.
Noch zwitscherten die Freudenmädchen, blinkend aus den engen Fenstern der Freudengasse, jenseits des Käfighauses, weit fort geweht vom eisenfarbenen schmalen Gelaß. Noch zwitscherten die Freudenmädchen, blinkend aus den engen Fenstern der Freudengasse, jenseits des Käfighauses, weit fortgeweht vom eisenfarbenen schmalen Gelaß.
Die Welt war befreit. Das Aas aus der Nähe entfernt, an seiner Statt ein großes ehernes Becken mit klarem Wasser. Das Aas wurde aus ihrer Nähe entfernt, an seine Statt kam ein großes ehernes Becken mit klarem Wasser.
In einer Ecke hatte man ein Loch in den Käfigboden gebohrt, dort durfte sie ihren Unrat verscharren, auch mit den stumpfen Krallen konnte sie ein Loch graben, tief in die lockere Erde der Tenne. In einer Ecke hatte man ein Loch in den Käfigboden gebohrt, dort durfte sie ihren Unrat verscharren, auch mit den stumpfen Krallen konnte sie ein Loch graben, tief in die lockere Erde der Tenne.
Hin und her wandeln konnte sie nicht, das Gefängnis war sehr eng. Aber sie drehte sich, wandte sich langsam im Kreise, der Sonne zu. Das fahle Gelb des Fells blitzte in goldenen Stacheln. Im Schatten dunkelte das schwarze Haar, in breiten Ketten um ihren edlen Hals gewunden, wie mit grauer Asche leicht bestreut. Hin- und herwandeln konnte sie nicht, das Gefängnis war sehr eng. Aber sie drehte sich, wandte sich langsam im Kreise, der Sonne zu. Das fahle Gelb des Felles blitzte in goldenen Stacheln. Im Schatten dunkelte das schwarze Haar, in breiten Ketten um ihren edlen Hals gewunden, wie mit grauer Asche leicht bestreut.
Meer und Berge und Wald, Himmel Azur, rot durchhauchte Blüte, tief dunkelnder Wald, grüner grenzenloser Schatten an einem Ende der Welt. Meer und Berge und Wald, Himmel, Azur, rot durchhauchte Blüte, tief dunkelnder Wald, grüner, grenzenloser Schatten an einem Ende der Welt.
Freudengasse, lückenlos dicht von Menschen durchgaukelt, Pauken, Trompeten und Zymbeln, Fahnen, weiß und gelb gewimpelt, wehende Schleier über den nackt starrenden Mädchen im Rahmen der Fenster, am anderen Ende der Welt. Freudengasse, lückenlos dicht von Menschen durchgaukelt, Pauken, Trompeten, Oboen und Zimbeln, Fahnen, weiß und gelb gewimpelt, wehende Schleier über den Mädchen im Rahmen der Fenster.
In der Mitte die Sonne, durch das Dach der Tenne herab in goldenem Strahl, auf dem Kopfe des gefangenen Tieres in flammender Säule gesammelt. In der Mitte die Sonne, durch das Dach der Tenne herab in goldenem Strahl, auf dem Kopfe des gefangenen Tieres in flammender Säule gesammelt.
Schmerzen fühlte Nahar nicht. Sie schwebte zwischen den Tieren, wanderte inmitten der Kreise.
Schon schlotterte weit der Mantel des Felles über ihr entfleischtes Gebein, das nur am Hinterleib noch blühend geschwellt war. In großen Höhlen versunken ruhten die Augen, noch blühend und blitzend in unzerstörbarer Glut. Schon schlotterte weit der Mantel des Felles über ihr entfleischtes Gebein, das nur am Hinterleib noch blühend geschwellt war. In großen Höhlen versunken ruhten die Augen, noch blühend und blitzend in unzerstörbarer Glut.
Damit Nahar nicht verende, damit sie ausharre bis zum Schauspiel, dem gefährlichen Zweikampf, gab man ihr neue Nahrung. Knochen von Kaninchen, die von einer verachteten Kaste fast ganz abgenagt waren, wurden aus schmutzigen Tüchern von oben über den Tiger geworfen. Aus schlüpfriger Holzmulde ließ man herabregnen kleine Fische in großer Zahl. Frisch blutete das Fleisch, in der Mitte zerschnitten. Mit süßem Wasser war es kühl getränkt. Aber so viel Nahar auch zubiß, wie hungrig sie mit hackendem Kopf nach den Fischleibern schnappte, um noch einmal den Wollustzauber der seligen Jagd zu empfinden, immer noch zuckte schlangenglatt das eisige Fleisch. Zwischen den würgenden Pranken sprang es wieder hervor, unerwürgt. Zwischen den malmenden Zähnen schnellte es fort, ungetötet, ein ewig laufender Bissen, ein ohnmächtiges Spiel dem verspotteten Königstier. Damit Nahar nicht verende, damit sie ausharre bis zum Schauspiel, dem gefährlichen Zweikampf, gab man ihr neue Nahrung. Knochen von Kaninchen, die von Menschen einer verachteten Kaste fast ganz abgenagt waren, wurden aus schmutzigen Tüchern von oben über den Tiger geworfen. Aus schlüpfriger Holzmulde ließ man herabregnen kleine Fische in großer Zahl. Frisch blutete das Fleisch, in der Mitte zerschnitten. Mit süßem Wasser war es kühl getränkt. Aber soviel Nahar auch zubiß, wie hungrig sie mit hackendem Kopf nach den Fischleibern schnappte, um noch einmal den Wollustzauber der seligen Jagd zu empfinden, immer noch zuckte schlangenglatt das eisige Fleisch. Zwischen den Pranken sprang es wieder hervor, unerwürgt. Zwischen den malmenden Zähnen schnellte es fort, ungetötet, ein ewig laufender Bissen, ein ohnmächtiges Spiel dem verspotteten Königstier.
Nahar aber fühlte nicht Spott, nicht Hunger, Dürsten und Gefangensein. Nahar aber fühlte nicht Spott, nicht Hunger, nicht Dürsten und Gefangensein.
V
Fünftes Kapitel Vom Hafen her hauchte abends die schwere Luft. Zucker und Teer, Moschus und Kokosöl, Wolle und der zitternde Resedenduft der blühenden Inseln. Vom Hafen her hauchte abends die schwere Luft. Zucker und Teer, Moschus und Kokosöl, Wolle und der zitternde Resedenduft der blühenden Inseln.
Eine Glocke tönte im Abendgesang. Eine Glocke tönte im Abendgesang.
In heiliger Prozession schritten weiß wehende Gestalten unter breiten Baldachinen, rote Ampeln schaukelten um sie. Lauter klirrte der Freudenklang im Freudenviertel, in unzähligen Lampionen spiegelten die Fenster. In heiliger Prozession schritten weiß wehende Gestalten unter breiten Baldachinen. Lauter klirrte der Freudenklang im Freudenviertel, in unzähligen Lampions spiegelten nachts die Fenster.
Ein junges Paar wurde Nahar zur Wartung bestimmt. Am nächsten Morgen standen die Menschen bei Nahar neben dem Käfig, mit buschigem Besen den Sand zu fegen, mit Schöpfkannen aus Messing den Staub begießen. Das Mädchen legte grüne, fein gefiederte Blätter über die Stäbe, nun war grüner Schatten über Nahars Haupt. Ein junges Paar wurde für Nahar zur Wartung bestimmt. Am nächsten Morgen standen die Menschen bei Nahar neben dem Käfig, mit buschigem Besen den Sand zu fegen, mit Schöpfkannen aus Messing den Staub zu begießen. Das Mädchen legte grüne, fein gefiederte Blätter über die Stäbe, nun war grüner Schatten über Nahars Haupt.
Die Freudengasse flimmerte klar, der Kalk an den Häusern gleißte in hitzigen Wellen: in der Tenne war Stille. Bloß die raschelnden Schritte neugieriger Kinder erlauschte Nahar, es klingelte das helle Metall der Schmuckplättchen an ihren mageren Füßen. Vor den Pfählen der offenen Tenne winkten dem großen Raubtier schüchtern die schlanken Arme der Kleinen, wie dunkle Schlangen um die Hölzer geringelt. Offen waren die Türen des golden durchleuchteten Hauses. Die Menschen gingen leise. Sie taten Nahar nichts Böses. Nahar erkannte sie nicht. Die Freudengasse flimmerte klar, der Kalk an den Häusern gleißte: in der Tenne war Stille. Bloß die raschelnden Schritte neugieriger Kinder erlauschte Nahar, es klingelte das helle Metall der Schmuckplättchen an ihren mageren Füßen. Vor den Pfählen der offenen Tenne winkten dem großen Raubtier schüchtern die schlanken Arme der Kleinen, wie dunkle Schlangen um die Hölzer geringelt. Offen waren die Türen des golden durchleuchteten Hauses. Die Menschen gingen leise. Sie taten Nahar nichts Böses.
Nachts kamen zerlumpte Männer aus dem summenden Freudenviertel. Mit hagerem Schenkel spreizten sie sich über das Dach des Käfigs, feige schielten sie herab über Nahars Kopf. Aus kleinen kupfernen Pfeifen rauchten sie schwelendes Feuer, aus ihren weiten Nüstern stießen sie giftige Wolken hinab, Nahar in die großen, dunkel glühenden Augen. Stinkenden Speichel spritzten sie ihr auf den Mund, die schmalen Lippen tränkten sie ihr mit ihrem Abfall. Nachts kamen zerlumpte Männer aus dem summenden Freudenviertel. Mit hagerem braunschwarzem Schenkel spreizten sie sich über das Dach des Käfigs, feige schielten sie herab über Nahars Kopf. Aus kleinen kupfernen Pfeifen rauchten sie schwelendes Feuer, aus ihren weiten Nüstern stießen sie giftige Wolken hinab, Nahar in die großen, dunkel glühenden Augen. Stinkenden Speichel spritzten sie ihr auf den Mund, die schmalen Lippen beschmutzten sie ihr mit ihrem Abfall.
Sie wurden nicht müde, sie ließen sie nicht. Die glimmende Asche klopften sie aus über ihren ergrauten Nacken, brannten schwarze Kreise ein. Rauchschwaden sengerigen Geruches stiegen auf von ihr. Sie wurden nicht müde, sie ließen sie nicht. Die glimmende Asche klopften sie aus über ihren ergrauten Nacken, brannten schwarze Kreise ein. Rauchschwaden sengenden Geruches stiegen auf von ihr.
Das Tier regte sich nicht. Das Tier regte sich nicht.
Sie holten Decken herbei, umhüllten den Käfig. In einen hölzernen Mantel war Nahar schon lange gekleidet, nun mußte ihr der feuchte heiße Dunst den letzten Atem versperren. Aber sie fühlte es nicht, das böse Flüstern erreichte sie nicht, die Hände der bösen Menschen, die sie ohne Gefahr durch die Tuchfalten ins Innere des Käfigs, an das Herz des tragenden Tieres drängten, kamen nicht zu ihr. Sie wollten sie quälen, reizen und martern. Sie lebte nicht unter ihnen. Sie holten Decken herbei, umhüllten den Käfig. In einen hölzernen Mantel war Nahar schon lange gekleidet, nun mußte ihr der feuchte heiße Dunst den letzten Atem versperren. Aber das böse Flüstern erreichte sie nicht, die Hände der bösen Menschen, die sie ohne Gefahr durch die Tuchfalten ins Innere des Käfigs, an das Herz des tragenden Tieres drängten, kamen nicht zu ihr. Sie wollten sie quälen, reizen und martern. Sie lebte nicht unter ihnen.
Mitten im Dunkel, tief in der Nacht kam ihr die Stunde der Geburt. Mitten im Dunkel, tief in der Nacht kam ihr die Stunde der Geburt.
Nahar bäumte sich auf im ersten Krampf, aber in der furchtbaren Enge hatte sie nicht Raum, sich zu ergießen. Nahar bäumte sich auf im ersten Krampf, aber in der furchtbaren Enge hatte sie nicht Raum, sich zu ergießen.
Sie erhob ihre Stimme. Des Tieres gewaltig dröhnender Schrei erschütterte die Erde. Sie erhob ihre Stimme. Des Tieres gewaltig dröhnender Schrei Ha-ub erschütterte die Tenne.
Mit den Pranken, den stumpfen Nägeln, der fünfzackigen Tatze machte sie zittern den Käfig, es bebte das Haus, die schwach gegründete Tenne. Mit den Pranken, den stumpfen Nägeln, der fünfzackigen Tatze machte sie zittern den Käfig, es bebte das Haus, die schwach gegründete Hütte.
Die Männer schlugen nach ihr, die schon im Kreißen sich wand, eine ungeheuer verschlungene Schlange. Die Männer schlugen nach ihr, die schon im Kreißen sich wand, eine ungeheuer verschlungene Schlange.
Die Wärter aber schleppten ein größeres Gelaß herbei, eine hölzerne Kiste mit einem Boden aus Eisen. Sie hoben das Gitter des Käfigs. Die Wärter aber schleppten ein größeres Gelaß herbei, eine hölzerne Kiste mit einem Boden aus Eisen. Sie hoben das Gitter des Käfigs.
Schnell ging Nahar hindurch, schon breitete sie sich erlöst auf dem hölzernen Estrich aus, atmete, von den erstickenden Tüchern befreit, mit tiefer Brust ein, da wurde die Kiste über die Kante gerollt. Auf die eisige Glätte des Bleches wurde Nahar geschleudert. Schnell ging Nahar hindurch, schon breitete sie sich erlöst auf dem hölzernen Estrich aus, atmete, von den erstickenden Tüchern befreit, mit tiefer Brust ein, da wurde die Kiste über die Kante gerollt. Auf die eisige Glätte des Bleches wurde Nahar geschleudert.
Von den Wärtern wurden die fremden Gäste vertrieben. Von den Wärtern wurden die fremden Gäste vertrieben.
Stille und Dunkel um die gebärende Mutter, die graue Greisin, das verzauberte Bild. Stille und Dunkel um die gebärende Mutter, die graue Greisin, das verzauberte Bild.
Das letzte Blut des Tiers gab sie von sich, den letzten Hauch des Tiers atmete sie aus, noch einmal berührte sie das Einst. Wiedergeburt der Wiedergebärenden. Ihr Haupt hatte Nahar an den hohen Leib gelehnt, so milderte die eigene Wärme die Schmerzen, ihr eigener Hauch besänftigte die Glut. Das letzte Blut des Tiers gab sie von sich, den letzten Hauch des Tiers atmete sie aus, noch einmal berührte sie das Einst. Wiedergeburt der Wiedergebärenden. Ihr Haupt hatte Nahar auf den hohen Leib gelehnt, so milderte die eigene Wärme die Schmerzen, ihr eigener Hauch besänftigte die Glut.
An der zarten Haut ihrer Lider fühlte sie das Scharren der Früchte, die im Finsteren schon lebten. An der zarten Haut ihrer Lider fühlte sie das Scharren der Früchte, die im Finsteren schon lebten.
Nahar, graue Mutter in der letzten Geburt: mit den Vorderpranken hielt sie, unbewegt wie ein Stein, die rissigen Wände des Käfigs umklammert. In den freien Raum weinte ihr gebärender Schoß. Nahar, graue Mutter in der letzten Geburt: mit den Vorderpranken hielt sie, unbewegt wie ein Stein, die rissigen Wände des Käfigs umklammert. In den freien Raum öffnete sich ihr gebärender Schoß.
Ohne Angst nahte ihr die Wärterin, legte ihr weiche Kissen unter und frisch gepflücktes, noch blumenduftendes Laub. Ohne Angst nahte ihr die Wärterin, legte ihr weiche Kissen unter und frisch gepflücktes, noch blumenduftendes Laub.
Aus Nahars Eingeweiden drang Glut, zum Schrei des Tieres bäumte sich ihr Herz, zum Schrei des Menschen faßte sich ihr Herz. Mit Kerzen standen die Wärter neben dem Käfig. Zart schimmerten die goldenen Ringe an ihren dunklen Händen, die sie ineinandergeschlungen hatten. Mit Kerzen standen die Wärter neben dem Käfig. Zart schimmerten die goldenen Ringe an ihren dunklen Händen, die sie ineinandergeschlungen hatten.
Im Kerzenglanz sah Nahar Blut aus sich sprudeln. Inmitten der Flut brach aus ihr ein kleines Haupt. Im Kerzenglanz sah Nahar Blut aus sich sprudeln. Inmitten der Flut brach aus ihr ein kleines Haupt.
Beseligung und Wiederkehr.
Glühende Welle, der schluchzenden Kehle entgleitend.
Wiederbegegnen und Vereinigung. Wiederbegegnen und Vereinigung.
Gute, glückselige Nacht der zweiten Geburt. Gute, glückselige Nacht der zweiten Geburt.
Nahar dehnte sich, schmiegte sich an sich selbst. Neu erstand der selige Tag: um einen hageren Hals saugten sich ihre sehnenden Lippen, immer tiefer, immer näher heran, in schwellender Wollust bis zum bewußtlosen Schrei: Nun lag es ganz vor ihr, im gesegneten Augenblick: ein gewichtloses Kind, ein schwächlicher Knabe, mit ausgebreiteten Armen ohne Odem niedergesunken auf dem guten Teppich, dem blumenduftenden, blutfeuchten Laube. Nahar dehnte sich, schmiegte sich an sich selbst. Neu erstand der selige Tag: um einen hageren, zarten Hals saugten sich ihre sehnenden Lippen, immer tiefer, immer näher sog sie es heran, in schwellender Wollust bis zum bewußtlosen Schrei. Nun lag es ganz vor ihr, im gesegneten Augenblick: ein gewichtloses Kind, ein schwächlicher Knabe, mit ausgebreiteten Pfötchen ohne Odem niedergesunken auf dem guten Teppich, dem blumenduftenden, blutfeuchten Laube.
Schon atmete es auf, zerrte mit den Füßen an ihrem Schoß. Sprach ohne Wort das Wort ihrer Seele. An einer Ader hing es, so klammerte es sich an das Herz ihres Herzens, den Brüsten strebte es zu, da es wie im Hunger den Mund öffnete und schloß. Schon atmete es auf, zerrte mit den Füßen an ihrem Schoß. Sprach ohne Wort das Wort ihrer Seele. An einer Ader hing es, so klammerte es sich an das Herz ihres Herzens, den Brüsten strebte es zu, da es im Hunger den Mund öffnete und schloß.
Ohne Mühe, ohne Schmerz entglitt der Mutter ein zweiter winziger Körper, des ersten Kreises Spiegelbild. Ohne Mühe, ohne Schmerz entglitt der Mutter noch ein zweiter winziger Körper, des ersten Kindes Spiegelbild.
Es war Tag. Vor den Pfählen gingen die Wärter in der milchigen Woge des dunstigen Morgens, miteinander vermählt die dunkel glänzenden Häupter, in eins flossen ihre blauschwarz leuchtenden Locken. Es war Tag. Vor den Pfählen gingen die Wärter in der milchigen Woge des dunstigen Morgens, miteinander vermählt die dunkel glänzenden Häupter, in eins flössen ihre blauschwarz leuchtenden Locken.
Im lichten Azur schimmerte fern das Meer durch die Fugen des Käfigs, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen, nur ein zarter Rand wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle fern an dem schweifenden Ufer. Im lichten Azur schimmerte fern das Meer durch die Fugen des Käfigs, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken jenseits der Tenne. In rotem Blühen, nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle fern an dem schweifenden Ufer.
Vor den Mutteraugen lagen Nahars Kinder Flanke an Flanke, im Spiel verschränkte Glieder, in Eintracht, im Gleichklang klingende Kehlen. Vor den Mutteraugen lagen Nahars Kinder Flanke an Flanke, im Spiel verschränkte Glieder, in Eintracht, im Gleichklang summende Kehlen.
Nahar schwieg das Schweigen der Menschen. Nahar schwieg das Schweigen der Menschen.
Sie ruhte aus und schlief, die Tiere an ihren Brüsten. Nahar, der verzauberte Mensch. Sie ruhte aus und schlief, die Tiere an ihren Brüsten.
Schmerzen fühlte sie nicht. Sie schwebte über den Tieren, wanderte inmitten der Kreise. Schmerzen fühlte sie nicht. Sie schwebte über den Tieren, wanderte über den Kreisen.
VI
Sechstes Kapitel Die junge Wärterin war Nahar eine holde Erscheinung. Wenn sie morgens beim Kämmen die Haare durch den Mund zog, umschmeichelten ihre himbeerfarben gekräuselten Lippen das schwarz leuchtende Gelock und machten es schmiegsam. Ihre großen, dunkel glühenden Augen sahen nach dem ruhig säugenden Tier, während sie das Haar zu einem großen Knoten verflocht und mit goldenen Sternchen und Nadeln besteckte. Die junge Wärterin war Nahar eine holde Erscheinung. Wenn sie morgens beim Kämmen die Haare durch den Mund zog, umschmeichelten ihre himbeerfarbenen gekräuselten Lippen das schwarz leuchtende Gelock und machten es schmiegsam. Ihre großen, dunkel glühenden Augen sahen nach dem ruhig säugenden Tier, während sie das Haar zu einem großen Knoten verflocht und eifrig mit goldenen Sternchen und Nadeln besteckte.
Nahar war friedlich, ein heiterer Himmel. Nahar war friedlich, ein heiterer Himmel.
In vielen Windungen schlug das Mädchen ihr rotes Tuch um die nackten Hüften, es bedeckte die Knie, umspannte eng die volle Brust. Jetzt beugte es sich nieder, wusch ihr dunkelgoldenes Gesicht im Wasser des Beckens, aus dem sie sonst Nahar zu trinken gab. Tropfen sprühten um sie und lichter Schaum. In vielen Windungen schlug das Mädchen ihr rotes Tuch um die nackten Hüften, es bedeckte die Knie, umspannte eng die volle Brust. Jetzt beugte es sich nieder, wusch ihr dunkelgoldenes Gesicht im Wasser des Beckens, aus dem sie sonst Nahar zu trinken gab. Tropfen sprühten um sie und lichter Schaum.
Der Boden des Käfigs, das silbrige Blech, glitzerte nicht mehr, da es mit Milchtropfen, Blut und dem schuppigen Abfall der Fische bedeckt war. Da lag eine faulende Schicht, ein verwesendes Begräbnis, von Fliegen milliardenfach umsummt. Der Boden des Käfigs, das silbrige Blech, glitzerte nicht mehr, da es mit Milchtropfen, Blut und dem schuppigen Abfall der Fische bedeckt war. Da lag eine faulende Schicht, ein verwesendes Begräbnis, von Fliegen milliardenfach umsummt.
Das Mädchen kam mit zwei Kübeln voll warmen Wassers, um mit einem Gusse von oben herab die Kiste zu säubern. Da es fürchtete, den Jungen zu schaden, hob es sie mit Vorsicht zu sich, nun ruhte in jeder dunklen Hand ein kleiner Tiger und hielt mit dem dünnen Schweif das Handgelenk des Mädchens umringelt. Ohne Furcht spielte das Mädchen mit ihnen. Das Mädchen kam mit zwei Kübeln voll warmen Wassers, um mit einem Gusse von oben herab die Kiste zu säubern. Da es fürchtete, den Jungen zu schaden, hob es sie mit Vorsicht zu sich, nun ruhte in jeder dunklen Hand ein kleiner Tiger und hielt mit dem dünnen Schweif das Handgelenk des Mädchens umringelt. Ohne Furcht spielte das Mädchen mit ihnen.
Groß erhob sich die Mutter: in die höheren Gewölbe des Kerkers reckte sie sich, sie stieg auf mit der breiten Brust, sie senkte beide Arme, mit weitgeöffnetem Blick, weit eröffneter Seele suchte sie die Ihren. Groß erhob sich die Mutter: in die höheren Gewölbe des Kerkers reckte sie sich, sie stieg auf mit der breiten Brust, sie senkte beide Arme, mit weitgeöffnetem Blick, weit eröffneter Seele suchte sie die Ihren.
Sie blieb allein, schmachtete im finsteren Käfig. Fern, am Rande der Tenne, tollte das Mädchen im Tanze. Als goldene Kugeln rollte es die jungen Tiger in den rotseidenen Falten ihres Gewandes. Sie blieb allein, schmachtete im finsteren Käfig. Fern, am Rande der Tenne, tollte das Mädchen im Tanze. Als goldene Kugeln rollte es die jungen Tiger in den rotseidenen Falten ihres Gewandes.
Die Mutter stand allein. Breit aufgerissen ihr Mund, die Zunge in Krämpfen verwickelt. Kein Laut wich aus ihr. Die Mutter stand allein. Breit aufgerissen ihr Mund. Kein Laut wich aus ihr.
In unbeschreiblicher Sehnsucht brach ihr Herz aus den Grenzen. Nahar sprach.
»Ich bin Olga. War ein Mensch. «
»Nahar! « rief die Wärterin. »Nahar! « rief die Wärterin.
Sie öffnete ihr die Kiste, hob den Deckel vom Grabe. Sie öffnete ihr die Kiste, hob den Deckel vom Grabe.
Das gealterte, grau gezackte Tier entstieg ihm mit kletternder Pranke. Das gealterte, grau gezackte Tier entstieg ihm mit unsicherer Pranke.
Noch zitterte das Herz in Ohnmacht nach der Geburt, nach dem Leben und dem Tode. Noch zitterte das Herz in Ohnmacht nach der Geburt, nach dem Leben und dem Tode.
Auf ihrem spröden, stachligen Fell waren graue Läuse und bröckliger Grind. Von dem toten Hunde war dies zu ihr gewandert. Auf ihrem spröden, stachligen Fell waren graue Läuse und bröckliger Grind. Von dem toten Hunde war dies zu ihr gewandert.
Von Erbarmen erfüllt, gab ihr das Mädchen die Jungen zurück. Von Mitleid geschwellt, wusch die Wärterin das verzauberte Tier mit warmem Wasser und scheuerte es mit weich reibender Bürste, aber es schützte die Jungen vor der Feuchtigkeit. Der Wärter reinigte das Käfiggelaß, bohrte Löcher in den Blechboden, um dem Schmutze Abzug zu schaffen. Jetzt bettete das Mädchen die Jungen vor den Augen der Mutter in den Winkeln ihrer Ellbogen, so daß sie sich ihr, eines schwankend auf dem anderen, an den nackten Mädchenhals und ihr weiches, kleines Ohr anlegten. Mit der freien Hand ergriff die Wärterin die Mutter an dem tiefen Gelock des Nackens. So wurde Nahar hingeführt in die Sonne. Dort ließ sie sich nieder, auf dem holdknisternden Sande ließ man sie ruhen. Von Erbarmen erfüllt, gab ihr das Mädchen die Jungen zurück. Von Mitleid geschwellt, wusch die Wärterin das verzauberte Tier mit warmem Wasser und scheuerte es mit weich reibender Bürste, aber es schützte dabei die Jungen vor der Feuchtigkeit. Der Wärter reinigte das Käfiggelaß, bohrte Löcher in den Blechboden, um dem Schmutze immer Abzug zu schaffen. Jetzt bettete das Mädchen die Jungen vor den Augen der Mutter in den Winkeln ihrer Ellbogen, so daß sie sich ihr, eines schwankend auf dem anderen, an den nackten Mädchenhals und ihr weiches, kleines Ohr anlegten. Sie blickten schelmisch umher und schnurrten vergnügt, während sich beide mit ihren Zungen die plumpen Pranken zu lecken begannen. Mit der freien Hand ergriff die Wärterin die Mutter an der schlaffen Haut des Nackens. So wurde Nahar hingeführt in die Sonne. Dort ließ sie sich nieder, auf dem knisternden Sande ließ man sie ruhen.
Zusammengerollt schlummerte sie, ohne Ketten und Fesseln. Ihr ausgemergelter Leib wurde getroffen von dem stabförmigen Licht, das aus dem Palmendach in feurigem Gusse herabdrang. Sie schlief friedlich umsonnt. Sie floh nicht, als sie erwachte. Herden von Rindern und Büffeln zogen im Zinnoberstaub der Straße, jenseit der Stäbe der Tenne. Sie schlich ihnen nicht nach, riß kein lebendes Fleisch. Sie kehrte in den ausgetrockneten Käfig zurück. Zusammengerollt schlummerte sie, ohne Ketten und Fesseln. Ihr ausgemergelter Leib wurde getroffen von dem stabförmigen Licht, das aus dem Palmendach in feurigem Gusse herabdrang. Sie schlief friedlich umsonnt. Sie floh nicht, als sie erwachte. Herden von Rindern und Büffeln zogen im Zinnoberstaub der Straße, jenseits der Schwelle der Tenne. Sie schlich ihnen nicht nach, zerriß kein lebendes Fleisch. Sie kehrte in den ausgetrockneten Käfig zurück.
Zuerst kletterte sie mit dem ungefügen Leib, der nach der Waschung noch feucht dunstete, über den scharfen Rand der Kiste in die Tiefe, mit dem aufgesperrten Munde empfing sie dann die Jungen, legte sie eines nach dem anderen auf ihre hingebreiteten Glieder. Zuerst kletterte sie mit dem ungefügen Leib, der nach der Waschung noch feucht dunstete, über den scharfen Rand der Kiste in die Tiefe, mit dem aufgesperrten Munde empfing sie dann die Jungen, legte sie eines nach dem anderen auf ihre hingebreiteten Glieder.
Die Jungen ruhten auf dem reinen Teppich ihres Felles, gruben sich weiche Nester in ihren mütterlichen Leib. In silbernem Jauchzen spielten sie die Spiele der bewußtlosen Kindheit, während durch ihre mondweiß verglasten Augen der erste Schein des sehenden Lichtes brach. Gesegnet kam es über sie aus den Fugen des hölzernen Daches, goldig grün verfunkelte es in der Dämmerung des gefangenen Tages. Die Jungen ruhten auf dem reinen Teppich ihres Felles, gruben sich weiche Nester in ihren mütterlichen Leib. In silbernem Jauchzen spielten sie die Spiele der bewußtlosen Kindheit, bis durch ihre mondweiß verglasten Augen der erste Schein des sehenden Lichtes brach. Gesegnet kam es über sie aus den Fugen des hölzernen Daches, goldiggrün verfunkelte es in der Dämmerung des gefangenen Tages.
Ein holder Zauber, ein guter Trost. Ein holder Zauber, ein guter Trost.
VII
Siebentes Kapitel An der Nacht vor dem Zweikampf zog die Freudenwelt, jauchzend mit Pauke und Trompeten, aus der ozeanischen Stadt um die Hütte des gefangenen Tieres, das dämmernd schlief. Hinter ihm, gedeckt durch seinen gewaltigen Rücken, lagen die beiden Geschwister, die sich müde gespielt hatten an einem rosa zuckenden Fischleib. Nun ruhten sie ineinander verschränkt. Vor Nahar, auf einer dünnen Decke aus Bast, in kärglichem Bett, ruhten die zwei menschlichen Hüter, das junge, glücklich vermählte Paar der Wärter. In der Nacht vor dem Zweikampf der Tigerin mit dem Büffel zog die Freudenwelt, jauchzend mit Pauken und Trompeten, aus der ozeanischen Stadt um die Hütte des gefangenen Tieres, das dämmernd schlief. Hinter ihm, gedeckt durch seinen gewaltigen Rücken, lagen die beiden Geschwister, die sich müde gespielt hatten an einem rosa zuckenden Fischleib. Nun ruhten sie ineinander verschränkt. Vor dem Käfig auf einer dünnen Decke aus Bast, in kärglichem Bett, ruhten die zwei menschlichen Hüter, das junge, glücklich vermählte Paar der Wärter.
Die Freudenmenschen umkreisten das Käfiggelaß in weit wandernder Prozession. Schwere Pfähle, rot und gelb geringelt, schleppten sie herbei, um den Platz des Kampfes vor der Hütte zu umzäunen. Ein langgezogenes Lied sangen sie im Takte zu ihren Schritten. Die Freudenmenschen umkreisten das Käfiggelaß in weit wandernder Prozession. Schwere Pfähle, rot und gelb geringelt, schleppten sie herbei, um den Platz des Kampfes vor der Hütte zu umzäunen. Ein langgezogenes Lied sangen sie im Takte zu ihren Schritten.
Springender Tiger, der schwarze Büffel wird dich zersprengen. Bluttrinker, der weiße Fürst wird dein Blut trinken. Gelber Tiger, du fressendes Fleisch, der schwarze Büffel wird dein Fleisch fressen. Tiger, Töter, der Mensch wird dich töten.
Nahar kniete auf seinen Pranken, unbewegt starrte sie, jählings erwacht durch die Kette der nackten Menschen, durch die Kette der nackten, entrindeten Pfähle, der gewaltigen Stamme, die durchsägt waren zu rotumwölkten Sonnen. Nahar kniete auf ihren Pranken, unbewegt starrte sie, jählings erwacht, durch die Kette der nackten Menschen, durch die Kette der nackten, entrindeten Pfähle, der gewaltigen Stämme, die durchsägt waren zu rotumwölkten Sonnen.
Erster Zug der Prozession. Kinder schleppten die Pfähle hinter sich. Es war Nacht. Knaben trugen Kerzen, stark wie ihre nackten Schenkel. Wie Falter mit durchsichtigen Flügeln, gaukelten die blassen Flammen auf den blaßgelben Leibern. Schweiß rann über die flachen Brüste der Knaben und Mädchen wie Regen. Vereint schritten sie, die teefarbenen Leiber nach vorne gebeugt, ihr unbehaartes Geschlecht dunkelte keusch, wunschlos war ihr Gesicht, lächelte matt unter den glattgescheitelten Spiegeln des Haares. Mit schlangenartigen Armen hatten sie sich um Pfähle und Lichter geringelt, ihre Finger in den Rillen vergraben.
Zweiter Zug. Reife Mädchen, niedrige Stirnen, wie flüssiges Blei gleißende Augen. Auf den schwellenden Armen, auf den eisenharten hochstrotzenden Brüsten wiegten sie die Pfähle, die wollüstige Last. Lichtgeprassel, wie eine brennende Fahne, wurde über ihnen geschwungen, steil reckte sich die wehende Glut bis ans Dach, entflammte das deckende Stroh, in Tageshelle schritten die Freudenmädchen, in Perlmutterglanz zitterte ihr üppiges Fleisch.
Asche und bröckliger Zunder wehte herab über den dritten Zug und über den Käfig in der Mitte des Hauses. Greisinnen, von Lüsten und endlosen Liebeslagern zerknitterte Lippen, wurden mit Asche bestreut. Mit ihren, vom Gebären zerfurchten Bäuchen, ihren dürren Schenkeln ritten sie auf den geglätteten Pfählen. In teuflischem Lächeln, aschebestreut, stumm, zogen sie dahin neben dem Tier, das aschebestreut, stumm durch sie hindurchblickte.
Männer, dunkel und in der Fülle ihrer Kraft, kamen in endlosem Zuge. Schon hieb man draußen die Pfähle im ersten Kreis in den Sand des Kampfplatzes, und immer noch wanderten Männer um Nahars Haus, Gäste berauschten Gesichts, mißgeborene und edle.
Ein weißer Papagei, in schimmernder, blendender Rüstung des Gefieders, hoch wie ein Pferd. Der krumme, rosige Schnabel wie eine rote Mondsichel im weißen Gewölk. Auf seinen mächtig aufgeplusterten Federn, von Flaum umwogt, von Daunen bis über die Hüften gestreichelt, ritt ein weißes Mädchen. Die Hände über der nackten Brust gekreuzt, das Haupt an die Herzgrube geschmiegt als schräg abrauschender Welle, zitterte es in Scham. Die Jungfrau, vergraben im Gefieder des ungeheuren Vogels, weiß auf weißem Lager.
Rings um das Haus, rings um die Welt, schlugen sie aus höheren Pfählen den zweiten Kreis ringsum den Kampfplatz. Rings um das Haus, rings um die Welt, schlugen sie aus höheren Pfählen einen Kreis rings um den Kampfplatz.
Draußen erhellte sich ferne das Meer. Im blassen Azur die weiche Küste, der schwere Duft der Gärten, der letzte Hauch des regengrünen Tropenhaines, schwebten zu Nahar. Draußen erhellte sich ferne das Meer. Im blassen Azur die weiche Küste. Der schwere Duft der Gärten, der letzte Hauch des regengrünen Tropenhaines schwebten zu Nahar.
Berge, Wald und Wasser. Berge, Wald und Wasser.
Vor ihren Augen rollte in ehernem Knirschen, von unsichtbarer Kraft langsam geführt, das Götzenbild der fruchtbaren Weiber. Es schleppte sich die schwarze Zeugin der wollüstigen Zeugung. Der schwere Kopf, schattend, ohne Augen, nur von einem ungeheuren Spalt mitten durchrissen. Keine Glieder, der Rumpf, die ungeheuer ausladende Pyramide, mit Brüsten, wie mit Trauben millionenfach umwuchert. Ein Umhang von tausend hängenden Brüsten des Alters in der Tiefe, die Mitte aber ein fester Gurt von tausend hart strotzenden Brüsten der Blüte, aber unzählig, Tropfen an Tropfen geregnet, um den Hals ein Band aus den tropfenförmigen Brüsten der Kinder, der unmündigen Geschlechter, der ungeborenen, dunkel gezeugten Brut. Alles aus Erz, alles schattenzart, glühend von innen rauchendem Feuer. Nelkenduft und Muskatrauch und des Sandelholzes süß schwelende Wolke dem Standbild voran. Vor ihren Augen rollte in ehernem Knirschen, von sechzehn Rindern geführt, das Götzenbild der fruchtbaren Weiber. Es schleppte sich die schwarze Zeugin der wollüstigen Zeugung. Der schwere Kopf, schattend, ohne Augen, nur von einem ungeheuren Spalt mitten durchrissen. Keine Glieder, der Rumpf mit Brüsten, wie mit Trauben, millionenfach umwuchert. Ein Umhang von tausend hängenden Brüsten des Alters in der Tiefe, die Mitte aber ein fester Gurt von tausend hart strotzenden Brüsten der Blüte. Alles aus Erz, alles schattenzart, glühend von innen rauchendem Feuer. Schwer schritten Elefanten mit reich bestickten Sätteln, kleine Hunde bellten laut. Nelkenduft und Muskatrauch und des Sandelholzes süß schwelende Wolke wogten dem Standbild nach.
Aus dem menschenlosen, ehern gemauerten Standbild rauschte Gesang: Aus dem menschenlosen, ehern gemauerten Standbild rauschte Gesang. Jetzt führte man Nahar in ihrem Käfig in die Arena. Über die schlechte Straße schlitterte der riesige Wagen.
Eingekerkerter Tiger, und du zertrümmerst nicht deinen Kerker? Grauer Tiger, von Läusen zernagt, und du kannst sie nicht nagen? Tiger mit der Fünffingertatze, die Krallen zerschnitten, die Zähne zerbricht dir der Büffel. Tiger mit den zwei Kindern am Herzen, wer wird dein Herz essen mit den zwei Kindern? Kein Mann wird auf dich springen, und du wirst nichts mehr tragen. Der schwarze Büffel wird auf dich springen, den schwarzen Büffel wirst du tragen. Kein Mann wird auf dich springen, und du wirst nichts mehr tragen. Der weiße Fürst wird auf dich springen, den weißen Fürsten wirst du tragen. Wer hat Tiere getötet? Nahar wird ein Tier töten. Wer hat Menschen getötet? Der Mensch wird dich töten. Im Morgendunst des neuen Tages schlug man die dritte Reihe von Pfählen, den dritten Kreis um den Platz. Es erbebte die Erde, es erbebte Nahars Herz. Im Morgendunst des neuen Tages schlug man die letzte Reihe von Pfählen, den dritten Kreis um den Platz. Es erbebte die Erde, es erbebte Nahars Herz.
VIII
Achtes Kapitel Die Wärterin kniete vor dem Käfig. Auf ihrem kleinen Haupte brach sich das Licht, das aus der Öffnung im Dache goldig herabströmte. Ihr schwarzes Haar flocht sie zu festlichem Knoten, band gelben, glitzernden Stein und blasse Korallen hinein, hielt die Enden der Flechten im wollüstig-bebenden Mund befestigt. Die Wärterin kniete vor dem Käfig. Auf ihrem kleinen Haupte brach sich das Licht, das aus der Öffnung im Dache goldig herabströmte. Ihr schwarzes Haar flocht sie zu festlichem Knoten, band gelben, glitzernden Stein und blasse rote Korallen hinein, hielt die Enden der Flechten im wollüstig bebenden Mund befestigt.
»Jetzt! « rief das Mädchen. »Jetzt! « rief das Mädchen.
Im Morgennebel kam durch das Tor der Umzäunung der Kämpfer, der schwarzzottige Stier mit dem ragend bewaldeten Buckel, ein Gebirge von tierischem Fleisch, ein Mann. Schwarzhufig stampfte er dröhnend den Boden, mit trillerndem Geheul raste er die eingerammten Pfähle entlang. Im Morgennebel kam durch das Tor der Umzäunung der Kämpfer, der schwarzzottige Stier mit dem ragend bewaldeten Buckel. Schwarzhufig stampfte er dröhnend den Boden, mit trillerndem Geheul raste er die eingerammten Pfähle entlang.
»Nahar«, rief die Wärterin. »Nahar! « rief die Wärterin.
Durch den Klang der Stimme verlockt, kamen die Jungen hervor, zu beiden Seiten, an den mageren Flanken der Mutter rieben sie ihr aufschwellendes Fleisch, mit ihren unbeholfenen Pranken griffen sie nach fallenden Perlen, abglitzernden Korallen, schrien mit leise klagendem Laut nach Nahrung und retteten sich unter den Bauch der Mutter. Durch den Klang der Stimme verlockt, kamen die Jungen hervor, zu beiden Seiten, an den mageren Flanken der Mutter rieben sie ihr aufschwellendes Fleisch, mit ihren unbeholfenen Pranken griffen sie nach fallenden Perlen, glitzernden Korallen, miauten mit leise klagendem Laut nach Nahrung und retteten sich unter den Bauch der Mutter, die ihnen mit ihrer rauhen Zunge die spitzen, pelzumbuschten Öhrchen leckte.
Der Stier hielt still, wahrend man ihn tränkte. Aus kleinen grünen Blüten wurde ein Kranz geflochten um seine Hörner. Er plätscherte voll Wollust mit dem Wasser, hob es gurgelnd in die Kehle. Nahar, um zu größerer Wut gestachelt zu werden, mußte ungetränkt bleiben am Tage des Zweikampfes. Ihre Jungen fanden keine Milch. Die Mutter war verdorrt in der Mitte des Lebens. Einen Messingbecher brachte die Wärterin aus Mitleid, in den rotseidenen Falten ihres umgeschlungenen Kleides hielt sie ihn verborgen, doch das Wasser rann nicht in den Mund des Tieres. Denn schon standen zwei Männer, nackt, ohne Hüfttuch, mit geflammten Messern umgürtet, vor dem Käfig. Sie zerrten den Käfig an den Rand der Tenne, um die der Kampfplatz, von Pfählen umpanzert, sich ausbreitete im flimmernden Morgentag. Sie hoben die Vorderwand aus, an ihren Knien spürten sie die feuchten Nüstern, die zitternden Barthaare Nahars, ihren durstig aushauchenden Atem. Der Stier hielt still, starrte mit blanken Augen umher, während man ihn tränkte. Aus kleinen grünen Blüten wurde ein Kranz geflochten um seine Hörner. Er plätscherte voll Wollust mit dem Wasser, hob es gurgelnd in die Kehle. Nahar, um zu größerer Wut gestachelt zu werden, sollte aber ungetränkt bleiben am Tage des Zweikampfes. Ihre Jungen fanden bei ihr keine Milch. Einen Messingbecher brachte die Wärterin aus Mitleid, in den rotseidenen Falten ihres umgeschlungenen Kleides hielt sie ihn verborgen, doch das Wasser rann nicht in den Mund des Tieres. Denn schon standen zwei Männer, nackt, ohne Hüfttuch, mit geflammten Messern umgürtet, vor dem Käfig. Sie zerrten den Käfig an den Rand des Kampfplatzes, der, von Pfählen umpanzert, sich ausbreitete im flimmernden Morgentag. Sie hoben die Vorderwand aus, an ihren Knien spürten sie die feuchten Nüstern, die zitternden Barthaare Nahars, ihren durstig aushauchenden Atem.
Sie rührte sich nicht. Die Jungen, jedes in eine Ecke geschmiegt, hatten keinen Laut. Sie rührte sich nicht. Die Jungen, jedes in eine Ecke geschmiegt, hatten keinen Laut.
Nahar hatte sich ergeben, sie kämpfte nicht mehr. Nahar hatte sich ergeben, sie kämpfte nicht mehr.
Vor sich sah das Tier den großen, menschenstrotzenden Halbkreis, die Freudenwelt, mit warmem Freudenöl gesalbt, mit Blumen geschmückt. Die Männer, nackt und in Rüstung, schwertergewaffnet und begossen von Rausch. Vor sich sah das Tier den großen, menschenstrotzenden Halbkreis, die Menschenwelt, mit warmem Freudenöl gesalbt, mit Blumen geschmückt. Die Männer, nackt und in Rüstung, schwertergewaffnet.
Meer, Bäume, Segel über dem Wasser, Dschunken, ruhend im sanften Morgenwind. Meer, Bäume, Segel über dem Wasser, Dschunken, ruhend im sanften Morgenwind.
Der freie Raum, der freie Lauf dehnte sich vor ihr, aber im engen Kreis, wie Perlen dicht aneinandergereiht, wie spitze Zahne dicht ineinandergezähnt, starrten die Pfähle. Ein Gefängnis um sie und den feindlichen Büffel, der fürchterlich tobte. Mit jagendem Galopp stürmend erschütterte er den hitzegetränkten Sand des Bodens. Der freie Raum, der freie Lauf dehnte sich vor ihr, aber im engen Kreis, aneinandergereiht, wie spitze Zähne dicht ineinandergezähnt, starrten die Pfähle. Ein Gefängnis um sie und den feindlichen Büffel. In jagendem Galopp stürmend erschütterte er den hitzegetränkten Sand des Bodens.
Gleißend wogte die Sonne um seine schwarz eherne Gestalt. Gleißend wogte die Sonne um seine schwarzeherne Gestalt.
Nahar versagte den Kampf. Nahar verweigerte zuerst den Kampf.
An der Schwelle des Käfigs stand sie, sie schloß die Augen vor dem flimmernden Licht. Ihre Pranken ruhten im freien Gelände, ihr Schoß blieb noch im Dunkel des Käfigs. Hinter ihr, mit zischend brennenden Fackeln, die im Tageslicht ohne Licht flammten, stieß man zwischen die Stäbe des Käfigs. An der Schwelle des Käfigs stand sie, sie schloß die Augen vor dem flimmernden Licht. Ihre Pranken ruhten im freien Gelände, ihr Schoß blieb noch im Dunkel des Käfigs. Hinter ihr, mit zischend brennenden Fackeln, die im Tageslicht flammten, stieß man zwischen die Stäbe des Käfigs.
In ihr Fell, das ergraute, in ihre Haut, die vom Elend gegerbte, in ihr mageres Fleisch brannte man Löcher. Sie wandte den Kopf zurück und sah die schwarz verkohlende Wunde, und fühlte keinen Schmerz. Aber aufheulend schnellten die Jungen vor, ihre kleine Zungen um ihr versengtes Fleisch gestreichelt. Dies fühlte die Mutter. In ihr Fell, das ergraute, in ihre Haut, die vom Elend gegerbte, in ihr mageres Fleisch brannte man Löcher. Sie wandte den Kopf zurück und sah die schwarz verkohlende Wunde. Aber sie fühlte noch keinen Schmerz. Aufheulend schnellten plötzlich die Jungen vor, mit ihren kleinen Zungen leckten sie sich ihr versengtes Fleisch. Dies fühlte die Mutter.
Jetzt erhob sich der Tiger, brach vor, in einem Satz, bis in die Mitte der Arena. Jetzt erhob sich die Tigerin, brach vor in einem Satz bis in die Mitte der Arena.
Fern von ihm, über dem der tiefblaue Himmel, ein gleitendes Gezelt, sich spannte, blendend übergossen von der hohen Sonne, die dem an Dunkelheit gewöhnten Tier die ganze Sphäre brausend erfüllte, ruhte im Schatten, ganz klein, der Käfig mit den Jungen. Über ihr spannte sich der tiefblaue Himmel, ein gleitendes Gezelt, blendend übergossen von der hohen Sonne, die dem an Dunkelheit gewöhnten Tier die ganze Sphäre brausend erfüllte. Fern von ihr ruhte im Schatten, ganz klein, der Käfig mit den Jungen.
Die Kinder waren geborgen, ihr jammernder Laut war schon lange verstummt. Die Kinder waren geborgen, ihr jammernder Laut war schon lange verstummt.
Unter Nahar die breite Erde, über ihr der weißkochende Himmel, sie war allein mitten in der unzähligen Zahl. Unter Nahar die breite Erde, über ihr der weißkochende Himmel, sie war allein mitten in der unzähligen Zahl.
IX
Neuntes Kapitel Auf seinen gewaltigen Pranken federte das ungeheure Tier, es probte seine Kraft. Es war gesegnet, keinen Schmerz mehr zu fühlen in der verkrüppelten fünfzackigen Pranke. Nahar stand, sie ruhte still in der Ebene. Auf seinen gewaltigen Pranken federte das ungeheure Tier, es probte seine Kraft. Nahar stand.
Der Büffel kreiste in immer rasenderem Lauf die blitzenden Pfähle entlang: der Hütte, dem Käfig entgegen. Ihm entgegen in jagenden Sprüngen, in schiefschnellendem Hetzen, Nahar, die Jungen zu schützen. Der Tiger warf sich empor, mit schaukelndem Schwung stieß er ab von der erdröhnenden Erde, faßte das Wampenfleisch des Büffels, Nahar, die rettende Mutter, den Feind zu zerreißen. Aber in unverminderter Wut bäumte sich der Büffel, es krampfte sich empor sein ragend bewaldeter Buckel, felsenhoch versteinert das schwarze Gebirge des wallenden Fleisches. Der Büffel kreiste in immer rasenderem Lauf die blitzenden Pfähle entlang: der Hütte, dem Käfig entgegen. Ihm entgegen in jagenden Sprüngen, in schiefschnellendem Hetzen Nahar, die Jungen zu schützen. Die Tigerin warf sich empor, mit schaukelndem Schwung stieß sie ab von der erdröhnenden Erde, faßte das Wampenfleisch des Büffels, Nahar, die rettende Mutter, den Feind zu zerreißen. Aber in unverminderter Wut bäumte sich der Büffel, es krampfte sich sein ragend bewaldeter Buckel empor, felsenhoch, versteinert das schwarze Gebirge des massigen Fleisches.
Mit seinem tobenden Haupte schleuderte er den Tiger nieder auf die Wand der Pfähle, auf die gebogenen Hörner, wie auf einen breiten Tragstuhl lud er ihn auf, trug ihn im Laufe ohne Ermüden, dunkel glühte sein Auge, schwarz gleißte seine niedrige Stirn, gekrönt von Nahar, der lebendigen Last. Mit seinem tobenden Haupte schleuderte er die Tigerin nieder auf die Wand der Pfähle. Auf die gebogenen Hörner, wie auf einen breiten Tragstuhl lud er sie auf, trug sie im Laufe ohne Ermüden. Dunkel glühte sein Auge, schwarz gleißte seine niedrige Stirn, gekrönt von Nahar, der lebendigen Last.
Zu Füßen der lautlos atmenden Menschen ließ er Nahar fallen. Zu Füßen der unzähligen Menschen sank nieder das Tier. Mit großen Augen wachte es, kraftlos lag es auf dem Rücken, ausgebreitet die Glieder wie ein eben geborenes Kind. Es atmete hoch, es schwieg. Die rotglosenden Augen des wütenden Büffels drohten von oben. Zu Füßen der lautlos atmenden Menschen ließ er Nahar fallen. Zu Füßen der unzähligen Menschen sank das Tier nieder. Mit großen Augen erwachte es, kraftlos lag es auf dem Rücken, ausgebreitet die Glieder wie ein eben geborenes Kind. Es atmete hoch, es schwieg. Die rotglosenden Augen des wütenden Büffels drohten von oben.
Zwei Männer, nackt, mit blauen geflammten Messern gegürtet, kamen aus der Menge hervor. Sie ergriffen Nahar an den Hinterpranken, packten sie mit beiden Händen um die umbuschten Kniegelenke. So schleppten sie das flach daliegende Tier über den Sand. In die Grube, die das Stampfen der Büffelhufe in den Boden geschlagen, versank Nahars Haupt. Über die Hügel, die der Sturm des Zweikampfs gehäuft hatte, stieg Nahars Haupt. So wurde der Tiger in den Käfig zurückgeschleift, den die Männer jetzt furchtlos betraten. Zwei Männer, nackt, mit blauen geflammten Messern gegürtet, kamen aus der Menge hervor. Sie ergriffen Nahar an den Hinterpranken, packten sie mit beiden Händen um die umbuschten Kniegelenke. So schleppten sie das flach daliegende Tier, den Kopf hinterher, über den Sand. In die Gruben, die das Stampfen der Büffelhufe in den Boden geschlagen, versank Nahars Haupt. Über die Hügel, die der Sturm des Zweikampfs gehäuft hatte, stieg Nahars Haupt. So wurde der geschwächte Tiger in den Käfig zurückgeschleift, den die Männer jetzt furchtlos betraten.
Die Jungen, die zutraulich schnobernd nahten, wurden getreten von ihrem plumpen Schritt. Sie jammerten auf. Da erwachte die Mutter, es lebte der Mensch. Die Jungen, die zutraulich schnobernd nahten, wurden getreten von ihrem plumpen Schritt. Sie jammerten auf. Da erwachte die Mutter.
Aber die große, unzählbare Menge um den Kampfplatz stand lautlos im hohen Mittagsglanz, ungesättigt. Sie wartete bis zum Abend, bis zum letzten Ende. Aber die große, unzählige Menge um den Kampfplatz stand lautlos im hohen Mittagsglanz, ungesättigt. Sie wartete bis zum Abend, bis zum letzten Ende.
X
Zehntes Kapitel Vor den jungen, prächtig leuchtenden Tieren lag nun das alte, grau verkümmert, mit schwarz gezeichneter Wunde, flach, ein ausgeweidetes Fell. Doch noch schlug sein Herz, unzerstörbar, nur vom Zweikampf ermattet. Es trank den Schatten, richtete sich auf, mit lange hinschweifender Zunge leckte es seinen abgemagerten Leib, die schwarz verkohlte Wunde, die Grube im Leben. Vor den jungen, prächtig leuchtenden Tieren lag nun das alte, grau verkümmert, mit schwarz gezeichneter Wunde, flach, ein ausgeweidetes Fell. Doch noch schlug sein Herz, unzerstörbar, nur vom Zweikampf ermattet. Nahar trank den Schatten, richtete sich auf, mit lange hinschweifender Zunge leckte sie ihren abgemagerten Leib, die schwarz verkohlte Wunde.
Es labte sich an Ruhe. Groß, ruhig ging es seinen wiegenden Gang in der kleinen, umgitterten Zelle. Draußen lauschte still die unbewegte Menge der Menschen. Eine donnernde Trommel, raste im Kreise der Büffel. Sie labte sich an Ruhe. Groß, ruhig ging sie ihren wiegenden Gang in der kleinen, umgitterten Zelle. Draußen lauschte still die unbewegte Menge der Menschen. Eine donnernde Trommel, raste im Kreise der Büffel.
Wieder nahten die nackten Diener und rissen das Tor auf. Wieder nahten die nackten Diener und rissen das Tor auf.
Zweibeinig reckte sich Nahar, in der offenen Tür stand sie und blickte mit menschlichen Blicken. Zweibeinig reckte sich Nahar, in der offenen Tür stand sie und blickte mit menschlichen Blicken.
Sie schürzte die schmalen weißen Lippen, als hätte sie Menschenzähne zu zeigen, nicht scharf genug, wilde Tiere damit zu fassen. Sie schürzte die schmalen weißen Lippen, als hätte sie Menschenzähne zu zeigen, nicht scharf genug, wilde Tiere damit zu fassen.
Sie wies ihre verwundete, verwandelte Pranke, eine Menschenhand, darauf zu lagern, ein kleines Kissen unter dem schlafenden Haupt, still hier zu ruhen. Sie wies ihre verwundete, verwandelte Pranke, eine Menschenhand, darauf zu lagern, ein kleines Kissen unter dem schlafenden Haupt, still hier zu ruhen.
Sie faßte einen Fischleib, sie hielt das noch zuckende Fleisch an die Krallen gespießt, sie wollte vom kalten Blute sich nähren, sie würde sich sättigen am eisigen Brot. Sie faßte einen Fischleib, sie hielt das zuckende Fleisch an die Krallen gespießt, sie wollte vom kalten Blute sich nähren, sie würde sich sättigen am eisigen Brot.
Aber mit ungeheurem Getöse wirbelte der Menschkreis auf, ein Sandhügel, vom starken Hitzesturm aufgestäubt, drohend dunkelte der Schatten des Büffels vorbei, die schwarz wehende Wolke. Aber mit ungeheurem Getöse wirbelte der Menschenkreis auf, ein Sandhügel, vom starken Hitzesturm aufgestäubt, drohend dunkelte der Schatten des Büffels vorbei, die schwarz wehende Wolke.
Rücklings stürzte Nahar hin über den Körper der beiden Jungen. Die Kinder waren schon lange getränkt, von der mitleidigen Wärterin gefüttert, umwallt vom Duft ihrer kindlichen Körper, umwölkt von ihrem knisternd warmen Fell, gesättigt und sicher des Schlafes, so spielten sie ruhig an ihrer Mutter empor. Sie wollten sie einhüllen in das dunkle Paradies der Tiere. Die Mutter schwebte auf dem lebenden Lager, der Teppich ihrer Kinder war unter ihr hingebreitet. Gegen das Dach über sich, gegen die Decke des niedrigen Kerkers atmete sie empor. Jetzt hob sie sich sanft, unter ihren Achseln ließ sie die Kinder hervorkommen, sie nahm sie auf, sie, die auf dem Rücken liegende Mutter, bettete sie wie ein Mensch auf ihre atmende Brust, hielt sie sich entgegen, Angesicht zu Angesicht. Rücklings stürzte Nahar hin über den Körper der beiden Jungen. Die Kinder waren schon lange getränkt, von der mitleidigen Wärterin gefüttert. Umwallt vom Duft ihrer kindlichen Körper, umwölkt von ihrem knisternd warmen Fell, gesättigt und sicher des Schlafes, so spielten sie ruhig an ihrer Mutter empor. Sie wollten sie einhüllen in das dunkle Paradies der Tiere. Die Mutter schwebte auf dem lebenden Lager, der Teppich ihrer Kinder war unter ihr hingebreitet. Gegen das Dach über sich, gegen die Decke des niedrigen Kerkers atmete sie empor. Jetzt hob sie sich sanft, unter ihren Achseln ließ sie die Kinder hervorkommen, sie nahm sie auf, sie, die auf dem Rücken liegende Mutter, bettete sie wie ein Mensch auf ihre atmende Brust, hielt sie sich entgegen, Angesicht zu Angesicht.
Sie hauchte Seufzer auf Seufzer: Sie hauchte Seufzer auf Seufzer.
Dahin, blaue Dämmerung meiner Kindheit. In der Ferne des Vatertieres dröhnendes Rollen. Mutter atmet still über mir. Auf meinen Armen liegt leichte Last. Der Bruder des holden Spiegeltieres Gestalt. Sommergewitter, Nacht, Frieden der schlafenden Kinder. Dahin Jagdbeute, ihr Scharen unzählig im Waldkreis. Pfauen versprühen ein goldenes Gewölk. Baden im Blut, erblinden in Blut. Trinken vom blutglühenden Quell. Wollust, mit ausgereckten Krallen des Wildbüffels schwarzes Aderngesträng zu fassen. Von Beute gefüllter Mund. Blutgestillte Natur. Dahin, sich zu beugen unter der steinschweren Last des männlichen Körpers. Wie hold, sein Herz in meiner Achsel zu fühlen. Hundert Tage des Sommers, regenlose Glut. Segensreich quellende Liebe, tragende Mutter, himmlischer Hochzeitstag. Nächte in unendlicher Begattung vereint. Ich habe Kinder geboren. Dahin, ihr Kinder aus der letzten Liebe, gezeugt am bittern Tag. Ich habe Kinder verloren. Zwei kleine Häupter, geliebt inmitten der Flut. Ich habe Kinder geboren: Ihr Tiere an meinen Brüsten, Nahar ist unter euch, der verzauberte Mensch. Ich war ein Kind und lief neben euch, blau in blauer Dämmerung. Ich war in blühender Jugend und strotzte in Kraft, mit meinen Kindern jagte ich auf blühenden Matten. Ich war eine alte verkümmerte Greisin, aber ihr wandelt auf meinem Grab. Auf meinem Leib könnt ihr gehen, jagen und schweifen auf meinem Grunde. Vom Aufgang bis zum Untergang. Ihr Geliebten auf der Verlassenen, Ihr Blühenden auf der Verblühten, Ihr Lebendigen auf der Toten. Ich war Olga, bin ein Mensch.
Zwei nackte Männer traten ein, glühende Eisen in den mit Lederriemen breit umschnürten Armen. Die Füße leckte ihnen Nahar, den goldig gewölbten Kopf beugte sie herab zu ihren verkrüppelten stumpfnagligen Zehen. Zwischen den Zehen leckte sie den gelben Sand, schluckte die Körner die rauhe Kehle hinab bis zum schrecklich erschütterten Herz. Zwei nackte Männer traten ein, glühende Eisen in den mit Lederriemen breit umschnürten Händen. Die Füße leckte ihnen Nahar, den gewölbten Kopf beugte sie herab zu ihren verkrüppelten stumpfnagligen Zehen. Zwischen den Zehen leckte sie den gelben Sand, schluckte die Körner die rauhe Kehle hinab bis zum schrecklich erschütterten Herz.
Tiefstes Röcheln brach aus ihr, ein unbeschreiblicher Laut. Heiliges Weinen. Tiefstes Röcheln brach aus ihr, ein unbeschreiblicher Laut.
Es erschreckte die Jungen, ihr eigenes Blut. Es ließ die Männer erstarren, denen die glühenden Stäbe entfielen. Die Erzstäbe lagen am Boden, versengten den feuchten Unrat, hauchten weiße Wölkchen aus. Von Nahars Tränen wurde der Brand gelöscht. Es erschreckte die Jungen, ihr eigenes Blut. Es ließ die Männer erstarren, denen die glühenden Stäbe entfielen. Die Erzstäbe lagen am Boden, versengten den feuchten Unrat, hauchten weiße Wölkchen aus. Von Nahars Tränen wurde der Brand gelöscht.
An den offenen Käfig klammerte sie sich ohne Unterlaß. Mit aufgerissenem Munde, um den Menschen mit sanfter Zunge zu berühren, kam sie heran. Aber glühend heißen Wein, mit scharfem Pfeffer gewürzt, goß man ihr in die Kehle, im Regen des siedenden Weines, von Schmerzen gemartert, heulten die Jungen auf, und sie, die Mutter, stand da, ohne Schmerz, ohne tierische Wut. Sie fühlte nur lauen Gewitterregen, die Jungen aber waren im schmerzlichsten Krampf zusammengeballt, blind vom giftigen Gewitter rannten sie im Käfig umher, drängten sich zur Tür, vor der die andere Welt starrte, der rasende Büffel, die donnernden Trommeln und die letzte, die fürchterliche Gestalt. Jetzt kam, schwankte er schwer heran, auf einem Tragstuhl getragen, von Kupfermusik umbraust, der bleiche Fürst, das weiße grauenhafte Gesicht unbeweglich, blind sein aufgerissener starrer Menschenblick. Nahars Blick, geklammert an die im Schmerz wie gejagte Ratten huschenden Kinder, strömte in sein Auge. An den offenen Käfig klammerte sie sich ohne Unterlaß. Mit aufgerissenem Munde, um den Menschen mit sanfter Zunge zu berühren, kam sie heran. Aber glühendheißen Wein, mit scharfem Pfeffer gewürzt, goß man ihr in die Kehle, im Regen des siedenden Weines, von Schmerzen gemartert, heulten die Jungen auf, und sie, die Mutter, stand da, ohne tierische Wut. Sie fühlte nur lauen Gewitterregen, die Jungen aber waren im schmerzlichsten Krampf zusammengeballt, blind vom giftigen Gewitter rannten sie im Käfig umher, drängten sich zur Tür, vor der die andere Welt starrte, der rasende Büffel, die donnernden Trommeln und die letzte, die fürchterliche Gestalt. Jetzt kam, schwankte er schwer heran, auf einem Tragstuhl getragen, von Kupfermusik umbraust, der bleiche Fürst, das weiße grauenhafte Gesicht unbeweglich, blind sein aufgerissener starrer Menschenblick. Nahars Blick, geklammert an die im Schmerz wie gejagte Ratten huschenden Kinder, strömte in sein Auge.
Dem Tiger entgegen schwebte er, immer höher seine Elefantengestalt, immer strotzender sein weißes Fett. Jetzt steckte der Fürst, das alles erwürgende Gespenst, zum Zeichen der neuen Schlacht, sein Bein vor, den baumstark geschwollenen Fuß. Der Eisige, mitten im jauchzenden Getöse, begegnete dem verzauberten Tier. Von seiner Sänfte kam er herab. Dem Tiger entgegen schwebte er, immer höher schwoll seine Elefantengestalt, immer strotzender sein weißes Fett. Jetzt schob der Fürst, das alles erwürgende Gespenst, zum Zeichen der neuen Schlacht sein Bein vor, den baumstark geschwollenen Schenkel. Der Eisige, mitten im jauchzenden Getöse, begegnete dem verzauberten Tier. Von seiner Sänfte kam er herab.
Mit eisernen Türmen schreitend, erschütterte er den Boden. Wie mit eisernen Türmen schreitend erschütterte er den Boden.
Nahar verließ den Käfig, die Kinder, die vergangene Welt. Nahar verließ den Käfig, die Kinder, die vergangene Welt.
Aus breitem, niedrigem Gesicht schielte tückisch der Fürst. Auf den Büffel schwang er sich nackt, der ins Ungeheure aufgebaute Gigant, der Turm von tausend Gewölben. Die zerstampfende, erzschwere Gestalt, mit sechs Hufen den Sand in tiefen Rinnen durchfurchend, raste in donnerndem Galopp. Ein unmeßbares, schwarzwallendes Tier, geritten vom weißen Riesengespenst. Aus breitem, niedrigem Gesicht schielte tückisch der Fürst. Auf den Büffel schwang er sich nackt. Die zerstampfende, erzschwere Gestalt, mit den Hufen den Sand in tiefen Rinnen durchfurchend, raste in donnerndem Galopp. Ein unmeßbares, schwarzwallendes Tier, geritten vom weißen Riesengespenst.
Über Nahar setzten sie hinweg. Lang hallte der Sprung nach, ein Sturm im Gebirge. Über Nahar setzten sie hinweg. Lang hallte der Sprung nach, ein Sturm im Gebirge.
Sie stand still. Eine totenstille Wildnis. Das Herz pochte in wollüstig zuckendem Schlag. Gerettet das Leben hinter ihr. Vom roten Seidenmantel der Wärterin gnädig überbreitet. Sie stand still. Das Herz pochte in zuckendem Schlag. Gerettet das Leben hinter ihr. Vom roten Seidenmantel der Wärterin gnädig überbreitet.
Unentrinnbar der Tod. Unentrinnbar das freudig wiedergeborene Leben. Unentrinnbar der Tod. Unentrinnbar das freudig wiedergeborene Leben.
Neuem Leben entgegen zu sterben war ihr gegeben. Sie war gesegnet, gerettet in die Mitte der Welt. Mit sichernden Augen, mit ruhig kreisender Stirn trat sie vor. Neuem Leben entgegenzusterben war ihr gegeben. Mit sichernden Augen, mit ruhig kreisender Stirn trat sie vor.
Nahar löste sich von der Welt. Nahar löste sich von der Welt.
Stirn an Stirn stand sie mit dem Menschentier, dem stampfenden, sechsbeinig dröhnenden Tierkoloß, der wutglotzend sie anhauchte, stieren Blicks das fette Menschenkinn tief in des schwarzen Tieres wallende Mähne gesenkt. Stirn an Stirn stand sie mit dem Menschentier, dem stampfenden, dröhnenden Tierkoloß, der wutglotzend sie anhauchte, stieren Blicks das fette Menschenkinn tief in des schwarzen Tieres wallende Mähne gesenkt.
Schon stand Nahar, hinter sich die Versöhnung von Tier und Mensch, unter dem Feinde, zwischen die bebenden niedrigen Säulen seiner Glieder eingebaut, aber nicht im Kerker. In der letzten Befreiung: vor sich sein maßlos strotzendes Geschlecht, eine heiße, rotglühende Schlange an der schwarz wogenden Flut seines riesigen Bauches. Schon stand Nahar unter dem Feinde, zwischen den bebenden niedrigen Säulen seiner Glieder eingebaut, aber nicht im Kerker. In der letzten Befreiung: vor sich sein maßlos strotzendes Geschlecht, eine heiße, rotglühende Schlange an der schwarz wogenden Flut seines riesigen Bauches.
Welt: Hämmern und Dröhnen. Wut ohne Blick. Schwärze gesammelt im ehernen Huf.
Nahar: Tod ohne Schmerz. In purpurnem Schaume verblühte Nahars Blut hoch in der flimmernden Luft. Nahar: Tod ohne Schmerz. In purpurnem Schaume verblühte Nahars Blut hoch in der flimmernden Luft.
Ihres Körpers Widerschein, die graue durchlittene Gestalt, schwarz verkohlt und von einer einzigen Wunde zerrissen, die Hände geklammert an ihrer Brüste verdorrenden Quell, nach rückwärts aufgebäumt den großen Kopf, in den Augen noch einmal den Abglanz des weißkochenden Himmels der früheren Tage, durchschwirrte wie ein Vogel die weite Arena, feuerfarben, atemlos, jauchzend in der totenstillen Welt. Ihres Körpers Widerschein, die graue durchlittene Gestalt, schwarz verkohlt und von einer einzigen Wunde zerrissen, die Hände geklammert an ihrer Brüste verdorrenden Quell, nach rückwärts aufgebäumt den runden Kopf, in den Augen noch einmal den Abglanz des weißkochenden Himmels der früheren Tage, durchschwirrte wie ein Vogel die weite Arena, feuerfarben, atemlos, jauchzend in der totenstillen Welt.
In lichtem Azur schimmerte fern das Meer, die faltenlos spiegelnde Fläche, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle weit an den schweifenden Ufern. Im lichten Azur schimmerte fern das Meer, die faltenlos spiegelnde Fläche, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle weit an den schweifenden Ufern.
Über die Brücke der Sphären wurde Nahar getragen. Über die Brücke der Sphären wurde Nahar getragen.
Von allen Seiten umfing es sie sanft. Neue Gestaltung hob sie heraus über die entblutete Erscheinung zu neuem Wirbel, auf zu neuer Beseelung. Von allen Seiten umfing es sie sanft. Neue Gestaltung hob sie heraus über die entblutete Erscheinung zu neuer Beseelung.
Nahar, kreisend in der höheren Bahn des verwandelten Lebens, unzerstörbar. Nahar, kreisend in der höheren Bahn des verwandelten Lebens, unzerstörbar.
Nahar sammelte sich in der letzten Kraft. Nahar sammelte sich in der letzten Kraft.
Nahar wurde geboren in der ersten Kraft, ein neues Wesen an einem neuen Tag. Nahar wurde geboren in der ersten Kraft, ein neues Wesen an einem neuen Tag.
Ihr Leben als Tier hatte drei Jahre gedauert. Ihr Leben als Tier hatte drei Jahre gedauert.